Das Wichtigste in Kürze
- Ausgaben für Brillen, Zahnersatz oder Physiotherapie sind typische Krankheitskosten, die Du als außergewöhnliche Belastungen von der Steuer absetzen kannst.
- Allerdings musst Du dafür Deine individuelle Belastungsgrenze überschritten haben. Diese zumutbare Belastung hängt von der Höhe Deiner Einkünfte, Deinem Familienstand und der Zahl Deiner Kinder ab.
So gehst Du vor
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Hast Du in einem Jahr sehr hohe Ausgaben wegen Gesundheitsproblemen, dann stehen die Chancen gut, dass Du im Gegenzug weniger Steuern zahlen musst. Allerdings musst Du dafür eine magische Schwelle überschreiten, die sogenannte zumutbare Belastung. Weitere außergewöhnliche Belastungen erhöhen die Chance, dass Du über diese Grenze kommst. Mehr dazu kannst Du in unserer Checkliste.
Welche Krankheitskosten sind absetzbar?
Alle Krankheitskosten, die Du selbst bezahlen musst, kannst Du in der Einkommensteuererklärung als außergewöhnliche Belastung von der Steuer absetzen. Als Krankheitskosten werden Ausgaben bezeichnet, die für die Heilung oder Linderung einer Krankheit aufgewendet werden müssen. Kosten für eine reine Prophylaxe, also vorbeugende Maßnahmen, sind hingegen fast immer nicht absetzbar. Deine Krankheitskosten trägst Du in Zeile 19 der Anlage Außergewöhnliche Belastungen Deiner Steuererklärung ein.
Wir beantworten Dir jetzt die Frage, welche Kosten absetzbar sind und welche manchmal nicht.
Welche Arztkosten sind steuerlich absetzbar?
Ja. Zu den Kosten zählen Aufwendungen, die bei Arzt, Zahnarzt, Heilpraktikerin, Logopäden, Psycho- oder Physiotherapeutin entstanden sind. Voraussetzung: Dein Behandler oder Deine Behandlerin hat eine Zulassung.
Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 23. März 2023 sind auch die Kosten für eine Fettabsaugung, die Liposuktion, absetzbar (Az. VI R 39/20). Eine Frau litt unter einer Störung der Fettverteilung, hatte ein Lipödem. Alle Behandlungen waren fehlgeschlagen, so dass man sich zu drei Fettabsaugungen entschied. Die Krankenkasse zahlte das nicht und das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung der Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung ab, weil vor den Eingriffen kein amtsärztliches Gutachten oder eine Bescheinigung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) vorgelegen habe. Sowohl das Finanzgericht als auch schließlich der Bundesfinanzhof entschieden aber zugunsten der Frau. Eine solches Dokument im Vorfeld der medizinischen Eingriffe brauche es nicht, um die Kosten als außergewöhnliche Belastung berücksichtigen zu können - zumindest ab dem Jahr 2016.
Kannst Du Medikamente geltend machen?
Ja, Du kannst die Kosten für viele Medikamente absetzen. Dazu brauchst Du ein Rezept oder eine Verordnung.
- Wer sich in der Apotheke auf eigene Rechnung das ärztlich verordnete Potenzmittel Viagra kauft, kann das absetzen.
- Die Antibabypille gibt es auch nur auf Rezept. Sie ist aber normalerweise nicht absetzbar, weil sie als Form der Schwangerschaftsverhütung typische Kosten der Lebensführung verursacht. Im Einzelfall kann die Pille jedoch aus medizinischer Sicht geboten sein, zum Beispiel bei Zyklusstörungen, hormonell bedingter Akne oder Erbkrankheiten wie Schizophrenie. Eine ärztliche Verordnung darüber kann Geld sparen, weil Du die Kosten dann doch absetzen kannst.
