Thesaurierer oder Ausschütter?

  • Danke Achim Weiss

    Wie man sieht, ist das Ganze nicht trivial.

    Historisch waren 7 von 10 Börsenjahren positiv und auch Niedrigstzins- oder gar Nullzinsphasen auch die Ausnahme.

    Höhere Einzahlungen gerade zum Ende der Ansparphase sind auch eher die Regel als die Ausnahme. Steigende Gehälter oft sogar in Kombination mit wegfallenden Krediten ( Haus abbezahlt) und/oder Abfindungszahlungen, freiwerdende LV oder bAV, Erbe usw lassen gerade in der Phase oft hohe Mittel erst zufließen.

    Was die Zukunft bringt weiß man auch hier nicht, deswegen wird auch hier Diversifikation, also einfach beides haben/machen, kein Fehler sein.

  • Ein "Was wäre, wenn?" oder gar "Was wäre gewesen, wenn gewesen wäre?" kann gerade ein Langfristanleger nichts anfangen. Wer sein ETF-Depot bereits 10 Jahre lang hat (bzw. einen Teil seines ETF-Depots bereits 10 Jahr lang hat), der hat die Gewinne vor 2018 steuerfrei und für die Gewinne seit 2018 einen ordentlichen Steuerfreibetrag, den er erst einmal verfrühstücken kann.

    Meiner Erinnerung nach ist das so nicht richtig.

    Die Überlegung, in der Ansparphase den Steuervorteil des Thesaurierers zu nutzen und dann passend zur Entsparphase auf einen Ausschütter umzuschwenken, führt auch ins Leere, weil in diesem Fall ja alle aufgelaufenen Gewinne auf einen Schlag zu versteuern wären.

    Davon würde ich auch entschieden abraten. Ich erinnere mich da vage an die Besteuerung auschüttungsgleicher Ertrräge bei ausländischen Thesaurierern. Das hatte auch eine besondere Komplexität.

    Gerd Kommer schreibt: Die Unterschiede in der Besteuerung sind in Zeiten der Vorabpauschale gering. Und so ist es auch wohl.

    Da behaupte ich mal, dass er sich damit bisher nicht wirklich im Detail beschäftigt hat was die Entnahmephase angeht. So sehr ich ihn schätze, nicht alles was er von sich gibt, ist fundiert.


    Ob die Vorab

  • Die gilt auch bei Thesaurierer, entsprechend können wir die rauskürzen. Die Steuer auf die VAP ist immer maximal so hoch wie die auf die Ausschüttung. Insofern ist nicht korrekt was Achim hier schreibt:

    der Ausschütter hat bei den aktuell niedrigen Aussschüttungsquoten trotzdem eine VAP zu entrichten. Somit wird auch beim Ausschütter der volle Wert besteuert.

    Das ist schlicht falsch. Bis auf einen ETF hat keiner meiner Ausschütter eine Besteuerung der Vorabpauschale erfahren. Standard ETFs sind davon derzeit nicht betroffen.

    Dein Statement ist nur unter zwei Bedingungen richtig:

    1. die Entnahme klappt ohne Teilverkäufe. Bei Entnahmeraten von 3,5-4% liegt man bei marktneutralen Portfolios deutlich über der Ausschüttungsquote. Otto Normalverbraucher kommt auch bei Ausschüttern in der Entnahmephase kaum um Teilverkäufe herum

    Auch das ist so nicht richtig. Wenn man zusätzlich zur Ausschüttung noch Teilverkäufe machen muss, hat man selbst dann noch einen minimalen Vorteil, weil weniger Gewinnanteile im Kurswert stecken. und für den Teil der Ausschüttung hat man ohnehin einen Vorteil. (Natürlich nur im zu erwartenden Schnitt der Jahre)

  • Achim mag nicht antworten. Kann mir jemand anderes das erklären?

    Dir ist bekannt, dass Achim im Regelfall überhaupt nicht antwortet? Es gibt glaube ich in der Psychologie von Internetforen sogar inzwischen im amerikanischen Englisch. Fachbegriff für solche Foristys..

    Deshalb an dieser Stelle ein persönliches Lob für Achim:, dein Beitrag zu den ausschüttenden und thesaurierenden ETF war gut. Vor allem, weil du bewiesen hast, dass du deine Haltung auch ändern kannst.

  • Achim mag nicht antworten. Kann mir jemand anderes das erklären?

