Krankengeld, Progression, höhere Steuern bezahlen???

  • Wenn 2 Leute jeweils 60.000 Euro zu versteuerndes Einkommen im Jahr haben und der eine noch 3.500 Euro Krankengeld zusätzlich hat,

    Nur hat der eine die 3.500 EUR ja nicht „zusätzlich“, sondern STATT des vollen Gehalts, was er ohne Krankheit bekäme. Ich glaube, daher kommt auch die gefühlte Ungerechtigkeit - Vergleichsmaßstab ist man selbst mit regulärem Gehalt, und nicht jemand, der genauso viel verdient und 3.500 EUR zusätzlich obendrauf bekommt.

  • Wir sind halt die Guten! :saint:

    Nur am Rande aber in dem Kontext und mit dem Versuch den Einwurf (halbwegs) ernst zu nehmen. Nicht selten verbirgt sich ja hinter so was auch ein Funken (angenommener) Wahrheit ...


    So sehen und verstehen sich ja per se nicht wenige selbst - samt ihrer dann folgerichtig rein moralisch-ethisch basierten Überlegenheits-Attitüde - samt "Heiligenschein" wie im Smiley (wenn ich z. B. an manche Radler denke - oder auch manche Politiker bestimmter Parteien ...).


    Wobei der Bezug zur Wirklichkeit dann doch noch irgendwann - jedenfalls bei so manchem dieser Protagonisten - Einzug hält. Etwa wenn Herr Habeck feststellt (letzte Sendung - im wahrsten Sinne des Wortes; Anne Will hört mit dieser Talkrunde wohl auf) jetzt am Sonntag bei Frau Will "Wir sind von Wirklichkeit umzingelt". Immerhin ... Erkenntnis gilt ja gemeinhin als erster Schritt zur Besserung. Ob das seine Partei generell auch so sieht ... ? Für mich jedenfalls der Satz der Sendung.


    Zumal das auch mein Leitmotiv in Sachen "Finanzen" ist.


    Wobei (teilweise) noch etwas unklar bleibt, welche Schlüsse der Herr Habeck nun aus diesem offensichtlich gewonnen Realitätsbezug zieht (den Zusatz u. a. "Kinderbuchautor" verkneife ich mir ganz bewußt; immerhin hat er wenigstens irgendeinen Studien-Abschluß ... Ob allerdings ausgerechnet Germanistik, Philosophie und Philologie die geeigneten Studiengänge für einen u. a. Wirtschaftsminister sind - darüber könnte man wohl sehr trefflich diskutieren). Wie auch immer ...


    Da ich (vielleicht) sogar noch ein Fan von Herrn Habeck werde (Stichwort: Realitätsbezug) verkneife ich mir - seine Person betreffend und bis auf weiteres - pointierte Kommentare.


    In diesem Sinne und nichts für ungut.

  • Manche Menschen schreiben ja lange Texte, die ohne Übergang von einem Thema zu etwas ganz anderem und daher muss Karthago unbedingt zerstört werden!

  • Manche Menschen schreiben ja lange Texte, die ohne Übergang von einem Thema zu etwas ganz anderem und daher muss Karthago unbedingt zerstört werden!

    Wo da doch keine einzige Silbe von "Karthago" drin stand ... :D


    Bin ich von Dir aber schon gewohnt siehe

    Ich bin bei "Europa" ausgestiegen. ;)

    Da stand nämlich auch keine einige Silbe von "Europa" drin ... :D


    In diesem Sinne ... 8)

  • Bin ich wirklich so subtil? 🤣

    Dürfte eher darauf beruhen, nur das zu sehen, was man in einem Text unbedingt sehen will.


    Dazu fällt mir nur noch ein

    Um in dem Kontext meinen ehemaligen Deutschlehrer (Dr. Lilienthal) zu zitieren: "Wie kommen Sie denn auf diesen Stuss ?" (zu einer Schülerin). Schülerin: "Das interpretiere ich da raus". Lehrer: "Nee, das interpretieren Sie da nur rein" ...

