Neuregelung bei Grundsicherung und Einfluss auf die Altersvorsorge

  • Hallo liebes Forum,

    die Bundesregierung plant Änderungen beim Bürgergeld (neu dann Grundsicherung). Dabei wird auch das Schonvermögen verringert. Unangetastet bleiben lediglich "Produkte der Altersvorsorge" und selbstgenutzte Immobilien. Wisst ihr, was dies für ETF Sparer bedeutet, die Ihre Vorsorge nicht in einer Rentenversicherung oder Riesterprodukt haben? Besorgte Grüße.:/

  • Ein normaler ETF zählt nicht zu den Altersvorsorgeprodukten. Das hat er beim Bürgergeld nicht und das wird er bei der neuen Grundsicherung nicht. Das Schonvermögen steht einem zu, den Rest muss man verkaufen. Wäre ja auch absurd, wenn man sechsstellige Beträge in ETF investiert hat und parallel Grundsicherung bezieht.

    Ggf. zählen ETF, die in einer Rentenversicherung verpackt sind zu den genannten Altersvorsorgeprodukten

  • Das muss am Ende jeder für sich selbst entscheiden. Ich persönlich möchte niemals auf Grundsicherung angewiesen sein. Und daher ist mein ETF Depot auch eine Absicherung für den Fall dass ich mal meinen Job verliere. Denn dann bin ich nicht auf den Staat angewiesen, sondern kann von meinem Depot zehren.

  • Das war mir nie so klar. Mich wundert, dass auf dieses Risiko nicht deutlicher hingewiesen wird. Bedeutet schlussendlich, dass man sich ggf. lieber für ein Riester Produkt entscheiden sollte. Mit allen Nachteilen...

    Das hat für mich ein bisschen was von Selbstmord aus Angst vor dem Tod. Man hat ja durchaus einen gewissen Einfluss auf die Frage, ob man zum Sozialhilfefall wird oder nicht. Natürlich kann man auch Pech im Leben haben...aber der Schaden durch längere Arbeitslosigkeit erschöpft sich bei weitem nicht in der Frage, ob man ein paar ETF-Anteile verkaufen muss, die für die Altersvorsorge gedacht waren.

  • Überall wo man hinsieht, wird auf dieses "Risiko" verwiesen

    Warum das denn? Warum siehst du dieses Risiko bei dir erhöht?

    Nein nicht. Nur bei der Entwicklung des Arbeitsmarktes ist es auch nicht komplett unwahrscheinlich. Gerade bei hoch qualifizierten wird es durch KI Einsatz wahrscheinlich größere Umwälzungen geben. Ich finde den Gedanken gar nicht so abwegig.

  • Das war mir nie so klar. Mich wundert, dass auf dieses Risiko nicht deutlicher hingewiesen wird. Bedeutet schlussendlich, dass man sich ggf. lieber für ein Riester Produkt entscheiden sollte. Mit allen Nachteilen...

    Das ist in vielen anderen Bereichen auch so. Z.B. beim Unterhalt für Eltern oder Kinder kann man private Altersvorsorge zum Abzug bringen. Ein ETF ist das nicht, da braucht es einen Versicherungsmantel, der verhindert, dass man vor Renteneintritt rankommt.

  • Liebe(r) valdifra
    Jeder lebt (oder sollte zumindest leben)
    - von seiner Hände Arbeit
    - seinem Erbe oder Familienvermögen
    - seinem selbst angesparten Kapital
    unterstützt durch Sozialleistungen (bei Krankheit, Behinderung oder auch, aber begrenzt bei Arbeitslosigkeit)

    Wenn
    - die Hände nicht mehr funktionieren,
    - das Erbe und das Erbe oder Familienvermögen nicht (mehr) existent ist und
    -das angesparte Kapital aufgebraucht ist,
    Dann tritt die Allgemeinheit, also der Sozialstaat, ein.

    Sehe es als Vorteil an, dass es überhaupt noch ein Schonvermögen gibt.

  • Angst vor Bürgergeldbezug habe ich nicht, so lange ich gesund bin. Irgendwo und irgendwas werde ich immer arbeiten können. Arbeitslos war ich noch nicht einen Tag in meinem Leben.
    Und wenn ich irgendwo Pakete packe oder am Fließband stehe (was ich Beides auch schon gemacht habe).

    Ich würde mir in dem Zusammenhang eher Gedanken um die Absicherung der eigenen Arbeitskraft machen (Berufsunfähigkeitsversicherung). Zumindest in einer Höhe um den Bürgergeldbezug und damit dem evtl. vorzeitigen Vermögensverbrauch zu entgehen.
    Eine vorzeitige Berufsunfähigkeit mit Mitte 50 kann die selbstgebaute ETF-Altersvorsorge zerstören.

