Außergewöhnliche Belastungen Auch private Ausgaben von der Steuer absetzen

Jörg Leine
Finanztip-Experte für Steuern

Das Wichtigste in Kürze

  • Außergewöhnliche Belastungen sind private Ausgaben, die Deine Steuerlast senken können. Es gibt zwei verschiedene Arten: allgemeine und besondere. 
  • Zu den allgemeinen außergewöhnlichen Belastungen zählen Krankheitskosten, Aufwendungen für Hilfsmittel wie Brillen und Zahnprothesen oder Kosten für Bestattungen. Steuern sparst Du aber erst, wenn diese Kosten eine individuelle zumutbare Belastung übersteigen. Wie hoch diese Grenze ist, errechnet sich aus Einkommen, Familienstand und Anzahl der Kinder.
  • Für auswärts wohnende Kinder in Ausbildung und Menschen mit Behinderung gibt es jeweils einen Pauschbetrag. Bei solchen besonderen außergewöhnlichen Belastungen zieht das Finanzamt keine zumutbare Belastung ab.

So gehst Du vor

  • Bereits während des Jahres: Versuche, relevante Ausgaben so zu verteilen, dass sie möglichst gebündelt in einem Jahr anfallen, um über die Grenze Deiner zumutbaren Belastung zu kommen. Nutze dazu unsere Checkliste. Dort steht auch, wo Du was in der Steu­er­er­klä­rung angeben musst. 
  • Die Steu­er­er­klä­rung machst Du am besten mit einem Steuerprogramm oder einer Steuer-App.
  • Wir empfehlen für alle Fälle Wiso Steuer 2023 und Steuersparerklärung 2023 (ohne Photovoltaik). 
  • Wenn Du nicht selbstständig bist, reicht meist unser Preis-Leistungs-Tipp Tax 2023.
  • Für sehr einfache Fälle bietet sich auch eine Steuer-App an. In unserem ausführlichen App-Test haben uns Steuerbot, Wiso Steuer und Taxfix besonders überzeugt.

Private Ausgaben sind für die Steu­er­er­klä­rung normalerweise irrelevant. Es gibt jedoch eine Ausnahme: wenn es sich um eine außergewöhnliche Belastung handelt. Die liegt vor, wenn besondere Umstände in Deinem Privatleben dazu führen, dass Du mehr Geld zum Leben brauchst als im Normalfall. Das gilt zum Beispiel für Betroffene der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021. Wenn Du hohe Wiederbeschaffungskosten selbst tragen musst, kannst Du viele davon als außergewöhnliche Belastungen absetzen. Weitere steuerliche Erleichterungen regeln die Katastrophenerlasse, die Du in Abschnitt 2 unter „Wiederbeschaffungskosten“ findest.

Checkliste außergewöhnliche Belastungen

Mithilfe unserer Checkliste kannst Du prüfen, welche außergewöhnlichen Belastungen Du bei der Steuer absetzen kannst.

Zur Checkliste

Was sind außergewöhnliche Belastungen?

Hast Du zwangsläufig höhere Aufwendungen als die meisten anderen mit ähnlichem Einkommen und Vermögen sowie gleichem Familienstand, dann liegen außergewöhnliche Belastungen vor. Als zwangsläufig gelten Aufwendungen, die sich aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht vermeiden lassen und den Umständen nach notwendig sind. Außerdem dürfen die Aufwendungen einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.

Die Belastung tritt in der Regel zum Zeit­punkt der Zahlung ein. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass grundsätzlich nur Aufwendungen für Dich selbst oder für Angehörige zwangsläufig sind. Aufwendungen für andere Personen können diese Voraussetzung nur ausnahmsweise erfüllen, etwa wenn die sittliche Pflicht die Ausgabe verlangt. Deshalb können unter Umständen Unterhaltsleistungen abzugsfähig sein.

Allgemeine und besondere außergewöhnliche Belastungen

Es gibt zwei Arten von außergewöhnlichen Belastungen. Allgemeine und besondere außergewöhnliche Belastungen. Gesetzlich geregelt sind die besonderen außergewöhnlichen Belastungen in Paragraf 33a Einkommensteuergesetz (EStG), die allgemeinen außergewöhnlichen Belastungen in Paragraf 33 EStG. Dazu kommen Pauschbeträge für Behinderte, Hinterbliebene und Pflegepersonen in Paragraf 33b EStG.

Zu den besonderen außergewöhnlichen Belastungen zählt der Ausbildungsfreibetrag (Paragraf 33a EStG). Dieser beträgt seit 2023 maximal 1.200 Euro im Jahr (zuvor 924 Euro) und gilt für volljährige Kinder in Ausbildung, die auswärts wohnen. In Paragraf 33b EStG stehen weitere besondere außergewöhnliche Belastungen. Dazu zählen Pauschbeträge für Behinderte, Hinterbliebene und Pflegepersonen, also eine Pauschale für diejenigen, die einen Angehörigen unentgeltlich häuslich pflegen (Pflege-Pauschbetrag).

Wichtig: Für diese besonderen außergewöhnlichen Belastungen gibt es Pausch- oder Höchstbeträge. Der Abzug ist zwar in der Höhe beschränkt, doch es zählt bereits der erste Cent der Aufwendungen.

Anders ist dies bei den allgemeinen außergewöhnlichen Belastungen wie Krankheitskosten gemäß Paragraf 33 EStG. Hier sind erst diejenigen Kosten absetzbar, die Deine individuelle zumutbare Belastung überschreiten.

Als Merksatz kannst Du Dir einprägen: Allgemeine außergewöhnliche Belastungen wirken sich ab dem Überschreiten der zumutbaren Belastung aus, besondere außergewöhnliche Belastungen bis zum Höchstbetrag.

Welche Kosten sind außergewöhnliche Belastungen?

Zu den außergewöhnlichen Belastungen zählen zahlreiche Kostenarten, beispielsweise Krankheitskosten, Kurkosten, Pflegekosten, Bestattungskosten, Wiederbeschaffungskosten nach einer Katastrophe wie einem Hochwasser sowie Unterhaltsleistungen an Bedürftige.

Krankheitskosten

Hörgerät, Brille, Rollstuhl, Akupunktur, Heilpraktikerkosten, verordnete Massagen und Zuzahlungen zu verschriebenen Medikamenten sind typische Beispiele für selbst getragene Krankheitskosten. Welche Kosten hiervon absetzbar sind und wie Du diese belegen musst, erfährst Du detailliert im Ratgeber zu Krankheitskosten.

