Kontrollierter Vermögens“abbau“

  • Guten Morgen zusammen,


    im Finanztip geht es meist um das Thema Vermögens“aufbau“. Klar verständlich, so habe ich in jungen Jahren auch gedacht.


    Doch nun habe ich das gegenteilige, wenn ihr so wollt Luxusproblem, dass ich einen sechsstelligen €-Betrag so abbauen möchte, dass ich mir möglichst lange davon monatlich einen fixen vierstelligen €-Betrag „gönnen“ kann, quasi wie eine private Rentenergänzungszahlung.


    ETFs scheiden für mich aus, denn dabei geht‘s ja immer um das Gegenteil, also Vermögensaufbau und einen Mindesthorizont von 15 Jahren, von denen ich nicht mal weiß, ob mir die überhaupt noch bleiben ;)


    Nur, wie realisiere ich den kontrollierten Vermögens“abbau“ am besten? Ehrlich gesagt habe ich aus leidvoller früherer Erfahrung zu den Berater:innen der Kreditinstitute oder Finanzdienstleistern wie MLP kein Vertrauen (mehr). Daher hab ich mir gedacht, ich frag mal hier im Forum, denn im Finanztip selbst geht‘s ja mehr um den Vermögensaufbau (also das Gegenteil von dem, was ich möchte) und hier im Forum „verdient“ ja niemand an seinen Tipps :)


    Bitte nicht missverstehen: Finanzberatung ist natürlich eine Dienstleistung und die soll natürlich auch bezahlt werden. Aber ich würde wenn dann einen solchen Dienstleister suchen, der primär und ausschließlich meine Ziele verfolgt und nicht die seines Arbeitgebers.


    Nur, wo und wie finden? Und wie dessen Reputation einschätzen?


    Aber vielleicht habt ihr ja auch ein paar einfache(re) oder andere Tipps für mich, wer weiß?


    Im Voraus schon mal besten Dank fürs Lesen und ggf. natürlich auch für eure Antwort!


    Viele Grüße


    moosehead

  • Hallo Moosehead


    darf ich fragen wie jung du bist (du schriebst, dass ETF keine Lösung wäre weil du evtl nicht mehr 15 Jahre lebst).


    Hast du Kinder, Enkel, erben?


    Vllt ist die beste Variante das Geld in eine Festgeldtreppe zu besparen und das Geld anknabbern wenn du es brauchst.


    Sorry, dass meine Antwort nicht sehr hohe Qualität besitzt aber ich weiß zu wenig über deine allgemeine Situation - daher ist es schwierig eine gute Antwort zu geben

  • Die Holzhammermethode wäre, in eine Geldmarktfonds (gibts auch als ETF) zu investieren, mit monatlichem Entnahmeplan. Da hast du weniger Kursschwankungen als bei Aktienfonds, aber halt auch keinen Inflationsausgleich. Aber der dürfte bei deiner Restlebenserwartung auch nicht so gravierend sein.

  • Hallo zusammen,

    das ist kein Luxusproblem, sondern ein normal Frage.

    Das betrifft früher oder später jeden mal.

    Finanztip hat viele Beiträge dazu geschrieben.


    https://www.finanztip.de/altersvorsorge/auszahlplan

    Auszahlplan (Entnahmeplan): Rente/LV clever auszahlen lassen! - Finanztip

    Oder wenn es um anderes geht, sind unten im Beitrag weitere Empfehlungen zu finden.


    ETFs sind eher auch im höheren Alter eine Überlegung wert. Es wird nicht gleich alles Geld auf einmal gebraucht.


    LG

  • Hallo Moosehead und Herzlich-Willkommen im FT-Forum,

    btw. auch mit einem Vermögen im ETF-Depot kann man eine vernünftige Entnahmestrategie umsetzten. Nur ist es halt schwierig in höherem Alter und mit höherem Vermögen auf einmal auf die Karte Aktien/ETF zu setzten.


    Eine ganz einfache Lösung, die Dir für eine bestimmte Laufzeit monatlich ein fixes Zusatzeinkommen sichert, wäre z.B. ein Auszahlplan (z.B. hier: https://www.gefa-bank.de/produkt/auszahlplan/ ).

    Einen Teil Deines Vermögens packst Du in einen Auszahlplan über 10 Jahre. Einen anderen Teil legst Du in Festgeldern an (z.B. Festgeldleiter oder auch ein 10-jähriges FG).