- Du darfst auch nicht rezeptpflichtige Arzneimittel und Naturheilmittel steuerlich geltend machen. Auch hier braucht es eine ärztliche Verordnung. Bei einer andauernden Erkrankung mit anhaltendem Verbrauch bestimmter Arznei-, Heil- und Hilfsmittel reicht die einmalige Vorlage einer Verordnung.
- Rezeptgebühren sind in vollem Umfang als Krankheitskosten abzugsfähig. Du musst Dir dann allerdings für sämtliche Rezeptgebühren eine Quittung ausstellen lassen.
Welche medizinischen Hilfsmittel sind absetzbar?
Oft sehr teure Dinge wie Brillen, Zahnersatz, Hörgeräte und Rollstühle lassen sich steuerlich geltend machen. Diese heißen im Steuerjargon „Hilfsmittel im engeren Sinn“. Bei Spezialbetten, Massagegeräten und anderen „Hilfsmitteln im weiteren Sinn“ musst Du die medizinische Notwendigkeit durch ein Attest eines Amtsarztes oder des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) nachweisen.
Was ist mit alternativen Behandlungsmethoden?
Akupunktur, eine Sauerstofftherapie oder andere alternative Behandlungen muss das Finanzamt nach der Rechtsprechung anerkennen und darf keine zu strengen Voraussetzungen an den Abzug der einzelnen Kosten stellen.
Kannst Du Krankheitskosten im Ausland absetzen?
Wenn Du während einer privaten oder geschäftlichen Auslandsreise krank geworden bist, darfst Du auch diese Kosten in der Steuererklärung angeben. Dazu reicht meist Deine Kreditkartenabrechnung. Besser ist aber eine Rechnung des Arztes, der Ärztin oder des Krankenhauses. Hast Du in einer anderen Währung als Euro gezahlt, erfolgt die Umrechnung zum jeweiligen Tageskurs, mit dem die Ausgaben bei Dir abgerechnet wurden.
Sind Impfungen für Reisen absetzbar?
Du kannst Impfungen vor Auslandsreisen nur dann absetzen, sofern diese ärztlich verordnet wurden und die Krankenkasse diese Kosten nicht oder nur teilweise erstattet hat.
Was gilt für Massagen und Heißpackungen?
Du musst die medizinische Notwendigkeit dieser Behandlungen mit einem amtsärztlichen Attest nachweisen, um die Kosten absetzen zu können. Das gilt auch für Bäder und Einläufe. Beachte, dass das Attest vor dem Behandlungsbeginn ausgestellt worden sein muss.
Welche Kosten sind noch absetzbar?
- Pflegekosten für einen Verwandten im Altenheim lassen sich bei der Steuer nur dann geltend machen, wenn die verwandte Person krankheitsbedingt ins Altenheim musste.
- Trinkgelder an Pflegepersonal sind im angemessenen Rahmen als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig. Bezeichne die einzelnen Empfänger oder Empfängerinnen und die Höhe des Trinkgelds genau und lass Dir den Empfang quittieren.
- Du kannst auch die Kosten für eine Begleitperson eines hilflosen Angehörigen absetzen.
- Die Kosten für Bade- und Heilkuren lassen sich nur dann steuerlich geltend machen, wenn sich mit der Kur eine drohende Krankheit abwenden lässt. Bei Klimakuren müssen der medizinisch angezeigte Kurort und die voraussichtliche Dauer bescheinigt werden.
Lässt sich Fitnessstudio absetzen?
Der Mitgliedsbeitrag fürs Fitnessstudio lässt sich in den meisten Fällen nicht absetzen. Es gibt Ausnahmen. Beginnst Du beispielsweise nach einem Bandscheibenvorfall mit Rückentraining, kannst Du unter Umständen doch. Wichtig ist, dass dieses Training speziell der Linderung einer Erkrankung dient und von einem Arzt oder einer Heilpraktikerin geleitet wird. Lass Dir daher das Training von Deinem Hausarzt attestieren. Vereinbare dann einen Termin mit der Amtsärztin im Gesundheitsamt. Von dieser benötigst Du eine amtsärztliche Bescheinigung, die Du dem Finanzamt als Nachweis vorlegen kannst.
