Pilotprojet in Hessen - Finanzamt erstellt Steuererklärung

  • Ich denke, dass "einfach" kein Widerspruch zu "gerecht" ist. Das würde beides zusammen gehen, man müsste aber vermutlich vieles aus dem Steuersystem nehmen, was nur reingebracht wurde, um eine Lenkungswirkung zu erzielen. Ein Beispiel ist die Absetzbarkeit von Handwerkerrechnungen. Da ging es um Schwarzarbeit und nicht darum, dass es so toll ist, wenn ich meine Wohnung von einer Reinigungskolonne tipptopp halten lasse.

    Dann ist derjenige, der einen Handwerker über Rechnung bezahlt der "Dumme" und der, der jemanden "schwarz" beauftragt, ist der Übervorteilte. Die Regelung zu Handwerkerkosten gehört auch sicher nicht zu "komplexen Steuerregelungen".

    Ein Laie hat schlicht und ergreifend gar nicht die Vorstellungskraft, wie komplex steuerliche Vorgänge sein können. Dass eine Steuergerechtigkeit vermehrt denjenigen zukommt, die sich fachliche Hilfe leisten können, ist natürlich ein Problem. In den aller meisten "normalen" Fällen liegt eine etwaig geartete Komplexität aber gar nicht vor. Für die breite Masse ist die Vereinfachung der Einreichung durch Hilfsmittel sicher oberstes Ziel. Elster wird aber nie einen "Ratgeber" einführen, der alles abklappert, weil das dann schon steuerliche Beratung wäre.

  • Dann iat derjenige, der einen Handwerker über Rechnung bezahlt der "Dumme" und der, der jemanden "schwarz" beauftragt, ist der Übervorteilte. Die Regelung zu Handwerkerkosten gehört auch sicher nicht zu "komplexen Steuerregelungen".

    Ich vermute, dass du mich missverstanden hast.

    Die Ungerechtigkeit besteht m.E. bei den Handwerkerrechnungen darin, dass derjenige die geltend macht, der im Eigenheim lebt, was eine gewisse Finanzkraft erfordert und dann noch das Geld hat, Handwerker zu beauftragen. Der reduziert damit seine Steuerlast.

    Der Kleinverdiener, der in seiner Mietwohnung nicht mal einen Hausmeister hat, zahlt den Steuersatz gemäß Tabelle und hat wenig Möglichkeiten, den zu reduzieren.

  • Ein Laie hat schlicht und ergreifend gar nicht die Vorstellungskraft, wie komplex steuerliche Vorgänge sein können.

    Ich wette sehr viel darauf, dass selbst die, die diese komplexen Vorgänge durch ihre Zustimmung im Bundestag aktiv geschaffen haben, davon keine Vorstellung haben. Und das ist ein erhebliches Problem im Gesetzgebungsverfahren.

  • Die Ungerechtigkeit besteht m.E. bei den Handwerkerrechnungen darin, dass derjenige die geltend macht, der im Eigenheim lebt, was eine gewisse Finanzkraft erfordert und dann noch das Geld hat, Handwerker zu beauftragen. Der reduziert damit seine Steuerlast.

    Der Kleinverdiener, der in seiner Mietwohnung nicht mal einen Hausmeister hat, zahlt den Steuersatz gemäß Tabelle und hat wenig Möglichkeiten, den zu reduzieren.

    Naja, grundsätzlich kann auch der Mieter die Handwerkerkosten von der Steuer absetzen, sofern welche entstanden sind.

    Und der von dir genannte Eigenheimbesitzer kann ja auch gerne alles selber machen (und damit Geld sparen). Er beschäftigt aber einen Handwerker, wodurch dieser ebenfalls ein Einkommen hat, welches in der Folge auch Steuern für den Staat abwirft. Genau genommen ist es also eine rein betriebswirtschaftliche Entscheidung, die "pro Absetzbarkeit" ausfällt. Der Staat investiert Geld (20% der Lohn-, Maschinen-, Verbrauchsmaterial- und Entsorgungskosten inkl. USt) und erhält dafür 1. die Umsatzsteuer und 2. die Einkommensteuer auf den Gewinn bzw. den Lohn des Handwerkers. Wäre die Leistung schwarz gelaufen, hatte der Staat nicht einen Cent gesehen (oder sogar "Verlust" gemacht, weil die Kosten des Handwerkers für die Schwarzarbeit vermutlich trotzdem zumindest teilweise angesetzt worden wären).