    Dann hast Du erstmal die nächsten 10 Jahre Deine fixe 'Zusatzrente'. Und in 10 Jahren kannst Du ja schauen, ob Du mit dem verbliebenen Vermögensteil wieder einen 10 jährigen Auszahlplan machst.

  • Ist das seriös oder gibt es irgendwo einen Haken?

    Seriös ist das schon, ich glaube aber, es funktioniert grundsätzlich wie Festgeld, d.h. mit Ausnahme der festen monatlichen Zahlung kommt man an das Geld nicht vor Ablauf der Laufzeit ran. Und die Höhe der monatlichen Zahlung steht bereits bei Beginn fest und ich glaube, sie ist so gewählt, dass man am Ende bei null rauskommt. Man kann also nicht z.B. mit 100.000 EUR auf 4 Jahre jeden Monat nur 500 EUR auszahlen lassen

  • Seriös ist das schon, ich glaube aber, es funktioniert grundsätzlich wie Festgeld, d.h. mit Ausnahme der festen monatlichen Zahlung kommt man an das Geld nicht vor Ablauf der Laufzeit ran. Und die Höhe der monatlichen Zahlung steht bereits bei Beginn fest und ich glaube, sie ist so gewählt, dass man am Ende bei null rauskommt. Man kann also nicht z.B. mit 100.000 EUR auf 4 Jahre jeden Monat nur 500 EUR auszahlen lassen

    Alles richtig. Ist sozusagen eine 'Festgeldtreppe für Faule' mit monatlicher Auszahlung.

    Für mich wäre das jetzt erstmal nix, aber wer weiß wie es aussieht, wenn man älter und evtl. etwas 'schusseliger' wird. ;)

  • Seriös ist das schon, ich glaube aber, es funktioniert grundsätzlich wie Festgeld, d.h. mit Ausnahme der festen monatlichen Zahlung kommt man an das Geld nicht vor Ablauf der Laufzeit ran.

    Da wäre mein simpler Auszahlplan auf eine Anleihen-ETF aber wesentlich flexibler. Wenn dann mal das Auto Schrott ist, kann man sich dort bedienen. Und das sollten die meisten Depotbanken anbieten können.

  • Im Finanztip geht es meist um das Thema Vermögens“aufbau“. Klar verständlich, so habe ich in jungen Jahren auch gedacht.


    Doch nun habe ich das gegenteilige, wenn ihr so wollt Luxusproblem, dass ich einen sechsstelligen €-Betrag so abbauen möchte, dass ich mir möglichst lange davon monatlich einen fixen vierstelligen €-Betrag „gönnen“ kann, quasi wie eine private Rentenergänzungszahlung.

    Zum Thema "Entnahmepläne" gibt es leider nicht viel im Internet zu lesen. Mehr als 1 Million Seiten mögen das nicht sein. :(

    ETFs scheiden für mich aus, denn dabei geht‘s ja immer um das Gegenteil, also Vermögensaufbau und einen Mindesthorizont von 15 Jahren, von denen ich nicht mal weiß, ob mir die überhaupt noch bleiben ;)

    Ich sehe das völlig anders. Warum sollten (Aktien-)ETFs denn ausscheiden?

    Nur, wie realisiere ich den kontrollierten Vermögens“abbau“ am besten?

    Es gibt für den Vermögensaufbau kein Patentrezept, ergo auch nicht für den Vermögensabbau. Vermutlich fährst Du am besten damit, daß Du Dein bisheriges Anlagekonzept sinngemäß weiterfährst.


    Ein Mensch, der bisher versucht hat, mit festverzinslichen Wertpapieren sein Vermögen zu mehren (in Zeiten des Nullzinses und zweistelliger Inflation war das ja ziemlich schwer), könnte diese Anlagestrategie auch im Ruhestand weiterfahren. Aber warum sollte ein Mensch, der bisher primär in Aktien investiert war, mit 65 ruckartig zum Festgeld wechseln?

    Wenn er 95 wird (und das sollte man nicht ausschließen, wenn man nicht riskieren will, daß am Ende des Geldes noch viel Lebenszeit übrig ist), hat er doch noch bis zu 30 Jahre Anlagedauer, Zeit genug also für mehrere Börsenzyklen.


    Wie schon gesagt: Es gibt vermutlich wenige Themen, über die im Internet so viel zu lesen ist wie über Entsparpläne.