    ..., dass man sich ggf. lieber für ein Riester Produkt entscheiden sollte. Mit allen Nachteilen...

    Riester wäre das letzte Produkt, wofür ich mich entscheiden würde. Riester lohnt sich nur für sehr wenige Menschen.
    Man kann aber auch eine private ETF-Police sicher vor dem Zugriff der Sozialämter machen (Basisrente, Rürup). Nur muss man hier die Kröte des Verrentungszwangs schlucken. Auch sind die Rentenfaktoren unterirdisch, so dass nur Schildkröten überhaupt wieder Ihr eingezahltes Kapital wieder sehen werden.
    Die Summen, die sich so 'schützen' lassen sind aber beschränkt. Die Idee die ererbten 1 Mio. € in so eine Rentenpolice zu stecken und dann die nächsten 20 Jahre bis zum eigentlichen Rentenbezug von Sozialleistungen zu leben, funktioniert nicht. ;)
    Daher ja auch die Empfehlung von Finanztip, dass man sich zeitig im Leben um eine BU-Versicherung kümmern sollte, wenn man privaten Vermögensaufbau betreibt, um diesen abzusichern.

  • Jeder kann (mehr oder weniger) selbst verschuldet in den Bürgergeldbezug rutschen.

    Die Neuregelung der "Grundsicherung" (ja, so hieß es schon die ganze Zeit seit 2005) bringt da einige Nachteile mit sich, die das Bürgergeld (seit 2023) humaner ausgestaltete, wenn auch nicht optimal.

    Zum Vermögen:

    • das einfache ETF-Depot ist dann nur noch durch die Freibeträge geschützt
      bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres 5 000
      ab dem 31. Lebensjahr 10 000
      ab dem 41. Lebensjahr 12 500
      ab dem 51. Lebensjahr 20 000
    • ein Versicherungsmantel (ETF-Police) hilft das als Altersvorsorge zu deklarieren, birgt natürlich aber andere Risiken und will gut überdacht werden. Aber ist nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II wohl geschützt (sofern die Police um den Renteneintritt fällig wäre, früher galt da mal das 60. Lebensjahr), ein vertraglicher Aussschluss der vorzeitigen Verwertung wird beim Jobcenter nicht mehr gefordert --> Riester würde prinzipiell auch als "Versteck" möglich sein, aber meiner Meinung nach noch weniger ratsam, da als Anlageklasse schon von Haus aus kacke :S
    • Sofern derjenige lange Zeit hauptberuflich selbständig gewesen wäre, wären § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB II unabhängig von der Anlageform (also auch ETF-Depot) 8.500 € für jedes Jahr der Selbständigkeit als Altersvorsroge geschützt; Sofern keine Rentenversicherungsbeiträge/Beiträge an ein Versorgungswerk gezahlt wurden.

    Bedingt kann mal also auch planen, wenn die Grundsicherung/Bürgergeld droht, aber mit Bedacht. Pauschal eher ETF-Netto-Police bevor man an Riester denkt ... kommt aber auf die Kostenstruktur an.

    • ein Versicherungsmantel (ETF-Police) hilft das als Altersvorsorge zu deklarieren, birgt natürlich aber andere Risiken und will gut überdacht werden.

    Wie gesagt, das ist auch bei anderen Umständen (z.B. Unterhaltspflichten) relevant.

    Frage an die Runde - was wäre denn eine möglichst wenig schlechte Option an dieser Stelle? Eine solche ETF-Nettopolice? Gibt es noch weitere?

  • Hallo valdifra,

    Nur bei der Entwicklung des Arbeitsmarktes ist es auch nicht komplett unwahrscheinlich. Gerade bei hoch qualifizierten wird es durch KI Einsatz wahrscheinlich größere Umwälzungen geben. Ich finde den Gedanken gar nicht so abwegig.

    Ist zwar etwas abseits der Fragestellung, aber diese Angst möchte ich Ihnen und anderen Mitlesern nehmen.

    Es kann vorkommen, dass man plötzlich falsch qualifiziert ist, weil die ganze Branche wegbricht o.ä. Das ist in Ostdeutschland nach der Wende millionenfach passiert – ich war auch betroffen. Die Qualifizierung zeigt sich dann darin, dass man sehr schnell die Grundlagen eines anderen Jobs lernt.

    Das prominenteste Beispiel kennt wohl noch jeder. Da gab es eine junge Doktorin der Physik, deren Institut abgewickelt wurde und die Null Chance auf eine neue Stelle in ihrer Fachrichtung hatte. Sie hat sich vollkommen umorientiert, das Handwerk ihres neuen Berufs perfekt gelernt und einen relativ gut bezahlten Job bis zur Rente ausgeübt.

