Die Krise nutzen, um Kapitalertragsteuer zu sparen.

  • Hallo Saidi,

    Ich habe aus gegebenem Anlass die Frage, ob man die aktuelle Krise nicht nutzen kann, um Kapitalerstragsteuer zu sparen. Stell Dir vor, in meinem Depot liegt ein ETF von iShares auf den MSCI World mit 200.000 EUR Wert. In der Krise verliert der ETF jetzt 50% an Wert und ist nur noch 100.000 EUR Wert. Wenn ich den iShares ETF jetzt verkaufe und mir dafür einen identischen ETF vom Amundi oder Vanguard kaufe, dann ändert das nichts am Wert meines Depots. Da ich jetzt aber Verluste von 100.000 EUR realisiert habe, stehen in meinem Verlustverrechnungstopf jetzt 100.000 EUR. Wenn der ETF in 5 Jahren wieder bei 200.000 EUR steht, dann habe ich einen Verlust von 0 EUR gemacht. Zusätzlich kann ich jetzt aber noch 100.000 EUR Gewinn machen, ohne darauf Kapitalertragsteuer zahlen zu müssen. Ist das so richtig oder mache ich einen Denkfehler ?

    liebe Grüße und Danke für die Antwort, Klaus

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  • Elena H.

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Hi Klaus, du findest hier die Community aber nicht die Mitarbeiter aus der Redaktion.


    In dem Zusammenhang ist das ein Denkfehler. Du gehst davon aus, dass dein ETF langfristig steigt.

    Jetzt hast du einen Verlust. Wenn der ETF wieder auf 200k steigt bist du auf 0.


    Wenn du jetzt verkaufst hast du zwar was im Verlusttopf aber wenn er wieder steigt hättest du dann einen entsprechenden Gewinn.


    So etwas würde nur Sinn ergeben wenn du dich von bestimmten Anlagen sowieso trennen möchtest. Dann kann man so eine Phase durchaus zur Umschichtung nutzen.

  • Eigentlich erstaunlich, dass hier solche interessanten Meinungen herrumschwirren.


    Das ist ja wie Schiffe versenken, um später mit dem Holz wieder neue zu bauen.


    Angst fressen Seele auf… heißt das berühmte geflügelte Wort.


    Nehmen wir einmal drei Rechenbeispiele für heute, Montag, den 7. April 2025 morgens um 8:00 Uhr. Drei Freunde chatten und sind voller Panik, weil heute alles zusammenbrechen soll.


    Didi Dödel hat in einem ETF 200.000 €. Der Gewinn beträgt nach Teilfreistellung 50.000 €.


    Rudi Ratlos ist gerade im Dezember mutig mit einer Einmalzahlung von 230.000 Euro in einen ETF eingestiegen und besitzt nun noch 200.000 €.


    Axel Zuck der Bankberater hat einen ETF im Wert von 200.000 € und Gewinne nach Teilfreistellung von 100.000 € .


    Axel Zuck hat massiv Angst, überredet seine Freunde allerdings die Füße still zu halten.


    Um 17:00 Uhr entscheiden sich die drei zu retten, was zu retten ist. Der Tag war grauenvoll. Nicht nur die europäischen Börsen, sondern auch die Wall Street sind völlig am Boden.


    Der ETF hat 50 % verloren und nach dem Verkauf haben Dödel und Ratlos 100.000 € auf dem Verrechnungskonto.


    Dieter Dödel hat 28.572 € in seinem Verlusttopf.


    Rudi Ratlos hat 130.000 Euro im Verlusttopf.


    Axel Zuck hat immer noch einen Gewinn von 30.000 Euro nach Teilfreistellung, den er versteuert. 7912,50 € Steuern sind fällig und er hat 92.087,50 € auf dem Verrechnungskonto.