Nicht absetzbar sind hingegen vorbeugende Maßnahmen, zum Beispiel eine Zahnreinigung. Von den Arzt- und Therapiekosten werden nur diejenigen berücksichtigt, die Du nicht erstattet bekommst, zum Beispiel von Deiner Kran­ken­kas­se. Arznei-, Heil- und Hilfsmittel müssen medizinisch notwendig und durch einen Arzt oder eine Heilpraktikerin verordnet sein. Das gilt auch für nicht verschreibungspflichtige Medikamente.

Für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel benötigst Du neben der Verordnung einer Ärztin oder eines Heilpraktikers in etlichen Fällen sogar vorab ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Kran­ken­ver­si­che­rung. Wann und wie Finanzämter einen Nachweis für bestimmte Krankheitskosten haben möchten, ist in Paragraf 64 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung aufgelistet.

Diese Erleichterungen für Nachweise gibt es:

  • Für die Kosten einer Augen-Laser-Operation brauchst Du kein amtsärztliches Attest.
  • Bist Du chronisch erkrankt und brauchst deshalb dauernd bestimmte Medikamente, musst Du eine Verordnung nur einmal vorlegen.
  • Auch die Erstattungsmitteilung der privaten Kran­ken­kas­se oder der Beihilfebescheid einer Behörde wird als Nachweis anerkannt.
  • Wenn eine Augenärztin festgestellt hat, dass eine Brille notwendig ist, reicht in den Folgejahren die Sehschärfenbestimmung durch einen Augenoptiker.

Liegt Dein Ehegatte, Deine eingetragene Lebenspartnerin oder Dein Kind länger im Krankenhaus, dann kannst Du auch die Kosten für die Besuchsfahrten ansetzen. Dazu brauchst Du eine Bescheinigung des behandelnden Krankenhausarztes, in der er bestätigt, dass Dein Besuch entscheidend zur Heilung oder Linderung einer Krankheit beitragen kann.

Eintragen kannst Du Deine Krankheitskosten und andere außergewöhnliche Belastungen in der Anlage Außergewöhnliche Belastungen ab Zeile 31 (als sogenannte „andere Aufwendungen“).

Aufwendungen, die durch Diätverpflegung entstehen, sind nicht abzugsfähig.

Alternativmedizin

Kosten für Homöopathie, Bewegungstherapien oder für Pflanzenheilkunde können als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden. Ein amtsärztliches Gutachten oder eine Bescheinigung des MDK ist nicht erforderlich, wenn ein Arzt oder eine Heilpraktikerin diese Behandlungen verordnet hat (BFH, Urteil vom 26. Februar 2014, Az. VI R 27/13).

Künstliche Befruchtung

Falls ein Ehepaar mit Kinderwunsch nur durch eine künstliche Befruchtung Nachwuchs bekommen kann, sind die Kosten dafür absetzbar. Die angewandte medizinische Methode muss jedoch in Deutschland erlaubt sein und so unter anderem den Vorgaben des deutschen Embryonenschutzgesetzes entsprechen. Danach dürfen beispielsweise einer Frau höchstens drei befruchtete Eizellen eingesetzt werden.

Problematisch war dies in einem Fall der sogenannten Intracytoplasmatischen Spermainjektion (ICSI-Methode), den der BFH entschieden hat. Die Spermien des Ehemanns konnten nicht in die Eizelle der Ehefrau eindringen. Deshalb wurden in zwei Versuchen zunächst vier und dann sieben Eizellen befruchtet. Die Kosten für die Behandlungen, die in Österreich erfolgten, beliefen sich auf mehr als 17.000 Euro.

Der BFH akzeptierte die Kosten als außergewöhnliche Belastungen. Das Gericht ließ gelten, dass sich nur rund 20 bis 30 Prozent der befruchteten Eizellen so entwickeln würden, dass die Frau überhaupt schwanger werden könnte. Wenn aber tatsächlich nur ein bis zwei entwicklungsfähige Embryonen zum Übertragungszweck entstehen sollen und der Behandlung eine vorherige sorgfältige individuelle Prognose zugrunde liegt, dann entspreche dies dem „deutschen Mittelweg“ und ist damit zulässig. Die Kosten lassen sich daher als außergewöhnliche Belastungen absetzen (BFH, Urteil vom 17. Mai 2017, Az. VI R 34/15).

Die Kran­ken­kas­sen übernehmen meist nur einen Teil, manchmal auch keine Kosten. Deshalb kann der Eigenanteil sehr hoch ausfallen. Diesen kannst Du steuerlich als Krankheitskosten geltend machen. Die Chancen dafür sind in den letzten Jahren dank einiger Urteile zu den unterschiedlichsten Fallkonstellationen stark gestiegen. Mehr dazu im Ratgeber Krankheitskosten.

Kurkosten

Hast Du eine ärztliche Bescheinigung des Medizinischen Dienstes Deiner Kran­ken­ver­si­che­rung für eine Bade- oder Heilkur, so übernimmt diese dennoch nicht die gesamten Kosten. Die selbst getragenen Aufwendungen kannst Du ebenfalls als außergewöhnliche Belastungen geltend machen.

Folgende Kosten kannst Du absetzen:

  • selbst getragene Arztkosten,
  • Kurmittelkosten,
  • angemessene Unterbringungskosten,
  • 80 Prozent der Ver­pfle­gungs­mehr­auf­wen­dung­en; denn ein Fünftel wird pauschal als Haushaltsersparnis abgezogen, weil Du vor Ort verköstigt wirst und geringere Ausgaben für Lebensmittel hast,
  • Fahrtkosten für An- und Rückreise (in der Regel die Kosten für ein öffentliches Verkehrsmittel) sowie
  • unter Umständen die Fahrt- und Unterkunftskosten einer Begleitperson, falls die Begleitung notwendig ist. Dies musst Du vor Kurbeginn mit einem amtsärztlichen Attest nachweisen.

Sofern die Notwendigkeit einer Kur offensichtlich im Rahmen der Bewilligung von Zuschüssen oder Beihilfen anerkannt wurde, genügt bei Pflichtversicherten die Bescheinigung der Ver­si­che­rungsanstalt und bei öffentlich Bediensteten der Beihilfebescheid.

Pflege-Pauschbetrag

Für diejenigen, die jemanden unentgeltlich häuslich pflegen (sogenannte Pflegepersonen) gibt es zwei Möglichkeiten für eine steuerliche Entlastung: Entweder sie machen ihre tatsächlichen Ausgaben als außergewöhnliche Belastungen geltend oder sie können den Pflege-Pauschbetrag in der Steu­er­er­klä­rung beantragen. Belege sind dafür nicht nötig (Paragraf 33b Abs. 6 EStG).

Weiterer Vorteil: Nachdem es sich um eine besondere außergewöhnliche Belastung handelt, wird hier keine zumutbare Belastung abgezogen.

