Zugewinnausgleich berechnen Scheidung: Das kostet Dich der Zugewinnausgleich

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So gehst Du vor
Nicht bei jeder Ehekrise geht es um Geld. Aber spätestens bei der Scheidung spielen die Finanzen eine große Rolle. Denn jeder muss überlegen, wie er finanziell auch ohne den anderen klarkommt. Das fällt leichter, wenn das in der Ehe erwirtschaftete und angesparte Vermögen gerecht aufgeteilt wird. Doch was passiert, wenn das ganze Geld zum Beispiel in ein Haus geflossen ist? Wir erklären Dir, wie der Zugewinnausgleich bei einer Scheidung funktioniert und wie Du ihn berechnen kannst.
Zugewinnausgleich bedeutet den finanziellen Schlussstrich unter eine Ehe. Das Vermögen der Eheleute wird bei einer Scheidung abgerechnet und aufgeteilt. Denn beide Eheleute sollen je zur Hälfte an dem Vermögenszuwachs des anderen teilhaben.
Zum Vermögen zählen Guthaben auf Festgeld- und Tagesgeldkonten, Grundstücke und Immobilien, Wertpapiere, Versicherungen und andere Dinge.
Voraussetzung für einen Ausgleich des Zugewinns ist, dass Ihr als Ehepaar in einer Zugewinngemeinschaft gelebt habt. Das geschieht automatisch durch die Heirat, falls Ihr nicht durch einen Ehevertrag etwas anderes vereinbart habt (§ 1363 Abs. 1 BGB).
Um einen Zugewinnausgleich berechnen zu können, müsst Ihr am Ende Eurer Ehe einen Kassensturz machen.
Da Ihr in der Zugewinngemeinschaft jeder Euer eigenes Vermögen erwirtschaftet habt, müsst Ihr für jeden von Euch den Vermögenszuwachs berechnen. Dabei ist der Zugewinn der Unterschied zwischen dem Anfangsvermögen bei der Heirat und dem Endvermögen bei Beendigung der Ehe. Je größer Dein Anfangsvermögen ist und je kleiner Dein Endvermögen, desto geringer ist Dein eigener Zugewinn.
Ihr vergleicht den Zugewinn von Euch beiden. Dann zieht Ihr den geringeren Zugewinn des einen vom größeren des anderen ab. Bei demjenigen, der mehr erwirtschaftet hat, bleibt ein Überschuss. Die Hälfte davon muss er als Zugewinnausgleich an den anderen zahlen.
Zur Veranschaulichung ein Beispiel: Arndt hat bei der Heirat 10.000 Euro auf seinem Konto. Am Ende der Ehe verfügt er über 25.000 Euro. Betty hatte zu Beginn der Ehe 5.000 Euro gespart. Bei der Scheidung hat sie ein Guthaben von 6.000 Euro auf ihrem Konto. Wie sieht der Zugewinnausgleich aus?
Der Zugewinn von Arndt beträgt 15.000 Euro. Der Zugewinn von Betty beläuft sich auf 1.000 Euro. Das Paar hat 14.000 Euro Überschuss an Zugewinn während der Ehe erwirtschaftet. Betty kann von Arndt die Hälfte davon verlangen, also 7.000 Euro Zugewinnausgleich.
Wichtig: Es ist nicht von Bedeutung, wer während der Ehe was gezahlt hat, auch wenn Paare oft darüber streiten. Ebenso uninteressant ist, wer mehr von Euch verdient hat als der andere.
Stichtag für die Vermögensaufstellung ist nicht die Scheidung, sondern der Tag, an dem der Scheidungsantrag dem anderen übermittelt wurde (§ 1384 BGB). Vermögen, das später ausgegeben wird oder hinzukommt, ist für den Ausgleichsanspruch nicht mehr von Bedeutung. Bei Ehen, die bereits vor dem 1. September 2009 rechtskräftig geschieden wurden, gilt als Stichtag die Beendigung der Ehe (BGH, 16.07.2014, Az. XII ZR 108/12). Das ist sehr viel später. Beendigt ist die Ehe erst mit dem endgültigen Scheidungsurteil.
Für die Berechnung des Ausgleichs kannst Du von Deinem Partner Auskunft über sein Vermögen verlangen. Denn Du brauchst eine Übersicht über sein Anfangsvermögen und sein Vermögen bei der Trennung (§ 1379 Abs. 2 BGB). Umgekehrt funktioniert es genauso. Auch Du musst dem anderen mitteilen, wie Dein Kontostand ist und was zu Deinem Vermögen zählt.
