Leben vom Vermögen

  • Hallo Forumsmitglieder,


    ich lese schon einige Zeit als Gast im Forum mit, nun habe ich mich angemeldet, da ich meine Situation "besprechen" möchte.


    Ich hatte bis vor kurzem eine eigene Firma mit einem Geschäftspartner. Diese wurde wegen verschiedenen Gründen verkauft.


    Jetzt ist ein gewisser Geldbetrag vorhanden, siehe unten.


    Aktuell bin ich nicht berufstätig und lebe als "Privatier" vom vorhanden Kapital. Eigentlich wollte ich nach der Selbstständigkeit gleich wieder einen Job suchen, das habe ich aktuell verworfen, da mir das aktuelle Lebensgefühl so gefällt und ich ehrenamtlich ein paar Themen betreuen kann.


    Jetzt spiele ich mit dem Gedanken mit dem vorhanden Kapital für immer meinen Lebensunterhalt zu bestreiten.
    Es gibt ein paar Rechner für die finanzielle Freiheit, wenn ich hier meine Daten eingebe, sieht es nichtmal so schlecht aus. Mir ist klar, dass diese Rechner wahrscheinlich sehr theoretisch ausgelegt sind.


    Zu den Eckdaten:
    40 Jahre
    200.000 Euro in World ETF
    1,2 Mio. Euro in Geldmarkt/ kurzlaufende Anleihen aus Deutschland. (Geld vom kürzlichen Verkauf der Firma, erstmal sicher geparkt.)
    Selbst bewohntes Haus, abbezahlt. Wert aktuell ca. 800.000 Euro inkl. Grund.


    Monatliche Ausgaben liegen im Schnitt bei 2500 - 2800 Euro, mit diesem Betrag komme ich gut zurecht, ohne Einschränkungen für mich.


    Das Haus möchte ich noch ca. 15 Jahre selbst nutzen, danach verkaufen, da es für mich eigentlich zu groß ist. Dann werde ich eine kleine Eigentumswohnung erwerben oder mieten, so der aktuelle Plan.


    Was meint Ihr zu meinem Vorhaben, vom Kapital zu leben?
    Ich habe ein bisschen Bedenken, dass ein Ausstieg in so jungen Jahren vielleicht zu sportlich ist, da z.B. die Inflation nicht berechenbar ist. Ebenfalls ist die Krankenkasse immer selbst zu tragen, die zukünftigen Beiträge kann ich/ man aus meiner Sicht nicht abschätzen. Das Risiko mit der Krankenkasse könnte ich durch einen Teilzeitjob verhindern, aber das sollte eigentlich aktuell vermieden werden.


    Ich würde mich freuen, wenn ihr Eure Meinung mitteilen würdet.

  • Elena H.

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Was meint Ihr zu meinem Vorhaben, vom Kapital zu leben?
    Ich habe ein bisschen Bedenken, dass ein Ausstieg in so jungen Jahren vielleicht zu sportlich ist, da z.B. die Inflation nicht berechenbar ist. Ebenfalls ist die Krankenkasse immer selbst zu tragen, die zukünftigen Beiträge kann ich/ man aus meiner Sicht nicht abschätzen. Das Risiko mit der Krankenkasse könnte ich durch einen Teilzeitjob verhindern, aber das sollte eigentlich aktuell vermieden werden.

    Ja, das Leben steckt voller Risiken. ;)

    Du hast ein Kapital von 1.2 Mio. € und braucht aktuell ca. 36.000€ p.a. um davon leben zu können. Wenn Du jetzt einfach Dein Geld auf dem Geldmarkt liegen lässt und damit langfristig in etwa die Inflation ausgeglichen bekommt, kannst Du rund 33 Jahre allein davon leben.

    Dann wärst Du 73.

    Die 200.000€ im World ETF könnten bei angenommenen 6% p.a. in diesen 33 Jahren zu > 1.2 Mio. € werden. Davon kannst Du dann wieder viele Jahre zehren...

    Das Haus ist auch noch da...


    Würde ich das so machen? Nö, eher nicht.

    Aber grundsätzlich hast Du finanziell ausgesorgt, wenn Du jetzt keine größeren finanziellen Fehler mehr machst.

  • Hallo.


