Sparquote - Einkommen oberhalb Beitragsbemessungsgrenze

  • Guten Morgen,

    Hintergrund: ich (46,m) verdiene als Angestellter 130000/Jahr (90% fix, 10% Boni) und damit deutlich über der Beitragsbemessungsgrenze. Die Sparquotenempfehlung von +- 15% und die Beispiele, die Saidi in seinen Beiträgen bringt beziehen sich verständlicherweise meist auf Einkommen nahe am Medianeinkommen. Durch die Deckelung der Rentenpunkte wird in meiner Vorstellung die Diskrepanz zwischen letztem Nettoeinkommen und Rentenzahlung größer, d.h. die Rentenlücke steigt. Es fällt mir schwer, meine tatsächliche Rentenlücke abzuschätzen, da ich bzgl. Berechnung der Krankenkassenbeiträge und zu erwartender Steuerquote im Alter noch nicht durchblicke. Gibt es da eine gute Faustformel wie hoch die Sparquote für gutverdienende liegen sollte?

    Leider bin ich auf der Suche im Internet und hier im Forum auf keine bzw. stark divergente Aussagen gestoßen. Ich würde mich über Eure Empfehlungen bzw. Hinweise auf Artikel/Forenbeiträge die ich übersehen habe freuen.

    vielen Dank!

  • Ich glaube es gibt hier keine pauschale Empfehlung. Ich habe ein ähnliches "Problem". Allerdings mit erwerbstätiger Frau und Kindern. Wir haben das für uns wie folgt gelöst.


    Das ist aber ein großer Blick in die Glaskugel, der einem maximal eine Idee der Größenordnung gibt.


    Ich habe unsere voraussichtliche Rente abgeschätzt und dann mit unserem Netto jetzt verglichen. Das ganze um Inflation bereinigt. Dann alle möglichen Beträge rausgerechnet. Bspw. Kindergeld, Zusatzkosten für Kinderbetreuung die dann entfällt, nur noch ein Auto etc.


    Daraus habe ich berechnet, wieviel Kapital wir bei einer konservativen Entnahmerate zum Renteneintritt benötigen.


    Daraus habe ich dann eine Mindestsparrate pro Monat errechnet. (Unter Berücksichtigung eines gewissen Kapitalertrags durch meine Sparraten.)


    Ich kam dann neben unserer Tilgungsrate für das Eigenheim auf knapp 18% unseres Gesamtnettos (inkl. Bonus).


    Das ganze ist ein Blick in die Zukunft, die sowieso anders kommt. Ich fand die Übung aber gut, um sich einen Gesamtüberblick über seine Finanzen zu verschaffen. Und ich bin seitdem auch entspannt, wenn wir das restliche Einkommen einfach verkonsumieren.

  • Gibt es da eine gute Faustformel wie hoch die Sparquote für gutverdienende liegen sollte?

    Je höher das Einkommen, desto weiter über die üblichen Empfehlungen. Das Problem ist ja nicht nur die gedeckelte GRV, sondern auch der Lebensstil, der sich mit hohem Einkommen einschleicht. Da wird der Unruhestand in der Regel nicht gerade günstig

  • Ich würde es ja anders herum rechnen.

    Wie viel Geld brauchst Du/Ihr denn aktuell im Monat für Euren Lebensstil?


    Und dann kann man ja mal überschlägig rechen wie groß die Lücke zur später zu erwartenden Altersbezügen (Rente) so ist. Soll ja Menschen geben, die auch trotz 7-stelligem Vermögen locker mit 2.000€ im Monat über die Runden kommen.

    Ein höheres Einkommen verpflichtet ja Niemanden dazu, das Geld auch ausgeben zu müssen.

  • Ich kam dann neben unserer Tilgungsrate für das Eigenheim auf knapp 18% unseres Gesamtnettos (inkl. Bonus).

    Ich habe das gerade mal grob für uns überschlagen und komme lustigerweise für unsere ETF-Sparrate - zusätzlich zur Rate für das Eigenheim - auf einen ähnlichen Wert, je nachdem, ob / wie sehr man den Bonus berücksichtigt irgendwas zwischen ca. 19% und 21%.


    Konkret gerechnet haben wir aber nicht, das ist schlicht der Betrag, den wir monatlich gut leisten können, ohne uns für sonstige Dinge zu sehr einzuschränken. Wir haben es ohnehin noch lange bis zur Rente, wer weiß, was bis dahin gilt, wieviel Rente gezahlt wird (bei mir nochmal anders wegen Versorgungswerk) und welche Steuern bis dahin anfallen. Wieviel bis Renteneintritt im Depot liegt, ist ja auch noch komplett offen, je nach Entwicklung der Kurse können da ja sehr unterschiedliche Beträge rauskommen.


