Deutschland - Land der Aktienmuffel

  • Nur 17,2% der Deutschen besitzen Aktien, ETFs oder Fonds. Zieht man davon die Einzelwertzocker und LEOs (Leicht erreichbares Opfer der Finanzindustrie) ab, bleiben vermutlich deutlich weniger als 3%, die einigermaßen rational fürs Alter vorsorgen oder Vermögen verwalten (das belegt auch die Studie der Plattform Getquin, die 330.000 Depots ausgewertet hat).

    Besonders erschreckend: Umfragen zeigen, dass das ,,Sicherheitsbedürfnis" sogar noch zugenommen hat und noch weniger als früher ihr Geld am Kapitalmarkt investieren wollen.

    Zahl der Aktionäre in Deutschland schrumpft erneut
    Erneut gibt es weniger Aktionäre in Deutschland: Die Zahl ist im zweiten Jahr in Folge gesunken, hält sich aber über der Zwölf-Millionen-Marke. Ist die…
    www.tagesschau.de
  • 3 % der Bevölkerung ... das erscheint mir wenig, aber auch nicht ganz unplausibel. Ich glaube, das wird sich auch nicht so schnell ändern. Ich versuche es meinen Kindern und meiner Frau nahezubringen und habe wenig Lust die Welt (gegen ihren Willen) zu belehren. Habe im Freundeskreis nur eine Person die mittlerweile auf das Pferd ETFs aufgestiegen ist, aber auch erst nachdem er mit anderen Fonds auf die Schnauze gefallen ist.

  • ..und habe wenig Lust die Welt (gegen ihren Willen) zu belehren....

    Ist auch schwierig. Problem ist halt, dass es sich um ein gesellschaftliches Problem handelt, dessen Tragweite viele noch nicht verstanden haben. Der Babyboomer-Tsunami kommt und das GRV-System wird gewaltig wackeln. Das kann so eine Gesellschaft sprengen. Trotzdem fehlt es vollkommen am Willen das Ruder rumzureißen. Bei (fast) der gesamten Bevölkerung.

  • Irving

    Ich kann die Zahlen nicht überprüfen, aber mein Gefühl sagt, dass die plausibel sind.

    Wir sind hier halt in einer typischen Bubble.

    Wir unterhalten uns über die Frage, ob ein FTSE All-World, ein ACWI oder ein stinknormaler MSCI World besser für die private Rentenvorsorge ist.

    Und ob davon dann 20% Sicherheit in Geldmarkt-ETFs gut ist oder nicht.

    Oder vielleicht 20% Gold oder Bitcoin etc.


    Aber das sind allesamt "Luxusfragen", wenn man die Zahlen der Investierten in Deutschland betrachtet. Denn über alles wird jeder hier besser dastehen, als besagte LEOs oder gar nicht Investierte.


    Belehren werde ich auch keinen. Ich frage ab und an mal Freunde und Bekannte, ob bzw wie sie investieren. Wenn sie investieren, tausche ich mich aus. Und wenn sie nicht investieren und sie das Thema nicht interessiert, wars das für mich.

    Ich fühle mich nicht dafür zuständig hier aktiv Finanzbildung in die Welt zu bringen.

  • Wir sind (waren) mit unserem Modell in Deutschland auf der Welt halt einzigartig. Der Übergang vom Arbeits- ins Rentnerleben blieb nahezu unbemerkt. Die Miete konnte weiter bezahlt werden und die Ausgaben wurden halt statt vom Einkommen von der Rente beglichen.

    Für den Rest der Welt ist die Wahrnehmung eine andere.

    Arbeit weg bedeutet hier Einkommen weg. Bedeutet, man ist gezwungen, sich, sobald man arbeitet, auch sofort mit der Altersversorgung zu beschäftigen.

    Diesen Lernprozess machen wir gerade (schmerzhaft) durch.

  • Auch wenn 3% erstmal als willkürliche Zahl erscheinen, kommt mir das auch realistisch vor. Je nach bubble bekommt man auch den Eindruck, dass selbst viele, die sich damit beschäftigen, oft im Trüben fischen.

    Ein belastbares Konzept haben vermutlich noch weniger als 3%. Viele werden ein völlig durcheinander gewürfeltes Depot haben, was aus mehr oder weniger guten Einzelaktien und wilden ETF Kombis besteht.

    Würde mich nicht wundern, wenn es am Ende nur 1% sind, die ein klar strukturiertes Depot über Jahrzehnte aufbauen und auch eine Vorstellung davon haben, was später eine gute Entnahmestrategie ist.