    Ich würde den Versuch einer Interpretation wagen. Die Einführung der Vorabpauschale hatte ja „nur“ den Zweck die Besteuerung eines Thesauriers schon in die Ansparphase zu legen und eine nicht vorhandene Ausschüttung zu versteuern.

    Man könnte also eventuell auch argumentieren, nur aus Neid, dass sie selbst versteuern müssen und ein anderer nicht wurde diese Pauschale eingeführt.
    Das wäre zumindest psychologisch ein gut erforschtes Ergebnis. Bevor einer mehr hat als ich, nehme ich lieber in Kauf, dass wir beide weniger haben.

    Ich glaube u.a. bei Kahnemann/Tversky hatte ich diesbezüglich ein Beispiel gelesen.

  • Begründung in der damaligen Bundestagsdrucksache war, dass man mit der Vorabpauschale eine "zeitlich unbeschränkte Steuerstundungsmöglichkeit" verhindere. Stundung bedeutet normalerweise auch Stundungszins. Weiterhin wollte man die Möglichkeit einer bürgerseitigen "Steuergestaltung" verhindern und das "Steueraufkommen verstetigen" (Drucksache 18/8045).

    Zu Beginn dieses Jahres wollte ein FDP-Abgeordneter (nicht Lindner ;-)) im Rahmen einer kleinen Anfrage übrigens vom Bundesfinanzministerium mal wissen, wie hoch das Einkommen aus der Vorabpauschale sei, und wie hoch der Aufwand, diese zu erheben. Beides konnte das BMF nicht beantworten. Bei einer Evaluation des Investmentsteuerreformgesetzes soll der Erfüllungsaufwand aber dann doch mal nachgemessen werden.

  • Wenn ich beim Thesaurierer selbst einige Tausend entnehme zahle ich ja keine Vorabpauschale da ich dann ja durch die eigene Entnahme genug versteuere, oder?

    Und vom eigenen entnommenen wird ja auch nur der enthaltene Gewinn versteuert, richtig?

  • Begründung in der damaligen Bundestagsdrucksache war, dass man mit der Vorabpauschale eine "zeitlich unbeschränkte Steuerstundungsmöglichkeit" verhindere. Stundung bedeutet normalerweise auch Stundungszins. Weiterhin wollte man die Möglichkeit einer bürgerseitigen "Steuergestaltung" verhindern und das "Steueraufkommen verstetigen" (Drucksache 18/8045).

    Wie ich oben schon erwähnte: Es handelt sich um eine Neidsteuer. Irgendein maßgeblicher Steuerbürokrat hat es nicht ausgehalten, daß der Steuerbürger einen Kursgewinn auf dem Depot hat, dessen Versteuerung er nach eigener Maßgabe schieben kann.

    Dabei hat der Steuerbürger von einem Buchgewinn ja nichts, der ist nicht mehr als eine Zahl auf dem Konto. Gegen eine Besteuerung eines realisierten Gewinnes hat ja keiner etwas. Typischerweise nennt man das dann "nachgelagerte Besteuerung".

    Im hl. Riestervertrag verhindert man die "zeitlich unbeschränkte Steuerstundungsmöglichkeit" ja auch nicht.

    Zu Beginn dieses Jahres wollte ein FDP-Abgeordneter (nicht Lindner ;-)) im Rahmen einer kleinen Anfrage übrigens vom Bundesfinanzministerium mal wissen, wie hoch das [Auf]kommen aus der Vorabpauschale sei, und wie hoch der Aufwand, diese zu erheben. Beides konnte das BMF nicht beantworten. Bei einer Evaluation des Investmentsteuerreformgesetzes soll der Erfüllungsaufwand aber dann doch mal nachgemessen werden.

    Wer es denn glaubt!

    Das Aufkommen kann nicht hoch sein. Der Aufwand für die Erhebung ist staatlicherseits so gut wie 0, denn der Staat hat den damit verbundenen Bürokratieaufwand in gewohnter Weise auf die Privatwirtschaft verlagert. Staatlicherseits entsteht allenfalls Aufwand bei den Betriebsprüfungen.

    Ich habe mich in der letzten Zeit ja nun intensiv mit dem Thema beschäftigt und mich im Zuge dessen heftig gewundert, wie kompliziert die damit verbundenen Kalkulationen sind. Ich habe ja auch in diesem Thread davon geschrieben.

    An sich wünscht der Staat ja, daß die Leute Vermögen für die Altersvorsorge aufbauen. Also sollte er den Vermögensaufbau vereinfachen und nicht verkomplizieren. Der bei Licht besehen überschaubare Steuervorteil entsteht ja nur dann, wenn die Leute das Geld angelegt lassen. Sobald sie es herausziehen, steht der Fiskus Gewehr bei Fuß. Das heißt: Ohne jeden bürokratischen Aufwand würde man die Leute zum Sparen nudgen.

