GRV ungleich Investment

  • Problem ist wohl, man hat sich jahrelang nicht intensiv mit der Rente befasst, jetzt wo die geburtenstarken Jahrgänge in Richtung Rente kommen, geht da die pure Angst um.

    Es wäre schön wenn es nur Vernachlässigung wäre. Die Rentenpolitik die ich die letzten 2 Jahrzehnte erlebt habe, erinnert mich eher an "2 Schritte vor, 1,5 zurück". Da setzt man mit viel trara eine Rente mit 67 an...irgendwann in der Zukunft...und noch bevor die richtig greift, macht man die Rente mit 63 und völlig überraschend nutzen das die Leute. Gleiches mit den Hinzuverdienstregeln jetzt...

  • Es wäre schön wenn es nur Vernachlässigung wäre. Die Rentenpolitik die ich die letzten 2 Jahrzehnte erlebt habe, erinnert mich eher an "2 Schritte vor, 1,5 zurück". Da setzt man mit viel trara eine Rente mit 67 an...irgendwann in der Zukunft...und noch bevor die richtig greift, macht man die Rente mit 63 und völlig überraschend nutzen das die Leute. Gleiches mit den Hinzuverdienstregeln jetzt...

    Rentenpolitik - das hört sich irgendwie langfristig an. Und da liegt der Hase im Pfeffer. Der Wähler - und leider auch die Wählerin - die ticken eher kurzfristig. Kam einer mit der "Rente um 63" um die Ecke, schaffte er damit die damals nötigen Prozente.

    Will einer heute mit 63 und nach 45 Beitragsjahren abschlagsfrei in Rente, wird ihm beschieden:

    "Junge, du kommst zu spät. Hättest 2014 kommen sollen".

    Oder:

    "Junge, du kommst zu früh. Komm mal wieder, wenn du 64+x" hinter dir hast. Deine 45 Jahre? Wen interessieren die noch?"

    "Unhappy Wife - Unhappy Life!" Roger Murgatroyd, 1977

  • An ehrliche Überraschung seitens der inhaltlich Befassten kann ich nicht glauben. Dass einige Beteiligte überrascht wurden, dass glaube ich schon eher. Aber bestimmte Entscheidungen lassen sich auch nur damit erklären, dass das zwei unterschiedliche Personenkreise sind.

    Aber dass "Rente mit 63" nur eine Überschrift ist und keinen Rechtsanspruch begründet, muss auch allen klar sein. ?(

  • Es wäre schön wenn es nur Vernachlässigung wäre. Die Rentenpolitik die ich die letzten 2 Jahrzehnte erlebt habe, erinnert mich eher an "2 Schritte vor, 1,5 zurück".

    Diese Aussage muß ich (leider) unterschreiben. Und für meinen Teil beobachte ich dieses System (GRV) schon gut doppelt so lange also > 4 Jahrzehnte.

    Da setzt man mit viel trara eine Rente mit 67 an...irgendwann in der Zukunft...und noch bevor die richtig greift, macht man die Rente mit 63 und völlig überraschend nutzen das die Leute.

    Wie kann man übrigens als SPD-Kanzler bedauern und/oder beklagen, daß Menschen bestimmte Regelungen nutzen, die man (nach meiner Erinnerung jedenfalls) selbst als SPD zuvor eröffnet und durchgesetzt hat ?

    Um in dem Kontext nur mal kurz an Franz Müntefering (ebenfalls SPD) und die bzw. seine Rente mit 67 zu erinnern: "Da muß man kein Mathematiker sein, da reicht Volksschule Sauerland, um zu wissen: Wir müssen irgendetwas machen"

    Für meinen Teil hatte ich damals entschieden (mit meinem Schritt in die Selbständigkeit) nicht mehr weiter in ein derartiges System (freiwillig) einzuzahlen. Den Schritt habe ich keine einzige Sekunde bereut. Die gesetzliche Rente ist, bei nüchterner Betrachtung, letztlich eine politische Verteilungsmasse - und damit u. a. auch Stimmungen unterworfen, wird auch für Wahlkämpfe benutzt, für Klientelpolitik eingesetzt usw. Das exakte Gegenteil einer langfristigen, schlüssigen und damit konsistenten Strategie ("Nachhaltigkeit" ist ja so eine Modewort geworden - für diverse Bereiche (von der gesetzlichen Rente über manche Währungen bis zu den Staatsfinanzen) hat es dann aber offensichtlich keine Bedeutung ... Ein Schelm, wer Böses dabei denkt).

