160k pro Jahr und trotzdem “arm”

  • Der Wohnraum wird auch deswegen teurer, weil die Leute in immer größeren Wohnungen leben (wollen), Stichwort Wohnfläche pro Kopf.

    Ob sie das nur wollen oder vielleicht sogar müssen, ist hier wohl die Frage. Wir sind aktuell eine alternde Gesellschaft, bei den Boomern sind die Kinder entweder schon ausgezogen oder werden dies in absehbarer Zeit tun. Da ist nun die Immobilie, die vorher vielleicht 30-40 qm pro Kopf zur Verfügung gestellt hat, nun auf einmal das Doppelte!

    Wenn man auf die Idee kommt, die eigene Immobilie als Renditebringer im Alter zu vermieten, um sich vom Ertrag eine altersgerechte Wohnung selbst zu mieten, dann fressen Steuern und Abgaben den Ertrag oft soweit auf, dass es günstiger ist, im viel zu großen Haus weiter zu wohnen....

  • Der Baupreis wird in Euro pro Quadratmeter beziffert. Die Größe der einzelnen Wohnung ist dabei egal. Und in Ballungsgebieten ist den Leuten die Wohnungsgröße zunächst auch mal egal, die wollen einfach nur eine halbwegs passende bezahlbare Wohnung finden.

    Die Größe ist ein wichtiges Kriterium bei der Frage, ob eine Wohnung passend ist oder nicht. Als Familie in 2 Zimmern macht nicht unbedingt Spaß. Und umgekehrt ist man alleine auf 150qm doch etwas verloren.

    Ob sie das nur wollen oder vielleicht sogar müssen, ist hier wohl die Frage. Wir sind aktuell eine alternde Gesellschaft, bei den Boomern sind die Kinder entweder schon ausgezogen oder werden dies in absehbarer Zeit tun. Da ist nun die Immobilie, die vorher vielleicht 30-40 qm pro Kopf zur Verfügung gestellt hat, nun auf einmal das Doppelte!

    Ja, Hauptproblem ist die geringere Haushaltsgröße. Eine 2,5-Zimmer Wohnung ist für einen Single ebenso angemessen, wie für ein kinderloses Paar. Nur hat das eine die doppelte Fläche pro Kopf. Auch für Familien gilt, dass Wohnzimmer, Küche, usw. nicht linear mit der Anzahl Kinder mitwächst. Und so kommt man pro Kopf sehr schnell auf deutlich mehr Fläche, da heute 1 Kind eher der Normalfall ist als 3 Kinder.

    Allerdings muss man auch sagen, dass wir hier ein gewisses Allokationsproblem haben. Bei vielen Älteren steht ein komplettes Geschoss leer. Ein Umzug ist aber finanziell nicht attraktiv, da man als Eigentümer eine Menge Geld durch Kaufnebenkosten vernichtet. Und bei Mietern ist der Altvertrag oft so günstig, wie die Neumiete für eine deutlich geringere Fläche. Wenn es sich finanziell nicht lohnt, bleibt man natürlich lieber in seiner gewohnten Umgebung.

  • Wir sind aktuell eine alternde Gesellschaft, bei den Boomern sind die Kinder entweder schon ausgezogen oder werden dies in absehbarer Zeit tun.

    Der größte Teil der Boomer-Kinder dürfte bereits ausgezogen sein.

    Da ist nun die Immobilie, die vorher vielleicht 30-40 qm pro Kopf zur Verfügung gestellt hat, nun auf einmal das Doppelte!

    Oft mehr.

    Reihenhaus mit 150 m² Wohnfläche, gebaut für ein Elternpaar mit 2 Kindern. Ehe ist geplatzt, Mutter hat mit den Kindern das Haus behalten, die Kinder sind ausgezogen. Nun ist sie 55, hat keinen neuen Partner gefunden und wohnt allein in dem Haus.

    Mit 55 sollte das kein Problem sein. Mit 85 schon eher.

    Wenn man auf die Idee kommt, die eigene Immobilie als Renditebringer im Alter zu vermieten, um sich vom Ertrag eine altersgerechte Wohnung selbst zu mieten, dann fressen Steuern und Abgaben den Ertrag oft soweit auf, dass es günstiger ist, im viel zu großen Haus weiter zu wohnen.