    Die Vorabpauschale ist im Sinne der Vermögensbildung breiter Schichten schlichtweg kontraproduktiv, eine Neidsteuer, die sich ein offensichtlich frustrierter und neidischer Steuerbürokrat ausgedacht hat. Sie gehört ersatzlos weg.

    Ich hätte mir durchaus vorstellen können, daß ein liberaler Finanzminister diesen Irrweg als solchen erkennt und ihr verläßt. Von einem sozialdemokratischen Finanzminister ist das natürlich nicht zu erwarten.

  • Wenn ich beim Thesaurierer selbst einige Tausend entnehme zahle ich ja keine Vorabpauschale da ich dann ja durch die eigene Entnahme genug versteuere, oder?

    Und vom eigenen entnommenen wird ja auch nur der enthaltene Gewinn versteuert, richtig?

    Das ist ein Irrtum. Du zahlst Steuern auf die Vorabpauschale für den Bestand und Du zahlst Steuern auf die realisierten und noch nicht versteuerten Gewinne von den Anteilen, die Du verkaufst.

  • Also beispielhaft, ich möchte im Jahr 30k von meinem Depot haben zum Leben:


    Thesaurierter:

    - 30k Entnahme wird versteuert

    - Vorabsteuerpauschale auf Bestand


    Ausschütter:

    - Dividende (vielleicht die Hälfte) die versteuert wird

    - Entnahme (vielleicht 15k) die versteuert wird

    - eher keine Vorabpauschale, kann aber doch ein wenig sein


    Kommt das so hin?

  • Also beispielhaft, ich möchte im Jahr 30k von meinem Depot haben zum Leben:


    Thesaurierter:

    - 30k Entnahme wird versteuert

    - Vorabsteuerpauschale auf Bestand

    Besteuerung der Vorabpauschale auf den Bestand am Jahresanfang
    + beim Verkauf werden unversteuerte Gewinne besteuert

    (beide male mit Teilfreistellung)


    Ausschütter:

    - Dividende (vielleicht die Hälfte) die versteuert wird

    - Entnahme (vielleicht 15k) die versteuert wird

    - eher keine Vorabpauschale, kann aber doch ein wenig sein

    Die Ausschüttung wird mit Teilfreistellung versteuert. Höhe aktuell für FTSE All World und ähnlich etwas höher als die Vorabpauschale

    Sofern man zusätzlich Anteile zur Aufstockung der Entnahme verkauft, sind aufgrund der jährlich versteuerten Ausschüttungen, die in den Kursen enthaltenen Gewinne niedriger. Daher weniger Steuern beim Verkauf von Anteilen.


    Für mich macht es übrigens keinen Sinn, ausgesprochene Dividenden ETFs zu kaufen, da dann die jährliche Versteuerung in schlechten Börsenjahren stärker durchschlägt.

  • An sich wünscht der Staat ja, daß die Leute Vermögen für die Altersvorsorge aufbauen. Also sollte er den Vermögensaufbau vereinfachen und nicht verkomplizieren.

    Ist das so?:/ Wenn ich mir die ,,Maßnahmen" der letzten 30-40 Jahre anschaue, sieht es nicht danach aus. Und den Bürger scheint es auch nicht sonderlich zu interessieren. Die Spekulationsfrist wurde abgeschafft. Steuerfreiheit bei Fondspolicen wurde abgeschafft. Sogar der Sparerpauschbetrag ist gesunken. Sogar nominal. 8|

    Ich denke nicht, dass es einen großen politischen Willen gibt. Warum auch? Der Wähler will es doch auch nicht. Am liebsten wäre doch den meisten, wenn die GRV weiterhin vernünftig zahlt.

    Im Vergleich zu dem was manche anderen Länder unternehmen wirkt auch die geplante Frühstart-Rente für Kinder mit 10 Euro Zuschuss vom Staat wie ein Hohn.:rolleyes:

  • Auch das ist so nicht richtig. Wenn man zusätzlich zur Ausschüttung noch Teilverkäufe machen muss, hat man selbst dann noch einen minimalen Vorteil, weil weniger Gewinnanteile im Kurswert stecken. und für den Teil der Ausschüttung hat man ohnehin einen Vorteil. (Natürlich nur im zu erwartenden Schnitt der Jahre)

    Sorry, aber das stimmt so nicht. Du kannst die gemischte Entnahme in zwei Teile auftrennen:

    1. die Ausschüttung: wird zu 100% abzgl. Teilfreistellung versteuert. Bei 1000€ Ausschüttung sind 700€ zu versteuern.