    80% der Leute, die Fonds haben, haben die bestimmt bei ner ortsansässigen Bank. Mit enorm hohen Kosten.

  • Seit doch froh das es so wenig sind, je mehr das machen würden desto eher würde der Staat davon mehr abgreifen, solange aber auch ein Großteil ihrer "Sponsoren" da mit macht bleibt da vieles unter dem Radar. Es ist immer leichter für einen Staat vielen Leuten wenig abzuknöpfen (dafür wird es aber regelmäßig in kleinen Dosen nach oben geschraubt) als wenig Leuten viel abzunehmen.

  • Nur 17,2% der Deutschen besitzen Aktien, ETFs oder Fonds.

    So eine Zahl in Sachen "Aktienbesitz" - im weitesten Sinne - ist mir auch ungefähr in Erinnerung (siehe auch unten).

    Es ist aber schon sehr lange kein Geheimnis, daß die Finanzaufstellung hierzulande - im internationalen Vergleich - eine eher etwas spezielle ist (siehe beispielsweise hier:

    Billionen in Nominalwerten, extrem niedrige Aktienquote (17%), letzter Platz in der Eurozone bei der Wohneigentumsquote (Immobilie) mit < 50%

    Ebenso ist es aber kein Geheimnis, daß nicht ganz wenige bis vermutlich recht viele gar nicht darauf angewiesen sind, Mittel ins Risiko zu schieben ("risikoreiche" Anlageklassen), schlicht und einfach, weil es auch so mit einem finanziell auskömmlichen Ruhestand hinhaut. Beim Blick jedenfalls in mein engeres aber auch weiteres Umfeld gilt nämlich

    Manche müssen auch gar nicht "investieren" (sprich Mittel in risikoreiche aber entsprechend renditeträchtige Anlageklassen wie Aktien schieben), weil das mit dem "finanziell auskömmlichen Ruhestand" auch so hinhaut (Melange aus Rente, Pension, B-AV, PRV, KLV, Sparvermögen, Wohneigentum usw.)

    Dazu kommt in vielen Fällen noch ein Partner/Partnerin mit gleichen oder ähnlichen Voraussetzungen.

    Diese (große Gruppe) hat also den folgenden Ansatz durchaus beherzigt

    rational fürs Alter vorsorgen

    Warum sollte jemand mehr Risiken eingehen als zur Erreichung seines Ziels (finanziell abgesicherter Ruhestand) erforderlich ist ?

    Zumal die generierten Ergebnisse den finanziell auskömmlichen Ruhestand in praxi und nachweislich sichern (auch wenn jemand wie Dir vielleicht diese Melange nicht gefallen mag aus Rente(n), Pension(en), betrieblicher AV, KLV, PRV, Sparvermögen, Wohneigentum, Gold, Wertgegenständen usw.).

    Trotzdem fehlt es vollkommen am Willen das Ruder rumzureißen.

    Das kann ich in Bezug auf die jungen Menschen, die mir jedenfalls begegnen (inkl. meiner diversen Patenkinder) nicht ansatzweise bestätigen. Da gilt das exakte Gegenteil. Auch wenn da nicht alle ausnahmslos dem "heiligen Gral des rein rationalen Investierens" folgen ... aber immerhin doch einige. Nicht alle aber doch so einige Wege führen nach Rom.

    Sicherlich gibt es auch eine nicht ganz kleine Gruppe, die um die Notwendigkeit privater Altersvorsorge weiß, der aber die dafür nötigen Mittel fehlen. Bei einem anderen Teil könnten die Mittel - bei einem anderem Konsum- und Sparverhalten - durchaus gegeben sein.

    So wie es hierzulande - aktuell aber auch perspektivisch - um die Gesetzliche Rente, Sozialsysteme wie GKV und staatliche Pflegeversicherung, die Wettbewerbsfähigkeit, wirtschaftliche "Dynamik" und das wirtschaftliche "Wachstum", die anstehenden Aufgaben (Stichwort: Verteidigungsfähigkeit - um nur ein Beispiel zu nennen) usw. bestellt ist - dürfte es mehr als sinnvoll sein und sicherlich noch wichtiger werden, sich eigenverantwortlich und intensiv um seine eigene, möglichst robuste, finanzielle Aufstellung zu kümmern.

    By the way: Würde "Vater Staat" seinen Bürgern etwas mehr von ihrem Einkommen übrig lassen (Stichwort: Steuern, Sozialabgaben, indirekte Steuern und staatliche Gebühren), würde dies die Aufgabe erleichtern.