    Man könnte das Haus verkaufen, um das Gold vom Beton zu lösen. Vergleichsweise wenige Leute tun das auch. Der kleinere Teil von diesen wird für den Rest ihres Lebens Mieter, viele kaufen sich eine Eigentumswohnung davon, wodurch oft der Speck auf die Wurst geht: Man hat in diesem Moment das Geld, also akzeptiert man einen relativ hohen Preis für die Eigentumswohnung. Und wieder ist das Gold untrennbar mit dem Beton verbunden, so daß man ggf. im hohen Alter nochmal aus der Wohnung herausmuß, weil man dieses Mal echtes Geld braucht.

  • Der Wohnraum wird auch deswegen teurer, weil die Leute in immer größeren Wohnungen leben (wollen), Stichwort Wohnfläche pro Kopf.

    Die Betonung würde ich hier auf das "auch" legen.

    Das (Anstieg der Wohnfläche pro Kopf über die letzten Jahrzehnte hinweg; ergänzen würde ich neben diesem rein quantitativen Anspruch auch noch die qualitativ gewachsenen Wohnansprüche; Beispiele: Balkon, Terrasse, Aufzug, Barrierefreiheit, Garage, Stellplatz, Fahrradkeller, Ausstattungen wie Parkett etc. pp.) trifft - nicht nur nach meinem Dafürhalten - nämlich nur den (deutlich) kleineren Teil des Problems.

    Der wesentlich bedeutsamere Effekt dürfte darin liegen, daß immer mehr Menschen in prosperierenden Ballungsgebieten und/oder attraktiven (Schwarm)Städten leben wollen. Während es da nämlich einen (immer stärker ausgeprägten) Wohnungsmangel gibt - stehen in vielen Gebieten Deutschlands Wohnungen leer. Auch wenn die durchschnittliche (!) Leerstandsquote etwas abgesunken ist (erinnere mich an eine Zahl von 4,1% noch um 2006 herum auf nunmehr 2,5% in 2022) - stehen überwiegend in strukturschwachen (und auch von der demographischen Entwicklung besonders betroffenen) Gebieten Deutschlands sehr viele Wohnungen leer (nach Angaben des Bundesbauministeriums wohl 1,7 Millionen; andere Quellen sprechen von "nur" 550.000 leerstehenden Wohnungen). Aber da, wo diese Wohnungen leer stehen, scheinen die Menschen (Angebot und Nachfrage) nicht unbedingt leben und wohnen zu wollen ...

    Erste Berichte zu einem Wohnungsmangel konnte man übrigens hier in der Gegend (Ballungsgebiet Rhein-Main) bereits im Jahr 2009 lesen (das ist jetzt 15 Jahre her (!) - und die Situation hat sich seitdem hier jedenfalls eher immer weiter verschärft, denn gebessert).

    Insoweit scheint es mir auch zweifelhaft, ob man diese Entwicklung (Wohnungsmangel in bestimmten Gebieten) nur oder hauptsächlich auf Aspekte wie "Corona" oder den Ukraine-Krieg zurückführen kann - da das Problem Wohnungsmangel schon sehr lange zuvor bestand (siehe oben). Auch wenn natürlich eine Melange aus diversen Aspekten die Problematik sicherlich noch weiter verschärft hat (wie die sog. "Zinswende" der EZB; diese dürfte ebenso dazu beigetragen haben - so wie die sehr lange und ultra-expansive Geldpolitik zuvor auch zum teilweise exorbitanten Anstieg der Immobilienpreise).

    Die Problematik (Wohnungsmangel) ist - jedenfalls hier in der Gegend - jedem auch nur halbwegs am Thema Interessierten seit sehr vielen Jahren bekannt. Ebenso wie das Bündel an Ursachen dahinter. Selbst meine Wenigkeit als diesbezüglicher Laie - und noch viel mehr diverse mir recht gut bekannte Fachleute - haben schon damals im Wahlkampf 2021 über das Kanzler-Versprechen von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr (inzwischen redet die Politik selbst ja von noch deutlich höheren Zahlen - nicht den Neubau sondern den Bedarf betreffend ...) den Kopf geschüttelt bzw. gelacht, da diverse der Ursachen dahinter schon sehr lange bestehen und man diese auch kaum schnell beheben kann (wenn man das denn überhaupt angehen will) wie überbordende Bürokratie, immer höhere Auflagen und Standards, sehr lange Bau-Genehmigungsverfahren, nicht ausreichende Ausweisung von Bauland usw.