Der Pflege-Pauschbetrag setzt voraus:

  • die Pflege eines Angehörigen oder einer nahestehenden Person,
  • die pflegebedürftige Person wird in ihrer oder in der Wohnung der Pflegeperson betreut und
  • die Pflege erfolgt ohne jegliche Vergütung. Das Geld, das die Pflegeperson von einer Pfle­ge­ver­si­che­rung erhält, muss ausschließlich für den Pflegebedürftigen verwendet werden, beispielsweise für einen ambulanten Pflegedienst. 

Bis zum Veranlagungszeitraum 2020 gibt es den Pflege-Pauschbetrag von jährlich 924 Euro nur, wenn die gepflegte Person hilflos (Behindertenausweis mit Merkzeichen „H“), blind oder schwerstpflegebedürftig ist (Pflegegrad 4 oder 5). 

Seit dem Steuerjahr 2021 gibt es deutliche Verbesserungen:

  1. Du kannst bereits ab einem Pflegegrad 2 einen Pflege-Pauschbetrag von 600 Euro bekommen.
  2. Beim Pflegegrad 3 beträgt er 1.100 Euro.
  3. Pflegst Du jemanden ab Pflegegrad 4, stehen Dir statt 924 Euro künftig 1.800 Euro zu.

Der Pauschbetrag steht allen Pflegepersonen anteilig zu. Das heißt, wenn sich zwei Personen die Pflege eines Menschen teilen, hat jeder nur Anspruch auf die Hälfte. Den Pflege-Pauschbetrag beantragst Du in den Zeilen 11/12 der Anlage Außergewöhnliche Belastungen.

Pflegekosten

Die Unterbringung in einem Pflegeheim ist kostspielig. Für die Frage, ob die selbst getragenen Kosten steuerlich abzugsfähig sein können, kommt es darauf an, dass diese krankheitsbedingt entstehen. Eine altersbedingte Unterbringung ist hingegen für den Fiskus kein Anlass für außergewöhnliche Belastungen.

Pflegekosten können entstehen durch häusliche Pflege einer ambulanten Pflegekraft, die Unterbringung in einem Pflegeheim oder in der Pflegestation eines Altenheims oder in einem Altenpflegeheim. Sind Dir selbst oder Deinem Ehepartner beziehungsweise Deiner Ehepartnerin Pflegekosten entstanden, können diese Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.

Die Pflegebedürftigkeit oder eine erheblich eingeschränkte Alltagskompetenz musst Du nachweisen. Du brauchst dafür eine Bescheinigung (zum Beispiel Leistungsbescheid oder -mitteilung) der Pflegekasse oder des privaten Pflegeversicherers. Hast Du einen Pflegegrad, dann kannst Du beispielsweise Deine selbst getragenen Kosten für die häusliche Pflege absetzen.

Die gesundheitlichen Merkmale „blind“ und „hilflos“ lassen sich anhand eines Ausweises mit den Merkzeichen Bl oder H belegen. Wer nicht zu diesem Personenkreis gehört, aber ambulant gepflegt wurde, kann die Kosten ebenfalls angeben, wenn er die Rechnung eines anerkannten Pflegedienstes vorlegt, in der die Pflegeleistungen gesondert ausgewiesen sind.
Pflegebedürftige übertragen der Pflegeperson im Hinblick auf ihr Alter oder eine etwaige Bedürftigkeit als Gegenleistung häufig Vermögenswerte, zum Beispiel ein Hausgrundstück. In diesem Fall sind Pflegekosten nur in der Höhe abziehbar, in der die Pflegeaufwendungen den Wert des erhaltenen Vermögens übersteigen.

Beachte bitte: Wenn Du die tatsächlichen Pflegekosten in Zeile 32 der Anlage Außergewöhnliche Belastungen geltend machst, kannst Du nicht daneben den Behinderten-Pauschbetrag in Anspruch nehmen.

Pflegekosten für die Eltern

Du kannst auch Aufwendungen abziehen, die Dir aus der Pflegebedürftigkeit einer anderen Person zwangsläufig entstanden sind – beispielsweise für die eigenen Eltern. In diesem Fall solltest Du neben den von Dir und möglicherweise weiteren Personen (zum Beispiel von Geschwistern) getragenen Aufwendungen auch folgende Posten angeben:

  • die Gesamtkosten der Heimunterbringung,
  • die Höhe der Erstattungen von dritter Seite (zum Beispiel Pflegekasse) und
  • die Höhe der eigenen Einkünfte und Bezüge der pflegebedürftigen Person.

Wenn Du für Deine unterhaltsberechtigten und bedürftigen Eltern die Kosten für das Alters- oder Pflegeheim zahlen musst (Elternunterhalt), ist zu unterscheiden, ob Deine Angehörigen aus Altersgründen oder aus gesundheitlichen Gründen stationär versorgt werden.

Im letzteren Fall kannst Du die selbst getragenen Kosten als allgemeine außergewöhnliche Kosten in der Steu­er­er­klä­rung angeben. Du darfst die komplett vom Heim in Rechnung gestellten Kosten ansetzen, also nicht nur für die Pflege, sondern auch für Unterkunft und Verpflegung. Allerdings musst Du die zumutbare Belastungsgrenze überschreiten.

Unterstützt Du hingegen Deine Eltern, die altersbedingt im Heim wohnen, dann sind die Aufwendungen als typische Unterhaltsleistungen abzugsfähig – also wie bei den anderen außergewöhnlichen Belastungen besonderer Art vom ersten Cent an. Es zählen die gesamten Kosten, die Du Deinen Eltern zur Bestreitung des Lebensunterhalts gibst – bis zum Unterhaltshöchstbetrag. Dieser ist identisch mit dem Grundfreibetrag.

Eigenes Einkommen der unterstützten Person über 624 Euro muss angerechnet werden. Als bedürftig gilt diese nur, wenn ihr Nettovermögen höchstens 15.500 Euro beträgt. Eine selbst genutzte angemessene Immobilie bleibt aber außer Betracht.

Wohnungsumbau aufgrund einer Behinderung

Musst Du im Fall einer Behinderung Deine Wohnung behindertengerecht umbauen lassen, kannst Du Deine Kosten steuerlich geltend machen. Entweder kommen Handwerkerkosten infrage oder alternativ außergewöhnliche Belastungen. Es sind jedoch nur die Kosten abzugsfähig, die die Pfle­ge­ver­si­che­rung nicht erstattet hat.

