Entnahmephase: Grenze bis zu der keine Steuern fällig werden

  • Von einer Entnahme auszugehen und zu glauben, man könnte an ihr eine eventuelle Steuerpflicht festmachen, ist ein ungeeigneter Ansatz, da das maßgebliche Kriterium der im Wert der Entnahme steckende Gewinn ist. Und der ist nunmal sehr variabel.

    Ich bin gerade verwirrt. Ich mach das genauso. Was könnte ich denn alternativ tun? :/

    Man geht letztlich von dem Betrag aus, der steuerfrei ist, etwa dem (restlichen) Steuerfreibetrag oder dem Grundfreibetrag, und rechnet von diesem aus rückwärts. Als Zwischenergebnis erhält man den Kapitalertrag, der gerade eben noch steuerfrei ist, und rechnet von diesem aus weiter zurück auf die Zahl der Anteile, die man verkaufen will (wobei man sinnvollerweise eine Tabelle hat, aus der hervorgeht, wieviel Gewinn in jedem Anteil steckt, unter Berücksichtigung der Vorabpauschale, die rechnerisch den Einstandspreis erhöht. Die Depotbank hat eine solche Tabelle schließlich auch).


    Es ist sinngemäß der gleiche Gedankengang, ob Du als Privatier unter der Steuerpflicht bleiben willst oder als Normalanleger am Jahresende ETF-Anteile rollst, um den Sparerfreibetrag auszunutzen.


    Letztlich ist jede solche Rechnung individuell. Es paßt also nicht, wenn man allgemeingültig sagt: "Um unter dem Grundfreibetrag zu bleiben, kannst Du für x Euro ETF-Anteile liquidieren."

    Ich hab bspw. schon sehr lange Zeit LU0274210672 im Depot. Der ist in den letzten 15 Jahren extrem gut gelaufen. Wenn ich davon heute etwas verkaufe, bin ich etwa bei 80% Gewinnanteil.

    Es ist aus Steuergründen sinnvoll, dasjenige Papier zuerst zu verkaufen (bzw. diejenige Tranche), das am wenigsten Gewinn enthält, weil Du so für einen vorgegebenen Betrag Gewinn ein Maximum an Auszahlung bekommst.


    Wie man das im Detail bewerkstelligt, haben wir schon oft besprochen. Es gibt dazu mehrere Methoden.


    Allerdings: Irgendwann kriegt der Fiskus Dich (oder spätestens Deine Erben). Irgendwann ist die Steuer fällig, Du kannst sie nur gestalten.

  • Alles klar, danke für die Erläuterung

    Es ist aus Steuergründen sinnvoll, dasjenige Papier zuerst zu verkaufen (bzw. diejenige Tranche), das am wenigsten Gewinn enthält, weil Du so für einen vorgegebenen Betrag Gewinn ein Maximum an Auszahlung bekommst.


    Wie man das im Detail bewerkstelligt, haben wir schon oft besprochen. Es gibt dazu mehrere Methoden.

    Danke, die sind mir bekannt. Denke ich zumindest ;)

    Ich habe auch eine etwas andere Frage-Motivation als die Fragestellerin in diesem Thread. Es geht mir an dieser Stelle nicht um Steuergestaltung oder gar darum unter dem Grundfreibetrag zu bleiben o.ä.

    Ich will aktuell nur grob wissen wie hoch meine Steuerbelastung im Rentenalter sein wird. Und dazu benötige ich das zu versteuernde Einkommen einschliesslich der Gewinne aus Depot-Entnahmen. Natürlich ist das nur eine Näherungslösung da ich nicht weiß wie die ETFs sich bis dann entwickeln. Diese Näherungslösung unter gewissen vorsichtigen Annahmen genügt mir aktuell aber. Ich kalkuliere in 8-10 Jahren aufwärts mit einer regelmässigen Entnahme von x% des Depotwertes p.a. Und bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (zusammen mit anderen Einkünften) brauche ich zumindest eine grobe Annahme wie hoch der Gewinnanteil dieser Entnahmen ist.

    Allerdings: Irgendwann kriegt der Fiskus Dich

    Das ist leider wahr :rolleyes:

  • Kapitalerträge hast Du erst bei Verkauf, wenn Du die Kursgewinne realisierst.

    Die Vorabpauschale ist also eine Vorabzahlung auf die Steuer, die eigentlich erst in vielen Jahren anfällt.

    Wird die Vorabpauschale dann mit der später gezahlten Abgeltungssteuer verrechnet oder sind das zwei für sich gesehene Abgaben?

  • Wird die Vorabpauschale dann mit der später gezahlten Abgeltungssteuer verrechnet oder sind das zwei für sich gesehene Abgaben?