    Dazu kommt der immer weitere Anstieg der Bevölkerungszahlen (Beispiel: Frankfurt am Main; Mitte der 80er Jahre m. W. noch um die 590 Tsd. Einwohner - nunmehr über 770 Tsd. Einwohner. Der Anstieg in dieser Zeit um 180 Tsd. Einwohner übersteigt beispielsweise bei weitem die gesamte Einwohnerzahl einer Großstadt wie Offenbach mit ihren 135 Tsd. Einwohnern).


    Nur meine persönliche Meinung basierend (leider) auf langjährigen Erfahrungen.

  • Eine gute Bekannte von uns (74) wohnt allein in einer 4-Zimmer Whg. Sie wohnt dort allerdings bereits lange. Früher mit Mann und Kindern und heute eben allein. Sie hat im letzten Jahr bei Ihrer Wohnungsbaugesellschaft wegen einer 2 Zimmer Wohnung in der gleichen Gegend angefragt.

    Sie würde bei einem Umzug in eine frisch renovierte 2 Zimmer Whg. 80€/Monat sparen. Das steht einfach in keinem Verhältnis zu den anfallenden Kosten für den Umzug.:/

    In den neuen Wohnung müsste sie dann auch eine Küche einbauen lassen. Macht man das mit 74 noch?

    Zumal Sie Sie sich aktuell, so lange es die Gesundheit zulässt, eh 5 Monate im Jahr im Ausland aufhält.

  • Eine gute Bekannte von uns (74) wohnt allein in einer 4-Zimmer Whg. Sie wohnt dort allerdings bereits lange. Früher mit Mann und Kindern und heute eben allein.

    Schätzungsweise 100 m², Wohnzimmer, Schlafzimmer, zwei weitere, vermutlich kleinere Zimmer, Küche, Bad. Das ist für eine Einzelperson ein komfortables Wohnen, aber keine Fläche, in der man ertrinkt. Man kann schließlich ein nicht gebrauchtes Zimmer schlichtweg einfach nicht benutzen oder vielleicht als Gästezimmer nutzen, ein Komfort, den Wohnungsmieter selten haben.

    Sie würde bei einem Umzug in eine frisch renovierte 2-Zimmer-Wohnung 80€/Monat sparen. Das steht einfach in keinem Verhältnis zu den anfallenden Kosten für den Umzug.:/

    Klar.

    Zumal Sie Sie sich aktuell, so lange es die Gesundheit zulässt, eh 5 Monate im Jahr im Ausland aufhält.

    Von Altersarmut kann man in diesem Fall wohl nicht sprechen. Wir sind ein freiheitlicher Staat, in dem jeder mit seinem Geld tun und lassen darf, was er will (solange er nicht kriminell wird). Die aus ihrer Sicht völlig rationale Handlungsweise manifestiert sich in Form eines Wohnungsmangels, denn viele alte Menschen handeln völlig vernünftig genauso.
    Hätten wird eine Wohnungsbewirtschaftung wie nach dem Krieg, hätte man sie schon lang umgezogen.

  • bei Mietern ist der Altvertrag oft so günstig, wie die Neumiete für eine deutlich geringere Fläche.

    Oder sogar günstiger.

    Hier vor Ort gibt es viele Fälle, in denen die Miete eines Altmietvertrages (typischer Fall: Gutmütiger und/oder phlegmatischer und/oder älterer Privatvermieter) deutlich unter der aktuellen Miete einer etwas kleineren Wohnung liegt (wenn der Mieter diese denn überhaupt findet). Der Suchaufwand und die Umzugskosten (ggf. auch weitere Kosten; Stichwort: Einbauküche - um nur ein Beispiel zu nennen) sind dabei noch nicht berücksichtigt.

    Aus rein subjektiver finanzieller Mikrosicht ist es dann oft schlüssig in der (inzwischen) zu großen Wohnung zu bleiben, weil eine kleinere Wohnung teurer käme als die bestehende. Oder zumindest genau so viel Miete kostet (wenn man denn überhaupt eine findet; siehe oben).