    Und grundsätzlich ist es im Steuersystem immer so, dass man nur Kosten ansetzen kann, die man auch gehabt hat. Sprich man muss Geld ausgeben, um maximal 42% (ggf. plus Soli und noch weitere 3% für den absoluten Maximalsatz) zurück zu bekommen. Sprich über 50% muss man auf jeden Fall selber zahlen. Wo das eine Ungleichbehandlung sein soll, verstehe ich jetzt nicht.

  • Ich vermute, dass du mich missverstanden hast.

    Die Ungerechtigkeit besteht m.E. bei den Handwerkerrechnungen darin, dass derjenige die geltend macht, der im Eigenheim lebt, was eine gewisse Finanzkraft erfordert und dann noch das Geld hat, Handwerker zu beauftragen. Der reduziert damit seine Steuerlast.

    Der Kleinverdiener, der in seiner Mietwohnung nicht mal einen Hausmeister hat, zahlt den Steuersatz gemäß Tabelle und hat wenig Möglichkeiten, den zu reduzieren.

    Naja, der der mehr verdient, gibt logischerweise mehr aus und hat dadurch auch mehr abzusetzen. Um eine Reinigungskraft zu beschäftigen, braucht man auch kein Eigenheim.

    Ich zahle den Maximalbetrag für den Kindergarten und kann alleine dadurch den jährlichen Maximalsatz für Kinderbetreuung absetzen. Glaub mir, ich hätte hier lieber weniger zum Absetzen.

  • Ich zahle den Maximalbetrag für den Kindergarten und kann alleine dadurch den jährlichen Maximalsatz für Kinderbetreuung absetzen. Glaub mir, ich hätte hier lieber weniger zum Absetzen.

    #2


    Und auch das ist am Ende wieder eine Kosten-Nutzen-Rechnung durch den Staat. Durch die steuerliche Absetzbarkeit macht der Staat es Eltern attraktiver, dass beide Elternteile arbeiten gehen können und somit die Steuereinnahmen des Staats steigen.

  • #2


    Und auch das ist am Ende wieder eine Kosten-Nutzen-Rechnung durch den Staat. Durch die steuerliche Absetzbarkeit macht der Staat es Eltern attraktiver, dass beide Elternteile arbeiten gehen können und somit die Steuereinnahmen des Staats steigen.

    Der einfachere Weg wäre es, wenn "der Staat" das Geld direkt den Kommunen gibt und die den Kindergärten. Würde wieder eine halbe Seite im Formularberg der Steuererklärung sparen und es würde einen weiteren Punkt rausnehmen, der nicht automatisiert werden kann, weil der Finanzverwaltung die Infos fehlen.

  • Der einfachere Weg wäre es, wenn "der Staat" das Geld direkt den Kommunen gibt und die den Kindergärten.

    Der Vorschlag ist bürokratisch auch nicht besser. Zumal dann erst recht über Verteilungsschlüssel diskutiert wird und welche Kommune wie viel bekommt. Außerdem werden die Elternbeiträge bestimmt nicht entsprechend angepasst, da auch hier die Berechnung ziemlich kompliziert wird (zumal die Steuerreduzierung nach persönlichem Steuersatz erfolgt). Die hohen Einkommen werden also am Ende stärker belastet und die mittleren Einkommen stärker entlastet. Kann also zusätzlich kontraproduktiv wirken.

    Würde wieder eine halbe Seite im Formularberg der Steuererklärung sparen und es würde einen weiteren Punkt rausnehmen, der nicht automatisiert werden kann, weil der Finanzverwaltung die Infos fehlen.

    Was spricht hier gegen eine vernünftige, automatische Datenübermittlung? Die Beträge werden von den Kommunen eingezogen. Also teilweise die gleichen Stellen, die auch Ersatzleistungen auszahlen und diese Leistungen werden ja auch dem FA übermittelt. Wieso also nicht gleich die erhobenen Kita-Gebühren an das FA übermitteln, damit diese automatisch berücksichtigt werden können?