Checkliste außergewöhnliche Belastungen
Mithilfe unserer Checkliste kannst Du prüfen, welche Krankheitskosten und weitere außergewöhnlichen Belastungen bei Dir angefallen sind.
Was gilt bei kranken Kindern?
Wenn Dein Kind krank ist und das bei Dir ungewöhnlich hohe Kosten verursacht, kannst Du Dir einiges davon vom Fiskus zurückholen. So erkennt das Finanzamt die Aufwendungen für die Begleitung eines kranken Kinds an, wenn Du die medizinische Notwendigkeit nachweisen kannst. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn sich Dein Kind beide Beine gebrochen hat und deswegen vorübergehend im Rollstuhl sitzt. Das Finanzamt muss sogar die Kosten für Zwischenheimfahrten der Begleitperson anerkennen, wenn es dieser Person unzumutbar ist, die Behandlung abzuwarten.
Zusätzlich zu den Steuervorteilen für Kinder in Ausbildung können Eltern Schulaufwendungen als außergewöhnliche Belastung geltend machen, wenn es sich um unmittelbare Krankheitskosten handelt. So lassen sich zum Beispiel die Ausgaben für ein Internat absetzen, wenn das Kind dort wegen einer Legasthenie behandelt wird. Dies gilt zumindest für den Krankheitskostenanteil. Gleiches gilt für die Kosten einer logopädischen Therapie.
Was gilt für Besuchsfahrten?
Du kannst Besuchsfahrten in eine Klinik absetzen, wenn die kranke Person ein Familienmitglied ist. Dabei ist es wichtig, dass der Besuch für die körperliche oder geistige Genesung der Person notwendig ist. Auch dafür solltest Du Dir die medizinische Notwendigkeit vom behandelnden Arzt oder von der Ärztin bescheinigen lassen.
Absetzbar sind die tatsächlichen Fahrtkosten beziehungsweise bei Fahrten mit dem privaten Fahrzeug pro Kilometer pauschal 0,30 Euro. Bei sehr schweren Erkrankungen oder bei großen Entfernungen zum Heimatort sind auch Übernachtungskosten absetzbar. So erkennt das Finanzamt beispielsweise die Rechnung einer Pension an, wenn ein Kind in einer Spezialklinik operiert wird, die 250 Kilometer entfernt liegt.
Darfst Du Fahrtkosten zum Arzt absetzen?
Die Kosten für Fahrten zur Arztpraxis, zur Therapie oder zu sonstigen Behandlungen erkennt das Finanzamt an. Ansetzen kannst Du entweder die tatsächlichen Aufwendungen – auch für ein Taxi – oder pauschal 0,30 Euro je gefahrenem Kilometer. Benutzt Du allerdings Deinen eigenen Wagen, sind die abzugsfähigen Fahrtkosten begrenzt: Sie sind nur in der Höhe absetzbar, die den Kosten für die Fahrt mit einem öffentlichen Verkehrsmittel entspricht. Eine Ausnahme gilt nur, wenn es keine zumutbare öffentliche Verkehrsverbindung gibt.
Was ist mit künstlicher Befruchtung bei der Steuer?
Die Kosten für eine künstliche Befruchtung darfst Du in die Steuererklärung eintragen. Das zeigt der Fall einer nicht verheirateten Frau, die außergewöhnliche Belastung durch die Kosten einer künstlichen Befruchtung geltend gemacht hat und damit erfolgreich war. Der Bundesfinanzhof stimmte letztlich ihrer Argumentation zu (Urteil vom 10. Mai 2007, Az. III R 47/05).
Sind vorbeugende Maßnahmen absetzbar?
