Es ist sehr bedauerlich, dass solche Studien, wie die des DIW, nicht nur selbst hinterfragt werden im öffentlichen Austausch, sondern diese stets nur ein begrenzten Blickwinkel einnehmen und über Umverteilung, höhere Beiträge, höhere Bemessungsgrenzen (zb GKV), niedrigere Leistungen oder, wie hier, einen „Soli“, nicht hinausblicken. Und dadurch nur Flickschusterei in der Sozialversicherung betrieben wird und partout keine langfristige Lösung in Sicht kommt.
Wenn wir ein guter und gerechter Sozialstaat sein wollen, braucht es umfassende Perspektiven und Blicke in alle Lebensbereiche.
Demographie und wenige Geburten und steigende Lebenserwartungen? Ist nicht nur ein Boomerproblem, sondern setzt sich laufend fort, trotz der inzwischen besseren Familienpolitik und etwas besseren Vereinbarkeit von Beruf/Familie.
Weniger Geburten sind auch nicht der Pille selbst zuzuschreiben, sondern dem gerechten Bedürfnis der Frauen nach finanzieller Unabhängigkeit bis ins hohe Alter und Verwirklichung abseits des Haushaltes. Steigende Zahlen dort, seit seit Mitte der 70iger Jahre die Zustimmung der Ehemänner zu Arbeitsverträgen der Ehefrauen nicht mehr erforderlich waren und auch die Akzeptanz bei Arbeitgebern zur Einstellung von Müttern stieg.
Und inzwischen sollen am liebsten auch Mütter Vollzeit arbeiten, ein großer Verfechter dafür ist ebenfalls Herr Fratzcher vom DIW. Ob es dann mehr Geburten gäbe?
Und davon ab: den massivesten Geburtenrückgang kennt dieses Land in der jüngeren Geschichte nicht seit dem Pillenknick, sondern seit zwei fürchterlichen Weltkriegen (4,x Geburten zu 1,X Geburten).
Selbst Schweden, führend in der Familienförderung, z.B. auch mit hohem Elterngeld für Großeltern oder vielen Kinder-Krank-Tagen, schafft es nicht, die Geburtenrate nachhaltig zu steigern, trotzdem weniger Geburten.
Weniger Geburten wird man langfristig nicht lösen, denn nicht nur viel mehr nötige Familienfreundlichkeit- und Zeit versus dem Hunger nach Wirtschaftswachstum fließt darein, sondern auch Einkommenshöhen (je höher das Einkommen desto weniger Kinder), Krisen, Rezessionen, zunehmende Unfruchtbarkeit (insbesondere in Industrienationen) uvm. lt. Studien.
Und um den Irrsinn zu toppen sollen 20 % der Summe, die man den Rentnern per Soli abknapsen möchte, in eine neue Bundesbehörde fließen. Weniger Bürokratie und Verschlankung des öffentlichen Dienstes?
Wieviele Mitarbeiter plus Raumbedarf und technische Infrastruktur bräuchte man da (für die Berechnung von Millionen Einkünften)?
Und alles wird wieder aufgelöst, wenn der Soli abgeschafft wird? Nochmal haufenweise Befristungsverträge, wie leider zu oft im öD, zumal solche Verträge sich ebenfalls als nicht sehr geburtenfreundlich gezeigt haben?
Mit dieser Flickschusterei wird die demographische Realität nicht angenommen, zumal es der Studie einzig und allein um die Milderung von Altersarmut geht (ein Soli, weil wir zu viele Menschen mit niedriger Rente haben?
Und wo bleibt der Betriebs-Soli für zu niedrige Gehälter und Beiträge, insbesondere in der Vergangenheit?).
Für solche Unterstützungen haben wir das SGB XII und das WohngeldG.
Welche Gruppen sollen vlt noch gegeneinander ausgespielt werden, um soziale Ausgaben einzuschränken?
Und eine umlagenfinanzierte Rente in der GKV ist seit jeher in der Kritik, aber leider konnte sich eine wenigstens teilweise Kapitaldeckung mit renditeorientierter Anlage seit Jahrzehnten weder in der Bevölkerung noch in der Politik durchsetzen, guten Beispielen weltweit oder den steigend privaten positiven Erfahrungen mit z.B. Aktienfonds zum Trotz.
