Lieferverzug Auto Deine Rechte bei verspäteter Lieferung des Neuwagens

Dr. Britta Beate Schön
Dr. Britta Beate Schön
Expertin Recht

Das Wichtigste in Kürze

  • Autohändler vereinbaren meist nur einen unverbindlichen Liefertermin.
  • Den Liefertermin dürfen Autohändler bei neu konfigurierten Autos um sechs Wochen hinauszögern. 
  • Bei coronabedingten Verzögerungen darf der Händler sogar vier Monate später liefern.
  • Wird Dein Elektroauto erst im nächsten Jahr geliefert, bekommst Du nicht mehr den vollen Umweltbonus vom Staat.  

So gehst Du vor

  • Ist der Liefertermin verstrichen, dann warte erst einmal sechs Wochen ab. 
  • Danach kannst Du den Händler mit unserem Musterschreiben anmahnen und eine Nachfrist setzen.

Musterschreiben

  • Liefert der Händler dann immer noch nicht, kannst Du vom Kaufvertrag zurücktreten und Schadensersatz verlangen. 

Du hast einen Neuwagen bestellt, doch die Lieferung lässt auf sich warten. Dieses Problem tritt seit einigen Jahren immer mal wieder auf, häufig bedingt durch Störungen in den weltweiten Lieferketten. Möchtest Du nicht länger auf Deinen Neuwagen warten, dann kannst Du Dich unter bestimmten Voraussetzungen von Deinen vertraglichen Pflichten lösen. Wie das geht, erklären wir Dir.

Wann ist der Autohändler im Lieferverzug?

Der Autohändler ist im Lieferverzug, wenn ein vereinbarter Liefertermin nicht eingehalten wird. Maßgeblich ist dabei, ob ein unverbindlicher oder ein verbindlicher Termin vereinbart wurde und ob höhere Gewalt greift. 

Ist der Autohändler im Lieferverzug, dann hast Du die Möglichkeit, vom Vertrag zurückzutreten und sogar Schadensersatz zu verlangen. Aber nicht jede Überschreitung des Liefertermins begründet einen Lieferverzug. 

Was gilt bei einem unverbindlichen Liefertermin?

Bei einem unverbindlichen Liefertermin nennt der Händler nur eine voraussichtliche Lieferung. Diesen Termin darf er bei neu konfigurierten Neuwagen um sechs Wochen überschreiten. Das regeln die Neuwagenverkaufsbedingungen (NWVB) , die von den allermeisten Autohändlern verwendet werden. Entwickelt wurden sie vom Verband der Automobilindustrie(VDA), dem Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) und dem Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). 

Unverbindliche Termine sind bei Neuwagen die Regel. Im Vertrag kann das etwa so aussehen: „Lieferung um die 10. Kalenderwoche” oder „Lieferung in circa zwanzig Wochen” oder „voraussichtlich Oktober 2025”. 

Habt Ihr beispielsweise eine Lieferung in ungefähr zwölf Wochen vereinbart, darf sich der Verkäufer also auch 18 Wochen Zeit lassen. Lässt der Verkäufer sich allerdings länger Zeit, dann solltest Du ihn anmahnen und in Verzug setzen

Gilt eine kürzere Frist bei vorhandenen Neuwagen?

Ja. Suchst Du Dir beim Händler einen Neuwagen aus, der schon vor Ort vorhanden ist, also beim Händler auf dem Hof steht, dann verkürzt sich die Frist auf zehn Tage. Auch das regeln die NWVB. Bei einem vorhandenen Neuwagen solltest Du daher schon zehn Tage nach dem geplanten Liefertermin anmahnen.

Was gilt bei einem verbindlichen Liefertermin?

Bei einem verbindlichen Liefertermin ist der Händler automatisch im Verzug, wenn er nicht rechtzeitig liefert. Die wenigsten Autohändler werden mit Dir allerdings einen verbindlichen Liefertermin vereinbaren. Denn das würde bedeuten, dass sie auf den Tag oder die Woche genau liefern müssten. Anders ist das bei Möbeln oder Elektrogeräten, die Du online kaufst: Verbindliche Liefertermine sind hier Standard. 

Wann verlängert höhere Gewalt  die Lieferfrist?

Bei höherer Gewalt darf der Händler nach den NWWB sogar vier Monate später liefern. Unter „höherer Gewalt” verstehen Juristen solche Umstände, die von außen überraschend eintreten und auf die weder Verkäufer noch Käufer Einfluss haben. Dazu dürfte zum Beispiel die Corona-Pandemie gezählt haben.