    Mit GF-Qualifikation sollte doch ein gewisser Stundenlohn zu erzielen sein. Daher würden wahrscheinlich 6,5 bis 7 Stunden Beschäftigung pro Woche für den Krankenversicherungsschutz ausreichen.


    Wenn das der Schnittpunkt von der Vermeidung von zu viel Sportlichkeit und dem erstrebten Lebensgefühl ist, dann wäre das wohl eine Überlegung wert.

  • Ich denke du wirst mit deinem Vorhaben am ehesten auf einschlägigen Seiten der FiRe Bewegung fündig. Auf den ersten Blick ist das Portfolio m.E. deutlich zu konservativ aufgestellt. Wenn man das Haus mit einberechnet hast du eine Aktienquote von unter 10%. Mit dem hohen "Cash-Anteil" dürfte es in dem noch sehr langen Zeitraum nicht möglich sein, damit die Inflation zu schlagen.

  • Ich hatte bis vor kurzem eine eigene Firma mit einem Geschäftspartner. Diese wurde ... verkauft.


    Aktuell ... lebe [ich] als "Privatier" vom vorhanden Kapital. ... [Ich] spiele ... mit dem Gedanken, mit dem vorhanden Kapital für immer meinen Lebensunterhalt zu bestreiten.


    Es gibt ein paar Rechner für die finanzielle Freiheit, wenn ich hier meine Daten eingebe, sieht es nichtmal so schlecht aus. Mir ist klar, dass diese Rechner wahrscheinlich sehr theoretisch ausgelegt sind.

    ... und unterkomplex.

    40 Jahre
    200.000 Euro in World ETF
    1,2 Mio. Euro in Geldmarkt/ kurzlaufende Anleihen aus Deutschland. (Geld vom kürzlichen Verkauf der Firma, erstmal sicher geparkt.)
    Selbst bewohntes Haus, abbezahlt. Wert aktuell ca. 800.000 Euro inkl. Grund.


    Monatliche Ausgaben liegen im Schnitt bei 2500 - 2800 Euro, mit diesem Betrag komme ich gut zurecht, ohne Einschränkungen für mich.


    Das Haus möchte ich noch ca. 15 Jahre selbst nutzen, danach verkaufen, da es für mich eigentlich zu groß ist. Dann werde ich eine kleine Eigentumswohnung erwerben oder mieten, so der aktuelle Plan.

    Wenn Du jetzt schon weißt, daß Dein Haus zu groß für Dich ist, warum willst Du es nicht gleich verkaufen? Woher weißt Du heute, daß Du dort noch 15 Jahre wohnen willst? Könnte es nicht sein, daß Du mit all Deinem Geld nach Malle auswandern möchtest (oder gar nach Thailand, dort ist das Leben billiger)? Wohin auch immer: Dorthin kannst Du das Haus nicht mitnehmen.

    Was meint Ihr zu meinem Vorhaben, vom Kapital zu leben?

    Im Prinzip sollte das Kapital reichen. Allerdings mußt Du Dich um die Geldanlage kümmern, denn Du planst, eine längere Zeit zu überbrücken als die Leute aus den Büchern, die mit 55 in den vorgezogenen Ruhestand gehen wollen.


    Dein erster Ansatzpunkt müßte eine Vermögensbilanz sein, in der beispielsweise auch Rentenansprüche (welcher Art auch immer) auftauchen sollten. Dann kommt eine mittelfristige Finanzplanung, die Du regelmäßig fortschreibst.

    Ich habe ein bisschen Bedenken, dass ein Ausstieg in so jungen Jahren vielleicht zu sportlich ist, da z.B. die Inflation nicht berechenbar ist. Ebenfalls ist die Krankenkasse immer selbst zu tragen, die zukünftigen Beiträge kann ich/ man aus meiner Sicht nicht abschätzen. Das Risiko mit der Krankenkasse könnte ich durch einen Teilzeitjob verhindern, aber das sollte eigentlich aktuell vermieden werden.