    Ich werde mich mit einer Prognose / Rechnung genauer befassen, wenn die Rente allmählich näher rückt (und sich sowohl die Einnahmen-, als auch die Ausgabenseite besser abschätzen lässt).


    Gibt es da eine gute Faustformel wie hoch die Sparquote für gutverdienende liegen sollte?

    Ich glaube, da hilft nur selbst rechnen und immer mal wieder die theoretischen Überlegungen mit der Realität und tatsächlichen Entwicklungen abgleichen.


    Gerade bei höheren Einkommen lässt sich gar nicht so einfach sagen, wie hoch die "Rentenlücke" ist. Klar kann man sagen, wer ein hohes Einkommen hat, hat vermutlich auch eher einen gehobenen Lebensstil und möchte sich auch in der Rente nicht einschränken.


    Andererseits heißt das noch lange nicht, dass man im Alter tatsächlich 100% des bisherigen Nettos benötigt. Als Rentenlücke einfach nur die Differenz zwischen voraussichtlicher Rente und aktuellem Einkommen zu nehmen, ist da zu kurz gedacht. Denn auch aktuell gibt man ja nicht 100% seines Einkommens fürs tägliche Leben aus (und da unterscheiden sich niedrigere und höhere Gehälter wesentlich). Wer z.B. 20% seines Nettos in eine Rate fürs Eigenheim steckt (das in der Rente abgezahlt ist) und 20% seines Nettos in eine ETF-Sparrate (die bei Renteneintritt wegfällt), der benötigt für die Lebenshaltung tatsächlich nur 60% seines Nettos jeden Monat.


    Selbst wenn er sich in der Rente nicht einschränken möchte, reichen ihm dafür ggf. 60% des aktuellen Nettos.


    Ob man in der Rente mehr oder weniger oder ähnlich viel wie vorher ausgibt, dürfte ebenfalls sehr individuell sein. Es mag Leute geben, bei denen fällt ein Auto weg, teures tägliches Mittagessen bei der Arbeit usw., und sie sind zufrieden damit, in der näheren Umgebung Fahrradausflüge zu machen und ab und zu mal einen Kaffee trinken zu gehen, die Kinder sind endgültig aus dem Haus und stehen auf eigenen Beinen, also auch kein Unterhalt mehr. Bei denen wird es ggf. sogar günstiger als vorher. Andere haben vor, sich bei Renteneintritt ein Wohnmobil zu kaufen oder auf Weltreise zu gehen, für die wird es vermutlich eher teurer als vorher.

  • Durch die Deckelung der Rentenpunkte wird in meiner Vorstellung die Diskrepanz zwischen letztem Nettoeinkommen und Rentenzahlung größer, d.h. die Rentenlücke steigt.

    Ist das so? Ich benötige sowohl in der Erwerbs-, wie auch in der Rentenphase nicht mein Netto-Einkommen, sondern mind. meine Netto-Ausgaben. Natürlich muss das Einkommen dabei höher wie die Ausgaben sein. Ich habe noch nie meine Ausgaben parallel zu den steigenden Einnahmen angepasst.


    Mein letztes Erwerbseinkommen vor der Rente wird garantiert geringer ausfallen wie mein jetziges (8 Jahre davor).


    Dazu kommt, dass mit Renteneintritt zunächst (selbst bei Beibehalt des Lebensstils) oft Ausgaben entfallen. Ich spare nicht, um mir weiter eine Sparrate leisten zu können. Meine BU fällt weg, die Zahlungen in eine BAV entfallen vom Brutto ebenfalls.


    Ob man spontan einen höheren Bedarf an Ausgaben hat, muss jeder für sich selber überlegen. Ich kenne die Antwort nur für mich und einige meiner Kollegen waren über die Konsequenzen, die ich mit Mitte 50 daraus gezogen habe (und final kommendes Jahr ziehen werde) recht erstaunt.

    Es fällt mir schwer, meine tatsächliche Rentenlücke abzuschätzen, da ich bzgl. Berechnung der Krankenkassenbeiträge und zu erwartender Steuerquote im Alter noch nicht durchblicke.

    Dafür gibt es Rechner, die Dir (mit heuter Gesetzgebung) ausrechnen, wie hoch Deine Abgaben mit und ohne diverse Arten von Zusatzrenten sein werden.

    Z.B.
    https://www.n-heydorn.de/rentenbesteuerung.html


    Eine Beratung bei der Deutschen Renteversicherung kann auch weiter helfen.