    :D

  • OK, ich hab's verstanden. Jedenfalls so grob. Krankengeld wird nicht gleich versteuert, aber es wird so getan, als hätte ich ein entsprechend höheres Einkommen gehabt und dann wird entsprechend versteuert. Meine Frage: Warum macht man so etwas eher Undurchsichtiges? Dann könnte man doch das Krankengeld auch gleich versteuern - dann wüssten alle sofort, woran sie sind. Hat das politische Gründe? Will man die tatsächliche Höhe des Krankengeldes verschleiern? Oder hat das vielleicht verwaltungstechnische Gründe? Wäre das verwaltungsmäßig kompliziert, das sofort zu versteuern? Ich versteh's nicht ...

  • Kommt ja noch hinzu, dass ich dadurch nun verpflichtet bin, eine Steuererklärung abzugeben - was mir auch nicht klar war und ich erst bemerkt habe, weil mich das Finanzamt angeschrieben hat (ohne freilich zu erklären, warum ich nun eine Steuererklärung abzugeben habe. Das habe ich dann erst auf telefonische Nachfrage hin erfahren).

  • Ich kann es nicht definitiv beantworten, kann mir aber vorstellen, dass man die Krankengeldauszahlung nicht weiter komplizieren wollte.


    Es ist heute ja schon so, dass die Zahlungen nicht immer direkt passend kommen und Leute ganz ohne Rücklagen in Zahlungsschwierigkeiten kommen. Eine Versteuerung der Krankengeldzahlungen nach Steuerklasse VI und Erstattung über die Steuererklärung wäre eine einfache Lösung, die aber für viele viel zu wenig Krankengeld zum Leben ausschütten würde.


    Die unterjährige Berechnung wird erschwert, weil Du nicht vorher weißt, wie lange Du krank sein wirst und wie viel Einkommen Du in dem Kalenderjahr vor und nach der Krankheit insgesamt erzielt haben wirst. Im Extremfall bist Du das ganze Jahr bei maximaler Krankengeldzahlung krank, hast einen hohen Steuersatz und zahlst trotzdem keine Steuern, wenn Du kein anderes Einkommen hast. (@Experten: Oder habe ich mich bei dem Beispiel vertan?)

  • Ich kann es nicht definitiv beantworten, kann mir aber vorstellen, dass man die Krankengeldauszahlung nicht weiter komplizieren wollte.


    Es ist heute ja schon so, dass die Zahlungen nicht immer direkt passend kommen und Leute ganz ohne Rücklagen in Zahlungsschwierigkeiten kommen. Eine Versteuerung der Krankengeldzahlungen nach Steuerklasse VI und Erstattung über die Steuererklärung wäre eine einfache Lösung, die aber für viele viel zu wenig Krankengeld zum Leben ausschütten würde.


    Die unterjährige Berechnung wird erschwert, weil Du nicht vorher weißt, wie lange Du krank sein wirst und wie viel Einkommen Du in dem Kalenderjahr vor und nach der Krankheit insgesamt erzielt haben wirst. Im Extremfall bist Du das ganze Jahr bei maximaler Krankengeldzahlung krank, hast einen hohen Steuersatz und zahlst trotzdem keine Steuern, wenn Du kein anderes Einkommen hast. (@Experten: Oder habe ich mich bei dem Beispiel vertan?)

    Nee, das trifft es ganz gut. :thumbup:

  • Die Steuerfreiheit von Krankengeld ist letztlich eine sozialpolitische Entscheidung. Die Lobbyisten der Sozialverbände haben in den beiden ehemaligen Volksparteien meist Gehör gefunden, von kurzzeitigen Ausnahmen wie der Frühphase der Kanzlerschaft Kohl und der Spätphase der Kanzlerschaft Schröder mal abgesehen. Sachlich und verwaltungstechnisch würde nichts dagegen sprechen, Krankengeld so zu behandeln wie die Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber, nämlich dem vollen Abzug von Steuern und Sozialabgaben zu unterwerfen.