    Eine solche Planung ist komplex. Es sind finanzielle Dinge zu bedenken, aber halt auch nicht-finanzielle. Sehr viele Leute in Deinem Alter definieren sich über ihren Beruf, er sorgt für einen Gutteil der Sozialkontakte, eine Nicht-Beschäftigung gilt vielen Leuten als Makel. Wenn Du aussiehst wie 65, kannst Du problemlos sagen, daß Du im Ruhestand bist, mit 40 erzeugt das beim Gegenüber Stirnrunzeln.


    Die Inflation ist mit entsprechenden Maßnahmen beherrschbar. Ok: Sein Geld unter die Matratze stecken hilft natürlich nicht, da findet es die Inflation und nagt davon herunter.


    Wie bist Du denn krankenversichert? Solltest Du GKV-versichert sein, ist ein Midi-Job durchaus eine Möglichkeit, den Beitrag zu drücken. Midi-Job muß nicht heißen: Jeden Tag drei Stunden antreten und Tüten kleben. Das läßt sich flexibler regeln. Du warst bisher Firmeninhaber und könntest im Consulting tätig sein. Dein guter Freund A. hat eine Consultingfirma und damit zuviel zu tun. Der stellt dich per Midi-Job an und Du berätst dafür einmal im Monat einen seiner Kunden.


    Klar ist nur eins: Wenn Du Privatier sein willst, ist die eigene Vermögensverwaltung nun Dein Beruf. Große Eile hast Du damit nicht, Dein Geld reicht aktuell eine ganze Weile. Aber der Geldmarktfonds allein wird Dich nicht durch Dein Leben tragen, also mußt Du Dir über Geldanlage nun vielleicht mehr Gedanken machen als bisher.


    Viel Glück dabei!

  • Sagt Dir die "Trinity-Studie" etwas. Falls nicht, einfach mal googeln.


    Nach menschlichen Ermessen und allen bisherigen Erfahrungen solltest Du bei einem 50:50 Portfolio (Aktien / sichere Anleihen) 3% p.a. entnehmen können bezogen auf den Portfoliowert am Beginn des Ruhestandes. Außerdem kann man jährlich 2% für die Inflation aufschlagen.

    Wenn ich mit 1,8 Mio rechne (mit der Eigentumswohnung und ohne Haus) komme ich auf eine Entnahmerate von zu Beginn 5400 Euro monatlich (brutto). Das sollte also reichen.


    Nun gibt es aber einiges zu bedenken:


    Die Studie basiert auf US-Daten mit dem S&P 500 und US-Anleihen.

    Betrachtet wurden max. 30 Jahre.

    Es geht nicht darum, irgendeinen Geldbestand zu erhalten. Wenn am Ende der Rentenphase noch ein Dollar übrig war, war alles ok.

    Es geht nur darum, nicht pleite zu gehen.

    Und Du müsstest die Aktienquote natürlich entsprechend anpassen.


    Bei 60% Aktien und 40% Anleihen und einer Entnahme von 4% p.a. bezogen auf den Anfangswert ist die Pleitewahrscheinlichkeit nach Prof. Martin Weber äußerst gering.


    PS: Gibt es denn überhaupt Rentenansprüche, wenn auch geringe?


  • Ich würde das Thema Krankenversicherung angehen. Mein Vater müsste bei entsprechender Morbidität >3.000€ zahlen. Nach heutigen Zahlen! Er muss aber nur einen Bruchteil zahlen, den Rest zahlt die Beihilfe.

    Die Entwicklung der privaten KV wäre für mich eine BlackBox, die sogar meiner Risikoneigung zuwiderläuft. Jetzt kommen die Babyboomer in Rente, wir haben derzeit die höchste Lebenserwartung ever und wer lebt am längsten? Beamte (private KV). Wer lebt noch länger? Frauen von Beamten (private KV).

    Ich könnte mich zwar gesetzlich versichern, bin lieber bei der gesetzlichen KV mit privater Zusatzversicherung. Ich denke mir halt, die Beiträge der gKV werden steigen, aber irgendwann dürfen sie nicht mehr steigen, sondern es müssen von der Politik die Therapien, die bezahlt werden eingeschränkt werden. Dies muss bei der pKV nicht sein, da können die Beiträge über das erträgliche Maß erhöht werden, da Privatwirtschaft.


