Das Wichtigste in Kürze
- Du kannst Verluste und Gewinne innerhalb eines Jahres steuerlich miteinander verrechnen.
- Es ist auch möglich, dass Du einen Verlust ins Vorjahr rück- oder in die Folgejahre vortragen kannst - das nennt sich Verlustrücktrag oder Verlustvortrag.
- Das funktioniert nur mit einer Steuererklärung.
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Es kann Jahre geben, in denen die Ausgaben höher sind als die Einnahmen. Wer ein Unternehmen gründet, macht zunächst oft erstmal Verluste. Auch Studierende und Arbeitnehmer haben manchmal Ausgaben, die sie möglicherweise steuerlich mit positiven Einkünften verrechnen können. Dann müssen sie in diesem Jahr weniger oder gar keine Steuern zahlen. Dieser Ratgeber erklärt die Systematik der Verlustverrechnung sowie des Verlustabzugs und erklärt, was es mit einem Verlustvortrag und einem Verlustrücktrag steuerlich auf sich hat.
Wie funktioniert der Verlustausgleich im selben Jahr?
Du kannst Verluste innerhalb eines Steuerjahres mit Gewinnen in der Steuererklärung verrechnen lassen. Dabei gilt das folgende Grundprinzip:
- Zuerst werden innerhalb einer Einkunftsart alle positiven und negativen Einkünfte miteinander verrechnet. Das ist der horizontale Verlustausgleich, geregelt im Einkommensteuergesetz (§ 2 Abs. 3 EStG). Achtung: Kapitaleinkünfte, die der Abgeltungssteuer unterliegen, werden nicht in den allgemeinen Verlustausgleich einbezogen.
- Im nächsten Schritt verrechnet das Finanzamt die Einkünfte aus den verschiedenen Einkunftsarten miteinander, das heißt dann vertikaler Verlustausgleich.
Bei Ehepaaren erfolgt die Verlustverrechnung zunächst für jeden der zusammen veranlagten Ehegatten separat, danach werden die Ergebnisse miteinander verrechnet. Im Ergebnis spielt es keine Rolle, wer den Verlust erzielt hat.
Was bedeutet Einkunftsart?
In der Einkommensteuer gibt es sieben Arten von steuerpflichtigen Einkünften, ausführlicher kannst Du das im Ratgeber zu den sieben Einkunftsarten nachlesen:
- Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§§ 19, 19a EStG)
- Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG)
- Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG)
- Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit (§ 18 EStG)
- Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 15 bis 17 EStG)
- Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§§ 13 bis 14a EStG)
- Sonstige Einkünfte wie Renten (§§ 22, 23 EStG)
Wie läuft die Verrechnung konkret?
Wir erläutern das in zwei Beispielen:
- Beispiel 1: Christiane hat zwei Wohnungen vermietet. Mit der einen erzielt sie einen Überschuss von 5.000 Euro, mit der anderen einen Verlust von 8.000 Euro. Zusammen ergibt das bei den Vermietungseinkünften einen Verlust von 3.000 Euro. Der horizontale Verlustausgleich innerhalb der Einkunftsart Vermietung ist damit vollzogen. Erst danach werden die 3.000 Euro Verlust mit anderen Einkünften verrechnet, zum Beispiel aus nichtselbstständiger Arbeit als Angestellte.
- Beispiel 2: John verdient als Arbeitnehmer 35.000 Euro, das sind Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Nebenbei hat er eine Firma gegründet, die im ersten Jahr einen Verlust von 10.000 Euro erzielt, das sind etwa Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit. Das Finanzamt verrechnet beide Positionen im vertikalen Verlustausgleich miteinander, sodass der Gesamtbetrag der Einkünfte nur noch 25.000 Euro beträgt.
Was musst Du beim Verlustausgleich prinzipiell beachten?
Das Finanzamt akzeptiert Verluste nur, wenn eine Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht verfolgt wird. Fehlt diese, dann unterstellt es „Liebhaberei“. Die Tätigkeit stuft es dann als private Angelegenheit ein. Weder Verluste noch Gewinne zählen. Es bringt Dir also langfristig nichts, wenn Du in einer Einkunftsart nur Verluste machst, um diese zu verrechnen und so Steuern zu sparen.