    Der Progressionsvorbehalt ist notwendig, um zu gewährleisten, dass der Krankengeldbezieher unter dem Strich nicht mehr bekommt als er Nettoarbeitsverdienst ohne Krankengeldbezug hätte. Und er ist sachlich geboten. Wenn sich die Höhe der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit richten soll, ist die logische Folge, dass für die Ermittlung der Steuersätze auch Lohnersatzleistungen mitberücksichtigt werden.

  • Zunächst einmal einen Gruß in die Runde.


    Mir war immer klar, dass ich mich irgendwann in diesem Forum anmelde, aber das ein Steuerthema der finale Auslöser ist, hätte ich nicht gedacht. Aber jetzt auch egal, hier noch mein Input zu dem Thema.


    Ich hatte das Thema "Lohnersatzleistungen und Progressionsvorbehalt" vor ein paar Jahren mit dem Mann meiner Mutter (pensionierter Finanzbeamter) diskutiert, da es auch bei uns akut war (da aber in Form von Elterngeld). Die Begründung ist eigentlich ganz simpel, wenn man ein recht extremes Beispiel bemüht.

    Ein AN hat einen Monatslohn brutto von 10k. Der Einfachheit halber unterstellen wir einen Steuersatz von 40% und lassen SV außen vor. Im Januar wurde noch das normale Gehalt ausbezahlt (inkl. regulärer Besteuerung), ab Februar Krankengeld (angenommen 4.500 Euro - hat keinen Anspruch auf Richtigkeit).

    Für das Jahr haben wir also 10k normales Einkommen und 49,5k Krankengeld. Wenn jetzt nur das normale Einkommen berücksichtigt wird, wäre keine Steuer fällig (Stichwort Grundfreibetrag) und die angeführte Steuer aus Januar gibt es voll zurück.

    Durch die Berücksichtigung des Krankengeld wird aber für die Ermittlung des Steuersatz so getan, als ob das Einkommen 59,5k beträgt. Der daraus resultierende Steuersatz wird auf die 10k zu versteuerndes Einkommen angewandt, um die Steuerlast zu ermitteln. Dies dürfte in der Regel trotzdem zu einer kleinen Rückerstattung führen.

    Wenn der AN durchgehend sein reguläres Gehalt bekommen hätte, wäre der Steuersatz übrigens bei einem Einkommen von 120k ermittelt worden und die Steuerlast wäre auf dieses Einkommen berechnet worden.

    Das Beispiel ist jetzt ziemlich abstrakt, da es weitere Aspekte der Steuererklärung außen vor lässt, aber mir hat es damals geholfen, den Progressionsvorbehalt zu verstehen.

  • Die unterjährige Berechnung wird erschwert, weil Du nicht vorher weißt, wie lange Du krank sein wirst und wie viel Einkommen Du in dem Kalenderjahr vor und nach der Krankheit insgesamt erzielt haben wirst. Im Extremfall bist Du das ganze Jahr bei maximaler Krankengeldzahlung krank, hast einen hohen Steuersatz und zahlst trotzdem keine Steuern, wenn Du kein anderes Einkommen hast. (@Experten: Oder habe ich mich bei dem Beispiel vertan?)

    Nein, das passt schon, sogar in doppelter Hinsicht:

    0 € x A = 0 €

    0 % x B = 0 %.

    ;)

    "Unhappy Wife - Unhappy Life!" Roger Murgatroyd, 1977

  • Hallo,


    ich bin eben per Google auf diesen Thread gestoßen und hoffe, ich darf auch noch eine Frage in eigener Sache dranhängen. Und zwar hat Peter geschrieben, dass er einen Bescheid vom FA bekommen hat mit der Aufforderung zur ESt-Erklärung:

    Kommt ja noch hinzu, dass ich dadurch nun verpflichtet bin, eine Steuererklärung abzugeben - was mir auch nicht klar war und ich erst bemerkt habe, weil mich das Finanzamt angeschrieben hat (ohne freilich zu erklären, warum ich nun eine Steuererklärung abzugeben habe. Das habe ich dann erst auf telefonische Nachfrage hin erfahren).

    Ich bin einfache Gehaltsempfängerin und unterliege grundsätzlich nicht der ESt-Pflicht. Entsprechend habe ich meine ESt-Erklärung für 2021 erst vor wenigen Wochen abgegeben. Allerdings hatte ich in dem Jahr zum ersten Mal in meinem Leben Krankengeld (über 410€) erhalten.