    Zudem macht man sich damit (GRV) von der Entwicklung eines einzigen Landes abhängig und verquickt sozusagen seine Altersvorsorge bzw. Ruhestandsplanung allein mit Deutschland. Als Beimischung (also ein Standbein unter mehreren oder vielen) scheint mir eine solche (kleine) gesetzliche Rente noch vertretbar. Als wesentliches oder alleiniges Standbein aber eher ungeeignet.

    Nur meine bescheidene persönliche Meinung.

  • Aus dem Rentensystem selbst heraus betrachtet, finde ich die 65-auf-67-dann-aber-doch-63-Kiste gar nicht so schlimm. Die Erhöhung auf 67 (und davor das Angleichen des Eintrittsalters bei den Frauen) waren definitiv nötig und wurden durchgesetzt. Die Flexi-Regelung mit Abschlägen tut der Kasse nicht weh, weil die Abschläge fair austariert sind. Die Regelung für besonders langjährig Versicherte schafft sowieso kaum jemand und wenn nur Geringverdiener und überhaupt sei es denen dann auch gegönnt.

    Aus der Perspektive des demografischen Wandels und Fachkräftemangels sind alle Regelungen, die Menschen von der Arbeit fernhalten, ungünstig für die Gesellschaft.

  • Wie kann man übrigens als SPD-Kanzler bedauern und/oder beklagen, daß Menschen bestimmte Regelungen nutzen, die man (nach meiner Erinnerung jedenfalls) selbst als SPD zuvor eröffnet und durchgesetzt hat ?

    Der Kanzler hat (sinngemäß) gesagt: "Man möge dafür Sorge tragen, dass die Leute auch bis 67 arbeiten können."

    Was daraus an Interpretation gemacht wird, ist schon wieder sehr erhellend.

  • Die Regelung für besonders langjährig Versicherte schafft sowieso kaum jemand und wenn nur Geringverdiener und überhaupt sei es denen dann auch gegönnt.

    Das bezweifle ich. Für Akademiker ist das fast unmöglich, aber es gab eine Zeit in der nicht die Hälfte der Bevölkerung studiert hat. Nach der Realschule mit 16 in die Ausbildung und die 45 Jahre sind kein Problem. Und das sind dann auch nicht nur die Mindestlöhner sondern kaufmännische Angestellte, Facharbeiter im IG Metall Betrieb, etc. bei denen auch ordentliche Gehälter auflaufen.

  • Ab 13 kann man jobben (Paper Boy lässt grüßen), ab 16 kann freiwillige Beiträge zahlen, auch während des Studiums. Theoretisch kann man mit 58 also alles erledigt haben, wenn man sich früh genug kümmert.

    Also kann man jegliche Kritik mit dem Vorwurf mangelnder Weitsicht bzw. Vorbereitung kontern. :evil:

  • Was daraus an Interpretation gemacht wird, ist schon wieder sehr erhellend.

    Genau.
    Das Originalzitat scheint lt. mehrerer Medien dieses zu sein: "Es gilt, den Anteil derer zu steigern, die wirklich bis zum Renteneintrittsalter arbeiten können. Das fällt vielen heute schwer."


    Grundsätzlich finde ich Flexibilität aufgrund der individuellen Biografien gut. Meine Version ist: mit 56 angestellt auf 80 % Zeit reduziert, mit Rentenbeginn (66) wahrscheinlich mit 60 oder 40 % weiter arbeiten. Die vergangene Entscheidung hatte mit Lebensqualität und Freiheit zu tun, die zukünftige mit den spannenden Arbeitsinhalten.

  • Das bezweifle ich. Für Akademiker ist das fast unmöglich, aber es gab eine Zeit in der nicht die Hälfte der Bevölkerung studiert hat. Nach der Realschule mit 16 in die Ausbildung und die 45 Jahre sind kein Problem. Und das sind dann auch nicht nur die Mindestlöhner sondern kaufmännische Angestellte, Facharbeiter im IG Metall Betrieb, etc. bei denen auch ordentliche Gehälter auflaufen.

    Das kann ich wiederum anekdotisch bestätigen. In einem Großunternehmen habe ich eine IT-Abteilungsleiterin kennengelernt, die kurz vor der Rente noch ihr 50-jähriges Betriebsjubiläum gefeiert hat. Die hat nach der Volksschule mit knapp 15 dort eine Ausbildung angefangen, ist dann bis zum regulären Altersrentenbeginn dort geblieben und hat vorher anständig Karriere gemacht. Danach gab es denn zu der sehr ordenlichen Rente auch noch eine mehr als ordentliche Betriebsrente. -- Ich möchte meine Studienzeit nicht missen, aber rein ökonomisch gesehen hat sie es besser gemacht.