Was aber, wenn Dein Noch-Ehepartner bereits vor der Trennung sein Vermögen verschenkt hat? Besteht der Verdacht, dass einer bereits vor der Trennung Vermögen verschwinden ließ, so muss er auch darüber Auskunft geben (BGH, 15.08.2012, Az. XII ZR 80/11).
Hast Du einen solchen Verdacht, musst Du dem Gericht konkrete Tatsachen aufschreiben, die die Schenkungen belegen.
Anders als beim Versorgungsausgleich passiert nichts, solange keiner von Euch einen Antrag auf Zugewinnausgleich beim Familiengericht stellt.
Unser Tipp: Ihr solltet versuchen, den Zugewinnausgleich einvernehmlich zu regeln. Denn das spart Scheidungskosten. Hast Du Bedenken, dass Du bei einer Einigung finanziell den Kürzeren ziehst, solltest Du Dich anwaltlich beraten lassen.
Wenn Du einen Ausgleich willst, musst Du eine konkrete Geldsumme nennen. Du kannst von dem anderen nicht verlangen, dass er Dir einen bestimmten Gegenstand überträgt. Hast Du während der Ehe weniger angespart als Dein Partner, kannst Du nicht verlangen, dass er Dir einen Teil des Aktienpakets oder die Hälfte des Hauses überlässt. Aber Ihr könntet einen solchen Ausgleich vereinbaren.
Alle Vermögenswerte, die Dir bei der Heirat gehörten, sind Dein Anfangsvermögen. Die musst Du nachweisen können. Wichtig sind deshalb Aufzeichnungen aus der Zeit der Heirat: Kontoauszüge, Depotauszüge sowie bei Immobilien ein Auszug aus dem Grundbuch. Nicht immer fällt es leicht, das Anfangsvermögen klar zu ermitteln. Auf folgende Besonderheiten musst Du achten:
Keine Notizen und Unterlagen: Wenn Du nicht mehr nachweisen kannst, welches Vermögen bei Eheschließung vorhanden war, wird Dein Anfangsvermögen mit 0 Euro angesetzt (§ 1377 Abs. 3 BGB). Vor der Heirat solltest Du deshalb ganz genau aufschreiben, welches Vermögen vorhanden ist.
Schulden bei der Heirat: Hatte ein Ehegatte bei Eheschließung nur Schulden oder waren seine Schulden höher als sein Vermögen, so werden diese berücksichtigt. Dann wird ein sogenanntes negatives Anfangsvermögen angesetzt (§ 1374 Abs. 3 BGB).
Erbschaften und Schenkungen: Erbschaften und Schenkungen sollen beim Zugewinnausgleich außen vor bleiben. Deshalb werden sie zum Anfangsvermögen hinzugerechnet, auch wenn Du erst während der Ehe geerbt hast oder beschenkt wurdest (§ 1374 Abs. 2 BGB). Dadurch soll erreicht werden, dass sich der Zugewinnausgleich wirklich nur auf das gemeinsam erwirtschaftete Vermögen beschränkt.
Beispiel: Carolin besitzt zum Zeitpunkt der Heirat 30.000 Euro. Während der Ehe stirbt ihre Mutter, sie erbt von ihr 150.000 Euro. Diese 150.000 Euro werden dem Anfangsvermögen von Carolin hinzugerechnet, es beläuft sich dementsprechend auf 180.000 Euro.
Zugewinnausgleich beim geerbten Haus: Steigt der Wert einer ererbten oder geschenkten Immobilie, dann wird der Wertzuwachs während der Ehe beim Zugewinnausgleich berücksichtigt. Das kann erheblich sein, da die Preise für Immobilien in den letzten Jahren vor allem in den Ballungszentren erheblich gestiegen sind. Nähere Informationen zur Erbschaft beim Zugewinn findest Du weiter unten.
Zum Endvermögen gehört all das, was zum Ende der Ehe vorhanden ist. Schulden kannst Du abziehen. Woher das Vermögen stammt, ist unerheblich. Zum Endvermögen zählen also auch:
Euer gemeinsames Vermögen wird ebenfalls berücksichtigt. Habt Ihr zum Beispiel während der Ehe gemeinsam ein Haus für 500.000 Euro gekauft, so fließt dieses Haus jeweils mit einem Betrag von 250.000 Euro in das Endvermögen von Euch beiden ein. Das Gleiche gilt für ein Guthaben auf Eurem gemeinsamen Konto. Es wird zur Hälfte bei jedem berücksichtigt.