Die Umbaukosten können sehr hoch ausfallen und dennoch nur zu einem Bruchteil die Einkommensteuer mindern. Dies zeigt ein Fall aus Baden-Württemberg: Für ihre schwer behinderte Tochter baute eine Familie ihr Haus für mehr als 160.000 Euro um und aus. Den Großteil davon akzeptierte das Finanzamt als außergewöhnliche Belastungen. Es setzte die Einkommensteuer im Veranlagungsjahr auf 0 Euro und erstattete die bereits gezahlte Lohnsteuer. Doch damit konnte das Ehepaar nur einen Teil der Aufwendungen geltend machen. Seinen Antrag, die Baukosten auf drei Jahre zu verteilen, lehnte die Finanzverwaltung ab.

Zu Recht, entschied der BFH: Außergewöhnliche Belastungen sind grundsätzlich in dem Jahr zu berücksichtigen, in dem der Steuerpflichtige sie bezahlt hat. Das Finanzamt dürfe zwar in „atypischen Ausnahmefällen“ eine abweichende Steuerfestsetzung billigen. Dazu reiche aber nicht aus, dass sich die Ausgabe nicht komplett steuermindernd ausgewirkt habe (BFH, Urteil vom 12. Juli 2017, Az. VI R 36/15).

Unterstützung bedürftiger Personen

Wenn Du eine bedürftige Person unterstützt, für die weder Du noch jemand anders Anspruch auf Kindergeld beziehungsweise Kinderfreibeträge hat, kannst Du Deine Aufwendungen bis zum Unterhaltshöchstbetrag als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd geltend machen.

Voraussetzung ist, dass Du gegenüber der bedürftigen Person gesetzlich unterhaltsverpflichtet bist. Der absetzbare Unterhaltshöchstbetrag steigt noch um Aufwendungen für die Basisabsicherung des Unterhaltsberechtigten in der Kran­ken­ver­si­che­rung und der gesetzlichen Pfle­ge­ver­si­che­rung.

Zahlst Du Unterhalt an ein Mitglied Deines Haushalts, musst Du die Unterhaltsleistungen nicht einzeln nachweisen. Das Finanzamt geht zu Deinem Gunsten davon aus, dass Du jährliche Ausgaben bis zum Höchstbetrag hattest.

In der Praxis geht es vor allem um monatliche Unterhaltsleistungen an bedürftige Angehörige. Dazu zählen insbesondere

  • Deine erwachsenen Kinder,
  • Deine Eltern,
  • die Mutter Deines unehelichen Kindes,
  • der frühere Ehepartner oder die frühere Ehepartnerin und
  • die Partnerin oder der Partner in einer eheähnlichen Gemeinschaft.

Beispiel: Du zahlst Unterhalt an Deine studierende Tochter, die mit einem Lebensgefährten zusammenwohnt und damit ihren Anteil für die gemeinsamen Le­bens­hal­tungs­kos­ten leistet. Auch in solch einem Fall darf das Finanzamt den Unterhaltshöchstbetrag nicht kürzen. Das hat der Bundesfinanzhof entschieden (Urteil vom 28. April 2020, Az. VI R 43/17). Das Finanzamt wollte nur den halben Unterhaltshöchstbetrag ansetzen, weil es ein „gemeinsames Wirtschaften aus einem Topf“ unterstellte.

Achtung: Es kommt auch auf den Zeit­punkt Deiner Unterhaltszahlungen an. Willst Du Deinen Angehörigen mit einem Einmalbetrag statt einer monatlichen Zahlung helfen, dann solltest Du den Betrag bereits im Januar überweisen. Bei einer Zahlung im Februar würde das Finanzamt nur elf Zwölftel akzeptieren und im Dezember sogar nur ein Zwölftel. Eine anteilige Verteilung aufs Folgejahr lehnt es ab. Denn Unterhaltsleistungen zählen ab dem Zeit­punkt der ersten Zahlung und nur bis Jahresende (BFH, Urteil vom 25. April 2018, Az. VI R 35/16). Wenn Du im Januar die erste Unterhaltszahlung leistest, kannst Du Dir einen vollumfänglichen Abzug sichern.   

Allerdings kommt noch eine weitere Voraussetzung hinzu: Die unterstützte Person darf nur ein geringes Einkommen und Vermögen haben. Für deren Einkünfte und Bezüge gibt es einen Anrechnungsfreibetrag von 624 Euro im Jahr. Falls der Unterhaltsberechtigte mehr verdient, zieht das Finanzamt den darüberliegenden Betrag vom Unterhaltshöchstbetrag (2023: 10.908 Euro; 2022: 10.347 Euro) ab. Das bedeutet, Du kannst nur einen geringeren Anteil Deiner Unterhaltszahlungen absetzen.

Ein Abzug als außergewöhnliche Belastung ist nicht möglich, wenn die steuerpflichtigen Einkünfte und Bezüge im Jahr 2022 über 10.671 Euro (2023: 11.532 Euro) liegen. Als Einkünfte zählen die steuerpflichtigen Einnahmen, also beispielsweise der Lohn abzüglich der Werbungskosten. Zu den Bezügen zählen beispielsweise Lohnersatzleistungen, Einnahmen aus einem pauschal besteuerten Minijob, abgeltend besteuerte Kapitalerträge und der Bafög-Zuschuss. Von den Bezügen zieht das Finanzamt eine Kostenpauschale von 180 Euro ab.

Zudem darf das Vermögen des Unterstützten höchstens 15.500 Euro betragen. Nicht mitgerechnet wird eine angemessene Wohnung, die dem Unterhaltsempfänger gehört und selbst bewohnt wird.

Sowohl die Unterhaltsleistungen als auch die Einkünfte und Bezüge der unterstützten Person musst Du in der Anlage Unterhalt angeben. Wenn die unterstützte Person im Ausland lebt, benötigst Du eine amtliche Unterhaltserklärung und musst die Geldzahlungen nachweisen.

Möglicherweise zahlst Du nicht nur für den Unterhalt oder die Berufsausbildung der unterstützten Person, sondern kommst noch für weitere Kosten auf, zum Beispiel für Krankheit oder Heimunterbringung. Solche Kosten kannst Du zusätzlich zum Höchstbetrag für Unterhaltsaufwendungen als andere außergewöhnliche Belastungen geltend machen. Das gilt allerdings nur für den Teil der Kosten, der die zumutbare Belastung übersteigt.

Wie hoch Deine individuelle Belastungsgrenze ist, kannst Du mit einem Rechner der Finanzverwaltung herausfinden. Dagegen kommt es beim Höchstbetrag für Unterhaltsleistungen nicht auf Deine individuelle zumutbare Belastungsgrenze an.

Hinweis: Unterhaltsleistungen an Deinen Ex-Partner oder Deine Ex-Partnerin kannst Du stattdessen als Sonderausgaben absetzen, wenn er oder sie diese Einnahmen als sonstige Einkünfte versteuert (Realsplitting). Abzugsfähig sind bis zu 13.805 Euro im Jahr und zusätzlich die übernommenen Kranken- und Pfle­ge­ver­si­che­rungsbeiträge. Du musst Deine Zahlungen in der Anlage U eintragen und vom Ex-Partner oder der Ex-Partnerin unterschreiben lassen.