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    Hallo Saidi,

    Ich habe aus gegebenem Anlass die Frage, ob man die aktuelle Krise nicht nutzen kann, um Kapitalerstragsteuer zu sparen. Stell Dir vor, in meinem Depot liegt ein ETF von iShares auf den MSCI World mit 200.000 EUR Wert. In der Krise verliert der ETF jetzt 50% an Wert und ist nur noch 100.000 EUR Wert. Wenn ich den iShares ETF jetzt verkaufe und mir dafür einen identischen ETF vom Amundi oder Vanguard kaufe, dann ändert das nichts am Wert meines Depots. Da ich jetzt aber Verluste von 100.000 EUR realisiert habe, stehen in meinem Verlustverrechnungstopf jetzt 100.000 EUR. Wenn der ETF in 5 Jahren wieder bei 200.000 EUR steht, dann habe ich einen Verlust von 0 EUR gemacht. Zusätzlich kann ich jetzt aber noch 100.000 EUR Gewinn machen, ohne darauf Kapitalertragsteuer zahlen zu müssen. Ist das so richtig oder mache ich einen Denkfehler ?

    liebe Grüße und Danke für die Antwort, Klaus


    Also ich finde die Überlegung gar nicht so an den Haaren herbeigezogen. Wenn jetzt Verluste realisiert werden, dann ist der Verlusttopf gefüllt. Bei zukünftigen Gewinnen wird aber nicht der komplette Gewinn dem Verlusttopf angerechnet, sondern ist auf die Vorabpauschale beschränkt. Heißt die Besteuerung wird in die Zukunft verschoben was sich ja positiv auswirkt. Ist m.M. wie Rollen mit Kursverlusten.


    Nachteil ist allerdings, dass der Freibetrag mit dem Depot bis dahin nicht genutzt werden kann. Wenn dieser aber durch anderweitige Kapitalerträge aufgebraucht wird, dann ist das kein Problem.

  • Sowas kann unter Umständen sinnvoll sein. Zum einen bekommst du ggf. bereits gezahlte Steuern auf Vorabpauschale zurück die du investieren kannst. Zudem hast du so die Möglichkeit ohne Steuern das Depot umzubauen, sofern das erforderlich ist.

    Es gibt aber auch einige Nachteile. Du kannst bei einem bestehenden Verlusttopf deinen Freibetrag nicht nutzen und der verfällt.

    Insgesamt ändert sich an der Steuerlast aber nichts. Ein konkreter Steuervorteil ergibt sich also nicht.

  • Insgesamt ändert sich an der Steuerlast aber nichts. Ein konkreter Steuervorteil ergibt sich also nicht.

    Ich denke eigentlich schon. Man betreibt doch Steuerstundung. Die 3x10 Strategie bringt ja auf ähnliche Weise Vorteile.


    Und dass der Freibetrag verfällt ist doch egal, wenn man einen Verlusttopf von ein paar Tausend Euro hat.


    klaus251271 Ich weiß nur, dass der YouTuber Christian Delacour diese Steueroptimierung auch so macht.

    Er kauft mehrere ETFs auf den gleichen/ähnlichen Index und falls einer schlecht läuft verkauft er ihn wieder, um seinen Verlusttopf zu füllen und kauft dann zeitnah wieder.

    So sind seine Ausschüttungen steuerfrei.


    Hier gegen Ende erwähnt er es mal kurz.

  • Ist das so richtig oder mache ich einen Denkfehler ?

    liebe Grüße und Danke für die Antwort, Klaus

    Ih tippe mal großzügig auf einen Denkfehler!

    Stell Dir vor, in meinem Depot liegt ein ETF von iShares auf den MSCI World mit 200.000 EUR Wert. In der Krise verliert der ETF jetzt 50% an Wert und ist nur noch 100.000 EUR Wert.

    Wenn du deinen 200k ETF für 200k gekauft hattest bzw. du in Summe 200k investierst hast... und er jetzt mal so eben auf 100k abrutscht... und du ihn verkaufst... ja dann... realisierst du einen Verlust.