Negatives Endvermögen: Das Endvermögen kann auch negativ sein, wenn einer von Euch bei Zustellung des Scheidungsantrags Schulden hat (§ 1375 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Falls einer von Euch Vermögen verschwendet hat, wird der Betrag, der nicht mehr vorhanden ist, dem Endvermögen zugerechnet (§ 1375 Abs. 2 BGB). Das muss der andere allerdings beweisen können, was nicht leicht ist. Allein der Hinweis auf einen großzügigen Lebensstil oder ein Leben über die Verhältnisse reichen dazu nicht aus. Sogar die Teilnahme an Glücksspielen ist nur dann verschwenderisch, wenn der Partner dadurch das Vermögen leichtfertig verspielt hat.
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Hat einer von Euch während der Ehe etwas geerbt, wird die Erbschaft zu seinem Anfangsvermögen hinzugerechnet. Solange die Erbschaft noch vorhanden ist, gehört sie auch zu seinem Endvermögen.
Hattest Du zum Beispiel zu Beginn der Ehe kein Vermögen, hast aber während der Ehe ein Haus geerbt, wird das Haus Deinem Anfangsvermögen zu seinem damaligen Wert hinzugerechnet. Gehört Dir die geerbte Immobilie auch noch am Ende der Ehe, wird sie ebenfalls zu Deinem Endvermögen hinzugerechnet. Dabei wird der Wert angesetzt, den die Immobilie bei der Übermittlung des Scheidungsantrags hatte. Wertsteigerungen von Immobilien werden dadurch beim Zugewinn erfasst.
So profitiert ein Ehepartner zwar nicht davon, dass der andere eine Immobilie geerbt hat, aber davon, dass die Immobilienpreise in den vergangenen Jahren zumindest in den Städten und Gemeinden mit angespanntem Wohnungsmarkt stark gestiegen sind. Entscheidend ist immer der sogenannte Verkehrswert der Immobilie. Also der Wert, den Du bei einem Verkauf erzielen könntest. Du darfst davon keine Maklergebühren abziehen, die eventuell bei einem Verkauf anfallen könnten (OLG Karlsruhe, 21.12.2023, Az. 5 UF 12/22).
Der Grund für die Wertsteigerung ist unerheblich. Der Wertzuwachs fällt auch dann in den Zugewinn, wenn die Immobilie umfassend saniert wurde und deshalb an Wert gewonnen hat.
Zur Veranschaulichung eine Beispielrechnung: Es geht um den Zugewinnausgleich eines Ehepaares mit Schulden und Erbschaft.
Beispiel: Daniel hat bei der Heirat Schulden von 10.000 Euro. Im Jahr 2005 erbt er ein kleines Haus, das damals 150.000 Euro wert war. 20 Jahre später ist die Ehe gescheitert, das Haus hat aber mittlerweile einen Wert von 220.000 Euro. Daniel hatte ein Darlehen aufgenommen, um das Haus renovieren zu können. Als er den Scheidungsantrag im Briefkasten fand, belief sich das Darlehen noch auf 40.000 Euro. Eva besaß zu Beginn der Ehe 20.000 Euro. Am Ende der Ehe beläuft sich ihr Vermögen auf 30.000 Euro.
Zum Anfangsvermögen zählt der Wert des geerbten Hauses mit 150.00 Euro. Nach Abzug der Schulden von 10.000 Euro beläuft sich das Anfangsvermögen von Daniel auf 140.000 Euro. Das Haus ist mittlerweile 220.000 Euro wert. Das zählt zu Daniels Endvermögen, von dem er die Gesamtschulden von 40.000 Euro abziehen kann. Daniel hat einen Zugewinn von 40.000 Euro. Eva hat ein Anfangsvermögen von 20.000 Euro und ein Endvermögen von 30.000 Euro. Ihr Zugewinn von 10.000 Euro ist von Daniels Zugewinn abzuziehen. Die Differenz liegt bei 30.000 Euros. Die Hälfte davon, also 15.000 Euro steht Eva als Zugewinnausgleich zu.
Bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs ist der Wert des Anfangsvermögens vom Endvermögen abzuziehen. Damit diese Werte vergleichbar sind, muss das Anfangsvermögen auf den Geldwert zum Stichtag des Endvermögens umgerechnet werden. Dabei wird der Kaufkraftverlust herausgerechnet, der auf die Inflation zurückzuführen ist. Das geschieht über eine Indexierung. Entscheidend sind die Verbraucherpreisindizes des Statistischen Bundesamts. Du kannst den Jahresindex verwenden und musst nicht nach Monaten unterscheiden.
Der Kaufkraftausgleich funktioniert mit folgender Formel:
Anfangsvermögen x Index zum Zeitpunkt des Scheidungsantrages / Index bei Heirat = indexiertes Anfangsvermögen.