Falls Du hingegen Anlaufverluste hast, aber damit rechnest, dass Du perspektivisch Gewinne erzielen kannst, dann verlangt das Finanzamt möglicherweise eine stichhaltige Prognoserechnung, die aufzeigt, dass Du mit Gewinnabsicht handelst. Möglicherweise wird das Finanzamt Deine Steuerbescheide für einige Jahre offen halten, um etwaige Verluste noch nachträglich streichen zu können.
Kannst Du auch als Arbeitnehmer Verluste haben?
Selbst wenn Du nur Einkünfte als Arbeitnehmer hast, kann es passieren, dass Du in einem Jahr einen Verlust hast. Mögliche Beispiele sind:
- Ein Student hat 2024 noch keine Einnahmen, aber hohe Ausgaben für sein Masterstudium, zum Beispiel Studienkosten für diese zweite Ausbildung, Fachbücher und Fahrtkosten. Auch seine Bewerbungskosten für seinen ersten Job im nächsten Jahr zählen zu den vorweggenommenen Werbungskosten.
- Eine Auszubildende hat hohe berufliche Fahrtkosten und nur sehr geringe Einnahmen.
- Ein Arbeitnehmer investiert 2024 sehr viel in seine Weiterbildung und reduziert zugleich seine Arbeitszeit massiv. Im Jahr 2024 übersteigen seine Werbungskosten sein erzieltes Gehalt.
- Eine Arbeitnehmerin ist arbeitslos geworden.
Da Du in diesem Fall nur eine Einkunftsart hast, kannst Du die Verluste nicht im gleichen Jahr verrechnen. Dann musst Du den Verlust vor- oder rücktragen. Dazu kommen wir jetzt, nicht nur für Arbeitnehmer, sondern generell.
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Was bedeutet Verlustabzug?
Man spricht von einem Verlustabzug, wenn ein Verlust nicht vollständig mit positiven Einkünften im selben Jahr verrechnet werden kann. Dann wird der nicht ausgeglichene Betrag von einem positiven Gesamtbetrag der Einkünfte in einem anderen Jahr abgezogen werden.
Für den Verlustabzug, also einen Verlustrücktrag oder einen Verlustvortrag, können Verluste aus allen Einkunftsarten in Betracht kommen, wenn sie im Jahr des Entstehens zu einem negativen Gesamtbetrag der Einkünfte geführt haben (§ 10d EStG). Der Verlustabzug gehört zu den Sonderausgaben.
Beispiel: Das Corona-Jahr 2020 hatte Sarah als Unternehmerin wirtschaftlich zugesetzt. 2019 hatte sie noch einen Gewinn versteuert, 2020 erzielte sie aber einen Verlust. Mit einem Verlustrücktrag wurde aus ihrem Verlust aus dem Jahr 2020 ihr bereits versteuerter Gewinn 2019 gegengerechnet. Der Verlust reduzierte ihr zu versteuerndes Einkommen. Das Finanzamt änderte den Steuerbescheid für 2019 und Sarah bekam eine Steuererstattung.
Generell hast Du ein Wahlrecht zwischen dem Verlustrücktrag in das Vorjahr oder die zwei vergangenen Vorjahre und dem Verlustvortrag in die Folgejahre.
Wie läuft der Verlustvortrag ab?
Du beantragst einen Verlustvortrag auf der ersten Seite im Hauptvordruck Deiner Steuererklärung mit einem Kreuz bei „Erklärung zur Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrags“. Es gibt keine zeitliche Beschränkung. Dein Verlust wird so lange Jahr für Jahr vorgetragen, bis er komplett mit positiven Einkünften verrechnet ist. Begrenzen auf eine bestimmte Summe kannst Du ihn nicht.
Der Verlustvortrag wird vom Finanzamt in einem Verlustfeststellungsbescheid gesondert festgestellt. Dann musst Du im Folgejahr eine Steuererklärung inklusive der Anlage Sonstiges abgeben. Falls im Folgejahr der Verlust nicht vollständig verrechnet wird, fließt er in den Verlustfeststellungsbescheid dieses Jahres.
Kannst Du unbegrenzt Verluste vortragen?