    Aus objektiver Makrosicht und auch gesellschaftspolitisch stellt dieser bekannte "Lock-In-Effekt" aber ein nicht ganz unerhebliches Problem dar. Hier vor Ort haben nämlich insbesondere Familien ein Problem bei der Suche nach etwas größere Wohnungen (wie 3, 4 oder 5-ZKB).

    Fraglos eine Folge der sog. Kappungsgrenzen, da eine (sehr lange nie angepasste und damit) sehr günstige Miete eines Altvertrages nicht mehr zeitnah auf Marktniveau angepasst werden kann. Dies ist sicherlich für Bestandmieter ein sehr nette und angenehme Regelung - das gilt für die eine solche größere Wohnung suchende Familie aber eher nicht. Der nötigen Flexibilität und Fluktuation am Wohnungsmarkt ist das prinzipiell abträglich. Auch wenn es nachvollziehbar ist, daß man Bestandsmieter schützen will. Hat sich aber die Bestandmiete weit genug von der aktuellen Miete entfernt, "friert" in solchen Fällen (Altmietverträge) der Wohnungsmarkt nicht selten sozusagen "ein".

    Eine weitere "Nebenwirkung" solcher Regelungen: Institutionelle bzw. professionelle Vermieter haben schon damals (die Kappungsgrenzen in Gebieten mit "angespanntem" Wohnungsmarkt wurden nach meiner Erinnerung in 2013 eingeführt) Programme installiert, um die Bestandsmieten vor diesem Hintergrund möglichst permanent anzupassen. Und/oder haben wegen der Kappungsgrenzen gleich auf Staffelmietverträge oder Indexmieten umgestellt. Ob diese Folgen dann generell für die Mieter besser bzw. besonders positiv ist, wage ich auch zu bezweifeln.

    So manches, was bei dem Thema "gut gemeint" sein mag, entfaltet nicht selten andere und teilweise sogar gegenteilige Wirkungen.


    Nur meine persönliche Meinung basierend auf langjährigen Erfahrungen.

  • Hier vor Ort gibt es viele Fälle, in denen die Miete eines Altmietvertrages (typischer Fall: Gutmütiger und/oder phlegmatischer und/oder älterer Privatvermieter) deutlich unter der aktuellen Miete einer etwas kleineren Wohnung liegt (wenn der Mieter diese denn überhaupt findet). Der Suchaufwand und die Umzugskosten (ggf. auch weitere Kosten; Stichwort: Einbauküche - um nur ein Beispiel zu nennen) sind dabei noch nicht berücksichtigt.

    Ich vermute, daß diese Fälle fast überall die Mehrzahl stellen dürften, also der Regelfall sind.

    Aus rein subjektiver finanzieller Mikrosicht ist es dann oft schlüssig in der (inzwischen) zu großen Wohnung zu bleiben, weil eine kleinere Wohnung teurer käme als die bestehende.

    Natürlich.

    Aus objektiver Makrosicht und auch gesellschaftspolitisch stellt dieser bekannte "Lock-In-Effekt" aber ein nicht ganz unerhebliches Problem dar. Hier vor Ort haben nämlich insbesondere Familien ein Problem bei der Suche nach etwas größere Wohnungen (wie 3, 4 oder 5-ZKB).

    Größere Wohnungen sind selten und offensichtlich weniger nachgefragt. Typischerweise sind 3-Zimmer-Wohnungen pro m² am teuersten zu mieten.

    Was kümmert mich die "Makrosicht"? Mein eigener Geldbeutel liegt mir näher, und ich kann es niemandem verdenken, der das genauso sieht und daher genauso handelt.

    Fraglos eine Folge der sog. Kappungsgrenzen, da eine (sehr lange nie angepasste und damit) sehr günstige Miete eines Altvertrages nicht mehr zeitnah auf Marktniveau angepasst werden kann. Dies ist sicherlich für Bestandmieter ein sehr nette und angenehme Regelung - das gilt für die eine solche größere Wohnung suchende Familie aber eher nicht. Der nötigen Flexibilität und Fluktuation am Wohnungsmarkt ist das prinzipiell abträglich. Auch wenn es nachvollziehbar ist, daß man Bestandsmieter schützen will. Hat sich aber die Bestandmiete weit genug von der aktuellen Miete entfernt, "friert" in solchen Fällen (Altmietverträge) der Wohnungsmarkt nicht selten sozusagen "ein".

