Verluste von Anleihen-ETF realisieren oder aussitzen?

  • Bzgl. unvorhersehbares Zinsänderungsrisiko eine Frage.

    Ich beobachte Zinsänderungen noch nicht so lange, aber mir scheint, dass alle Spatzen dieses Jahr jede Änderung /Senkung im voraus von den Dächern gepfiffen haben?

    Haben in den Jahren in denen die Zinsen von 0 auf 100 (sprichwörtlich nicht wortwörtlich gemeint) gestiegen sind die Spatzen nie im voraus gepfiffen, sodass man seine Anleihenetfs nicht rechtzeitig abstoßen konnte?

  • Wo findet man denn diese Daten? Ich habe mir gerade mal eine beliebige EUR-Staatsanleihe bei der comdirect anzeigen lassen.

    Ich habe danach gesucht. Leider finde ich keine beliebige EUR-Staatsanleihe. Mit einer ISIN könnte man vermutlich mehr anfangen.

    Es mag sein, dass ich zu dumm bin, das zu verstehen.

    Das würde ich Dir nicht unterstellen, andererseits ist es durchaus ungeschickt, wenn man sich bezüglich eines bestimmten Papiers etwas erklären lassen möchte, die entscheidende Info zur Identifikation aber wegläßt.

    Wo bist Du denn im Moment?
    Na - hier!

  • Bzgl. unvorhersehbares Zinsänderungsrisiko eine Frage.

    Ich beobachte Zinsänderungen noch nicht so lange, aber mir scheint, dass alle Spatzen dieses Jahr jede Änderung /Senkung im voraus von den Dächern gepfiffen haben?

    Haben in den Jahren in denen die Zinsen von 0 auf 100 (sprichwörtlich nicht wortwörtlich gemeint) gestiegen sind die Spatzen nie im voraus gepfiffen, sodass man seine Anleihenetfs nicht rechtzeitig abstoßen konnte?

    Wenn die Spatzen pfeifen, ist es dafür schon längst zu spät bzw. die neue Zinserwartung steckt sofort im Kurs.

  • Das ist schon die erste Hürde beim Anleihekauf: man muss sie finden. Also hier die ISIN einer österreichischen Staatsanleihe: AT0000A1K9C8.

    Bei der Comdirect findest Du eigentlich alles, was Du suchst.


    Der Nominalzinsatz = Kupon beträgt 0,750 Prozent und der Zinstermin ist der 20.10. Aktuell 98,8 Prozent bedeutet: Für 100 Euro, die Du am Auslauftag bekommst, musst Du jetzt 98,8 Euro zahlen. (Brief/Geld-Spread lassen wir jetzt mal außen vor.) Die Rendite ergibt sich aus den Zinszahlungen und der Wertsteigerung vom aktuellen Kurs zum Endfälligkeitskurs.

  • Das ist schon die erste Hürde beim Anleihekauf: man muss sie finden. Also hier die ISIN einer österreichischen Staatsanleihe: AT0000A1K9C8.

    Renten werden in Deutschland viel in Stuttgart gehandelt. Deren Webseite bietet viele Daten, so daß Du Dir ein passendes Papier heraussuchen kannst. Wenn Du allein die ISIN eingibst, bekommst Du reichlich Info auf verschiedenen Seiten.

    Das Papier wurde begeben am 23.02.2016, ist fällig am 20.10.2026; Restlaufzeit also 10 Monate.
    Coupon 0,75%;
    Stückelung 1000 €;
    letzter Kurs etwa 98,897%; einen aktuellen Kurs gibt es nicht, die Börse ist ja geschlossen.
    Rendite 2,09%.
    Stückzinsen (zu Deiner Bequemlichkeit schon ausgerechnet) 0,119% vom Nominalbetrag;

    Du kannst dieses Papier also in "Anteilen" von 1000€ kaufen, die kosten aktuell 988,97 € bzw. minimal, vielleicht 20ct, mehr. Beim Börsenhandel gibts immer einen Geldkurs (Du hast Geld und willst Papier) und einen niedrigeren Briefkurs (Du hast Papier und willst Geld). Angegeben als "Kurs" wird regelmäßig der niedrigere Briefkurs. Bei liquiden, also viel gehandelten Werten (Renten sind meist liquide) ist dieser Unterschied, Spread genannt, regelmäßig gering. Gerade läuft kein Börsenhandel, sonst wären beide Kurse auf der Webseite angegeben.