Warten bis zum Sankt-Nimmerleinstag bis Einsicht erfolgt? Nein.
Um die „demographischen Lasten“, wie das DIW es ausdrückt, anzugehen braucht es andere, weitreichendere Lösungen.
Es wäre z.B. mal toll zu hören, dass statt solch einer bürokratischen und teuren „Soli-Verwaltungs-Behörde“ andere Institutionen eingerichtet werden, die Bedürfnisse abdecken, kostendeckend sind und darüberhinaus Gewinne in die Sozialversicherung fließen lassen.
Beispiel Energie: Bevölkerung und Betriebe haben dauerhaft einen enormen Energiehunger und D will bis 2045 klimaneutral sein. Mit vielen Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien sollen turbomässig erneuerbare Energien ausgebaut werden. Das überlässt man fast ausschließlich Privaten (die sich später meist dumm und dusselig damit verdienen, zum Teil natürlich auch für Ihre Investionen und Finanzrisiken berechtigt).
Und der Bund z.B. sitzt mit seiner GmbH auf einem riesigen, teuren und unterhaltungsaufwändigem Autobahnnetz, zumeist ohnehin seitlich elektrifiziert, statt diese Flächen z.B. für hochgelegene PV-Anlagen (plus vertikale Windturbinen) selbst zu nutzen, mit den weiteren Vorteilen wie weniger Sanierungsbedarf und geringeren Winterdienst und top Voraussetzungen für E-Highways.
Die drei Projekte „E-Highways“ in D wurden jetzt beendet und sollen ausgewertet werden. Statt diesem Rückbau besser Ausbau.
Statt private Flächen neben Autobahn und Schiene oberflächlich in Massen zu „versiegeln“, könnten die öffentlichen Flächen (überschussorientiert) mehrfach selbst genutzt werden. Hier gab es bereits z.B. ein Projekt in der Schweiz.
Statt Sondervermögen „Soli“ ein Sondervermögen für den staatlichen Ausbau von Energieträgern und Umspannwerke.
Wasserstoff?
Es gibt reichlich Bedarf an Energie, und weitere Bedürfnisse in der Daseinsvorsorge, aber der Staat hält sich leider aus rentablen Produkten heraus, überlässt die Gewinne (und Gewinnverteilung) anderen und beschränkt sich stets auf kritikbehaftete und konfliktanfällige Steuern, Beiträge und kostendeckende Gebühren, um z.B. die hohen sozialen Kosten und Bedürfnisse zu decken.
Will heißen: für langfristig nachhaltige Lösungen muss man jetzt Unlösbares akzeptieren und über den Tellerrand der sozialen Versicherungen und Leistungen und deren Beteiligte hinaus schauen.
Die Demographie kann ohnehin langfristig nicht gelöst werden. Auch für mehr qualifizierte Zuwanderung gibt es zu wenig und sehr aufwändige Umsetzungen für alle Beteiligten, und Fachkräfte fehlen dann in den Heimatländern.
Die Menschen reagieren sowieso auf ihre Weise und selbstbedacht, wenn es nicht anders geht, so sehr Wirtschaft und so manche Ökonomen anderes rufen und propagieren (auch auf ihre Weise und selbst bedacht):
sie gehen frühestmöglich in den Ruhestand, wenn die Power ausgegangen ist, ihr Arbeitsplatz und sein Zeitaufwand zu belastend, oder nicht einträglich ist,
und sie gehen weniger arbeiten, wenn sie realistisch Betreuungs- und Unterstützungszeit für Nachwuchs und immer mehr ältere Angehörige brauchen,
und sie bekommen keine Kinder, wenn es real für sie nicht umsetzbar ist.
Ich denke, es ist unerlässlich zur Daseinsversorgung der Gesellschaft, hier Altersvorsorge, über den Tellerrand der Sozialversicherung und deren Beteiligte hinauszuschauen und neue Lösungen, wie zb o.g. als eine Inspiration und Beispiel (für weitere Ideen) in Betracht zu ziehen (Beispiel Norwegen), da die genannten Problemfaktoren aktuell unlösbar sind, nur weiter generationenverschoben werden und zu ungerecht empfundenen Verteilungen mit unvermeidlichen Vermeidungsstrategien in der Konsequenz führen.
Es ist und bleibt nunmal eine gesellschaftliche Gemeinschaftsaufgabe.