    Der Staat kann das in seinem Bereich ja besser machen, wenn er diesbezüglich Verbesserungsbedarf sieht.

    Ich halte Kappungsgrenzen für sozial angemessen, Mietpreisbremsen allerdings nicht.

    Eine weitere Nebenwirkung solcher Regelungen: Institutionelle bzw. professionelle Vermieter haben schon damals (die Kappungsgrenzen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt wurden nach meiner Erinnerung in 2013 eingeführt) Programme installiert, um die Bestandsmieten vor diesem Hintergrund möglichst permanent anzupassen.

    Manche tun das, manche nicht. Der Wohnungsmarkt ist kein monokausales Geschehen.

  • Typischerweise sind 3-Zimmer-Wohnungen pro m² am teuersten zu mieten.

    Das widerspricht (vollumfänglich) meinen allgemeinen Erfahrungen aber auch denen meinen eigenen Bestand betreffend: Hier vor Ort sind Mikroapartments sowie Kleinst- und Kleinwohnungen auf den qm-Preis gesehen mit Abstand die teuersten Wohnungen.

    Was auch eine innere sachliche Logik hat, da auf die gesamte Wohnfläche betrachtet, dann die "Nebengeräusche" (wie Bad, EBK, Balkon, Lift, Tiefgarage usw.) bei kleinen Wohnungen kostenmäßig und auch schon bei der Erstellung (viel) mehr ins Gewicht fallen. Umso mehr natürlich, desto kleiner bis kompakter die Wohnung ist.

    Was kümmert mich die "Makrosicht"? Mein eigener Geldbeutel liegt mir näher, und ich kann es niemandem verdenken, der das genauso sieht und daher genauso handelt.

    Das kann man natürlich und mit guten Gründen als Privatperson (!) so sehen.

    Als um- und weitsichtiger Politiker (!) sollte man aber bei den gesetzlichen Regelungen (Stichwort: Kappungsgrenze - um nur ein Beispiel zu nennen) eventuell nicht nur die subjektive Mikrosicht sondern vor allen Dingen auch die objektive Makrosicht die Wohnraumversorgung und das Funktionieren des Wohnungsmarktes (ordnungspolitische Rahmensetzung) insgesamt betreffend im Auge haben ... =O

    Ich halte Kappungsgrenzen für sozial angemessen,

    Darüber kann man sehr geteilter Meinung sein (siehe schon Nr. 107). Für viele potentielle Neumieter hier (Ballungsgebiet) sind die Folgen nicht ganz selten eher fatal.

    Ganz generell: Ob dieses Prinzip ("one size fits all" sprich "Gießkanne") zudem sozial treffsicher ist, wage ich ebenfalls stark zu bezweifeln. Kenne beispielsweise einige Leute mit solchen Altmietverträgen, die über sehr hohe Einkommen und/oder größere Vermögen verfügen - aber nicht ansatzweise daran denken ihre Wohnung mit lukrativem Altmietvertrag aufzugeben. Ob eine solche Rahmensetzung zielführend sein kann (auch unter sozialen Gesichtspunkten übrigens) scheint mir eher sehr ungewiss.

    Mietpreisbremsen allerdings nicht.

    Mietpreisbremsen stellen (wie alle staatlichen "Preisbremsen") auf jeden Fall einen ganz erheblichen Markteingriff da (für die meisten Vermieter (Bestand) auch noch als nachträglicher Eingriff) und führen denknotwendig zu Verzerrungen des Marktes sowie zu weiteren "Nebenwirkungen" (wie Umgehungen derselben mittels möblierten Wohnungen, Unter- bzw. Weitervermietungen, hohen (unangemessenen) Ablösen usw.). Teilweise werden dann auch Wohnungen eher verkauft als diese noch zu vermieten (Stichwort: Diskussion Mietenstopp/Berlin - um nur ein Beispiel zu nennen) mit der Folge, daß sich das Berliner Mietangebot in dem Kontext deutlich bis drastisch verringerte (um die 40% oder mehr, nach meiner Erinnerung).