    Der Zins wird jeweils für 1 Jahr bezahlt, Du wirst das Papier aber nur für 10 Monate halten, bekommst am Ende aber den Zins für 12 Monate. Also mußt Du dem Vorbesitzer den taggenau aufgelaufenen Zins vom 20.10. bis heute bezahlen. Das nennt man "Stückzinsen". Das sind 1,19 € pro 1000 €. Du kannst die Stückzinsen auch leicht selber ausrechnen, indem Du die Differenz zwischen dem aktuellen Datum und dem Tag der letzten Zinszahlung ermittelst und mit dem Jahreszins/360 (oder auch /365) multiplizierst.

    Dazu die Handelsspesen Deiner Bank und der Börse.

    Privatanleger halten Renten meistens bis zur Fälligkeit, in diesem Fall also bis zum 20.10.2026. Dann bekommst Du pro 1000 € Investment 1000 € zurück und dazu den letzten Zins von 0,75%, also 7,50 €. Schuldner ist die Republik Österreich, die wird schon bis zum nächsten Herbst nicht zahlungsunfähig werden.

    Die meisten obigen Zahlen sind prozentual; davon abweichen können die Handelsspesen. Regelmäßig sind größere Volumina spesengünstiger als kleine.

    Deine Rendite errechnet sich aus dem Zins, den Du bekommen wirst, und der Differenz zwischen Kaufpreis und Verkaufserlös. Die Fälligkeit kostet normalerweise kein Geld, die Bank gibt das Papier zurück und bucht Dir den Verkaufserlös (und den letzten Zins) aufs Verrechnungskonto.

    Du siehst also: So schwer ist das nicht. Diese Rente ist ähnlich einem Festgeld von 1 Jahr, und damit solltest Du auch die Konditionen vergleichen. Allerdings: Wenn Du akut Geld brauchst, hast Du die Möglichkeit, die Rente zu verkaufen. Das Festgeld mußt Du halten bis zum bitteren Ende. Selbst im Notfall wird die Bank es Dir nicht freigeben. Vielleicht gibt sie Dir Kredit über den Betrag, will dafür dann aber auch Zinsen.

    Zur Renditeberechnung gehören die Spesen dazu. Ich habe neulich mal aus einem bestimmten Grund ETF-Anteile für etwa 1000 € gekauft und dafür 15 € Spesen bezahlt (umgerechnet 1,5%). Es kann schon sein, daß Deine Bank für den Rentenkauf über 1000 € 10 € Spesen sehen will, das wäre dann 1%. Damit wird der Kauf von 1000 € dieses Papiers witzlos: Du steckst den Großteil der Rendite in die Spesen. Man würde Renten an der Börse also erst bei größeren Beträgen kaufen.

    Bis vor wenigen Jahren hat die Bundesschuldenverwaltung Bundespapiere an Privatleute verkauft. Das war für Privatleute eine gute Idee, um an Bundespapiere zu kommen. Auch die Bundesschatzbriefe A und B waren für Privatleute eine gute Idee. Ich würde es begrüßen, wenn es eine solche Möglichkeit wieder gäbe.

  • Bzgl. unvorhersehbares Zinsänderungsrisiko eine Frage.

    Ich beobachte Zinsänderungen noch nicht so lange, aber mir scheint, dass alle Spatzen dieses Jahr jede Änderung /Senkung im voraus von den Dächern gepfiffen haben?

    Haben in den Jahren in denen die Zinsen von 0 auf 100 (sprichwörtlich nicht wortwörtlich gemeint) gestiegen sind die Spatzen nie im voraus gepfiffen, sodass man seine Anleihenetfs nicht rechtzeitig abstoßen konnte?


    Dazu ist es interessant das Jahr 2022 zu betrachten. Die EZB hat im Juli 2022 die Zinsen angehoben. Das wurde allerdings schon ein halbes Jahr vorher erwartet, deshalb sind die Anleihenkurse schon ab Januar 2022 gesunken. Das läuft nicht anders als bei Aktien: im aktuellen Kurs sind die zukünftigen Erwartungen der Martktteilnehmer schon eingepreist.