    Für die 1,2Mio in Geldmarkt/Anleihen würde ich mit einem Teil auf höhere Rendite/Risiko gehen. Dies aufgrund meiner Meinung, dass Anleihen evtl. die Inflation wettmachen, aber je höher die Inflation, desto höher die Steuer (da die Anleihen dann höhere Gewinne machen) und risikoarme Anleihen nach Steuern oft einen kaufkraftbereinigten Verlust darstellen.


    z.B. max. die Jahresausgaben der nächsten 10-15 Jahre (evtl. + 1,4% Hauswert jährlich als Puffer?) als Notgroschen sicher unter der Annahme, dass du für deine Ausgaben der nächsten 10-15 Jahre nicht ins Risiko gehen möchtest. Errechnen, wieviel du brauchst, um deinen derzeitigen Lebensstandard auch bei angenommener Inflation bestreiten zu können.

    Auch unter der Annahme, dass der Hausverkauf und Wohnungskauf zeitgleich stattfindet und du die Wohnung nicht vor Hausverkauf kaufst.


    Also wäre meine Rechnung:

    10x Jahresausgaben Jetzt 2.800€, in 10 Jahren mit 2,5% Inflation 3.600€, also Durchschnitt 3.200€ x 10Jahre x 12 Monate = 384.000€ ODER

    3,430€ (Durchschnitt 15 Jahre bei 2,5% Inflation, Start 2.800€) 15X Jahre x 12 Monate=616.950€

    + evtl. Hausrenovierung 150.000€ + 200.000€/Kind (eines würde ich in deinem Alter mit einrechnen, für das 2. muss die Frau arbeiten ;)).


    Und den Rest (200.000-800.000€) in ETFs. Oder aufgeteilt in ETF, Krypto, Edelmetalle, P2P; je nach Risikoneigung und Spieltrieb.


    Dies wäre für mein Sicherheitsgefühl genug gerechnet. Sind ja noch viele Variablen, die man im WorstCase angehen kann (keine Kinder bekommen, Haus verkaufen und zur Miete wohnen etc.) und es bleibt, je nach Entscheidung noch genug übrig für Kinder bekommen, Scheidung bezahlen, was halt so im Leben anfallen kann. Und außerdem ist ja mitnichten sicher, dass eine Anlage in ETFs die nächsten 10-15 Jahre negative Renditen macht.


    Jetzt ist nur noch die Frage, ob du eine BU hast (für den Fall, dass du doch noch arbeiten willst), aber vielleicht ist das nicht relevant, da du eine Berufsunfähigkeit finanziell einfach aussitzen kannst. Dann vllt. eine Unfallversicherung? Bin hier kein Experte, verkaufe auch keine Versicherungen ;)

  • Gratulation dazu, mit Anfang 40 so toll dazustehen!

    Mit so einem dicken Polster hätte ich nun wirklich keine Bedenken. Wenn es sich gerade richtig anfühlt, die Freiheit zu genießen, dann tue das bitte. Jeder hat nur ein Leben, und jedes Jahr ist kostbar, denn du weißt nie, wie viele Jahre dir noch bleiben.


    Darf man fragen, ob du denn schon etwas für den richtigen Ruhestand ab 63 beziehungsweise 67 unternommen hast (irgendeine Form von Rentenversicherung)?



    Ich bin wahrlich kein Finanzexperte, allerdings ist meine zukünftige Lebenssituation mit deiner jetzigen ganz gut vergleichbar, falls sich nichts gravierendes ändert, deswegen habe ich mich auch viel mit solchen Fragen auseinandergesetzt.

  • Mir fehlt bei der ganzen Betrachtung etwas das menschliche Verhalten.


    Wie lange bist du denn schon Privatier? Gerade wenn du sagst dir reichen die 2500-2800 €.

    Was machst du denn mit 168 Stunden Freizeit pro Woche? Und kannst du sicherstellen, dass womit du aktuell die Stunden füllst dich auch die nächsten +-50 Jahre zufriedenstellt?

    Daher hier kann sich der Finanzbedarf ja relativ schnell ändern.


    Auch stellt sich die Frage, ob mit 40 Jahren die Familienplanung schon abgeschlossen ist. Und es müssen ja nichtmal eigene Kinder sein, es kann ja durchaus sein das ein Partner ein oder mehrere Kinder mitbringt.