    Die größte Unbekannte für die Finanzämter und somit das Hauptproblem bei der automatischen Erstellung von Steuerbescheiden für nicht zur Abgabe einer Steuerklärung verpflichteten Steuerzahlern sind und bleiben die Werbungskosten. Diese sind maßgeblich, ob es überhaupt eine Erstattung gibt. Und diese Ausgaben wirst du nie automatisiert an das Finanzamt übermitteln können. Daher wird mit dem Mindestsatz gerechnet, der immer abgezogen werden kann (also der Werbungskostenpauschale). Und da kommt nunmal bei einem Steuerpflichtigen mit Steuerklasse I am Ende in der Regel eine 0 raus, weil alles über den Arbeitgeber glattgezogen wird. Und selbst bei verheirateten mit IV/IV kann am Ende nur der Pauschbetrag berücksichtigt werden, sprich man muss trotzdem noch selber eine Erklärung abgeben.


    Und so kompliziert, wie manche es hier hinstellen, ist auch Elster nicht. Man braucht ja nur die für ihn relevanten Formulare und ein angestellter Arbeitnehmer ohne Kinder ist da wirklich übersichtlich unterwegs (wobei die Kinder es nicht viel komplexer machen). Aber da kommt halt dann gerne die Ausrede "Versteh ich nicht, will ich nicht, kann ich nicht. Soll der Staat halt was vernunftiges und brauchbares machen", anstatt sich einmal damit auseinander zu setzen. Oder man investiert 5 bis 20 Euro (je nach Software) und lässt sich da durchnavigieren.

  • Hersteller von Steuersoftware werben mit dem Spruch:

    "Machen Sie ihre Steuererklärung! Im Durchschnitt gibt es 1150 € zurück!"

    Ich glaube das nicht. Mal angenommen, ein Steuerzahler hat einen Grenzsteuersatz von 33%, dann muß er mehr als 3000 € an "Nicht-Standard-Ausgaben" haben, die er absetzen kann. Das ist eine ganze Menge.

    Ich persönlich habe sehr viel lieber nichts zum Absetzen, weil "Absetzen" längst nicht heißt: Das Finanzamt zahlt alles! sondern in obigem Beispiel Das Finanzamt legt ein Drittel dazu, zwei Drittel zahlst Du immer noch selbst! Und wer zahlt schon gern?

    Da wird beispielsweise das Hohelied der Pendlerpauschale gesungen: Fahren Sie lediglich 25 km zum Arbeitsplatz, schon haben Sie eine Menge abzusetzen! Mal abgesehen von den Kosten, die ich trotz Absetzen zum Großteil selber trage bleibt bei der Pendelei eine Menge Zeit auf der Strecke, die ich lieber für meine eigenen Dinge einsetze, statt sie auf der Straße zu verbraten.

    Du meintest, bei Dir liege so ein Fall vor (und suggeriertest, daß Du 1150 € durch die Steuererklärung zurückbekämest), woraufhin dude Dich fragte:

    Was liegt bei dir denn vor?

    Ehrlich gesagt - keine Ahnung.

    Ich bin Angestellter, habe daneben noch ein paar Kapitalerträge als Einkünfte. Auf der Ausgabenseite stehen v.a. Wege zum Arbeitsplatz (insgesamt sind die Werbungskosten etwa die Pauschale) und ein paar Versicherungen.

    Und Deine Antwort klingt dann nicht überzeugend. 1150 € Rückerstattung sind (wie gesagt) eine ganze Menge. Dafür braucht man als Lediger erhebliche Ausgaben, die man absetzen kann.

    (Als Verheirateter kann man seine Verhältnisse so verkorksen, daß man unter dem Jahr regelmäßig zuviel Steuer abgezogen bekommt, die man dann ein Jahr später erst wiederbekommt. Wenn das der Fall ist, bringt man besser seine Verhältnisse in Ordnung, das bringt mehr als eine Steuererstattung mit der Steuererklärung).

  • Als Verheirateter kann man seine Verhältnisse so verkorksen, daß man unter dem Jahr regelmäßig zuviel Steuer abgezogen bekommt, die man dann ein Jahr später erst wiederbekommt.

    Ich jetzt keine Ahnung was hier mit „verkorkst“ gemeint sein soll. Um „zuviel“ (also zu viel) Lohnsteuer und gegebenenfalls Kirchensteuer abgezogen zu bekommen, braucht es nur ganz normale Lebensverhältnisse.

    Nehmen wir freundlich an, dass Verheiratete die Steuerklasse IV haben.

    Dann führen z.B. Jahresbruttolöhne von 40.000 und 30.000 Euro durch das Ehegattensplitting zu einer deutlichen Steuererstattung.