    Die Vorabpauschale ist ein fiktiver Gewinn. Die Steuer auf die Vorabpauschale ist eine Steuer. Die meisten Leute werfen diese beiden Dinge durcheinander.


    Der Fiskus errechnet Dir momentan für Deine ETFs eine Vorabpauschale. Das ist ein Cent-Wert pro Anteil. Für diesen Wert verlangt er Abgeltungsteuer, die Dir später beim Verkauf zugutegehalten wird. Rechnerisch am einfachsten ist es, wenn Du die Vorabpauschale zum Einkaufspreis des jeweiligen Papiers dazuzählst.


    Beim Verkauf versteuerst Du dann nicht die Differenz zwischen Ankaufspreis und Verkaufspreis, sondern die Differenz zwischen Ankaufspreis plus sämtlicher Vorabpauschalen in der Haltezeit und dem Verkaufspreis.


    Zahlenbeispiel:

    Du hast am 1.1.2023 einen ETF zu 100 € gekauft.

    Für 2023 rechnet der Fiskus einen fiktiven Gewinn von 1,79 €.

    Für 2024 wird er Dir einen fiktiven Gewinn von 1,60 € rechnen.

    Irgendwann im Jahr 2025 verkaufst Du den ETF zu 115 €.


    Du zahlst nun nicht etwa Steuer von 115 - 100 = 15 €, sondern nur von 115 -100 -1,79 - 1,60 = 11,61 €, denn (70% von den) 1,79 € und (70% von den) 1,60 € hast Du ja schon versteuert (bzw. sie wurden Dir gegen den Freibetrag gerechnet).


    Weil das ein Aktien-ETF ist, gibts noch eine Teilfreistellung, also zahlst Du Abgeltungsteuer auf 11,61 * 70% = 8,13 €.


    Steuergerechtigkeit kann ganz schön kompliziert sein! Dabei sind das oben nur die 4 Grundrechenarten.

  • Muss man für die korrekte Verrechnung dann selbst die inzwischen geleistete Abgeltungssteuer auf die Vorabpauschalen dokumentieren und dann in der Steuererklärung zusammendröseln oder geschieht die Verrechnung dann beim Verkauf der ETF "automatisch"?

  • Muss man für die korrekte Verrechnung dann selbst die inzwischen geleistete Abgeltungssteuer auf die Vorabpauschalen dokumentieren und dann in der Steuererklärung zusammendröseln oder geschieht die Verrechnung dann beim Verkauf der ETF "automatisch"?

    Das geschieht automatisch bei der Abrechnung des Verkaufs.

  • Muss man für die korrekte Verrechnung dann selbst die inzwischen geleistete Abgeltungssteuer auf die Vorabpauschalen dokumentieren und dann in der Steuererklärung zusammendröseln oder geschieht die Verrechnung dann beim Verkauf der ETF "automatisch"?

    Das geschieht automatisch.


    Es geht in diesem Thread aber darum, daß einer durch gezielten Verkauf seine Steuerbelastung steuert. Wer das tun will, muß die Rechnung, die die Depotbank durchführt, im eigenen Rechner duplizieren. Das ist nicht schwer, wenn man sich mit Excel auskennt. Den Ansatz muß man halt selber bauen und dazu das Prinzip verstanden haben, die Arithmetik macht Excel für einen.

  • Rechnerisch am einfachsten ist es, wenn Du die Vorabpauschale zum Einkaufspreis des jeweiligen Papiers dazuzählst.

    Danke, dieser Satz macht es tatsächlich viel klarer und einfacher nachvollziehbar bzw. in Excel abbildbar für mich. Die Vorabpauschale ist für jeden Anteil desselben ETFs im jeweiligen Kalenderjahr gleich, oder? Bis auf die im betreffenden Jahr erst gekauften Anteile, für die dann im ersten Jahr x/12 anfallen.

  • Rechnerisch am einfachsten ist es, wenn Du die Vorabpauschale zum Einkaufspreis des jeweiligen Papiers dazuzählst.

    Die Vorabpauschale ist für jeden Anteil desselben ETFs im jeweiligen Kalenderjahr gleich, oder? Bis auf die im betreffenden Jahr erst gekauften Anteile, für die dann im ersten Jahr x/12 anfallen.

    Grundsätzlich ist es so.


    Sonderlocken sind dabei natürlich weggelassen (daß etwa der tatsächliche Gewinn geringer war als die Vorabpauschale).

  • Es ist aus Steuergründen sinnvoll, dasjenige Papier zuerst zu verkaufen (bzw. diejenige Tranche), das am wenigsten Gewinn enthält, weil Du so für einen vorgegebenen Betrag Gewinn ein Maximum an Auszahlung bekommst.

    Ich bin nicht sicher, ob man das so pauschal sagen kann.