    Dir weiter ganz viel Glück mit Deinen privaten Finanzen !

  • Seit doch froh das es so wenig sind, je mehr das machen würden desto eher würde der Staat davon mehr abgreifen, solange aber auch ein Großteil ihrer "Sponsoren" da mit macht bleibt da vieles unter dem Radar. Es ist immer leichter für einen Staat vielen Leuten wenig abzuknöpfen (dafür wird es aber regelmäßig in kleinen Dosen nach oben geschraubt) als wenig Leuten viel abzunehmen.

    Ich glaube das Gegenteil wird der Fall sein. Die Lobby der Aktionäre ist extrem schlecht. Greift man denen in die Tasche, kräht kein Hahn danach. Die kapitalmarktfreindliche Denke ist sehr stark verwurzelt in der deutschen Gesellschaft. Man kann diese (Un-)Kultur auch sehr schwer ändern, weil es eben Kultur ist und überall gelebt wird (Politik, Bildungswesen,...).

    Es wird immer wahrscheinlicher, dass fast die Hälfte der zukünftigen Rentner weniger als 1500 Euro Rente im Monat erhalten werden. Da rollt ein Tsunami an Altersarmut auf uns zu und ein vernünftiger Weg dem zu begegnen wird bekämpft als hätte der Teufel die Unternehmensbeteiligung erfunden.

    Dabei müsste es der Bürger gar nicht selber machen. Ein kapitalmarktgedeckter Staatsfonds wäre ja mal ein Anfang. Aber das will man ja auch nicht. Zocker-Rente und so. Wahnsinn.

  • Die kapitalmarktfreindliche Denke ist sehr stark verwurzelt in der deutschen Gesellschaft. Man kann diese (Un-)Kultur auch sehr schwer ändern, weil es eben Kultur ist und überall gelebt wird (Politik, Bildungswesen,...).

    Das reicht schon der Blick auf den "Sparbuch Olaf" (und Ex-Kanzler) und Politiker, die noch heute jeden auch nur noch so kleinen Schritt in Richtung Aktienrente als "Casino-Rente" diskreditieren.

    Es gilt aber auch (siehe schon Nr. 9), daß viele Bürger auf den Aktienmarkt gar nicht angewiesen sind, um beispielsweise einen finanziell auskömmlichen Ruhestand zu realisieren.

    Die Bedeutung privater Vorsorge und robuster eigener finanzieller Aufstellung wird aufgrund der Rahmenbedingungen (u. a. auch der demographischen) hierzulande aber zunehmen (siehe Nr. 9 vorletzter Abs.).

    Ein kapitalmarktgedeckter Staatsfonds wäre ja mal ein Anfang.

    Wäre es. Einerseits.

    Andererseits:

    "Eher legt sich ein Hund einen Wurstvorrat an, als eine demokratische Regierung eine Budgetreserve"

    (Schumpeter, 1883 - 1950, österreichischer Nationalökonom und Politiker)

    Da bedürfte es also - bei einem solchen Staatsfonds für die Altersvorsorge der Bürger - zwingend juristischer Kautelen möglichst mit Verfassungsrang.


    Dir weiter ganz viel Glück mit Deinen privaten Finanzen !

  • Belehren werde ich auch keinen. Ich frage ab und an mal Freunde und Bekannte, ob bzw wie sie investieren. Wenn sie investieren, tausche ich mich aus. Und wenn sie nicht investieren und sie das Thema nicht interessiert, wars das für mich.

    Ich fühle mich nicht dafür zuständig hier aktiv Finanzbildung in die Welt zu bringen.

    Ich bin seit vielen Jahren in Frauenforen unterwegs. In dieser Zeit habe ich ca 3 (gesichert) bis 10 (geschätzt) in Börsenangelegenheiten jungfräuliche Frauen an die ETF Geldanlage herangeführt und durch alle Krisen begleitet. Die sollten nun ein solides Ruhepolster für den Ruhestand besitzen.

    Mein Beitrag zur Finanzbildung von Deutschland und ihr so? :saint:

  • Es Werden hierzulande, nicht nur in Deutschland sondern sogar europaweit vergleichsweise wenige neue Aktien Gesellschaften gegründet, auch haben wir hierzulande insgesamt auch eher wenige davon.

    Von daher wundert es mich auch nicht dass nur wenige Menschen von dieser Art der Anlage überzeugt ist.

