von Hendrik Buhrs
Rund 132 Milliarden Euro: Diese gewaltige Summe steckt
derzeit in offenen Immobilienfonds für Privatanlegende – aber auch ein paar
wichtige Risiken. Hast Du solche Fonds im Depot? Oder gibt es einen
Immofonds-Fan in Deinem Umfeld? Dann überleg, ob ein Verkauf sinnvoll wäre oder
leite diesen Newsletter weiter. Denn der Verkauf kann aus unterschiedlichen
Gründen sinnvoll sein. Du solltest aber einige Besonderheiten beachten.
1. Hohe Kosten bei mäßiger Rendite
Einmal haben solche Immobilienfonds vergleichsweise hohe
Verwaltungsgebühren bei mäßiger Rendite. Oft landen schon beim Kauf direkt 5%
der Anlagesumme beim Fondsanbieter und fehlen bei Deiner Rendite.
Auch die jährlichen Kosten sind hoch und können 2% oder mehr betragen. Zum Vergleich: Die von Finanztip empfohlenen ETFs, also Fonds, die einem Aktien- oder Geldmarkt-Index folgen, haben Jahresgebühren zwischen 0,1 und 0,6%.
Und: Die Wertsteigerung der Immofonds pendelte im abgelaufenen Jahrzehnt nach Abzug der Kosten nur zwischen 2,2 und 3,2% p. a. Gleichzeitig könntest Du mit Tagesgeld oder Festgeld aktuell rund 4% Jahresrendite herausholen, mehr als das Analysehaus Scope für das Jahr 2023 bei Immobilienfonds erwartet (2 bis 2,5%).
2. Zinsen rauf, Häuserwerte runter?
Zwei weitere Risiken sind seit der Pandemie dazugekommen. Einmal hat die Zinswende das Bauen extrem verteuert, weil die nötigen Kredite innerhalb weniger Monate viermal so teuer geworden sind. Deshalb werden weniger Gewerbeimmobilien gebaut. Und es werden kaum noch bestehende Immobilien verkauft. Wenn die Zinsen zur Finanzierung hoch sind, dann sind Käuferinnen und Käufer weniger bereit, auch noch hohe Preise für die Immobilien zu bezahlen.
Das ist ein Problem. Denn wenn kaum Immobilien verkauft werden, ist es schwer zu sagen, wie viel die Immobilien, die schon in den Immofonds stecken, tatsächlich wert sind.
3. Büros und Läden sind weniger gefragt
Der vielleicht entscheidende Punkt ist aber die
Bewertung der Gebäude selbst – und damit die Höhe des Rücknahmepreises, den Dir
Fondsgesellschaften wie z. B. Deka, Union Investment und andere zahlen. Um
diesen zu bestimmen, greifen die Gesellschaften auf regelmäßig erstellte
Gutachten zurück.
Zumindest die Investoren an der Börse scheinen den Zahlen in diesen offiziellen Gutachten aber kein Vertrauen zu schenken. Büro- und Ladenflächen sind deutlich weniger gefragt als noch vor Jahren. Eine Finanztip-Stichprobe ergab: Der Börsenpreis mehrerer großer Immobilienfonds liegt 10% unter dem Rücknahmepreis der Fondsgesellschaften.
4. Verwirrende Verkaufsregeln
Warum das eine Rolle spielt? Das liegt an Deinen zwei
Verkaufsoptionen: Entweder verkaufst Du Deine Anteile an der Börse. Das ist
simpler, Du bekommst aber wahrscheinlich weniger als den offiziellen Fondswert.
Oder Du gibst sie an die Fondsgesellschaft zurück. Das ist aber nicht so simpel
wie der Verkauf an der Börse.
2013 wurden Halteregeln eingeführt, damit Immofonds
nicht von Verkaufswilligen überrannt werden. Dann könnten die Fonds Probleme
bekommen, das nötige Geld aus den Häusern herauszuschlagen, was in der Finanz-
und Immobilienkrise ab 2008 der Fall war.
5. Zwei Fristen
Deshalb gibt es zwei Fristen, wenn Du Deinen Fonds an
die Fondsgesellschaft zurückgeben willst: eine Haltefrist von zwei Jahren und
eine Kündigungsfrist von einem Jahr.
Wenn Du schon vor der Gesetzesänderung am 21. Juli 2013
einen Immofonds besessen hast, hast Du einen Freibetrag und darfst pro Halbjahr
30.000€ Fondswert ohne Frist an die Fondsgesellschaft zurückgeben. Dieser Fall
ist praktisch für Dich, weil Du den höheren offiziellen Rücknahmepreis nutzen
kannst und den Preis, den Du bekommst, einigermaßen gut kennst.
Wenn Du Deine Fondsanteile aber später gekauft hast,
musst Du die Fristen abwarten und kennst den Rücknahmepreis nicht. Der steht
erst ein Jahr nach der Verkaufsentscheidung fest.
Fazit
Du merkst: Immobilienfonds sind keine besonders einfache Materie. Auch die Aufsichtsbehörde Bafin hat diese Woche die Risiken (Wertschwankungen und eventueller Kapitalverlust) betont. In unserem Ratgeber erklären wir Deine Optionen detailliert. Die solltest Du aus unserer Sicht prüfen. Vor allem, wenn Du in absehbarer Zeit sowieso an Dein Geld möchtest.
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