  • Ich habe das schon häufiger gemacht, zuletzt am Montag Morgen als die Kurse so stark gefallen sind. Konkret habe ich die ETF Anteile verkauft und unmittelbar danach gleich wieder gekauft. Durch die so realisierten Verluste wurde mir:

    • die bereits in diesem Jahr gezahlte Kapitalertragsteuer erstattet
    • mein Freistellungsauftrag wieder auf 1.000 Euro aufgefüllt
    • der restliche Verlust in den Verlusttopf gebucht

    Verlusttopf und Freistellungsauftrag werde ich natürlich noch dieses Jahr durch die Realisierung von Gewinnen ausnutzen.


    Zwar wird mein Gewinn in Zukunft durch die niedrigeren Einstandskurse höher sein, in meiner Kalkulation gehe ich aber von einer niedrigeren zukünftigen Steuerbelastung aus.

    Außerdem fließt kein Geld in Form von KESt aus meinem Portfolio und kann sich so weiter verzinsen.

  • Ich denke eigentlich schon. Man betreibt doch Steuerstundung. Die 3x10 Strategie bringt ja auf ähnliche Weise Vorteile.



    Und dass der Freibetrag verfällt ist doch egal, wenn man einen Verlusttopf von ein paar Tausend Euro hat.

    Es kommt auf die Reihenfolge an. Im konkreten Beispiel macht es keinen Unterschied.

    Einkauf für 200k, dann Verkauf zu 100k und direkter Rückkauf - Verlusttopf 100k


    Der Wert steigt auf 250k. In beiden Fällen sind 50k zu versteuern.


    Allerdings hat man in der Zwischenzeit die Freibeträge nicht nutzen können für Vorabpauschale, Ausschüttungen...

  • Einkauf für 200k, dann Verkauf zu 100k und direkter Rückkauf - Verlusttopf 100k


    Der Wert steigt auf 250k. In beiden Fällen sind 50k zu versteuern.

    Fall 1: Klaus macht gar nichts. Nehmen wir 200k Kaufkurs an, aktueller Wert aber nur 100k. In 5 Jahren steht sein bei Depot 250k (+25%). Dann zahlt er KeSt auf die 50k Gewinn, wenn er alles verkauft.


    Fall 2: Klaus verkauft jetzt seinen ETF: 100k Verlusttopf und kauft ihn direkt wieder für 100k. In 5 Jahren steht er bei 250k (150k Gewinn). Ja, dann zahlt er auch Steuern auf 50k, WENN er alles auf einen Schlag verkauft.


    Aber wenn er in 5 Jahren nur 25k entnimmt, zahlt er im zweiten Fall gar keine Steuern (Verlusttopf dann noch bei 75k).

    Im ersten Fall müsste er 5k versteuern (bzw. 4k nach Abzug des Freibetrags).


    Für den gleichen Nettobetrag braucht er also weniger entnehmen, das nicht entnommene Kapital kann dann weiterarbeiten.


    Oder habe ich hier einen Denkfehler?

  • Oder habe ich hier einen Denkfehler?

    Es kommt auf die Reihenfolge an. Das Thema ist viel komplexer als hier dargestellt. Zum einen müsste man genau wissen zu welchen Kursen welche Anteile zu welcher Zeit gekauft wurden. Davon hängt der Verkaufsgewinn bei Teilverkäufen ab. Hinzu kommt noch die Vorabpauschale welche jedes Jahr anfallen kann und Auswirkungen auf den Verkaufsgewinn hat. Sicher ist es aber, dass durch den Verlusttopf die jährlichen Freibeträge verloren gehen und deshalb zu einem späteren Termin mehr Steuern anfallen.

    Darüber hinaus wird hier unterstellt, dass im Depot sonst nichts passiert.

  • Das wäre ein Nullsummenspiel. Wenn der bestehende Anteil sich wieder verdoppelt, ist man wieder am Ausgangspunkt, also 200k. Man hätte nichts gewonnen aber auch nicht verloren.