    Ich bin fest überzeugt, auch KI wird die wirklich Qualifizierten nicht dauerhaft arbeitslos machen.

    Gruß Pumphut

  • Wie gesagt, das ist auch bei anderen Umständen (z.B. Unterhaltspflichten) relevant.

    Frage an die Runde - was wäre denn eine möglichst wenig schlechte Option an dieser Stelle? Eine solche ETF-Nettopolice? Gibt es noch weitere?

    Gold kaufen. Liegt der Erwerb lange genug zurück, ist er nicht mehr nachvollziehbar. Auch im Erbfall sehr angenehm, da wird einfach der Schlüssel zum Schließfach in der Schweiz weitergegeben. Und ich habe hier im Forum noch keinen Goldbesitzer gehört, der sich über eine zu geringe Performance seiner Investition in Gold beklagt hätte.

  • Das prominenteste Beispiel kennt wohl noch jeder. Da gab es eine junge Doktorin der Physik, deren Institut abgewickelt wurde und die Null Chance auf eine neue Stelle in ihrer Fachrichtung hatte. Sie hat sich vollkommen umorientiert, das Handwerk ihres neuen Berufs perfekt gelernt und einen relativ gut bezahlten Job bis zur Rente ausgeübt.

    ... bis zur Pension.

    :)

  • Das war mir nie so klar. Mich wundert, dass auf dieses Risiko nicht deutlicher hingewiesen wird.

    Warum das? Wer ein Vermögen oberhalb des Schonvermögens hat, dürfte (Erbe oder Lottogewinn mal außen vor) auch eine entsprechende Ausbildung haben um sich umorientieren zu können.

    Bleibt für mich vor allem mit Partnerin/Familie die frühzeitige Abstimmung (für mich wäre das schon bei einem gemeinsamen Haushalt und unter Garantie vor der Zeugung von Nachwuchs) wie in diesem Fall gemeinschaftlich damit umgegangen wird.

    Warum sollte die Allgemeinheit die Lebenshaltungskosten für jemanden übernehmen, der "einfach so" Vermögen angespart hat. Hat er dies nachweislich für die Altersvorsorge getan (==er kommt auch vor Rente nicht an das Geld), dient das Ersparte perspektivisch zum geringeren Unterstützungsbedarf durch die Allgemeinheit im Alter.

    Gerade bei hoch qualifizierten wird es durch KI Einsatz wahrscheinlich größere Umwälzungen geben.

    Bist Du als Hochqualifizierter vermutlich davon betroffen?

    Es mag vom Alter abhängen, aber bis mal wirklich hochqualifizierte Jobs dadurch ersetzt werden (und sich nicht nur ändern) wird es m.M.n. noch lange dauern.

    Als u.U. potentiell betrroffener (ITler) hatte ich, ganz ohne KI, bis zu dem Zeitpunkt, ab dem es nicht mehr nötig war, immer mind. eine Ausweichtätigkeit (inkl. Umschulung und schlechteten Arbeitsbedingungen) in der Hinterhand, um innerhlab der AGL1 Zeit wieder für ein ausreichendes Einkommen sorgen zu können.

    Jeder kann (mehr oder weniger) selbst verschuldet in den Bürgergeldbezug rutschen.

    Wenn Du meinst. Anderen ist das halt so wichtig, dass sie ihr Leben danach aufbauen (EM mit Aufstockung ist nicht gemeint, warum sowas unter Bürgergeld gewertet wird, ist mir ein Rätsel. Ich hatte nie einen Job in Erwägung gezogen, der einmalig in D (oder gar auf der Welt) ist. Und ich hätte immer in Deutschland einen neuen Job gefunden, der mir mehr (mind. perspektivisch) wie BG gezahlt hätte. Denn bevor ich in Arbeitslosenhilfe/H4/BG gelandet wäre, war ein Umzug und/oder eine Umschulung immer denkbar.

    Ach so (passend zu anderen Thread): eine BU wäre über eine BU-Versicherung abgesichert gewesen.

    Ich bin fest überzeugt, auch KI wird die wirklich Qualifizierten nicht dauerhaft arbeitslos machen.

    So lange in relevanten Bereiche (also nicht beim Mindestlohn-Telefonsupport) alle KI-Ergebnisse noch von qualifiziertem Personal bewertet werden müssen (welche dann auch für die Anwendung der KI-Ergenisse verantwortlich sind) wird das so sein.

    In handwerklichen Berufen wird es auch noch länger dauern, bis die KI dort alles übernhmen kann und der Roboter zur Wartung der Wärmepumpe vorbei kommt.