    Und wie stellst du dir mit Partner das Leben vor: du hängst 24/7 ab und er/sie geht 40 Stunden die Woche arbeiten?


    Daher ich würde keinesfalls davon ausgehen, dass das was dir heute reicht, dir die nächsten Jahre auch reicht.

  • Die Frage hinkt doch:

    - Rentner haben oft andere körperliche/gesundheitliche Voraussetzungen als der TE mit 40, daher manch körperliche Aktivität ist für diese weniger Interessant.

    - So manche Reiseziele die der TE evtl. noch sehen möchte, haben Rentner ggf. schon gesehen.

    - Die (eigene) Familienplanung ist als regulärer Rentner mit 63+ in 99% der Fälle auch abgeschlossen


    etc etc

  • Tomsky

    Bin nur Finanz-Laie, wenn auch ein an solchen Themen Interessierter mit zudem ein bißchen eigenen Erfahrungen.


    Vorab in dem Kontext

    Es gibt ein paar Rechner für die finanzielle Freiheit,

    Nur der guten Ordnung halber: Zwischen den Begrifflichkeiten "finanzielle Freiheit" (jemand ist nahezu frei von finanziellen Einschränkungen und/oder finanziellen Überlegungen) und "finanzielle Unabhängigkeit" (es muß für den Rest des Lebens nicht mehr gearbeitet werden, jedenfalls nicht für Geld) würde ich strikt unterscheiden. In Deiner Konstellation geht es bestenfalls um die zweite Konstellation.


    Das Thema "Leben vom Vermögen" (u. a. "Entnahmestrategien", "Safe Withdrawal Rate" (SRW) und "Rendite-Reihenfolge-Risiko" (SoRR - "Sequence of Returns Risk") ist eher ein ziemlich anspruchsvolles und komplexes. Erst recht vor diesem Hintergrund:

    Zu den Eckdaten:
    40 Jahre

    Wenn ich nur in mein familiäres oder näheres Umfeld schaue: Du könntest noch locker ein halbes Jahrhundert oder mehr Lebenserwartung von Dir haben. Über derart lange Zeiträume hinweg gibt es sehr viele Imponderabilien, die sich nur bedingt in Excel-Tabellen abbilden lassen (sowohl von der objektiven Seite her (Inflationsraten, Steuern, Börsencrashs (auch eine langjährige Baisse), gesetzliche Veränderungen bei Themen wie Krankenversicherung, Rente etc. pp.) als auch von der subjektiven Seite her (Trennung, Scheidung, neue Partnerschaft, ggf. Nachwuchs, Krankheit, Pflegebedürftigkeit etc. pp.). Da an möglichst viel zu denken und/oder finanzielle Puffer einzubauen ist nicht ganz ohne Anspruch. Das Ganze spielt zudem vor der Tatsache als Hintergrund, daß der Wert des eigenen Humankapitals Jahr für Jahr tendenziell um einige Prozentpunkte sinkt. Und schließlich gegen Null tendiert.


    Dazu kommt aus meiner Sicht und persönlichen Erfahrungen in meinem näheren und weiteren Umfeld: Schon ab dem 40. Lebensjahr den Privatier zu geben und/oder nur noch "ehrenamtlich" ein "paar Themen zu betreuen" und/oder nur noch seinen Hobbys zu frönen, klingt nicht selten besser (insbesondere die ersten Jahre nach dem "Ausstieg") als es sich langfristig in praxi tatsächlich anfühlt und darstellt. Das kann erst recht gelten, wenn zuvor eher viel und/oder anspruchsvoll gearbeitet wurde (wovon ich eher ausgehe); siehe hier:

    Ich hatte bis vor kurzem eine eigene Firma mit einem Geschäftspartner.

    Das soll niemand hindern, einen solchen Weg einzuschlagen. Man sollte das nur mitdenken und "auf dem Schirm" haben.


    Auf jeden Fall würde ich mir eine gewisse Flexibilität bewahren (gedanklich und finanziell) im Sinne einer Art "Hintertür", falls sich Dein Plan doch nochmal ändert.


    An einer näheren Beschäftigung mit dem speziellen Thema (s. o. "Entnahmestrategien" bzw. "vom Vermögen leben") wirst Du schwerlich vorbeikommen.