    Zusammengefasst:

    1.150 € Rückerstattung sind für Ledige eher selten, für Ehepaare dagegen ziemlich normal. Das hat weniger mit verkorksten Verhältnissen zu tun, sondern mehr mit unserem charmant unübersichtlichen Steuerklassensystem.

  • Ich jetzt keine Ahnung was hier mit „verkorkst“ gemeint sein soll. Um „zuviel“ (also zu viel) Lohnsteuer und gegebenenfalls Kirchensteuer abgezogen zu bekommen, braucht es nur ganz normale Lebensverhältnisse.

    Nehmen wir freundlich an, dass Verheiratete die Steuerklasse IV haben.

    Dann führen z.B. Jahresbruttolöhne von 40.000 und 30.000 Euro durch das Ehegattensplitting zu einer deutlichen Steuererstattung.

    Zusammengefasst:

    1.150 € Rückerstattung sind für Ledige eher selten, für Ehepaare dagegen ziemlich normal. Das hat weniger mit verkorksten Verhältnissen zu tun, sondern mehr mit unserem charmant unübersichtlichen Steuerklassensystem.

    Da ist aber IV mit Faktor die Lösung, dann stimmt es unterjährig schon.

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  • Eine punktgenaue Lösung wird man auch mit Faktor nur sehr selten hinbekommen. Gehaltssteigerungen müssen ja nicht synchron erfolgen aber noch mehr dürften variable Gehaltsanteile reinhauen, ganz zu schweigen von Jobwechsel, Krankheit, Arbeitslosigkeit etc. Eine nicht gemachte Steuererklärung ist oft verschenktes Geld.

  • Ich jetzt keine Ahnung was hier mit „verkorkst“ gemeint sein soll. Um „zuviel“ (also zu viel) Lohnsteuer und gegebenenfalls Kirchensteuer abgezogen zu bekommen, braucht es nur ganz normale Lebensverhältnisse.

    Nehmen wir freundlich an, dass Verheiratete die Steuerklasse IV haben.

    Dann führen z.B. Jahresbruttolöhne von 40.000 und 30.000 Euro durch das Ehegattensplitting zu einer deutlichen Steuererstattung.

    Zusammengefasst:

    1.150 € Rückerstattung sind für Ledige eher selten, für Ehepaare dagegen ziemlich normal. Das hat weniger mit verkorksten Verhältnissen zu tun, sondern mehr mit unserem charmant unübersichtlichen Steuerklassensystem.

    Wenn man brav an einer zusätzlichen geförderten Altersvorsorge arbeitet, indem man jährlich die Differenz zwischen dem Höchstbeitrag in der gesetzlichen und der knappschaftlichen Rentenversicherung per Rüruprente bespart, dann dürfte dabei auch eine Erstattung herauskommen. ;)

  • Als Verheirateter kann man seine Verhältnisse so verkorksen, daß man unter dem Jahr regelmäßig zuviel Steuer abgezogen bekommt, die man dann ein Jahr später erst wiederbekommt. Wenn das der Fall ist, bringt man besser seine Verhältnisse in Ordnung, das bringt mehr als eine Steuererstattung mit der Steuererklärung.

    Um „zuviel“ (also zu viel) Lohnsteuer und gegebenenfalls Kirchensteuer abgezogen zu bekommen, braucht es nur ganz normale Lebensverhältnisse.

    Nehmen wir freundlich an, dass Verheiratete die Steuerklasse IV haben.

    Dann führen z.B. Jahresbruttolöhne von 40.000 und 30.000 Euro durch das Ehegattensplitting zu einer deutlichen Steuererstattung.

    Die beiden Eheleute liegen dann (Steuertabelle 2025) gerade mal 59 € daneben. Unbedeutend.

    Lohn- und Einkommensteuerrechner:Eingabeformular 2025 Faktorverfahren

    Auch bei der Kombination III/V liegt man nur 44 € neben dem wahren Wert, allerdings subventioniert dann die Ehefrau mit einer erheblichen Lohnsteuerzahlung die geringe Lohnsteuer ihres Mannes.

    Mit V/III liegt man allerdings 1960 € daneben.

    Das Faktorverfahren verbessert das Ergebnis gegenüber IV/IV ohne Faktor bei Deinen Vorgaben nicht entscheidend.

    Wie gesagt: Es wird behauptet, die Erstattung (Ledige und Ehepaare in einen Topf) betrage durchschnittlich 1150 €. Ich halte das für unplausibel hoch.