  • Ich bin seit vielen Jahren in Frauenforen unterwegs. In dieser Zeit habe ich ca 3 (gesichert) bis 10 (geschätzt) in Börsenangelegenheiten jungfräuliche Frauen an die ETF Geldanlage herangeführt und durch alle Krisen begleitet. Die sollten nun ein solides Ruhepolster für den Ruhestand besitzen.

    Mein Beitrag zur Finanzbildung von Deutschland und ihr so? :saint:

    Das ist total super, dass du das hinbekommen hast! :)

    In der Tat werden diese Frauen ein besseres Alterspolster haben durch deinen Einsatz.


    Bei meiner Aussage ging es mir übrigens darum, dass ich nicht mehr versuche jemanden aktiv davon zu überzeugen sprich zu belehren.

    Falls mich jedoch jemand ansprechen würde, was es denn so für Möglichkeiten gibt in diesem Bereich zu investieren, würde ich selbstverständlich sofort helfen, auch langfristig.

  • (das belegt auch die Studie der Plattform Getquin, die 330.000 Depots ausgewertet hat).

    Mich würde zunächst interessieren, wie die Zahlen aus dem Hintergrundartikel zustande gekommen sind. Per Befragung? Per Auswertung von irgendwas? Wenn Getquin das ausgewertet hat, was ich da mal zum Rumspielen eingetragen haben, bin ich in der Kategorie "hat einen Dachschaden" einsortiert...

  • Mich würde zunächst interessieren, wie die Zahlen aus dem Hintergrundartikel zustande gekommen sind. Per Befragung? Per Auswertung von irgendwas? Wenn Getquin das ausgewertet hat, was ich da mal zum Rumspielen eingetragen haben, bin ich in der Kategorie "hat einen Dachschaden" einsortiert...

    Vielleicht erhalten die über kostenlose Apps, z.Bsp. Finanzguru, Zugriff auf die Daten.

  • Zum Thema: Ich fürchte dass deine gewisse Generation einfach durch das Debakel rund um die "T-Aktie" für immer gebrannt ist und seitdem die Finger von Aktien und Fonds lässt.

    Anders ist es vermutlich bei jüngeren Generationen, wo man gerade durch Neobanken einen sehr unkomplizierten und niedrigschwelligen Zugang zum Anlagemarkt bekommt.

  • Zum Thema: Ich fürchte dass deine gewisse Generation einfach durch das Debakel rund um die "T-Aktie" für immer gebrannt ist und seitdem die Finger von Aktien und Fonds lässt.

    Sehe ich ganz ähnlich (zudem hat der orchestrierte Hype um die T-Aktie damals vor allen Dingen dem Staat Geld in die Kasse gespült - viele, die erstmalig "ihr Füßchen ins Börsenwasser" ausgestreckt haben, hat das Platzen der Dotcom-Blase ziemlich durchgerüttelt und durchgeschüttelt; nicht ganz wenige davon sind nach meinen Beobachtungen nie mir an die Börsen zurückgekehrt).

    Anders ist es vermutlich bei jüngeren Generationen, wo man gerade durch Neobanken einen sehr unkomplizierten und niedrigschwelligen Zugang zum Anlagemarkt bekommt.

    Dem ist fraglos so. Auch die Kosten für passive Fonds spielen in einer anderen Liga als damals die Kosten für aktiv gemanagte Fonds.


    Der aber meines Erachtens bedeutsamste Aspekt: Der ernsthafte "Lackmustest" in Sachen Aktien - auch betreffs der objektiven Risikotragfähigkeit und insbesondere der subjektiven Risikotoleranz - dürfte den "Youngstern" (< 35 Jahre) noch bevorstehen. Nämlich dann, wenn die Börsen kein kleines "Kurs-Bäuerchen" produzieren oder einen kürzen "Kurs-Schluckauf" haben - sondern, wenn es wirklich relevant und auch länger talwärts geht (wie beispielsweise 2000 ff und auch 2008 ff).

    Sollte ich beim nächsten - ja unvermeidlichen - Crash noch am Leben sein (und ein noch an solchen Themen Interessierter sein), werde ich gerne mal in das Forum hier (sollte es dann ebenfalls noch existieren) reinschauen ... :)

  • Ich bin seit vielen Jahren in Frauenforen unterwegs. In dieser Zeit habe ich ca 3 (gesichert) bis 10 (geschätzt) in Börsenangelegenheiten jungfräuliche Frauen an die ETF Geldanlage herangeführt und durch alle Krisen begleitet. Die sollten nun ein solides Ruhepolster für den Ruhestand besitzen.

    Mein aufrichtiges Kompliment. :thumbup:


    "Es gibt nix Gutes - außer man tut es"