    Ebenso an einer zumindest gewissen "Bewirtschaftung" Deiner Finanzen. Deine jetzige Asset-Allocation (sehr geringer Anteil an "risikoreichen" und damit renditeträchtigen Anlagen) wird Dich jedenfalls schwerlich finanziell völlig unbeschadet (sprich inflationsbereinigt) über die Jahrzehnte bringen.


    Ein deutlich kundigerer Protagonist (in etwa vergleichbarer Fall dem Deinigen) als meine Wenigkeit hält in solchen Fällen (um nur das Thema Aktien zu beleuchten) eine Aktienquote von mindestens 30 besser aber 50% für eine Art "Untergrenze", jedenfalls wenn die Mittel über Jahrzehnte real erhalten werden sollen (eine andere Variante sind vermietete Immobilien, die aber auf eine noch (ggf. deutlich) aktivere Bewirtschaftung des Vermögens hinauslaufen und eine Art der unternehmerischen Tätigkeit bedeuten; diese hast Du - in einem anderen Feld - ja gerade erst bewußt beendet ..). Der besagte Protagonist (Ausstieg erfolgte mit 50) fährt eine sehr hohe Aktienquote (um die 85%), hält einen Puffer ("risikoarm") vor für einige Jahre der Lebensführung und ist (im Notfall) zu flexiblen sprich teildynamischen Entnahmen aus dem Vermögen bereit. Dazu hat er später noch eine (überschaubare) gesetzliche Rente zu erwarten. Lastenfreies Wohneigentum hat er, wie Du, ebenfalls. Nach aktueller Rechtslage jedenfalls würde er die Krankenversicherung betreffend zudem den günstigen Status KVdR erfüllen (womit man bei den oben genannten objektiven Unwägbarkeiten über so lange Zeiträume hinweg wäre), Seine Mittel bewegen sich in der Gesamtschau in etwa vergleichbarem Rahmen (freies Vermögen etwas höher, eigengenutzte Immobilie vom Wert etwas geringer, da Apartment).



    Dir gute Gedanken und danach ebensolche Lebens- und Finanzentscheidungen !

  • Der TO erweckt auf mich nicht den Eindruck, als dass er Lebensberatung nötig hätte. Das sind eher andere Zeitgenossen, die Riesterverträge haben, an denen "der Staat" schuld ist.

  • "Trinity-Studie"

    Damit könnte eventuell ursprünglich "William Bengen" gemeint sein ? (Studie aus 1994 ? - was immerhin > 30 Jahre her wäre), der diesbezüglich (Entnahmeraten) mit Wahrscheinlichkeiten gerechnet hatte. Erst später folgte daran anknüpfend meines Wissens die besagte Trinity-Studie (um 1998 - von drei Professoren für Finanzen der Trinity Universität (San Antonio, Texas - meiner Erinnerung nach).

    Die Studie basiert auf US-Daten mit dem S&P 500 und US-Anleihen.

    Das ist - aus meiner Laien-Sicht - zutreffend. Allerdings haben ausgerechnet solche US-Daten die Eigenschaft relativ bis sehr "gutmütig zu sein.


    Auch wenn - jedenfalls aus Deiner Sicht - gilt:

    Keine Ahnung was der Vergleich mit den USA immer soll. Als wenn es keine anderen Länder auf dieser Welt gibt. Wir vergleichen uns da mit einem Land, das gar keine Kultur habt, außer die Aktienkultur.

    Nichtsdestotrotz gilt:


    Die USA hatten in dem betrachteten Zeitraum der Studiendaten (könnte ab 1920 ff gewesen sein) keinerlei kriegsbedingte Zerstörungen, hatten eine eher marktwirtschaftliche Ausrichtung, entsprechend starkes Wirtschaftswachstum, stellten mit ihrem US-Dollar die meiste Zeit auch die Weltwährung Nr. 1 sprich die globale Leitwährung (ein großes Privileg mit entsprechenden Vorteilen), waren (und sind) autark in Sachen Verteidigung, waren (und sind) attraktiv auch für qualifizierte Zuwanderung , ebenso für weltweites Kapital usw.