Sonderbedarf bei Kindern in Berufsausbildung (Ausbildungsfreibetrag)

Befindet sich Dein volljähriges Kind, für das Du Anspruch auf Kindergeld beziehungsweise Kinderfreibeträge hast, in Berufsausbildung und ist es auswärtig untergebracht? Dann kannst Du wegen Deines Sonderbedarfs ab dem Jahr 2023 von einem Freibetrag in Höhe von 1.200 Euro pro Jahr profitieren (bis 2022: 924 Euro). Der Ausbildungsfreibetrag steht jedem Elternteil grundsätzlich zur Hälfte zu, die Eltern können aber gemeinsam eine andere Aufteilung beantragen.

Allerdings wird der Ausbildungsfreibetrag monatlich berechnet, das heißt: Wenn die Voraussetzungen hierfür beispielsweise nur für neun Monate vorgelegen haben, dann steht Dir der Freibetrag für dieses Jahr auch nur anteilig zu – im Beispiel 900 Euro.

Füll hierfür die Anlage Kind aus (ab Zeile 61).

Bestattungskosten

Hast Du die Beerdigung eines Angehörigen bezahlt, können sich auch diese Aufwendungen steuermindernd auswirken. Das gilt allerdings nur, soweit sie den Nachlass und etwaige Ersatzleistungen, zum Beispiel das Sterbegeld der Unfall­ver­sicherung, übersteigen. Das Finanzamt berücksichtigt hierbei nur die Kosten, die unmittelbar mit der Bestattung zusammenhängen (für Grabstätte, Sarg, Blumen, Kränze oder Todesanzeigen). Kosten für die Trauerkleidung und die Bewirtung der Trauergäste sowie Reisekosten anlässlich der Bestattung erkennt der Fiskus nicht an.

Trag die Bestattungskosten in Zeile 34 der Anlage Außergewöhnliche Belastungen ein.

Wiederbeschaffungskosten

Der Gesetzgeber sieht auch Erleichterungen vor, wenn Du durch ein unabwendbares Ereignis – zum Beispiel Brand, Orkan, Hagel oder Hochwasser – existenziell notwendige Gegenstände verloren hast, zum Beispiel Hausrat und Kleidung (nicht aber Auto oder Garage). Deine Wiederbeschaffungskosten zählen zu den außergewöhnlichen Belastungen, sofern Du Dich mit zumutbaren Maßnahmen geschützt hast. Berücksichtigt werden dann auch die notwendigen und angemessenen Kosten der Schadensbeseitigung.

Ein Schaden allein reicht also noch nicht aus, sondern Du musst tatsächlich finanziell belastet sein. Wenn der Gegenstand nach dem Schaden noch einen Restwert hat, wird das Finanzamt Deine Aufwendungen um diesen Wert kürzen. Außerdem musst Du glaubhaft machen, dass Du den Schaden nicht verschuldet hast und dass Du keine realisierbaren Ersatzansprüche gegen Dritte hast. 

Du musst zuvor alle Ver­si­che­rungsmöglichkeiten ausgeschöpft haben. Zu den allgemein zugänglichen Ver­si­che­rungen zählen eine Gebäude- und Hausratversicherung, nicht aber eine Ele­men­tar­scha­den­ver­si­che­rung gegen Erdbeben, Erdrutsch und Überschwemmung. 

Nach dem verheerendenHochwasser im Juli 2021 in Nordrhein-Westfalen (NRW), Rheinland-Pfalz und Bayern haben die Finanzministerien die Finanzämter in den drei Ländern angewiesen, dass eine fehlende Ele­men­tar­scha­den­ver­si­che­rung unschädlich ist (Katastrophenerlass NRW, Rheinland-Pfalz und Bayern; vergleichbare Regelungen gelten auch in Baden-Württemberg, SachsenSaarland und Hessen).

Außerdem sieht der Katastrophenerlass eine Reihe weiterer steuerlicher Erleichterungen vor, wie zum Beispiel für Unternehmen und Vermieter, herabgesetzte Steuervorauszahlungen, Steuerstundung, einfacher Nachweis für Spenden und vieles mehr. 

     

Absetzen kannst Du Deine selbst getragenen

  • Reparatur- und Wiederbeschaffungskosten für Wohnung, Möbel, Hausrat und Kleidung,
  • Aufwendungen für Entsorgung,
  • Gutachterkosten und 
  • die Zinsen für ein Darlehen, das Du wegen der Katastrophe aufnehmen musstest. 

 Das Finanzamt berücksichtigt Deine Kosten außerdem nur, wenn

  • sie der Höhe nach notwendig und angemessen sind und
  • den Wert des ersetzten Gegenstands nicht übersteigen.

Falls von einem Gegenstand eine Gesundheitsgefährdung ausgeht, die Du beseitigen musst, kann ebenfalls eine Berücksichtigung der Kosten als außergewöhnliche Belastungen möglich sein. Voraussetzung ist, dass die Gesundheitsgefährdung nicht auf Dein Verschulden (oder das Deiner Mieterin) oder auf einen Baumangel zurückzuführen ist, beispielsweise bei Schimmelpilzbildung.

Diese Kosten kannst Du in Zeile 35 der Anlage Außergewöhnliche Belastungen eintragen. Doch auch hier musst Du Deine individuelle zumutbare Belastung selbst tragen.

Helfen Dir eine Dienstleisterin und/oder Handwerker gegen Bezahlung im Haushalt, kommt dann für diesen Eigenanteil eine Steuerermäßigung bei den haushaltsnahen Aufwendungen infrage. Von der Rechnung kannst Du aber nur den Arbeitslohn und die Fahrtkosten absetzen, nicht die Materialkosten.  

Pauschbetrag für Hinterbliebene

Wenn Du Hinterbliebenenbezüge bekommst, zum Beispiel nach dem Bundesversorgungsgesetz oder aus der gesetzlichen Unfall­ver­sicherung, kannst Du einen Pauschbetrag von 370 Euro beantragen. Diesen Pauschbetrag gewährt das Finanzamt auch, wenn Dein Recht auf die Bezüge ruht oder Du für den Anspruch auf die Bezüge eine Abfindung in Form einer einmaligen Entschädigung erhalten hast.

Als Nachweis brauchst Du amtliche Unterlagen, zum Beispiel den Rentenbescheid des Versorgungsamts oder eines Trägers der gesetzlichen Unfall­ver­sicherung. Nicht als Nachweis ausreichend ist dagegen der Rentenbescheid eines Trägers der gesetzlichen Ren­ten­ver­si­che­rung der Arbeiter und Angestellten.