Vorbeugung macht sich steuerlich nicht bezahlt. Wer eine Diät macht, um Gelenkprobleme im späteren Alter zu verhindern, spart damit keine Steuern. Das gilt auch für die Ausgaben für Vitaminpräparate, Nahrungsergänzungsmittel und Zahnreinigungen. Im Steuerdeutsch heißt das: Die Kosten für vorbeugende, der Gesundheit ganz allgemein dienende Maßnahmen, sind nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar (§ 33 EStG).
Darfst Du etwas absetzen, das die Kasse gezahlt hätte?
Nein. Wenn Du es versäumt hast, bei Deiner Krankenversicherung die Erstattung zu beantragen, dann musst Du die Kosten komplett aus eigener Tasche zahlen. Krankheitskosten kannst Du als außergewöhnliche Belastungen nur dann geltend machen, wenn diesen auch entsprechende Aufwendungen gegenüberstehen. Deshalb kannst Du nichts absetzen, was Deine Kasse übernommen hätte, wenn Du es eingefordert hättest.
Nach einem Beschluss des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz sind Krankheitskosten, die man selbst trägt, um eine Beitragsrückerstattung seiner privaten Krankenversicherung zu bekommen, nicht als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig (31. Januar 2012, Az. 2 V 1883/11). Das sieht das Finanzgericht Niedersachsen genauso (Urteil vom 20. Februar 2019, Az. 9 K 325/16). Denn es fehle bei einem Verzicht auf Erstattung an der Zwangsläufigkeit.
Mehr dazu im Ratgeber Gesetzliche Krankenversicherung
- Bei Service, Zusatzleistungen und Beitrag gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Krankenkassen.
- Von uns empfohlene Anbieter sind: HKK, TK und Audi BKK. Die BKK Firmus eignet sich für Preisbewusste, die viel Wert auf Zahnvorsorge legen. Energie-BKK empfehlen wir jungen Familien und Schwangeren.
Ausführliche Informationen zur gesetzlichen Krankenversicherung findest Du in unserem Ratgeber. Mehr zur privaten Krankenversicherung kannst Du hier nachlesen.
Wann reicht ein Attest nicht aus?
Bei einigen Heilmaßnahmen oder dem Kauf eines medizinischen Hilfsmittels reicht ein Attest des Arztes oder der Ärztin nicht aus. Du brauchst schon vorher ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung des MDK (§ 64 EStDV). Das gilt unter anderem für Bade- und Heilkuren, psychotherapeutischen Behandlungen oder wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden wie Frischzellentherapie.
Meist reicht es aber, die medizinische Notwendigkeit Deiner Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel durch ein Attest nachzuweisen. Das gilt auch für Kosten für Homöopathie, Bewegungstherapien oder für Pflanzenheilkunde. Die Vorlage einer Bescheinigung des Arztes oder der Heilpraktikerin, die diese Behandlungen verordnet haben, reicht aus. (BFH, Urteil vom 26. Februar 2014, Az. VI R 27/13).
Du weißt jetzt alles Wichtige zum Thema absetzen. Es gibt aber noch eine Hürde zu überspringen: die zumutbare Belastung. Dazu kommen wir jetzt.
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Was bedeutet die zumutbare Belastung?
Deine Krankheitskosten machen sich steuerlich erst bemerkbar, wenn Du damit die Grenze der zumutbaren Belastung überschritten hast. Nur der darüber liegende Betrag sorgt für eine Steuerersparnis als außergewöhnliche Belastung.
Wie hoch ist die Grenze der zumutbaren Belastung?