    Wenn man umschichten möchte, würde es eventuell Sinn ergeben. Ansonsten nicht.

  • Sicher ist es aber, dass durch den Verlusttopf die jährlichen Freibeträge verloren gehen und deshalb zu einem späteren Termin mehr Steuern anfallen.

    Genau das verstehe ich nicht. Wenn man einen Verlusttopf von 100k mit sich rumschleppt, hat man doch quasi über die nächsten 50 Jahre einen jährlichen Freibetrag von 2000€.

    Oder über die nächsten 20 Jahre einen Freibetrag von 5000€.

    Dann wird die Nicht-Inanspruchnahme des gesetzlichen Freibetrages von 1000€ doch irrelevant.


    Wenn man kurz vor der Rente steht, ist das doch eine super Sache für die nächsten 20 Jahre Entnahmephase. Aber auch Investoren mit ausschüttenden ETFs bekämen die nächsten Jahre steuerfreie Ausschüttungen bis der Verlusttopf aufgebraucht ist.

  • Warum ? Wenn jemand z.B. 1000 Euro Dividende oder Zinsen jährlich bekommt, wird der Freibetrag selbstverständlich genutzt….

    Nein, es wird erst der Verlustvortrag verwendet. Erst wenn der Verlustvortrag aufgebraucht ist, wird der Freibetrag genutzt. Daher verfällt tatsächlich der Freibetrag am Jahresende, wenn alles bei der gleichen Bank ist.


    Solltest Du jedoch den Freibetrag bei einer anderen Bank z.B. für Tagesgeld haben, wird dort natürlich der Freibetrag verbraucht und der Verlustvortrag bei der Depotbank bleibt.


    Ist das so richtig oder mache ich einen Denkfehler ?

    Die Grundidee passt. Aber ich würde nur soviel Verlust realisieren, wie im gleichen Jahr wieder (durch Zinsen, Dividenden, Ausschüttungen, Gewinnrealisierungen) verbraucht werden, wenn Du den Freibetrag nicht anderswo verbrauchst. So vermeidest Du Steuerzahlungen in diesem Jahr. Langfristig ist das natürlich nur eine Steuerverschiebung, da Du bei einem späteren Verkauf natürlich wieder 100k mehr versteuern musst.


    Ich habe das Prinzip übrigens letzte Woche für Umschichtungen genutzt. Ich kaufe eine WKN immer nur auf ähnlichem Preisniveau und fange dann eine neue WKN an (Grundidee wie die 3 x 10 Jahre von Finanztip).

    Nun habe ich die neuste Tranche mit Verlustrealisierung verkauft und in die vorherige WKN umgeschichtet. Das Volumen reicht, dass ich dieses Jahr kaum KESt zahlen werde. Zusätzlich konnte ich eine Gewinnposition umschichten, dessen Umschichtung ich bisher nur aus steuerlichen Gründen nicht ausgeführt hatte.

  • Werden Dividendenzahlungen bei Aktien wirklich mit dem Verlusttopf verrechnet?

    Den Verlusttopf gibt es nicht.


    Es gibt nämlich zwei Verlusttöpfe, den Verlusttopf Aktien und den Verlusttopf Sonstiges.


    Den Verlusttopf Aktien befüllst Du nur mit Verlusten aus Aktienverkäufen und Du kannst ihn auch nur mit Gewinnen aus Aktienverkäufen ausgleichen.


    Alle anderen Verluste wandern in den Verlusttopf Sonstiges. Und diesen kannst Du mit allen Kapitaleinkünften ausgleichen, auch mit Gewinnen aus Aktienverkäufen.


    Um auf Deine konkrete Frage zurückzukommen: Den Verlusttopf Aktien kannst Du mit Dividenden nicht ausgleichen, wohl aber den Verlusttopf Sonstiges.


    :)