Den Hinterbliebenen-Pauschbetrag beantragst Du in Zeile 10 der Anlage Außergewöhnliche Belastungen.

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Pauschbeträge für Behinderte

Wer behindert ist, darf wählen: Falls Du betroffen bist, kannst Du die mit der Behinderung zusammenhängenden Kosten einzeln nachweisen (mit Abzug der individuellen zumutbaren Belastung) oder einen Pauschbetrag (ohne Abzug der zumutbaren Belastung) in Anspruch nehmen. Denn der Behinderten-Pauschbetrag gehört zu den besonderen außergewöhnlichen Belastungen. Mit dem Pauschbetrag sind folgende typische Aufwendungen abgegolten:

  • Kosten für die Hilfe bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens,
  • Ausgaben für einen erhöhten Wäschebedarf und
  • die Pflegeaufwendungen.

Damit werden die alltäglichen Mehraufwendungen abgedeckt. Die atypischen behinderungsbedingten Aufwendungen kannst Du zusätzlich zum Behinderten-Pauschbetrag als allgemeine außergewöhnliche Belastungen geltend machen. Dazu zählen unter anderem die Kosten für den behindertengerechten Umbau Deines Hauses, Operationskosten oder die Fahrtkosten bei Schwerbehinderung.

Entscheidest Du Dich für den Pauschbetrag, kannst Du keine weiteren Pflegekosten als außergewöhnliche Belastungen ansetzen. Auch die Steuerermäßigung für Pflegeleistungen im Haushalt darfst Du dann nicht für Dich beanspruchen. Wenn Du aber beispielsweise hohe Heimkosten selbst tragen musst, dann überschreitest Du im Regelfall den Behinderten-Pauschbetrag. Bei sehr hohen Kosten kann es daher für Dich günstiger sein, dass Du auf ihn verzichtest und stattdessen Deine selbst getragenen Aufwendungen nachweist. Obwohl dann das Finanzamt Deine zumutbare Belastung abzieht. Deshalb ist es sinnvoll, übers ganze Jahr Belege zu sammeln. Denn diese Kosten musst Du nachweisen können. Du kannst Dich im Folgejahr in der Steu­er­er­klä­rung für die Alternative entscheiden, die Dir den größeren Steuervorteil bietet.

Ein Vorteil des Pauschbetrags ist, dass Du für die typischen Aufwendungen keine Nachweise brauchst. Der Bundesrat hat das Behinderten-Pauschbetragsgesetz am 27. November 2020 verabschiedet. Damit erhöht der Fiskus erstmals nach 45 Jahren die Behinderten-Pauschbeträge. Ab dem Veranlagungszeitraum 2021 gelten die doppelten Beträge und die Systematik wird modernisiert. Der Pauschbetrag ist gestaffelt nach dem Grad der Behinderung (GdB). Seit 2021 gilt eine neue Einteilung, die ans Sozialrecht angepasst wurde.

Behinderten-Pauschbeträge seit 2021 verdoppelt

Behinderten-Pauschbeträge bis 2020 ab 2021 
GdBPauschbetragGdBPauschbetrag
  20384 €
25 und 30310 €30620 €
35 und 40430 €40860 €
45 und 50570 €501.140 €
55 und 60720 €601.440 €
65 und 70890 €701.780 €
75 und 801.060 €802.120 €
85 und 901.230 €902.460 €
95 und 1001.420 €1002.840 €

Quelle: § 33b EStG (Stand: 3. Dezember 2020)

Wer blind, hilflos oder schwerstpflegebedürftig ist, erhält einen Pauschbetrag von 3.700 Euro jährlich. Seit 2021 beträgt dieser erhöhte Schwerbehinderten-Pauschbetrag 7.400 Euro. Bis zum Veranlagungszeitraum 2020 gelten die bisherigen Pauschbeträge mit der dazu gehörenden Systematik.

Der Grad der Behinderung (GdB) ist in der Steu­er­er­klä­rung in der Anlage Außergewöhnliche Belastungen anzugeben (ab Zeile 4). Wer zum ersten Mal einen Behinderten-Pauschbetrag beansprucht, muss dem Finanzamt Nachweise erbringen. Diese gibt es von der Behörde, die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständig ist, zum Beispiel dem Versorgungsamt. Ab einem GdB von 50 kann dort ein Schwerbehindertenausweis beantragt werden.

Wenn behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50 einen Pauschbetrag beanspruchen möchten, müssen sie bis 2020 eine der folgenden Voraussetzungen erfüllen:

  • Wegen der Behinderung muss ein gesetzlicher Anspruch auf Rente bestehen (zum Beispiel Unfallrente, nicht aber aus der gesetzlichen Ren­ten­ver­si­che­rung) oder auf andere laufende Bezüge (Nachweis durch Vorlage des Rentenbescheids) oder
  • die Behinderung hat zu einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit geführt (Nachweis durch Bescheinigung des Versorgungsamts) oder
  • beruht auf einer typischen Berufskrankheit.

Für Minderbehinderte gibt es seit 2021 deutliche Verbesserungen:

  1. Die zusätzlichen Voraussetzungen musst Du künftig nicht mehr nachweisen; sie entfallen. Deshalb kann ein Minderbehinderter leichter den Pauschbetrag erhalten.
  2. Es genügt bereits ein GdB von 20 ohne weitere Voraussetzungen. Den GdB kannst Du mit einem Bescheid des Versorgungsamts nachweisen.

Falls Du als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer von dem Behinderten-Pauschbetrag bereits beim monatlichen Lohnsteuerabzug profitieren willst, erreichst Du das mit einem Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung beim Finanzamt. Der Freibetrag wird ab dem Folgemonat zu einem Deiner Merkmale auf der elektronischen Variante der Steuerkarte, genannt Elstam (Kurzform für elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale). Weitere Informationen zur Erhöhung der Behinderten-Pauschbeträge liefert das Hessische Finanzministerium

Der Behinderten-Pauschbetrag eines Ehepartners oder einer Ehepartnerin kann wie auch andere außergewöhnliche Belastungen hälftig aufgeteilt werden (Bundesfinanzhof, Urteil vom 20. Dezember 2017, Az. III R 2/17). So kann sich die nicht behinderte Person die Hälfte des Pauschbetrags übertragen lassen und in der Einzelveranlagung davon profitieren. Ein solcher Antrag kann in der Anlage Sonstiges gestellt werden.