Die Höhe der zumutbaren Belastung beträgt ein bis sieben Prozent Deines Einkommens. Deine individuelle zumutbare Belastung kannst Du mithilfe eines kostenlosen Rechners der Finanzverwaltung selbst ermitteln. Generell hängt die Höhe von den folgenden drei Faktoren ab:
- Deinem Einkommen
- Deinem Familienstand
- der Zahl Deiner unterhaltsberechtigten Kinder
Es gilt: Ledige mit hohem Einkommen und ohne Kinder müssen mehr Geld für medizinische Leistungen ausgeben als eine durchschnittlich verdienende Familie mit Kindern, um die Grenze der zumutbaren Belastung zu übertreffen.
Maßgeblich ist an dieser Stelle nicht Dein Bruttoeinkommen oder Dein zu versteuerndes Einkommen - sondern der sogenannte Gesamtbetrag der Einkünfte (GdE). Das ist bei Angestellten in der Regel das Bruttoeinkommen abzüglich der Werbungskosten. Als erste Orientierung kannst Du einfach die Werbungskostenpauschale von 1.230 Euro von Deinem Brutto abziehen. Bist Du alleinerziehend, ziehst Du zusätzlich den Entlastungsbetrag von 4.260 Euro ab.
Es gibt drei Einkunftsstufen, in denen je nach Familienstand und Anzahl der Kinder unterschiedlich hohe Prozentanteile der Einkünfte als zumutbare Belastung aufgewendet werden müssen (§ 33 EStG).
Wer hat wie viel Prozent zumutbare Belastung?
Gesamtbetrag der Einkünfte (GdE) | Stufe 1 bis 15.340 € | Stufe 2 über 15.340 € bis 51.130 € | Stufe 3 über 51.130 € |
---|---|---|---|
1. Steuerzahler ohne Kinder | |||
a) Grundtarif | 5 % | 6 % | 7 % |
b) Splittingtarif (Ehepaare) | 4 % | 5 % | 6 % |
2. Steuerzahler mit | |||
a) einem oder zwei Kindern1 | 2 % | 3 % | 4 % |
b) drei oder mehr Kindern1 | 1 % | 1 % | 2 % |
1 Kinder, für die Du Anspruch auf einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld hast
Quelle: Paragraf 33 EStG (Stand: 26. September 2025)
Beispiele:
- Ein Single ohne Kinder in Stufe 3 hat als zumutbare Belastung sieben Prozent seiner Einkünfte.
- Bei einer verheirateten Frau ohne Kinder sind es in Stufe 3 nur noch sechs Prozent.
- Bei ein oder zwei Kindern sind es in Stufe 3 generell vier Prozent, in Stufe 2 noch drei Prozent und in Stufe 1 nur zwei Prozent.
- Ein Prozent ist es, wenn jemand mindestens drei Kinder hat und in Stufe 1 oder 2 liegt.
Was hat sich 2017 bei der zumutbaren Belastung geändert?
Bis Anfang 2017 herrschte bei den Finanzbehörden und vielen Juristen die Auffassung, dass für die gesamten Einkünfte, also Gehalt, aber auch Miet- oder Zinseinnahmen, jeweils der höhere Prozentsatz als zumutbare Belastung gilt, auch wenn die Schwelle zur nächsten Stufe nur um wenige Euro überschritten ist. Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied anders: Gerade in Grenzbereichen der Einkunftsstufen könne dieses starre Festhalten zu einer ungerechtfertigten Besteuerung führen (Urteil vom 19. Januar 2017, Az. VI R 75/14).
Ein Beispiel: Ihr habt zwei unterhaltsberechtigte Kinder und gemeinsam Einkünfte von insgesamt 58.550 Euro. Bis 2017 wurden gemäß Paragraf 33 EStG vier Prozent davon als zumutbare Belastung angesehen, also 2.342 Euro. Erst wenn Du diesen Betrag überschritten hattest, wirkte sich der darüber hinausgehende Betrag als außergewöhnliche Belastung aus.
Jede der drei Einkunftsstufen müsse aber für sich betrachtet werden, um eine gerechte Besteuerung herbeizuführen, urteilten die obersten Finanzrichter im Jahr 2017.