  • Ein zusätzlicher Demografievorsorgebeitrag von z.B. 3% jeweils von AN und AG wäre ja möglich gewesen aber das wollen Arbeitgeber nicht ;) müssten sie ja einmal 3% mehr zahlen und dann nochmal höhere Löhne damit die Arbeiter nicht auf die Straße gehen weil sie abzüglich der Abgaben so wenig Netto haben und davon nochmal soviel für die Mietwohnungen der AG abdrücken müssen ^^ wäre übrigens auch jetzt möglich 3% (zusammen 6) in nen Pensionsfond und gut is. Aber Arbeitgeber setzen lieber auf Eigenverantwortung, die kostet sie nämlich nixs ^^ bzw sie können zum Beispiel ne Betriebsrente mit 15% "Förderung" als tolle Sache verkaufen obwohl sie nicht einmal die gesparten Abgaben vollständig an den Arbeitnehmer weitergeben ^^

    Ich würde da mal nicht alle Arbeitgeber und Arbeitnehmer über einen Kamm scheren, sicherlich versucht jeder für sich das Meiste rauszuholen, aber es gibt auf beiden Seiten solche und solche. Mittlerweile merken viele AG es geht nur mit leben und leben lassen. Ich glaube die es noch nicht begriffen haben, können düster in die Zukunft blicken. Geht schon bei denen los, die einen Tarifvertrag ignorieren, gute Leute gehen dann halt zum nächsten der ordentlich zahlt und auch für die Altersvorsorge etwas tut. Sicherlich gibt es auch nicht wenige Arbeitnehmer die die Altersvorsorge komplett ignorieren, obwohl dafür Geld übrig wäre. Wichtig für Arbeitnehmer sind in diesem Zusammenhang starke Gewerkschaften und Betriebsräte. Zuguterletzt die momentane geförderte Altersvorsorge an der sich die Anbieter eine goldene Nase, auf Kosten der Einzahler und Steuerzahler (staatliche Zuschläge) verdienen.

  • Was daraus an Interpretation gemacht wird, ist schon wieder sehr erhellend.

    Sehr "erhellend" präziser symptomatisch finde ich eher, wie zügig (für die Politik und das Thema Rente) die real existierende SPD hinter die Erkenntnis von Franz Müntefering ("da reicht Volksschule Sauerland") und sein Engagement für die Rente mit 67 zurückgefallen ist.

    Zum Glück muß ich mich darum nur noch bedingt scheren (und zwar aus der Makrosicht; Stichwort: Standort Deutschland) - für mich persönlich (Mikrosicht) habe ich schon vor Jahrzehnten eigene - vor allen Dingen von der GRV sowie Deutschland weitgehend unabhängige - Lösungen für die Ruhestandsplanung gesucht und auch gefunden.

    Jeder wie er kann und meint. Das ist ja (noch jedenfalls) möglich.

  • 3% Pflichtbeitrag für alle (auch Selbständige) ließe sich innerhalb von Wochen (ok realistisch Monaten, ok vllt doch wenigen Jahren) umsetzen. Nixs hier eeeewig diskutieren wie man die Leute dazu bringt fürs alter Vorzusorgen oder blabla einfach Pflichtbeitrag für alle und fertig. Dann konkurieren verantwortungsvoll Selbständige und Unternehmer die für sich und andere vorsorgen (und entsprechend höhere Kosten haben) auch nicht mehr mit dumping Anbietern.

    Das ist nur ein Teil des Spannungsfeldes bei der Diskussion einer obligatorischen Absicherung für Selbstständige.

    Ein sehr dickes Brett, was da seit Jahren (bzw. Jahrzehnten) gebohrt wird.

  • Selten so deutlich gelesen, aber ist auch meine Meinung.

    Ich bin zwar ein Boomer, gehöre also zu der Gruppe, die am meisten davon profitiert. Und ich werde mich auch mit 63 offiziell aus dem Arbeitsmarkt verabschieden. Aber gesamtwirtschaftlich habe ich auch nie verstanden, warum das gefördert wird.

    Vollkommen unverständlich ist mir die neue Regel, dass alle Rentner mit 63 unbegrenzt dazuverdienen dürfen. Ist man dann nicht schon fast dumm, wenn man nicht die Rente mit 63 beantragt, auch wenn man normal weiterarbeiten möchte? Bei einer 99%-Rente bekommt scheinbar kein Arbeitgeber o.ä. überhaupt mit, dass man parallel Rente bezieht?