    Dieser meist US-Fokus ist jedenfalls bei dieser Studie (oder vergleichbaren Studien) zumindest mit zu berücksichtigen.


    Es geht nicht darum, irgendeinen Geldbestand zu erhalten. Wenn am Ende der Rentenphase noch ein Dollar übrig war, war alles ok.

    Zum einen: Es dürfte schon rein technisch anspruchsvoll sein das alte (amerikanische) Motto "Der letzte Scheck muß platzen" umzusetzen bzw. das moderne Motto "Die with Zero" oder "So machst Du das Beste aus Deinem Geld und Deinem Leben" (außer für ernsthaft den Suizid Planende ist das genaue Timing des Ablebens eher schwierig).


    Zum anderen: Wenn das mit dem genauen Timing nicht hinhaut, dürfte der Sprung nach unten (vom einstmals Millionär bzw. Multimillionär zum dann Mittellosen - und das ggf. im Alter) von Betroffenen eher als sehr unangenehm empfunden werden. Vermutlich ähnlich wie letzten Jahre davor, wenn dem Kapital beim Abschmelzen gen Null zugeschaut wird (mit einem dann Humankapital bei ggf. schon Null).


    Ganz generell: Das Thema etwas übrig lassen (Erbschaft) hat der Fragende gar nicht angesprochen bzw. sich dazu nicht erklärt ... ?


    Es geht nur darum, nicht pleite zu gehen.

    Es geht (jedenfalls bei überschaubaren Vermögen in Relation zu diese Aufgabe) eher darum die Entnahme möglichst hoch einstellen zu können bei parallel möglichst geringer Pleitewahrscheinlichkeit.


    Als Finanz-Laie scheint mir daher der Ansatz des eher kundigen Protagonisten (im Vergleich zu mir) aus Nr. 12 (letzter Absatz) nicht der schlechteste. Vielleicht eine Richtung in die der Fragende mal recherchieren bzw. denken könnte.

  • Ich würde das Thema Krankenversicherung angehen. Mein Vater müsste bei entsprechender Morbidität >3.000€ zahlen. Nach heutigen Zahlen! Er muss aber nur einen Bruchteil zahlen, den Rest zahlt die Beihilfe.

    Diesbezüglich müßte man erstmal wissen, wie der TE krankenversichert ist.


    Wer so krank ist, daß eine private Krankenversicherung von ihm 3000 €/m Beitrag wollte, geht sinnvollerweise noch nicht einmal dann in eine PKV, wenn er Beamter ist und die Hälfte der Krankheitskosten (oder gar 70% von der Beihilfe bekommt). Ein solcher Mensch schaut erstmal danach, ob er vielleicht noch eine BU/DU bekommt (die könnte bei entsprechender Morbidität auch teuer bis unmöglich sein), schaut dann auf sein Bundesland und prüft, ob er eine "pauschale Beihilfe" bekommt, sprich: einen Arbeitgeberzuschuß zum GKV-Beitrag. Der GKV-Beitrag wird zwar auch immer mehr, aber 3000 € zahlt heute noch keiner dafür.


    Das ist aber vermutlich nicht das Problem des TE.

    Jetzt kommen die Babyboomer in Rente, wir haben derzeit die höchste Lebenserwartung ever und wer lebt am längsten? Beamte (private KV). Wer lebt noch länger? Frauen von Beamten (private KV).

    Die längste Lebenserwartung haben erwiesenermaßen Pfarrer, auch dort vermutlich die Frauen mehr als die Männer. Ehefrauen von Pfarrern dürften in der gleichen Größenordnung sein. Bei Ehemännern von Pfarrerinnen bin ich mir nicht sicher.

    In diesen Tagen macht es kein Sicherheitsanleger ohne Krypto und P2P. Auch spielt gerade für diese Gruppe der Spieltrieb eine erhebliche Rolle. Allerdings schreiben das immer nur Männer.

    Sind ja noch viele Variablen, die man im WorstCase angehen kann (keine Kinder bekommen, Haus verkaufen und zur Miete wohnen etc.) und es bleibt, je nach Entscheidung noch genug übrig für Kinder bekommen, Scheidung bezahlen, was halt so im Leben anfallen kann. Und außerdem ist ja mitnichten sicher, dass eine Anlage in ETFs die nächsten 10-15 Jahre negative Renditen macht.