  • Beim Börsenhandel gibts immer einen Geldkurs (Du hast Geld und willst Papier) und einen niedrigeren Briefkurs (Du hast Papier und willst Geld).

    Dieser eine Satz ist etwas irreführend.

    Der Makler stellt einen Geldkurs, zu dem er ankauft (Geld bietet, also Du verkaufen kannst) und einen höheren Briefkurs, zu dem er verkauft (also Du kaufen kannst).

  • (...)

    Für 2025 liegt die Ausschüttungsrendite bei 2,14%, also auch unter gutem Tagesgeld oder Festgeld.
    Wie auch immer, hätte ich das Geld unter dem Kopfkissen gelassen, wäre das deutlich klüger gewesen ?(


    Diese Ausschüttungsrendite (laufende Rendite) bezieht sich auf den aktuellen Kurs, daneben gibt es noch die yield-to-maturity (YTM, Rückzahlungsrendite) von ca. 3%. Man muss bei einer Anleihe bedenken, dass sich der Kurs nach dem Absturz durch eine Marktzinserhöhung bis zur Endfälligkeit wieder erholt, quasi eine eingebaute garantierte Kurssteigerung. Denselben Effekt gibt es auch im Renten-ETF.

  • Beim Börsenhandel gibts immer einen Geldkurs (Du hast Der Makler hat Geld und willst kauft Papier) und einen niedrigeren höheren Briefkurs (Du hast Der Makler hat Papier und willst Geld). Angegeben als "Kurs" wird regelmäßig der niedrigere Briefkurs Geldkurs.

    Dieser eine Satz ist etwas irreführend.

    Nö, er ist falsch. Ist genau anders herum. Mist! Ist mir schonmal passiert. Und ich habe noch extra nachgeschaut, offenbar nicht sorgfältig genug. :(

    Man würde sich wünschen, daß man solche sachlichen Fehler in längeren Texten nachträglich korrigieren könnte, aber das mag die "Moderation", die sonst wacker in Postings herumeditiert, wohl nicht leisten.

    Der Makler stellt einen Geldkurs, zu dem er ankauft (Geld bietet, also Du verkaufen kannst) und einen höheren Briefkurs, zu dem er verkauft (also Du kaufen kannst).

    So ist es.

  • Diese Ausschüttungsrendite (laufende Rendite) bezieht sich auf den aktuellen Kurs, daneben gibt es noch die yield-to-maturity (YTM, Rückzahlungsrendite) von ca. 3%. Man muss bei einer Anleihe bedenken, dass sich der Kurs nach dem Absturz durch eine Marktzinserhöhung bis zur Endfälligkeit wieder erholt, quasi eine eingebaute garantierte Kurssteigerung. Denselben Effekt gibt es auch im Renten-ETF.

    Man schwindelt sich damit etwas in die Tasche. Mit dem Kauf einer Rente friert man die Rendite zum Kaufzeitpunkt bis zur Fälligkeit ein. Das Papier hat einen bestimmten Coupon und einen Kaufkurs. Aus diesen beiden und der Laufzeit kann man die jährliche Rendite berechnen. Wenn man das Papier bis zur Fälligkeit hält, bleibt die unverändert.

    Es kann sein, daß der Zins steigt. Dann fällt der Kurs dieses Papiers, aber der Eigentümer bekommt dennoch unvermindert die 3% Zins, die man ihm beim Kauf versprochen hat. Fällt der Zins, steigt der Kurs - der Eigentümer bekommt aber dadurch nicht mehr Zins.

    Der Kurs wird nur relevant, wenn der Eigentümer vor der Fälligkeit verkaufen will. Der Kurs steht dann grundsätzlich immer so, daß die Rendite bis zur Fälligkeit der dann aktuellen Rendite für Papiere dieser Laufzeit entspricht.

    Verkauft der Erstkäufer sein Papier zwischendrin zu hohem Kurs, dann hat er die ersten Jahre einen verhältnismäßig guten Zins bekommen und nun bekommt er auch noch mehr als den Nennwert ausgezahlt. Kauft er nun für die restlichen Jahre bis zur ursprünglichen Fälligkeit ein anderes Papier zu niedrigerem Kurs, wird dieses auch einen niedrigeren Zins haben.

