von Jonas
Fehling und Hendrik
Buhrs
Mit Deinem Aktien-ETF willst Du
vielleicht mal Deinen Ruhestand finanzieren. Oder die Auszahlphase steht sogar
schon an? Dann solltest Du einen großen Fehler kennen und vermeiden: Dein Geld
zur Rente von einem thesaurierenden (wiederanlegenden)
ETF in einen ausschüttenden umschichten. Das kann Dich viele Tausend Euro
kosten.
Woher kommt diese Idee überhaupt?
Oft steckt dahinter der Gedanke, im Ruhestand neben der
gesetzlichen Rente von den Ausschüttungen
des ETFs zu leben. Und dafür braucht man eben einen Ausschütter. Und das
funktioniert prinzipiell auch: Du verkaufst Deinen bisherigen thesaurierenden
ETF-Bestand und steckst ihn dann in einen ausschüttenden.
Es geht aber auch anders und vor allem viel cleverer:
Denn natürlich – ETF-Profis können den Satz überspringen – brauchst Du keinen
Ausschütter, um bequem an Dein Geld zu kommen. Du kannst auch einfach regelmäßig
einzelne Anteile aus Deinem Thesaurierer verkaufen und Dir das Umschichten
sparen.
Warum ist Umschichten ein Fehler?
Sparen solltest Du es Dir aber vor allem, um – genau –
zu sparen! Denn überleg mal, was dieses Umschichten bedeutet: Du verkaufst
erstmal Deinen kompletten Thesaurierer – und musst den Erlös auf einen Schlag
versteuern. Und zwar mit 18,4625%, wenn wir die Teilfreistellung (30% Deiner
ETF-Gewinne bleiben von den 26,375% Abgeltungssteuer
inkl. Soli verschont) schon berücksichtigen.
Diese abgezogene Steuer fehlt dann beim Reinvestieren in
den Ausschütter, sodass zwei Dinge passieren: Ausschüttungen bekommst Du nur
noch auf den Betrag, der übrigbleibt. Und viel schlimmer: Das abgezogene
Steuergeld kann sich nicht mehr weitervermehren. Denn auch im Ruhestand bleibt
ein Großteil Deines Geldes ja erstmal weiter investiert. Für einen fetten Batzen
davon würdest Du also den Zinseszinseffekt
verschenken – was auf lange Sicht Einiges ausmachen kann.
Beispiel:
Du hast über 40 Jahre einen Sparplan mit 200€ im Monat
durchgehalten. Außerdem rechnen wir mit einer vorsichtigen Rendite von 6% p. a.
Dann steht am Ende ein Depotwert von rund 383.500€. 96.000€ davon hast Du
eingezahlt, der Rest sind Gewinne.
Jetzt machst Du den Fehler und verkaufst alles, weil Du
in einen Ausschütter umschichten willst. Das kostet Dich sofort ca. 53.000€
Steuern. Übrig bleiben dann ca. 330.500€, die Du in den Ausschütter investierst.
Gehen wir von einer Ausschüttungsrendite von 2% p. a. aus, würdest Du im ersten
Jahr ca. 6.600€ an Ausschüttungen bekommen – die Du aber auch versteuern musst:
Dir bleiben ca. 5.400€.
Wenn Du stattdessen beim Thesaurierer geblieben wärst?
Und Dir durch Verkäufe netto genauso viel Geld auszahlen willst? Dann müsstest
Du Anteile im Wert von ca. 6.600€ verkaufen – wenn Deine Bank für Dich ganz
regulär die ältesten Anteile zuerst verkauft (“First
in, first out”). Es sind also nicht dieselben 6.600€ wie oben beim
Ausschütter, es ist nur zufällig dieselbe gerundete Zahl.
Gerechnet haben wir mit Orderkosten von 10€ pro
Monatsauszahlung bzw. Order. Verkaufst Du nur einmal im Jahr oder bist bei einem
günstigen Neobroker, können diese Kosten viel geringer ausfallen. Insgesamt
zahlst Du an Steuern und Verkaufskosten also ca. 1.200€. Das ist nahezu
identisch wie beim Ausschütter.
53.000€, die weiter für Dich arbeiten
Den entscheidenden Unterschied bringt erst der
Steuerstundungseffekt: Denn anders als beim Umschichten in den Ausschütter hast
Du beim Thesaurierer keine 53.000€ Steuern auf einen Schlag gezahlt. Du
versteuerst erst nach und nach beim Verkaufen. So können sich die 53.000€ weiter
vermehren: Gehen wir wieder von unseren 6% Rendite p. a. aus, bringt das im
ersten Jahr knapp 3.200€ bzw. 2.600€ nach Steuern. Das ist rund das Doppelte
Deiner Steuern + Verkaufskosten im ersten Jahr. In anderen Worten: Die
Steuerstundung hat Deine gesamten Kosten locker bezahlt.
Das gilt auch für andere Sparraten und Laufzeiten, die
wir mal durchgerechnet haben. Hier ein paar Beispiele:
Der Effekt fällt in absoluten Zahlen umso größer aus, je mehr Geld in Deinem Depot steckt. Mit einer Sparrate von 400€ ist Deine Rendite durch die Steuerstundung im ersten Jahr schon fast 3.000€ größer als Deine Steuern + Verkaufskosten.
Wichtig: All das beruht auf der Annahme, dass die aktuellen Steuergesetze weiter gelten. Die Vorabpauschale und Deine 1.000€ Sparerfreibetrag pro Jahr (den könntest Du sowieso sowohl für Ausschüttungen als auch Verkäufe nutzen) haben wir in unserem Vergleich außen vorgelassen, um es einfach zu halten.
Hol noch mehr raus: Mit der Finanztip 3x10-Strategie
Noch nicht berücksichtigt haben wir die Finanztip 3×10-Strategie, die wir Dir 2023 vorgestellt haben. Daran hast Du beim Stichwort Steuerstundung gerade vielleicht schon gedacht. Dabei geht’s darum, wie Du’s schaffst, beim ETF-Verkauf einen Großteil der Steuer erst möglichst spät zu bezahlen und so insgesamt mehr Geld rauszuholen – in unserem Rechenbeispiel von damals stolze 28.000€. Damit kannst Du den Effekt aus unserem Beispiel oben noch verstärken.
Du erinnerst Dich nicht oder hast das verpasst? Dann lies gerne alles dazu in unserem Ratgeber zum ETF-Verkauf nach.
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