Liebe Community,
in der Finanzindustrie und in Ratgebern wird das Thema Asset-Allokation, also welchen Anteil man in risikobehafteten Anlagen (z.B. Aktien) und welchen Anteil man in risikoarmen Anlagen (z.B. Geldmarkt, Tagesgeld) haben sollte, eigentlich nie mit ,,100% in Aktien" angegeben. Und wenn, dann nur bei sehr jungen Anlegern mit viel Zeit um Krisen aussitzen zu können. Insbesondere in der Entnahmephase im Alter kommt immer der Rat den risikoarmen Anteil zu erhöhen. Als Grund wird unter anderem auch angegeben, dass man dadurch das sequence of return risk verringern könne und die Entnahmehöhe planbarer wäre.
Nun gibt es eine sehr ausführliche Studie von Professor Scott Cederburg, Associate Professor of Finance at the University of Arizona, die diese Denke grundsätzlich in Frage stellt und die zu dem Ergebnis kommt, dass ein 100%-Aktienportfolio (global, breit gestreut) für jedes Alter und in jeglicher nicht-emotionaler Hinsicht das beste Portfolio wäre. Auch in der Entnahmephase. Das Pleiterisiko würde sinken und die mögliche Entnahmehöhe steigen. Die Studie weist insbesondere darauf hin, dass jede Beimischung vermeidlich sicherer Anlagen wie z.B. Anleihen das Risiko nicht senke, sondern erhöhe, weil bei vielen Berechnungen das Inflationsrisiko nicht richtig einbezogen werde und man sich oft nur auf ,,Risiko=hohe Volatilität" beschränken würde.
Scott Cenderburg erklärt die Studie auf youtube unter ,,Professor Scott Cederburg: Challenging the Status Quo on Lifecycle Asset Allocation".
Gibt es dazu Meinungen oder hat jemand eine Studie, die ihn widerlegt?
Mich interessieren vor allem rationale (nicht-emotionale) Argumente bzw. konkrete Berechnungen. In der Realität ist natürlich klar, dass ein Börsencrash von 50% und mehr bei einem Rentner mit einem über Jahrzehnte angesparten Millionen-Depot, das ausschließlich aus Aktien-ETF besteht, zu Stress und eventuell gravierenden Fehlentscheidungen führen kann und "100%-MSCI World-ETF" vermutlich nicht die richtige Asset-Allokation darstellt. Aber gehen wir einmal von einem fiktiven (zugegeben wenig realistischen) Privatanleger aus, der völlig emotionslos anlegt und für den nur das mathematisch beste Portfolio relevant ist....Und zwar nicht nur was die Höhe der zu erwartenden Rendite angeht, sondern alle Aspekte mit einbezieht (sequence of return risk, Entnahmehöhe, Inflation,....).