    2. die Verkäufe: hier wird der Gewinnanteil abzgl. Teilfreistellung versteuert (wir ignorieren hier mal, dass bereits gezahlte Steuern auf die VAP ebenfalls angerechnet werden, sonst wird das zu komplex). Hat man z.B. in der verkauften Tranche einen Gewinn von 400% (entspricht etwa 24 Jahre zu 7% Rendite), dann sind von 1000€ Verkaufswert 200€ komplett steuerfrei. Von den 800€ Gewinn sind 560€ zu versteuern.


    Es ist ganz klar, dass die Teilverkäufe steuerlich viel günstiger sind als die Ausschüttung. Dazu kommt, dass die Teilverkäufe steuerbar sind, Ausschüttungen nicht. Man kann gezielt Tranchen mit niedrigem Gewinnanteil verkaufen, um die Steuer möglichst lange zu schieben (3x10 und ähnliche Strategien). So viel zur Entnahmephase

    In der Ansparphase ist der Thesaurierer in der Regel im Vorteil, da er eben nur die VAP versteuern muss und keine höhere Ausschüttung. Richtig ist aber, wie Achim angemerkt hat, dass die VAP unter Umständen aus zusätzlichem Geld beglichen werden muss. Letztlich ist das aber irrelevant, denn das nötige Geld wäre anderweitig ins Depot gewandert, es kommt also auf die reine Summe an. Geld, dass du heute in Steuern steckst, wird die nächsten 30 Jahre keine Rendite mehr erwirtschaften. Der Ausschütter ist in der Ansparphase deutlich im Nachteil, in den rund 30% der Jahre mit negativer Kursentwicklung, in den (mir in der Anzahl unbekannten Jahren) in denen nur ein geringer Kursgewinn zu Buche stand, in den Jahren mit Basiszins unterhalb der Ausschüttung.

    Dass für deine Ausschüttung mit Reinvestition höhere Kaufkurse im Depot stehen als beim Thesaurierer wird entsprechend nicht dazu führen, dass du mehr Geld entnehmen kannst. Es wird sicher dazu führen, dass du weniger Geld im Depot hast. Früh gezahlte Steuern sind für den Anleger immer ein Verlust und entsprechend schlecht sind Ausschüttungen in der Ansparphase. Aufgrund der steuerlichen Gegebenheiten legt man sich aber bereits früh auf seine Strategie fest...ein Wechsel nach 20, 30 Jahren ist viel zu teuer

  • 2. die Verkäufe: hier wird der Gewinnanteil abzgl. Teilfreistellung versteuert (wir ignorieren hier mal, dass bereits gezahlte Steuern auf die VAP ebenfalls angerechnet werden, sonst wird das zu komplex). Hat man z.B. in der verkauften Tranche einen Gewinn von 400% (entspricht etwa 24 Jahre zu 7% Rendite), dann sind von 1000€ Verkaufswert 200€ komplett steuerfrei. Von den 800€ Gewinn sind 560€ zu versteuern.

    Das ist leider nur ein Teil der Steuern. Vergiss die Vorabpauschale nicht. Du zahlst Steuern auf Gewinnanteile (in deinem Beispiel Steuern auf 560 Euro) und Du bezahlst Steuern auf die Vorabpauschale. Die Steuern auf die Vorabpauschale wird bei der Gewinnermittlung berücksichtigt, das wird sie bei Ausschüttern aber auch durch niedrigere Kurse.

    Es ist ganz klar, dass die Teilverkäufe steuerlich viel günstiger sind als die Ausschüttung.

    Nur solange man es nicht nachrechnet im Detail.

  • Ich würde den Versuch einer Interpretation wagen. Die Einführung der Vorabpauschale hatte ja „nur“ den Zweck die Besteuerung eines Thesauriers schon in die Ansparphase zu legen und eine nicht vorhandene Ausschüttung zu versteuern.

    Um für eine vollendete Verwirrung zu sorgen:

    Im Zuge der Einführung der VAP ist der/die Quellensteuerabzug/-anrechnung entfallen.

    Wenn im MSCI W nun nur die Dividenden von deutsche Aktien wären, dann wäre die Teilfreistellung ein Rabatt.

    So aber nicht.

    Staatlich legaler Betrug am Steuervolk.