    Ehrlich gesagt habe ich aus leidvoller früherer Erfahrung zu den Beratern der Kreditinstitute oder Finanzdienstleistern wie MLP kein Vertrauen (mehr). Daher hab ich mir gedacht, ich frag mal hier im Forum, denn im Finanztip selbst geht‘s ja mehr um den Vermögensaufbau (also das Gegenteil von dem, was ich möchte) und hier im Forum „verdient“ ja niemand an seinen Tipps :)

    Der Vermögensverzehr ist nicht so unterschiedlich vom Vermögensaufbau, wie Du vielleicht denken magst. Eben drum umschwärmen Dich die Finanzgeier beim Vermögensaufbau so zahlreich wie beim Vermögensabbau.


    In jedem Fall brauchst Du für beides eine private Vermögensbilanz und mußt Dir etliche Fragen zu Deinem Anlageverhalten selbst beantworten. Die notwendigen Informationen dürftest Du hier nicht preisgeben wollen (was verständlich ist). Aber eben drum kannst Du auch keine wirklich handfesten Plan vorgegeben bekommen. Du wirst wohl nicht umhinkommen, Hausaufgaben zu machen und Dir Deinen Plan selbst zu entwickeln.


    Selbermachen ist angesagt!

  • Guten Abend zusammen,

    zunächst einmal herzlichen Dank an euch alle dass ihr mir so schnell und umfassend geantwortet habt! Das war weit mehr und schneller als ich erwartet habe - bin ein wenig überrascht und natürlich sehr erfreut darüber!

    Wie ich gelesen habe, gibt's für mich zunächst einige Hausaufgaben zu machen. Dank der vermittelten Begriffe und URLs weiß ich jetzt zumindest schon mal, wo ich etwas nachlesen kann! Das wusste ich vorher nämlich nicht, weil ich nicht genau wusste, wonach, d.h. nach welchen Begriffen, ich suchen musste. Das hat sich dank euerer Hilfe nun geändert!

    Ganz kurz zu euren Rückfragen:

    zu 1. ~ 200 T€
    zu 2. geplant ~ 750 € p.M.
    zu 3. bis es aufgebraucht ist oder ich Tod umfalle ;)
    zu 4. Pflege- und Bestattungskosten sind bereits abgedeckt
    zu 5. Ja. 2 Renten, die decken meine "Grundsicherung" ab, der Rest wäre für ein angenehm(er)es Leben, mehr Urlaub, Spenden, etc. Ich möchte das Geld halt nicht einfach nur ungenutzt irgendwo rumliegen lassen, sondern mir daraus einen monatlichen "Zuschuss" zu den beiden Renten gönnen.

    6. Wo liegt denn das Geld jetzt?

    zu 6. ist noch im Zulauf, stammt aus einem Immoblienverkauf

    Hast du Kinder, Enkel, erben?

    Alles negativ, bin der Letzte meiner Art.

    Viele Grüße und euch allen einen schönen Abend,

    moosehead

  • 1. ~ 200 T€
    zu 2. geplant ~ 750 € p.M.

    Worst case scenario - Geld bleibt aufs Girokonto (unverzinst).


    €200.000/750/12 = 22 Jahre lang €750 pro Monat.


    Reicht das für Dich?


    Ich bin sehr zuversichtlich unsere Forenfreunde noch bessere “Losungen” finden werden ✌️

  • Also zusammengefaßt:


    Du erwartest ~ 200 T€ aus einem Immobilienverkauf. Damit ist auch klar, wie das Geld bisher "angelegt" war.


    Du möchtest ~ 750 €/m entnehmen, das sind 9 k€/a oder anfänglich etwa 4,5%.

    Im Moment kannst Du mit 4% Zinsen rechnen, nach Steuern 3%, somit 6 k€.

    Nominal reicht Dir das etwa 35 Jahre lang. Wenn Du jetzt 65 sein solltest, also bis zum Endalter 100.


    Schlechter sieht es aus, wenn Du 3% Inflation dazurechnest, dann reicht das Geld nur 22 Jahre, also bis zum Endalter 87 (so Du jetzt 65 sein solltest).


    Das Geld soll reichen, bis es aufgebraucht ist oder Du tot umfällst.