    Nur am Rande aber in dem Kontext: Ganz oft in meinem Umfeld gehört und erlebt: "Wenn ich die Wohnung schon (weit) unter Marktpreis vermieten muß, dann aber wenigstens an den besten Mieter mit der besten Bonität". Den meisten Mietsuchenden ist damit nicht geholfen - da gilt wohl eher das Gegenteil.

    Dazu kommt: Ist so etwas wie eine Mietpreisbremse erstmal eingeführt (als nur "temporäres" Instrument) - besteht immer die Gefahr, daß daraus (und aus den Nebenwirkungen) ein Dauerzustand wird. Meine um 2015 herum eingeführt - soll die nun nicht weiter bis 2029 verlängert werden oder wurde schon verlängert ?

    Manche tun das, manche nicht.

    Auch das widerspricht (vollumfänglich) meinen Erfahrungen (siehe schon Nr. 107). Nach meinen Beobachtungen haben dies die meisten bis nahezu alle institutionellen und/oder professionellen (Groß)Vermieter so gehandhabt (angefangen von Versorgungswerken über Versicherungen bis zu den Wohnungsgesellschaften - schon allein deshalb, weil diese ihren Kunden gegenüber (sei es nun Versicherten, Aktionären usw.) - teilweise sogar rechtlich - in einer Verpflichtung stehen.

    Der Wohnungsmarkt ist kein monokausales Geschehen.

    Vielen Dank für diesen Hinweis und die Erläuterung den "Wohnungsmarkt" betreffend. Mir fehlen da eventuell noch ein bißchen die Kenntnisse und die Erfahrungen ...

    Jedenfalls reagieren Menschen (in dem Bereich also Mieter, Vermieter, Eigentümer, Bauherren, Wohnungsgesellschaften, Anleger etc. pp.) auf Eingriffe, Anreize aber auch auf Fehlanreize. Dieser Sachgesetzlichkeit sollte man sich als Politiker zumindest bewußt sein (sonst erreicht man nicht selten das Gegenteil von dem, was beabsichtigt war).

    Ebenso wie der schlichten Tatsache, daß bestimmte Entwicklungen - wie etwa der Trend (seit zwei Jahrzehnten oder mehr) innerhalb Deutschlands in Ballungsgebiete und/oder attraktive Städte zu ziehen sowie einer permanenten Zuwanderung nach Deutschland generell - zu einem Mehrbedarf an Wohnraum führt, weil - in aller Regel - Menschen auch zu wohnen pflegen.


    Nur meine persönliche Meinung basierend auf langjährigen Erfahrungen.

  • Hätten wird eine Wohnungsbewirtschaftung wie nach dem Krieg, hätte man sie schon lang umgezogen.

    Das fände ich jetzt übertrieben. Aber in einem freien Markt sollte eine Anpassung der Mieten auf Neuvertragsniveau, definiert als Mietspiegel + x% (denn der enthält ja die Vergangenheit) sollte ungeachtet der konkreten vorherigen Miete immer möglich sein. Das wäre schon ein großer Schritt hin zu besserer Allokation. Aber natürlich höchst unpopulär in der Gruppe der älteren Mieter, die zufällig auch eine große Wählergruppe stellt.

  • Hätten wird eine Wohnungsbewirtschaftung wie nach dem Krieg, hätte man sie schon lang umgezogen.

    Das fände ich jetzt übertrieben. Aber in einem freien Markt sollte eine Anpassung der Mieten auf Neuvertragsniveau, definiert als Mietspiegel + x% (denn der enthält ja die Vergangenheit) sollte ungeachtet der konkreten vorherigen Miete immer möglich sein. Das wäre schon ein großer Schritt hin zu besserer Allokation. Aber natürlich höchst unpopulär in der Gruppe der älteren Mieter, die zufällig auch eine große Wählergruppe stellt.