    Zahlenbeispiel:

    Hat einer eine Anleihe mit 3% Zins und 5 Jahren Restlaufzeit, und der aktuelle Zins für 5jährige Papiere beträgt 2%, so steht die Anleihe auf 105%, weil ihr Eigentümer ja noch 5 Jahre lang je 1% Zins mehr bekommt. Mal angenommen, er verkauft das Papier nicht, sondern schaut nach 1 Jahr wieder nach dem Kurs, so wird dieser bei 104% stehen, wenn der Zins für dann 4jährige Papiere 2% beträgt. Verkauft er die Anleihe zu dann 104% und kauft dafür eine andere Anleihe, die genauso lang läuft, bezahlt er dafür 4% weniger, bekommt aber in den kommenden 4 Jahren 1% weniger Zins.

    Hat einer umgekehrt eine Anleihe mit 1% und 5 Jahren Restlaufzeit, und der aktuelle Zins für 5jährige Papiere beträgt 2%, so steht diese Anleihe auf 95% und wird sich in den folgenden Jahren kontinuierlich berappeln. Aber ihr Eigentümer bekommt in dieser Zeit halt weniger Zins als andere Leute.

    Der Verlust ist durch die Zinsänderung entstanden und manifest. Der Eigentümer einer betroffenen Rente kann nichts dagegen machen. Es ist egal, ob er die Rente hält (dann weniger Zins für die restliche Zeit) oder zu niedrigem Kurs verkauft (und dann von dem Geld Papiere mit höherem Zins kaufen kann).

    Die Verhältnisse in einem Renten-ETF (oder allgemein einem Fonds) sind insoweit anders, als daß hier ständig neue Geschäfte abgeschlossen werden, deren Wirkungen sich dann überlappen und überlagern.

    Der Eigentümer der low-interest-Rente ist das Papier mit dessen Fälligkeit los und bekommt sein Geld wieder. Er kann dann davon ein Papier mit dann aktuellen Zins kaufen. Im Falle einer low-interest-Rente :) dürfte dieser Zins dann höher sein.

    Es kann auch andersherum gehen!

    Die Spekulation eines Bekannten ist voll aufgegangen: Er hat anno 1996 eine 30jährige Anleihe zu 6,5% gekauft (So war damals das Zinsniveau!). Die ist zwischendrin im Kurs natürlich mächtig abgegangen. Für aktuelle Papiere gabs nichts, er bekam 6,5% pro Jahr, das mal Restlaufzeit. Er hat den Kursgewinn aber nicht realisiert (was damals aus steuerlichen Gründen unter anderen Steuerbedingungen eine gute Idee gewesen wäre), sondern hat das Papier gehalten und jedes Jahr seine 6,5% Zins kassiert. Im kommenden Jahr wird die Rente auslaufen, er wird seine letzten 6,5% Zins bekommen und die Rückzahlung des Kapitals. Er wird dieses Geld aber nicht mehr zu einem ähnlichen Zins anlegen können.

    Genau das (in beiden Richtungen) passiert innerhalb eines Rentenfonds: Laufend werden Papiere fällig, Geschäfte nach obigem Muster gehen also zu Ende, und es werden neue Geschäfte abgeschlossen, zu dem dann gültigen Zins. Auch der Rentenfonds friert also das aktuelle Zinsniveau für die gewählte Laufzeit ein, aber halt für jede Einzelkomponente, und die Wirkung aller Komponenten überlagern sich.

    :)

    Zu meiner Zeit als Sicherheitsanleger, die schon ein Weilchen her ist, kosteten Rentenfonds a) die damals unvermeidliche Verkaufsprovision, Ausgabeaufschlag genannt, sowie b) etwa 0,5 Prozentpunkte TER (würde man heute schreiben). Man hätte mir also a) das erste halbe Jahr Zins weggenommen und danach b) laufend einen halben Prozentpunkt des Zinses. Das war mir damals zu teuer, also habe ich das damals selber gemacht, somit Einzelrenten gekauft.

    Bis ich dann die Aktien entdeckt habe ...

    Heute gibt es Renten-ETFs, die entscheidend billiger sind als klassische Rentenfonds. Ob ich heute Einzelrenten kaufen würde oder einen Renten-ETF? Ich weiß es nicht, ich habe schon lange keine Renten mehr.