    Beispielsweise hört jemand bereits mit 50 auf zu arbeiten und lebt bis zum Renteneintrittsalter (also derzeit 67) von seinen Ersparnissen. Das zu versteuernde Einkommen ergibt sich nur aus den Kapitalerträgen bzw. der Vorabpauschale. In der Zeit bis zum Renteneintritt lassen sich also die Steuerfreibeträge voll ausnutzen. Wenn er dann ab 67 Rente bezieht, müssen die Kapitalerträge - je nach Höhe der Rente - gegebenenfalls bereits ab dem ersten Euro versteuert werden...


    Es muss also individuell geprüft werden, welcher Vorteil hier überwiegt: die Verschiebung vom FIFO zum LIFO-Verfahren durch geeignete Maßnahmen oder die Ausnutzung der steuerlichen Freibeträge in dem Zeitraum, in dem er bis auf Kapitalerträge kein Einkommen bezieht.

  • Wer 17 Jahre lang aus seinen Ersparnissen leben will und anschließend weiter Kapitalerträge haben will, nutzt seine Freibeträge sicherlich immer sowieso voll aus. Damit halte ich diesen konstruierten Spezialfall für nicht relevant.

  • Sehe ich nicht so. Durch den Sparerpauschbetrag (1000 €), dem Steuerfreibetrag (11.604 €) sowie der Berücksichtigung von KV und PV (mindestenssind 2700 €) sind immerhin die ersten 15.364 € an Kapitalerträgen im Jahr steuerfrei. Wie bereits erwähnt kann es wenn man dann Rente bezieht durchaus sein, dass man bereits ab dem ersten Euro Kapitalertragsteuer darauf Steuern zahlen muss.

  • Man würde wohl eher anstreben, ab 63 die Rente mit Abschlägen zu beziehen.


    Ansonsten glaube ich aber, dass man ab 50 noch immer irgendeinen Zeitvertreib suchen würde, ggf. sogar mit integriertem Einkommen. Daher sind diese Überlegungen in meinen Augen eher akademischer Natur.

  • In der Realität spielen ohnehin so viele Faktoren eine Rolle, dass man diese unmöglich alle in einem Forenbeitrag berücksichtigen und diskutieren kann. Ich würde daher vorschlagen dass man sich auf jene beschränkt die man einigermaßen gut quantifizieren kann...

  • Es ist aus Steuergründen sinnvoll, dasjenige Papier zuerst zu verkaufen (bzw. diejenige Tranche), das am wenigsten Gewinn enthält, weil Du so für einen vorgegebenen Betrag Gewinn ein Maximum an Auszahlung bekommst.

    Ich bin nicht sicher, ob man das so pauschal sagen kann.

    Doch, das kann man pauschal so sagen.

    Beispielsweise hört jemand bereits mit 50 auf zu arbeiten und lebt bis zum Renteneintrittsalter (also derzeit 67) von seinen Ersparnissen. Das zu versteuernde Einkommen ergibt sich nur aus den Kapitalerträgen bzw. der Vorabpauschale. In der Zeit bis zum Renteneintritt lassen sich also die Steuerfreibeträge voll ausnutzen. Wenn er dann ab 67 Rente bezieht, müssen die Kapitalerträge - je nach Höhe der Rente - gegebenenfalls bereits ab dem ersten Euro versteuert werden.

    Das ist nicht so. Selbst in diesem Fall hat dieser Mensch den Sparerfreibetrag.

    Es muss also individuell geprüft werden, welcher Vorteil hier überwiegt: die Verschiebung vom FIFO zum LIFO-Verfahren durch geeignete Maßnahmen oder die Ausnutzung der steuerlichen Freibeträge in dem Zeitraum, in dem er bis auf Kapitalerträge kein Einkommen bezieht.

    Wie man Steuer gestaltet, ist immer individuell. Wer weiß, worauf es ankommt, schafft das dann auch. Ohne eigene Überlegung geht es aber nicht.


    Bei Licht besehen ist die Chose ohnehin noch komplizierter, als Du es als vermeintlich richtigere Alternative oben darstellst.


    Über allem steht die Erkenntnis: Lieber Steuer zahlen vom Gewinn, als Verlust zu machen und keine Steuer zahlen zu "müssen".

  • Beispielsweise ist es ja auch sinnvoll, jedes Jahr so viele ETF-Anteile zu verkaufen, dass man den Sparerfreibetrag ausnutzt. Die Anteile kauft man dann unmittelbar nach Verkauf einfach wieder zurück und hat einen entsprechend höheren Einstandspreis, der sich in der Zukunft dann steuerlich vorteilhaft auswirkt.


    Wenn ich nun als Privatier ausschließlich Kapitalerträge versteuern muss macht es ja ebenfalls Sinn, die gesamten steuerlichen Freibeträge auszunutzen und diese nicht verfallen zu lassen...