Du kannst beantragen, dass der Behinderten-Pauschbetrag für ein Kind oder Enkelkind, für das Du Anspruch auf Kindergeld hast, auf Dich übertragen wird. Diesen Antrag stellst Du, indem Du auf der Anlage Kind die Zeilen 68 bis 70 ausfüllst. Unabhängig von einer Übertragung des Behinderten-Pauschbetrags können Eltern ihre eigenen zwangsläufigen Aufwendungen für ein behindertes Kind als außergewöhnliche Belastungen abziehen. Sollte Dein behindertes Kind eine Privatschule besuchen, ist auch das Schulgeld als Sonderausgaben abziehbar, wenn die zuständige oberste Landeskultusbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle bestätigt, dass der Besuch der Privatschule erforderlich ist. Entsprechende Angaben machst Du in der Anlage Kind ab Zeile 65.

Zusätzliche Kosten

Die Pauschbeträge decken nur solche Aufwendungen ab, die behinderten Menschen erfahrungsgemäß entstehen und deren alleinige behinderungsbedingte Veranlassung nur schwer nachzuweisen ist. Besondere einmalig anfallende Kosten kannst Du zusätzlich zum Pauschbetrag steuerlich geltend machen. Dazu gehören zum Beispiel:

  • der Aufwand für den behindertengerechten Umbau der Wohnung,
  • Kosten einer Operation,
  • Arzt- und Arzneiaufwendungen,
  • Aufwendungen für Heilkuren und
  • Heilbehandlungen,
  • Arzneimittel und
  • die Fahrtkosten bei einer Schwerbehinderung.

Diese gelten aber als allgemeine außergewöhnliche Belastungen, bei den Deine zumutbare Belastung abzuziehen ist.

Die Fahrtkosten kannst Du ansetzen, wenn sie durch die Behinderung entstehen. Das Finanzamt unterscheidet dabei die folgenden Fälle:

  • Bei einem Grad der Behinderung von mindestens 80 beziehungsweise mindestens 70 bei Geh- und Stehbehinderten (Merkzeichen G oder orangefarbener Flächenaufdruck im Schwerbehindertenausweis) werden ohne Nachweis 900 Euro anerkannt (= 3.000 Kilometer mit einem Satz von 30 Cent pro Kilometer).
  • Bei außergewöhnlich Gehbehinderten, die sich außerhalb des Hauses nur mit Hilfe eines Fahrzeugs bewegen können (Merkzeichen „aG”), sowie bei hilflosen, blinden oder stark pflegebedürftigen Personen erkennt das Finanzamt alle Privatfahrten an (regelmäßig bis zu 15.000 Kilometer jährlich). Die tatsächliche Fahrleistung musst Du in diesem Fall aber nachweisen oder glaubhaft machen.

Falls Du zusätzlich Kosten für die Nutzung anderer Verkehrsmittel wie Taxis ansetzt, kürzt das Finanzamt diese entsprechend. Grundlage dafür ist die oben genannte angemessene jährliche Fahrleistung von 3.000 Kilometern (beziehungsweise 15.000 Kilometern bei den Merkzeichen aG, BI oder H).

Geregelt war dies bislang nur in einer Verwaltungsanweisung, nämlich im Einkommensteuer-Handbuch (Einkommensteuer-Hinweis zu § 33b EStG). Ab 2021 führt der Gesetzgeber eine behinderungsbedingte Fahrtkosten-Pauschale ein (§ 33 Abs. 2a EStG): Bei einem GdB von mindestens 80 oder GdB von 70 mit dem Merkzeichen „G“ steht Dir die Pauschale von 900 Euro zu; hast Du das Merkzeichen „aG“, „Bl“ oder „H“ sogar 4.500 Euro – ohne, dass Du die tatsächlichen Fahrten nachweisen musst. Du darfst aber darüber hinaus keine weiteren behinderungsbedingten Fahrtkosten als außergewöhnliche Belastungen absetzen. Statt der Pauschale kannst Du Deine Fahrtkosten nachweisen.

Hast Du Dein Auto behindertengerecht umrüsten lassen, kannst Du die Kosten zusätzlich als außergewöhnliche Belastungen angeben. Die behinderungsbedingten Kfz-Kosten trägst Du in Zeile 33 der Anlage Außergewöhnliche Belastungen ein.

Darüber hinaus kannst Du auch behinderungsbedingte Um- oder Neubaukosten eines Hauses oder einer Wohnung absetzen. Behinderungsbedingte Aufwendungen trägst Du in der Anlage Außergewöhnliche Belastungen in Zeile 33 ein.

Sind Scheidungskosten absetzbar?

Bis 2012 konnten Steuerzahlende ihre Scheidungskosten noch als klassische außergewöhnliche Belastungen in der Steu­er­er­klä­rung angeben. Nach einer Gesetzesänderung sind seit 2013 Zivilprozesskosten ausdrücklich nicht mehr absetzbar. Einzige Ausnahme: Die betroffene Person muss einen Prozess führen, um eine Bedrohung ihrer Existenz abzuwenden.

Lange war umstritten, ob dieses gesetzliche Verbot auch für die Gerichts- und Anwaltskosten gilt, die im Rahmen einer Scheidung entstehen. Der BFH hat mit seinem im August 2017 veröffentlichten Urteil für Klarheit gesorgt (Urteil vom 18. Mai 2017, Az. VI R 9/16): Demnach sind Scheidungskosten seit 2013 nicht mehr als außergewöhnliche Belastungen absetzbar.

Für Altfälle bis 2012, die durch Einspruch offengehalten wurden, gibt es bessere Chancen. Zu einer Klage in dieser Sache können wir nicht raten. Schließlich wäre dies erneut mit Prozesskosten verbunden – und diese müsstest Du vermutlich komplett selbst tragen.

Wie wird die zumutbare Belastung berechnet?

Bei allgemeinen außergewöhnlichen Belastungen musst Du immer einen Teil selbst tragen. Vom Gesamtbetrag Deiner Einkünfte wird nur der Teil Deiner Aufwendungen abgezogen, der Deine persönliche Grenze der zumutbare Belastung übersteigt. Die Berechnung ist gesetzlich festgelegt. Bleiben Deine außergewöhnlichen Belastungen unter der Grenze, reduzieren sie Deine Steuerlast überhaupt nicht. Deshalb solltest Du Aufwendungen, die allgemeine außergewöhnliche Belastungen sein können, immer bündeln.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in mehreren Verfahren entschieden, dass eine Grenze der zumutbaren Belastung verfassungsgemäß ist (Urteile vom 2. September 2015, Az. VI R 32/13 und VI R 33/13; Urteil vom 19. Januar 2017, Az. VI R 75/14, Az. VI R 18/19, Az. VI R 48/18). Zwei Verfassungsbeschwerden dazu hatte das Bundesverfassungsgericht erst gar nicht angenommen (Beschluss vom 23. November 2016, Az. 2 BvR 180/16; Beschluss vom 18. September 2018, Az. 221/17).