    Man muss natürlich eine grobe Schätzung über seine zu erwartendes Einkommen (und damit die zusätzlichen Rentenpunkte) anstellen und die KV-Versicherungsart in der Rente wissen.

    Gibt es da eine gute Faustformel wie hoch die Sparquote für gutverdienende liegen sollte?

    Das ist alles viel zu individuell. Das geht schon damit los, ob man sonst im Alter "nur" die gesetzliche Rente bezieht oder noch andere, planbare Einnahmequellen hat. Das muss bei weitem nicht nur eine BAV sein.


    Nur Du kannst für Dich abschätzen, wie hoch Deine Ausgaben im Alter sein könnten. Das ganze kann man auch erst einmal ohne Gesundheitskosten abseits der KV/PV machen. Wieviel Du bisher bereits angespart hast, weisst auch nur Du, genauso wie die darauf zu erwartenden Rendite. Die Instandhaltungsrücklage für eine Immobilie gehört für mich weder zur Rentenlücke noch zur Sparquote, das sind Wohnkosten.


    Der eine benötig zum Leben bei so einem Einkommen weit weniger wie 50% des Nettos ohne sich irgendwo einzuschränken, der nächste gibt nahezu das gesamte Einkommen aus. Und der dritte gibt das Einkommen in Deinem Alter noch vollständig für Investitionen (oder die Kinder) aus, hat z.B. die Immobilie dann mit Anfang/Mitte 50 abbezahlt, die Instandhaltunsrücklage auch ausreichend gefüllt und sitzt "plötzlich" auf >1500-2000€ mehr an Netto jeden Monat (auch wieder ohne sich aus seiner Sicht vorher eingeschränkt zu haben). Gibt er das Geld dann jeden Monat für irgendwas aus, das er bisher nie vermisst hat, oder steigt zu dem Zeitpunkt seine Sparrate (was ggf. auch vorher schon eingeplant sein kann).


    Und wieder andere hatten in jungen Jahren die Möglichkeit (und das Wissen), größere Summen zurück zu legen, womit man sich eher fragt, was man mit dem ganzen Geld machen wird, wenn man weiterhin so gut verdient und nicht alles ausgibt und nur für die lachenden Erben sparen möchte.

  • Ich kann auch sagen, dass wir unsere Ausgaben nicht mit dem deutlich gestiegenen Einkommen über die Jahre erhöhrt haben.


    Das generiert allerdings ein anderes "Problem".

    Wie findet man die Balance zwischen Sparen (das man über sein ganzes Leben bisher so durchgezogen hat) und Geld sinnvoll ausgeben.

  • Das generiert allerdings ein anderes "Problem".

    Wie findet man die Balance zwischen Sparen (das man über sein ganzes Leben bisher so durchgezogen hat) und Geld sinnvoll ausgeben.

    Für sich selbst rausfinden, was einem wichtig ist, und dafür dann bewusst und ohne "schlechtes Gewissen" Geld ausgeben.


    Beispiel: Uns ist ein schickes, neues Auto überhaupt nicht wichtig. Entsprechend fahren wir ein altes, das tut was es soll, bis es nicht mehr durch den TÜV kommt. Natürlich könnten wir auch ein teureres, nagelneues Auto kaufen (oder leasen), aber warum? Dafür geben wir aber auch mal vier- bis fünfstellige Beträge für tolle Reisen aus und haben das noch nie bereut.

    Ich kann auch sagen, dass wir unsere Ausgaben nicht mit dem deutlich gestiegenen Einkommen über die Jahre erhöhrt haben.

    Wir haben unsere Ausgaben zwar nicht immer 1:1 mit dem gestiegenen Einkommen erhöht, aber in manchen Dingen eben schon. Nicht nur, weil dank Inflation der gleiche Standard mit den Jahren teurer wurde, sondern auch wir haben schon auch den Standard erhöht. Öfter mal Essengehen, beim Urlaub nicht mehr Backpacken mit Bett im Schlafsaal sondern Hotelzimmer, wir haben ein Auto (obwohl wir es in der Stadt nicht zwingend bräuchten), haben dann irgendwann doch mal die uralte IKEA-Couch und die Billy-Regale ersetzt usw...


    Ob man eher sparsam oder eher konsumfreudig ist, ist Typsache und weniger davon abhängig, wieviel man verdient.


    Wir werden nie der Typ sein, der Geld komplett sinnlos verkonsumiert. Aber ich empfinde es als großen Luxus, dass wir uns den Lebensstil, den wir gut finden, problemlos leisten können.