Das bedeutet in unserem Beispiel:
2 % von 15.340 € | 306,80 € |
3 % von 35.790 € (51.130 € minus 15.340 €) | 1.073,70 € |
4 % von 7.420 € (58.550 € minus 51.130 €) | 296,80 € |
zumutbare Belastung nach neuer Regelung | 1.677,30 € |
zumutbare Belastung nach alter Regelung | 2.342,00 € |
Differenz aus neuer und alter Regelung | 664,70 € |
Quelle: § 33 EStG, Finanztip-Berechnung (Stand: 26. September 2025)
Du siehst: Mit der neuen Regelung ergibt sich eine um 664,70 Euro geringere zumutbare Belastung. Du kannst also seit 2017 oft deutlich mehr Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung von der Steuer absetzen.
Der BFH bestätigte in der oben genannten Entscheidung aus dem Jahr 2017 zudem, dass generell die außergewöhnlichen Belastungen im Krankheitsfall um die zumutbare Belastung reduziert werden dürfen. Einen Verfassungsverstoß konnten das Gericht nicht erkennen, so auch in zwei weiteren Urteilen (Az. VI R 18/19 vom 1. September 2021 und VI R 48/18 vom 4. November 2021). Finanzämter setzen seitdem Steuerbescheide in diesem Punkt nicht mehr vorläufig fest.Die BFH-Richter entschieden außerdem, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der zumutbaren Belastung nicht um Beiträge an eine berufsständische Versorgungseinrichtung zu kürzen ist. Geklagt hatte ein angestellter Steuerberater, der in das Versorgungswerk der Steuerberater einzahlte.
Wie überspringst Du die Grenze der zumutbaren Belastung?
Du kannst die Hürde der zumutbaren Belastung überspringen, wenn Du die drei folgenden Tipps beachtest. Denn leider ist es so, dass die Grenze der zumutbaren Belastung oft nicht erreicht wird, weshalb Krankeitskosten steuerlich ins Leere laufen. Du hast zwar möglicherweise recht hohe Krankheitskosten, doch Deine persönliche Grenze der zumutbaren Belastung ist noch höher. Dann sparst Du keinen Cent Steuern.
Tipp 1: Alle außergewöhnlichen Belastungen beachten
Gib in Deiner Steuererklärung alle Krankheitsausgaben an, die Du selbst bezahlt hast und belegen kannst. Bedenke auch, dass Du noch andere außergewöhnliche Belastungen haben kannst, die dafür sorgen, dass Du die Grenze der zumutbaren Belastung überwinden kannst. Schaue deshalb unbedingt auch in der Ratgeber Außergewöhnliche Belastungen rein. Eine Steuersoftware oder eine Steuer-App und später auch das Finanzamt ermitteln diesen Wert ohnehin.
Tipp 2: Ausgaben gut verteilen
Die zumutbare Belastung bezieht sich immer auf ein Kalenderjahr. Wenn möglich, plane also Ausgaben wie für aufwendigen Zahnersatz so, dass alle Kosten in ein Jahr fallen. Im schlimmsten Fall kann es sonst passieren, dass Du im Dezember und im Januar des Folgejahres Ausgaben hast. Und jede Ausgabe für sich nicht für die Grenze der zumutbaren Belastung ausreicht, aber beide Ausgaben zusammengenommen diese Hürde überspringen.
Tipp 3: Quittungen sammeln und den Überblick behalten
Sammle über das Jahr sämtliche Quittungen von Apotheken, Optikern, Akustikerinnen oder anderen Gesundheitsdienstleistern. Notiere Dir zudem alle Fahrten, die Du aus entsprechenden medizinischen Gründen unternommen hast. Auch diese kannst Du steuerlich absetzen. Übrigens: Viele Apotheken bieten inzwischen auch an, für ihre Kunden ein Konto zu führen und ihnen eine Jahresabrechnung zu erstellen.
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