Deine individuelle Belastungsgrenze ermittelt das Finanzamt nach einem Prozentsatz Deiner gesamten Einkünfte. Die Behörde berücksichtigt auch Deinen Familienstand und die Anzahl der Kinder. Bei einem Single hält der Gesetzgeber einen höheren Eigenanteil für zumutbar als beispielsweise bei einem Familienvater.

Mithilfe eines Rechners der bayerischen Finanzverwaltung kannst Du Deine individuelle zumutbare Belastung berechnen.

Zumutbarer Betrag in Prozent der Gesamteinkünfte

bei einem Gesamtbetrag
der Einkünfte
bis 15.340 €über 15.340 €
bis 51.130 €
über 51.130 €

1. bei Steuerzahlern ohne Kinder

   
a) Grundtarif5 %6 %7 %
b) Splittingtarif4 %5 %6 %
2. bei Steuerzahlern mit   
a) einem Kind oder zwei Kindern12 %3 %4 %
b) drei oder mehr Kindern11 %1 %2 %

1 Kinder, für die Du Anspruch auf einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld hast
Quelle: Paragraf 33 Einkommensteuergesetz (Stand: 2. Dezember 2020)

Tipp: Wenn Du auf Nummer sicher gehen willst, dann trägst Du jedes Jahr in Deiner Steu­er­er­klä­rung Deine kompletten außergewöhnlichen Belastungen ein – unabhängig davon, ob Du damit Deine individuelle zumutbare Belastung nach der aktuell gültigen Berechnungsweise überschreitest. So kannst Du später davon profitieren, falls erneut die Berechnung zu Deinen Gunsten geändert werden müsste.

Zumutbare Belastung: seit 2017 neue Berechnungsweise

Bis Ende März 2017 gingen Finanzämter und Gerichte davon aus, dass für die gesamten Einkünfte (zum Beispiel Lohn sowie Mieten abzüglich Werbungskosten) jeweils der höhere Prozentsatz als zumutbare Belastung gilt, sogar dann, wenn die Schwelle zur nächsten Stufe nur geringfügig überschritten war. Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied jedoch, dass diese Berechnung falsch ist. Gerade in Grenzbereichen der Einkunftsstufen könne dieses starre Festhalten zu einer zu hohen Steuerlast führen (Urteil vom 19. Januar 2017, Az. VI R 75/14).

Folgendes Beispiel verdeutlicht dies: Du hast zwei unterhaltsberechtigte Kinder und erzielst zusammen mit Deinem Ehepartner Einkünfte in Höhe von 58.550 Euro. Bislang wurden 4 Prozent dieser gesamten Einkünfte als zumutbare Belastungsgrenze angesehen, also 2.342 Euro. Erst wenn Du diesen Betrag überschritten hast, wirkten sich die übersteigenden Ausgaben als außergewöhnliche Belastung aus.

Jede der drei Einkunftsstufen müsse aber für sich betrachtet werden, entschied der BFH. Konkret bedeutet das in unserem Beispiel:

2 % von 15.340 €306,80 €
3 % von 35.790 € (51.130 € minus 15.340 €)1.073,70 €
4 % von 7.420 € (58.550 € minus 51.130 €)296,80 €
Summe1.677,30 €

Gegenüber der bisherigen Berechnungsweise verringert sich die Grenze der zumutbaren Belastung um 665 Euro. Wenn Deine Kosten diese niedrigere Grenze überschreiten, senken die darüberliegenden Kosten als außergewöhnliche Belastung die Einkommensteuer, die Du zahlen musst.

Am 1. Juni 2017 teilte das Bundesfinanzministerium mit, dass die Finanzämter die neue Berechnungsweise der zumutbaren Belastung ab sofort anwenden sollen. In neuen Steuerbescheiden wird das berücksichtigt. Außerdem haben die Finanzämter zwischenzeitlich viele Steuerbescheide korrigiert.

Die meisten Steuerbescheide der vergangenen Jahre tragen hinsichtlich der zumutbaren Belastung einen Vorläufigkeitsvermerk. Finanzämter ändern in diesem Fall den Steuerbescheid automatisch. Falls dies nicht geschehen ist, kannst Du einen Antrag auf Korrektur gemäß Paragraf 165 Absatz 2 Abgabenordnung (AO) stellen. Steht Dein Steuerbescheid „unter Vorbehalt der Nachprüfung“, so kannst Du eine Korrektur gemäß Paragraf 164 Absatz 2 AO beantragen. Die Festsetzungsfrist für Steuerbescheide läuft in der Regel über vier Jahre.

Der BFH urteilte am 19. Januar 2017 außerdem, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der zumutbaren Belastung nicht um Beiträge an eine berufsständische Versorgungseinrichtung zu kürzen ist. Geklagt hatte ein angestellter Steuerberater, der in das Versorgungswerk der Steuerberater einzahlte.

Nach den jüngsten BFH-Urteilen zu Krankheitskosten im Jahr 2022 verzichten Finanzämter auf den Vorläufigkeitsvermerk. Folglich musst Du immer den zumutbaren Eigenanteil knacken

Wie kommst Du über die Belastungsgrenze?

Erst am Jahresende kannst Du mit Sicherheit wissen, ob Du Deine zumutbare Belastungsgrenze knackst. Daher solltest Du während des Jahres erst einmal alle Belege sammeln.

Bei Kostenblöcken wie Zahnersatz hast Du innerhalb bestimmter Grenzen sogar einen gewissen Gestaltungsspielraum: Du solltest immer darauf hinwirken, dass planbare hohe Ausgaben in einem Kalenderjahr entstehen. Weißt Du zum Beispiel schon, dass Deine Kran­ken­kas­se den Zahnersatz nicht vollständig übernehmen wird, dann solltest Du möglichst vermeiden, dass Deine Zahnärztin eine Rechnung im Dezember 2022 stellt und eine weitere im Januar 2023. Besser wäre es, sie würde die Behandlung noch im Jahr 2022 abschließen. Die zweite Rechnung könntest Du schon im Dezember 2022 begleichen. Dadurch steigerst Du die Wahrscheinlichkeit, die zumutbare Belastungsgrenze zu überwinden.

Wichtig: Außergewöhnliche Belastungen werden nur auf Antrag vom Gesamtbetrag Deiner Einkünfte abgezogen. Mit Antrag ist gemeint, dass Du Deine außergewöhnlichen Belastungen in Deiner Steu­er­er­klä­rung angibst. Eintragen musst Du diese in der Anlage Außergewöhnliche Belastungen.

Autoren
Udo Reuß

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