    :)

  • Danke für die ausführliche Beschreibung. :thumbup:

    Aber eine Zusatzfrage: Welche Motivation könnte der Emittent eines Anleihe-ETFs haben, die Anleihen vorzeitig zu verkaufen? Müsste der Anleihe-ETF nicht mindestens die nominelle Verzinsung abwerfen? Zumindest bei Staatsanleihen-ETFs?

  • Aber eine Zusatzfrage: Welche Motivation könnte der Emittent eines Anleihe-ETFs haben, die Anleihen vorzeitig zu verkaufen? Müsste der Anleihe-ETF nicht mindestens die nominelle Verzinsung abwerfen? Zumindest bei Staatsanleihen-ETFs?

    Weil Anleihen ETF üblicherweise Anleihen mit fest definierten Restlaufzeiten enthalten. Wenn ein ETF z.B. Anleihen mit Restlaufzeit 3-5 Jahre enthält, dann muss der Emittent die Anleihen verkaufen, wenn die Restlaufzeit unter 3 Jahre fällt.

    Du kannst die aber mal von iShares die iBonds ansehen. Diese haben ein festes Fälligkeitsdatum und es werden keine Anleihen vor Ende der Laufzeit verkauft.

  • Man schwindelt sich damit etwas in die Tasche. Mit dem Kauf einer Rente friert man die Rendite zum Kaufzeitpunkt bis zur Fälligkeit ein.

    So ist es, aber man schwindelt sich damit nichts vor, man muss halt wissen wie sich Renten-ETFs verhalten, und viele wissen es nicht. Ein Teil der Rendite kommt von der Ausschüttung, ein Teil über die Kursentwicklung, und die kann (anders als bei Aktien) dank Endfälligkeit bekannt sein.

    Für die Ausgangsfrage des TO, ob er die Position halten oder abstoßen soll, gilt wie immer: die Zukunft zählt, nicht die Vergangenheit. Den Langläufer in einer Niedrigzinsphase zu kaufen war aus heutiger Sicht ein Fehler, aber der ist schon passiert und beantwortet nicht die Frage was jetzt zu tun ist. Er hat hier also ein ziemlich ausfallsicheres Papier mit effective duration 6,2J und YTM 3,0%. Will er das haben, ja oder nein. Würde er ein Festgeld anlegen für 6 Jahre auf 3%?

  • So ist es, aber man schwindelt sich damit nichts vor, man muss halt wissen wie sich Renten-ETFs verhalten, und viele wissen es nicht.

    Viele wissen es nicht und wollen es auch nicht wissen. Das gute Festgeld hat ja auch keinen Kurs!

    Der Regel-Rentenkäufer kauft vermeintlich zum Nennwert; wenn der in die eine oder andere Richtung abweicht, nimmt er das in Kauf, bucht das gedanklich unter Spesen. Eine Überlegung wie yield to maturity hat er nicht im Sinn. Auch hält er das Papier möglichst bis zur Endfälligkeit.

    Für die Ausgangsfrage des TO, ob er die Position halten oder abstoßen soll, gilt wie immer: die Zukunft zählt, nicht die Vergangenheit.

    Eigentlich nicht. Jedenfalls hat der typische Renten-ETF-Käufer die Zukunft nicht im Blick, sondern er hat das Papier und läßt schicksalsergeben die Ausschüttungen aufs Konto rieseln. Der Kurs ist ihm einigermaßen egal, der verwirrt ihn nur, sofern irgendjemand ihm eine passende Schauergeschichte erzählt. Das Papier enthält Renten bestimmter Anlagedauer (bzw. eines entsprechenden Bereichs) mit bestimmten Coupons, aus denen die Ausschüttungen bestritten werden. Man könnte den ETF vermutlich ersetzen durch eine einzelne Riesen-Rente mit dieser Laufzeit und dem passenden Coupon, so daß sich der aktuelle Kurs ergibt.

    Den Langläufer in einer Niedrigzinsphase zu kaufen war aus heutiger Sicht ein Fehler, aber der ist schon passiert und beantwortet nicht die Frage, was jetzt zu tun ist.

    Er hat hier also ein ziemlich ausfallsicheres Papier mit effective duration 6,2J und YTM 3,0%. Will er das haben, ja oder nein. Würde er ein Festgeld anlegen für 6 Jahre auf 3%?

    Wenn er diese Frage beantworten kann, hat er auch die Antwort auf seine ursprüngliche Frage.

    :)