    Gestern kam der Bescheid, und ich muss nicht nur Steuern nachzahlen, sondern auch einen satten Verspätungszuschlag. Auf das Warum bin ich nur durch intensives Googeln gestoßen.


    Von der ESt-Pflicht habe ich nichts gewusst. In keinem der damaligen vielen Schreiben von KK und AG (ÖD) stand etwas dazu drin, eine Aufforderung vom FA habe ich ebenfalls nicht erhalten (meine Bescheide lasse ich mir zur Sicherheit über ELSTER und per Papierpost übermitteln).


    Nun weiß ich ja, dass Nichtwissen in vielen gesetzlichen Bereichen nicht vor Strafe schützt. Aber hätte ich das allen Ernstes selber wissen müssen, oder hat das FA versäumt, mir die ESt-Pflicht zu bescheiden?

  • Wenn sie wissen, dass sie normalerweise keine Steuererklärung einreichen müssen, dann sind ihnen doch die Gründe dafür bekannt. An der gleichen Stelle steht auch, wann man verpflichtet ist, eine Steuererklärung einzureichen.


    Es ist nun mal so, dass das Finanzamt nicht jeden Steuerbürger jährlich einzeln prüft und ggfls. auffordert.

  • Von der ESt-Pflicht habe ich nichts gewusst. In keinem der damaligen vielen Schreiben von KK und AG (ÖD) stand etwas dazu drin, eine Aufforderung vom FA habe ich ebenfalls nicht erhalten (meine Bescheide lasse ich mir zur Sicherheit über ELSTER und per Papierpost übermitteln).


    Nun weiß ich ja, dass Nichtwissen in vielen gesetzlichen Bereichen nicht vor Strafe schützt. Aber hätte ich das allen Ernstes selber wissen müssen, oder hat das FA versäumt, mir die ESt-Pflicht zu bescheiden?

    Noch ist es größtenteils der Fall, daß man von einem mündigen Bürger ausgeht, der sich um seine ureigensten Anliegen kümmert.


    Allerdings entwickelt sich unser Staat immer mehr zum Nannystaat. Sicherlich wird in ein paar Jahren jeder eine Zwangsberatung zur Einkommensteuer bekommen. Es besteht also Hoffnung, das diese Probleme in Zukunft nicht mehr entstehen. ;)

  • Ich war 2019 100 Tage wegen einem Arbeitsunfall krankgeschrieben. Entsprechend bekam ich auch Verletztengeld das dann über die KK ausgezahlt wurde. In meiner Steuererklärung habe ich die Verletztengeldbezüge nicht separat angegeben, da sie schon automatisch erfasst waren. Im Endeffekt hatte es bei mir keine große negative Auswirkungen gehabt.

  • Von der ESt-Pflicht habe ich nichts gewusst. In keinem der damaligen vielen Schreiben von KK und AG (ÖD) stand etwas dazu drin, eine Aufforderung vom FA habe ich ebenfalls nicht erhalten (meine Bescheide lasse ich mir zur Sicherheit über ELSTER und per Papierpost übermitteln).


    Nun weiß ich ja, dass Nichtwissen in vielen gesetzlichen Bereichen nicht vor Strafe schützt. Aber hätte ich das allen Ernstes selber wissen müssen, oder hat das FA versäumt, mir die ESt-Pflicht zu bescheiden?

    Eigentlich ist es ganz einfach:


    (Fast) Immer, wenn man steuerfreie Lohnersatzeistungen vom Staat bezieht (Elterngeld, Krankengeld, Arbeitslosengeld, Insolvenzgeld, etc.) ergibt sich die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung, da diese Zahlungen dem Progressionsvorbehalt unterliegen.


    Wenn man sich informieren kann, wie man an entsprechende Leistungen kommt sprich, welche Rechte man hat, darf man vielleicht auch erwarten, dass der Empfänger sich im Gegenzug um seine, sich aus dem Leistungsempfang ergebenden Pflichten informiert.