1991 | 61,9 | 2002 | 78,1 | 2013 | 93,1 | 2024 | 119,3 |
1992 | 65,0 | 2003 | 78,9 | 2014 | 94,0 | ||
1993 | 67,9 | 2004 | 80,2 | 2015 | 94,5 | ||
1994 | 69,7 | 2005 | 81,5 | 2016 | 95,0 | ||
1995 | 71,0 | 2006 | 82,8 | 2017 | 96,4 | ||
1996 | 72,0 | 2007 | 84,7 | 2018 | 98,1 | ||
1997 | 73,4 | 2008 | 86,9 | 2019 | 99,5 | ||
1998 | 74,0 | 2009 | 87,2 | 2020 | 100 | ||
1999 | 74,5 | 2010 | 88,1 | 2021 | 103,1 | ||
2000 | 75,5 | 2011 | 90,0 | 2022 | 110,2 | ||
2001 | 77,0 | 2012 | 91,7 | 2023 | 116,7 |
Quelle: Statistisches Bundesamt, 2020 = 100 (Stand: April 2025)
Wenn Du online Deinen Zugewinn berechnen willst, wird meist der Kaufkraftausgleich in den angebotenen Rechnern automatisch berücksichtigt. Du kannst zum Beispiel dieses Formular von der Kanzlei Dr. Annegret Wiese aus München verwenden.
Beispiel: Franka hatte bei der Heirat im Jahr 1994 Vermögen in Höhe von 20.000 Euro. Am Ende der Ehe im Jahre 2024 verfügt sie über ein Vermögen von 220.000 Euro, das ist ein Nettozugewinn von 200.000 Euro. So wird das indexierte Anfangsvermögen berechnet: 20.000 Euro × 119,3 / 69,7 = 34.232 Euro. Der Zugewinn von Franka nach Kaufkraftausgleich beläuft sich damit nur noch auf 185.768 Euro (220.000 – 34.232 = 185.768).
In bestimmten Konstellationen wird kein Zugewinnausgleich durchgeführt.
Stellt keiner von Euch einen Antrag auf Zugewinnausgleich, dann entscheidet das Gericht bei der Scheidung darüber nicht. Dann liegt es an Euch, den Zugewinn selbst zu berechnen und Euch auf eine Summe zu einigen.
Wenn klar ist, dass Ihr beide während der Ehe gleich viel hinzugewonnen habt, dann erübrigt sich ein Zugewinnausgleich.
Beispiel: Bei der Heirat hatte das Paar kein Vermögen, während der Ehe haben sie ein gemeinsames Haus angeschafft. Weiteres Vermögen gibt es nicht. In diesem Fall ist der Zugewinn auf beiden Seiten gleich groß, nämlich das halbe Miteigentum am Haus. Ein Zugewinnausgleich ist nicht nötig.
Das Paar kann die Immobilie gemeinsam verkaufen und jeder behält die Hälfte des Kaufpreises. Oder einer zahlt den anderen aus und wird dann Alleineigentümer. Ist das nicht möglich, bleiben beide weiterhin gemeinsam Eigentümer. Der eine zahlt dem anderen dann eine monatliche Miete.
Ihr könnt in einem Ehevertrag vereinbart haben, dass der Zugewinnausgleich nicht durchgeführt oder anders berechnet wird. So könnt Ihr zum Beispiel festlegen, dass bestimmte Vermögensgegenstände unberücksichtigt bleiben. Oder Ihr könnt beschließen, dass eine pauschale Summe als Abfindung gezahlt wird.
Für den Ausgleich des Zugewinns gibt es eine wichtige Grenze. Derjenige, der ausgleichspflichtig ist, muss nur bis zur Höhe seines tatsächlich vorhandenen Vermögens zahlen.
Besteht der Zugewinn vor allem darin, dass einer während der Ehe seine Schulden getilgt hat, kann der Ausgleichsanspruch sogar ganz entfallen, wenn kein weiteres Vermögen vorhanden ist (§§ 1378 Abs. 2 Satz 1, 1384 BGB). Niemand muss einen Kredit aufnehmen, um den Zugewinn auszugleichen.
Beispiel: Gero geht mit 100.000 Euro Schulden in die Ehe. Am Ende hat er bei einem Endvermögen von 20.000 Euro einen Zugewinn von 120.000 Euro. Hat Heike keinen Zugewinn erwirtschaftet, beträgt ihr Ausgleichsanspruch 60.000 Euro. Der Anspruch wird aber auf das tatsächlich vorhandene Vermögen beschränkt, sodass Heike nur 20.000 Euro als Ausgleich verlangen kann.
Der Anspruch auf Zugewinnausgleich verjährt drei Jahre nach der endgültigen Scheidung (§ 195 BGB). Steht Dir ein Ausgleich zu, dann solltest Du ihn auch zügig einfordern, damit er nicht verjährt.