Wenn die Produktion Deines Fahrzeugs also noch andauert, weil dem Hersteller Teile fehlen, und dieser das nicht vorhersehen konnte, dann darf sich der Händler vier weitere Monate für die Lieferung Zeit nehmen.

Ob fehlende Chips wie in der Halbleiterkrise während der Corona-Pandemie oder bei den Lieferproblemen des Chipherstellers Nexperia im Oktober 2025 als höhere Gewalt gelten, ist allerdings gerichtlich bisher nicht geklärt. 

Muss Dich der Autohändler über mögliche Lieferprobleme aufklären?

Ja. Der Händler muss bekannte Verzögerungsrisiken in die Lieferzeit einrechnen und Dich vor dem Kauf darüber aufklären. Hat Dir der Händler das verschwiegen und deswegen eine viel zu kurze Lieferzeit angesetzt, dann darfst Du Dich schon früher vom Vertrag lösen. Dazu solltest Du ihn sechs Wochen nach dem Liefertermin schriftlich anmahnen. Nach Ablauf einer Nachfrist von zwei Wochen bist Du berechtigt, vom Kauf zurückzutreten

Was kannst Du bei Lieferverzug tun?

Bei Lieferverzug solltest Du den Händler anmahnen und eine Nachfrist setzen.  

Wie mahnst Du den Händler an und setzt eine Nachfrist?

Du forderst den Händler zur Lieferung auf und setzt eine Nachfrist, am besten schriftlich oder per E-Mail. Zwei Wochen Nachfrist sind in der Regel ausreichend. Verwende dazu einfach unser Musterschreiben. Ab dem Zeitpunkt Deiner Mahnung kannst Du Dir den Verzugsschaden ersetzen lassen. 

Kannst Du einen Online-Kaufvertrag für ein Auto widerrufen?

Ja. Hast Du den Kaufvertrag über das Internet abgeschlossen, kannst Du den Vertrag innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsabschluss widerrufen. Das ist der Fall, wenn Du den Kauf direkt über ein Online-Portal abgeschlossen hast. Hast Du den Kaufvertrag beim Händler vor Ort unterschrieben, steht Dir kein gesetzliches Widerrufsrecht zu.

Welche Rechte hast Du bei Lieferverzug?

Bei Lieferverzug kannst Du entweder auf Lieferung warten oder Dich vom Kaufvertrag lösen – je nach Entscheidung stehen Dir unterschiedliche Rechte zu. Wichtig ist nur, dass Du den Händler zunächst mahnst. 

Was gilt, wenn Du abwarten möchtest?

Ab dem Zeitpunkt Deiner Mahnung kommt der Händler in Verzug. Ab diesem Zeitpunkt kannst Du Dir den Schaden ersetzen lassen, der Dir durch den Verzug entstanden ist (Verzugsschaden). Geregelt ist das in den Paragrafen 280 und 286 BGB. Musst Du Dir beispielsweise einen Leihwagen nehmen, bis der Neuwagen da ist, dann solltest Du die Kosten dafür vom Händler zurückverlangen.

Wann kannst Du Dich vom Kaufvertrag lösen?

Vom Kaufvertrag lösen kannst Du Dich erst, wenn die Nachfrist abgelaufen ist. Ist Dein Wagen dann immer noch nicht da, kannst Du vom Kaufvertrag zurücktreten und in manchen Fällen sogar Schadensersatz verlangen Höhere Gewalt muss der Händler allerdings nicht verantworten.

Wie trittst Du vom Kaufvertrag zurück?

Den Rücktritt erklärst Du nach Ablauf der Nachfrist schriftlich als Einwurfeinschreiben. Hast Du bereits eine Anzahlung per Vorkasse gezahlt, solltest Du den Händler auffordern, das Geld innerhalb von 14 Tagen auf Dein Konto zu überweisen.

Wann ist Schadensersatz möglich?

Schadensersatz kannst Du verlangen, wenn Dir ein in Geld messbarer Schaden entstanden ist. In Betracht kommen hier beispielsweise die Mehrkosten, die Dir durch den Kauf eines teureren Fahrzeugs entstehen. Hatte Dir der Händler einen Rabatt für den Neuwagen versprochen, ist auch das ein Schaden, den er ersetzen muss.

Da hier schnell Summen von mehreren Hundert oder Tausend Euro zusammenkommen können, solltest Du Dich von einem Anwalt beraten lassen. Bei Ärger mit dem Autokauf hilft Dir eine Verkehrsrechtsschutz-Versicherung

Unterstütze uns
Mit Deinem Beitrag unterstützt Du uns bei der unabhängigen Recherche für unsere Ratgeber.