    Mit so wenig Vorgaben, wie sie der TE uns liefert, würde ich mich nicht so weit aus dem Fenster lehnen.


    Zur seiner familiären Situation hat der TE noch überhaupt nichts gesagt. Wir wissen nicht, ob er Single ist oder einen Partner hat. Wir wissen nicht, ob er Kinder hat oder nicht. Wenn man Kinder haben möchte (könnte mit 40 ja auch noch sein), geht das mit Partner leichter als ohne.

    Erst Bestandsaufnahme, dann Finanzplan. Das ist ganz ähnlich wie in jeder Arztpraxis: Keine Therapie ohne vorherige Diagnose.

    Jetzt ist nur noch die Frage, ob du eine BU hast (für den Fall, dass du doch noch arbeiten willst), aber vielleicht ist das nicht relevant, da du eine Berufsunfähigkeit finanziell einfach aussitzen kannst. Dann vllt. eine Unfallversicherung? Bin hier kein Experte, verkaufe auch keine Versicherungen ;)

    Welchen Beruf möchte ein Privatier mit einer BU absichern?

  • Vielen herzlichen Dank für die vielen Beiträge.


    Ich versuche auf die offenen Themen/ Fragen einzugehen:


    Ich bin Single ohne Kinder, das wird sich auch nicht ändern. Sag niemals nie, aber aktuell ist es gut so.


    Als Privatier lebe ich jetzt ca. 1 Jahr.

    Den Tag kann man immer mit den verschiedensten Tätigkeiten verlangen. Bis jetzt hatte ich noch keine Tage mit dem Gefühl "Heute ist mir langweilig, was mache ich nur". Ich mache nicht übermäßig viel Urlaub, hier sehe ich keine Gefahr, dass dies in Zukunft ins Geld gehen könnte.


    Mir ist bewusst, dass mein aktuelles Portfolio konservativ aufgestellt ist. Ich hatte zuerst das Ziel, das Geld aus dem Betrieb sicher anzulegen/ zu parken. Dies geschieht solange, bis ich eine für mich passende Strategie gefunden habe.


    Eine Anstellung mit ca. einem Arbeitstag würde wahrscheinlich für die Krankenkasse (bin in der GKV) ausreichen, das wäre natürlich eine Überlegung wert. Wenn ich dies wahrnehmen würde, wäre das zusätzlich eine gute Absicherung.


    Im Haus steckt sehr viel Eigenleistung, das ist der Hauptgrund, dass ich jetzt nicht verkaufen werde. Finanztechnisch könnte das ein Nachteil sein, das ist mir bewusst.

    Da ich heimatverbunden bin, werde ich nicht wegziehen im genanntem Zeitraum.


    Ich habe ein paar Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt, ist aber nicht viel, ca. 350 Euro aktueller Anspruch. Weitere Versicherungen sind nicht vorhanden.


    Die Trinity-Studie schaue ich mir die nächsten Tage genauer an.


    Eine BU ist nicht vorhanden.


    Ich hoffe, dass ich die meisten Fragen beantworten konnte.

  • Das Hauptproblem ist für mich das fehlende Geschäftsmodell. Viele entwickeln neben der Haupttätigkeit während ihrer aktiven Zeit weitere Einnahmequellen und wechseln dorthin nach Aufgabe der Haupttätigkeit. Falls so etwas nicht existiert landet man (leider) schnell in den Überlegungen wie lange das Vermögen wohl reichen wird.

  • Falls so etwas nicht existiert landet man (leider) schnell in den Überlegungen wie lange das Vermögen wohl reichen wird.

    Im vorliegenden Fall dürfte das nicht so herausfordernd sein. Bei einer abbezahlten Immobilie, einem liquiden Vermögen von 1,4 Mio. EUR und einer angestrebten Entnahme von 2500-2800 EUR monatlich ergibt sich eine Entnahmerate von ca. 2,3%. Er läuft also eher "Gefahr", dass am Ende des Lebens noch Geld übrig ist als umgekehrt. Allerdings ist eine derart niedrige Aktienquote bei einem Anlagehorizont von +/- 40 Jahren selbst dann kaum sinnvoll.