    Wir sprechen vom sog. "Lock-In-Effekt", also der Tatsache, daß viele Mieter mit alten Mietverträgen in ihren Wohnungen bleiben, die ihnen durch Verkleinerung der Familie (Ehepartner gestorben, Kinder ausgezogen) zu groß geworden sind. monstermania hat ein schönes Beispiel gebracht: Die Einzelbewohnerin einer 4-Zimmer-Wohnung könnte in eine 2-Zimmer-Wohnung wechseln, das würde ihre Miete um etwa 100 €/m verringern, sie müßte dazu aber umziehen, vielleicht die alte und die neue Wohnung renovieren und eine neue Küchenzeile kaufen. Das summiert sich leicht zu 10.000 €. Dafür kann sie die teure Wohnung 100 Monate lang - also 10 Jahre lang - halten, die letztlich ja auch komfortabler ist.

    (Zahlen absichtlich überschlagen, mir geht es hier um die Richtung und nicht um Cents)

    Deutschland ist ein Mieterland, das läßt sich ohne soziale Verwerfungen auch nicht von jetzt auf gleich ändern. Wie schon geschrieben halte ich die Kappungsgrenze für angemessen. Schon sie sorgt für Ärger. Wenn ein Eigentümerübergang erfolgt, schickt der neue Eigentümer den Mietern erstmal eine Mieterhöhung ins Haus, verständlich aus seiner Sicht, weil der Alteigentümer die Miete lang nicht erhöht hat, die Maßnahme wird von den Mietern aber als Härte empfunden.

    Ich bin mal in eine schöne und ziemlich große Mietwohnung eingezogen. Ich kannte die Vormieterin und wußte, was sie für die Wohnung bezahlt. Ich als Vermieter hätte problemlos z.B. 15% Miete draufgelegt, die ich als Mieter für diese schöne Wohnung auch bezahlt hätte. Aber nein, er hat sie mir zum gleichen Mietzins überlassen. Strategischer Fehler des Vermieters, würde ich mal sagen.

    Pünktlich 12 Monate nach Einzug kam die erste (und letztlich in 10 Jahren einzige) Mieterhöhung. Das war vom Vorgehen her unglücklich. Es hätte das Verhältnis weniger belastet, wenn er gleich beim Einzug die höhere Miete verlangt hätte - und einen höheren Ertrag hätte es ihm auch gebracht.

    Ja, wir haben eine Fehlallokation von Wohnraum in Deutschland. Ich habe keine Idee, wie man das korrigieren könnte. Eine Wohnungsbewirtschaftung ist in einem freiheitlichen Staat kein Thema. Ich habe sie nur als theoretische (und historische) Möglichkeit genannt.

    Typischerweise würde man solche Probleme mit Geld lösen: Eine Firma möchte langjährige Mitarbeiter loswerden, die man nicht oder nur schwer kündigen kann: SAP bietet dafür gerade bis zu 3 Jahresgehältern an, auch in Golfsburg läuft eine Abfindungswelle.

    Ich habe einen Mieter in der Wohnung, den ich gern loswerden möchte: Auch das läßt sich prinzipiell mit Geld lösen. Allerdings müßten das gleich erhebliche Beträge sein, und mit großen Zahlen haben viele Leute ihre Schwierigkeiten. Wenn ich selbst keinen direkten Gewinn davon habe, würde ich aus der komfortablen 4-Zimmer-Wohnung nicht in die 2-Zimmer-Wohnung ziehen. Man müßte mir schon mindestens den Umzug und die neue Küchenzeile zahlen - und ich ziehe aus der unrenovierten Wohnung in eine frisch renovierte ein. Das wäre vielen Leuten zu teuer, das summiert sich auch zu einer Jahresmiete oder mehr, also bliebe ich, wo ich bin.

  • Jain....

    Es gibt auch unsinnige Baustandards. Es gibt da einige Dokus, die beleuchten, wie die Ausschüsse/Gremien für Bau- und Gebäude-standards stark von Firmenlobbyisten besetzt sind, die Standards verabschieden, die genau die eigene Firmen "zufällig" liefern kann.

    Die Baustandards in Deutschland sind enorm komplex.

    +-Doku

    Naja, es ist ja keiner gezwungen Normen und Regelwerke einzuhalten. (Ausser gesetzlich vorgeschriebene) Jeder Bauunternehmer darf gerne so bauen wie er möchte. Er muss halt nur schauen, dass das was er macht auch funktioniert. Es ist aber oft einfacher, sich einfach nach den allgemeinen anerkannten Regeln der Technik zu richten. Man darf den Nutzen für den Bauherren hier nicht unterschätzen. Im Schadensfall geben die a.a.R.d.T auch eine gewisse Rechtssicherheit.