    Das ist eine ziemliche Nullaussage, mit der niemand etwas anfangen kann. Diese Bedingung ist erfüllt, wenn Du Dir gleich zu Anfang die 200 Mille abhebst und einen Ferrari davon kaufst. Dann ist das Geld aufgebraucht. Das kann man natürlich machen, ist aber keine Maßnahme zur Alterssicherung.


    Pflege- und Bestattungskosten sind bereits abgedeckt.


    Bestattungkosten sind (nach heutigem Geld) höchstens 10 k€ (und damit ein untergeordneter Betrag, gemessen an den 200 k€). Was Pflege in Zukunft kosten wird und ob Deine Ersparnisse dafür reichen, wage ich nicht zu prognostizieren.


    2 Renten decken Deine Grundbedürfnisse ab, der Rest wäre für ein angenehm(er)es Leben, mehr Urlaub, Spenden, etc. Du möchtest das Geld halt nicht einfach nur ungenutzt irgendwo rumliegen lassen, sondern Dir daraus einen monatlichen "Zuschuss" zu den beiden Renten gönnen.


    Das sollte sich machen lassen, egal wie Du das Geld anlegst (oder ob Du es einfach unters Kopfkissen legst).


    An Erben brauchst Du nicht zu denken. Das sollte man auch nicht, wenn man welche hat. Die bekommen, was übrigbleibt (und selbst das ist eine Art Lotteriegewinn für sie). Ja, es gibt Spinner, die sich im Alter kasteien, damit nur recht viel fürs Erbe übrigbleibt. Man braucht mit seinem Geld nicht zu prassen, aber letztlich hat man es dazu, daß man es ausgibt.


    Du dürftest außer der Immobilie, die Du gerade verkaufst, noch weiteres Vermögen haben. In welcher Form hast Du das denn angelegt?


    Egal, wie Du es selbst machst: Du bekommst selber nie ein Finanzinstrument hin, mit dem Du gezielt Deine Restlebenserwartung abdeckst, sprich: Du entnimmst genau so viel, daß Dein Geld mit Deinem letzten Atemzug alle ist. Entweder Du agierst vorsichtig: Dann ist bei Deinem Tod Geld übrig, über das sich bei Erbenlosen der Staat freut. Oder Du bist Du großzügig: Dann hast Du schon vor Deinem Tod diese Zusatzrente nicht mehr, die Du Dir aus eigenen Mitteln zahlen willst.


    Das Problem lösen kannst Du mit einer Sofortrente (also einer kommerziellen Rentenversicherung). Die zahlt garantiert bis zu Deinem Lebensende, aber dafür kostet sie Geld (was von Deiner Eigenrente abgeht) und der Vermittler freut sich über eine Provision (die Du zahlst, die somit auch von Deiner Eigenrente abgeht). Ich würde das nicht machen, im Zinstal wurde allgemein davon abgeraten, ich nenne es nur der Vollständigkeit halber.


    Wenn das steuerlich hinhaut und Du das überhaupt darfst, wäre auch eine freiwillige Zahlung an die Deutsche Rentenversicherung zu erwägen. Das ist aber so oder so ein kleines Volumen, somit kommt nur ein kleines Rentenplus heraus. Wenn Du eine Sofortrente erwägst, solltest Du einen Teil des Betrags für die gesetzliche Rente abzwacken (sofern das möglich ist).


    All das oben Genannte muß man natürlich mit dem spitzen Bleistift durchrechnen.

  • Das Geld soll reichen, bis es aufgebraucht ist oder Du tot umfällst.


    Das ist eine ziemliche Nullaussage, mit der niemand etwas anfangen kann.

    Sorry, das sehe ich deutlich anders!

    Denn wenn ich monatlich 750 € entnehme bis das Geld aufgebraucht ist, ist das in meinen Augen absolut eindeutig, denn dann reicht die Summe eben solange, bis der Grundbetrag inkl. Verzinsung aufgebraucht ist. Wie du selber schon kurz zuvor ausgerechnet hast, sind das bei 4% p.a. ca. 35 Jahre.

    Und wenn ich vorher tot umfalle ist mir schlichtweg egal, was mit dem Geld passiert, denn mitnehmen und ausgeben kann ich nicht.

    Was bitte ist daran eine "ziemliche Nullaussage, mit der niemand etwas anfangen kann" ?

    Ansonsten sind deine Ausführungen sehr hilfreich für mich! Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, mir so ausführlich zu antworten!