    Ja, nachträgliche Dämmung im Bestand rechnet sich finanziell in der Regel erstmal nicht. Deswegen musste man es ja auch in eine Verordnung gießen, damit nach und nach der Gebäudebestand gedämmt wird.

    Und das Brandrisiko durch Styropor Dämmung ist tatsächlich überschaubar.

  • Und umgekehrt ist man alleine auf 150qm doch etwas verloren.

    Hmm finde ich jetzt nicht.

    Ich bewohne hier 120m2 alleine…


    Der nötigen Flexibilität und Fluktuation am Wohnungsmarkt ist das prinzipiell abträglich. Auch wenn es nachvollziehbar ist, daß man Bestandsmieter schützen will.

    Das Hauptproblem ist die nicht existent genügend freien Wohnraums.

    Der mietmarkt funktioniert erst dann wieder wenn in den Regionen ein leerstand von Wohnungen zwiwchen 3 und 5% herrscht.

    In Berlin waren es 2022 lächerliche 0,3% und 0,1% in München, das kann so nicht funktionieren.

    In welche nicht existierenden Wohnungen soll denn überhaupt umgezogen werden?

  • In Berlin waren es 2022 lächerliche 0,3% und 0,1% in München, das kann so nicht funktionieren.

    In welche nicht existierenden Wohnungen soll denn überhaupt umgezogen werden?

    Sicherlich würden Wohnungen im nahen Umfeld, verkehrsgünstig gelegen, die Lage entspannen. Problem in den angesagten Städten ist wohl das knappe Bauland und dementsprechend hohe Preise.

  • Sicherlich würden Wohnungen im nahen Umfeld, verkehrsgünstig gelegen, die Lage entspannen. Problem in den angesagten Städten ist wohl das knappe Bauland und dementsprechend hohe Preise.

    Stichworte Tempelhofer Feld, Englischer Garten...

    Taxation is not charity. It is not voluntary. As we shrink the state and make government smaller, we will find that more and more people are able to take care of themselves.

    Grover Norquist

  • Ich bewohne hier 120m2 alleine…

    Ist schon viel. Und der Unterschied zwischen 120qm und 150qm sind nochmal 2 Räume


    In welche nicht existierenden Wohnungen soll denn überhaupt umgezogen werden?

    Selbst bei Vollbelegung lässt sich einiges durch effizientere Verteilung optimieren. Es ist halt ein Problem, wenn die junge Familie in 2 Zimmern festsitzt und nichts findet, während andere alleine 120qm bewohnen.

    Mehr Wohnraum würde natürlich helfen. Neben dem Luxus von unbebauten Flächen wie dem Tempelhofer Feld spielt aber auch eine Rolle, dass es praktisch nicht möglich ist, Gebäude abzureißen und durch höhere zu ersetzen. Selbst eine bloße Aufstockung scheitert häufig an Mileuschutz u.ä.

  • Es ist halt ein Problem, wenn die junge Familie in 2 Zimmern festsitzt und nichts findet, während andere alleine 120qm bewohnen.

    Es gibt mittlerweile Wohnungstauschbörsen, einfach mal googlen. Aber da muss schon viel zusammenpassen, damit das klappt.

    Als Vermieter hätte ich da keinen Bock drauf. Ich hoffe zum Beispiel immer, dass der Mieter nach 5 Jahren auszieht, damit ich die Miete wieder auf Ortsniveau bringen kann. Mieterhöhungen ohne Mietspiegel mit drei Vergleichwohnungen tue ich mir nicht an. Das hätte vor Gericht nie Bestand in Punkto Vergleichbarkeit.

  • Warum nicht einfach jährlich die Miete erhöhen im Bestand? Wird da ein Riegel vorgeschoben?

    In meinem Umfeld höre ich von denen, die mieten, immer häufiger, dass neue Mietverträge als Indexmietverträge abgeschlossen werden, da ist die jährliche Mieterhöhung quasi eingebaut. Keine Ahnung ob es Fälle gibt, wo das nicht zulässig ist.