Im Prinzip kannst Du Verluste in unbegrenzter Höhe vortragen lassen. Aber: Nur Verluste bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von einer Million Euro lassen sich unbeschränkt vortragen. Von allem, was drüber liegt, dürfen 60 Prozent abgezogen werden. Diese Vorträge haben Vorrang vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen (§ 10d EStG).
Beispiel: Der Gesamtbetrag der Einkünfte im laufenden Jahr beträgt 2,5 Millionen Euro. Dann rechnest Du 1 Million plus 60 Prozent des darüberliegenden Betrages von 1,5 Millionen Euro, macht zusammen 1,9 Millionen maximal im Veranlagungszeitraum verrechenbarer Verlust.
Was gilt für steuerfreie Einnahmen?
Die steuerfreien Einnahmen (§ 3 EStG) mindern nicht den ausgleichsfähigen Verlust (BFH-Urteil vom 28. Juli 1959, Az. I 41/58 S). Auch steuerfreie Veräußerungsgewinne mindern nicht den ausgleichsfähigen Verlust (BFH-Urteil vom 16. Dezember 1975, Az. VIII R 147/71). Zwar wird im Veranlagungsverfahren der Paragraf 10d EStG von Amts wegen angewendet. Hat aber ein Arbeitnehmer Anspruch auf Verlustausgleich und wird er nicht von Amts wegen veranlagt (§ 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 EStG), so werden die negativen Einkünfte nur berücksichtigt, wenn der Arbeitnehmer eine Veranlagung beantragt (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG). Über die Höhe des Verlustabzugs ergeht vom Finanzamt eine gesonderte Feststellung.
Lässt sich ein Verlustvortrag vererben?
Nein, das geht nicht mehr. Denn mit Beschluss vom 17. Dezember 2007 (GrS 2/04) hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Vererblichkeit des Verlustvortrags des Erben beseitigt. Danach kann der Erbe einen vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustvortrag nicht mehr zur Minderung seiner eigenen Einkommensteuer geltend machen. Eine Vererblichkeit des Verlustvortrags würde dem Grundsatz der Individualbesteuerung und dem Prinzip der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit widersprechen.
Wie funktioniert der Verlustrücktrag?
Beim Verlustrücktrag wird ein Verlust in das Vorjahr zurückgetragen. Du zahlst damit in der Regel rückwirkend weniger Steuern in diesem Vorjahr. Grundsätzlich ist der Verlustrücktrag auf eine Million Euro begrenzt, bei zusammen veranlagten Ehepaaren gilt der doppelte Betrag.
Du musst den Verlustrücktrag nicht beantragen. Nur wenn Du willst, dass der Verlust nicht zurückgetragen wird, muss Du in der Anlage Sonstiges Deiner Steuererklärung in Zeile 18 ein Häkchen setzen.
Der rückgetragene Verlust wird vom Gesamtbetrag der Einkünfte des Vorjahres abgezogen. Andere Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen des Vorjahres und andere Abzugspositionen werden nachrangig abgezogen.
Gab es Ausnahmeregelung in der Corona-Pandemie?
In der Corona-Pandemie wurde der Höchstbetrag zuerst in den Steuerjahren 2020 und 2021 auf zehn Millionen Euro und 20 Millionen Euro bei Verheirateten deutlich erhöht. Mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz vom 19. Juni 2022 blieb es auch in den Steuerjahren 2022 und 2023 bei zehn beziehungsweise 20 Millionen Euro als maximalen Verlustrücktrag.
Zudem machte es das Gesetz möglich, Verluste nicht nur in das Vorjahr, sondern sogar in die vorangegangenen beiden Jahre zurückzutragen.
Achtung: Seit dem Steuerjahr 2024 greift wieder die Begrenzung auf eine Million Euro. Allerdings bleibt es bei der Möglichkeit, Verluste in die vergangenen zwei Jahre zurückzutragen.
Lässt sich ein Verlust teilweise zurücktragen?
Seit dem Steuerjahr 2022 ist es nicht mehr möglich, den Verlustrücktrag zu begrenzen. Das sah zuvor noch anders aus, bis zum Steuerjahr 2021 konntest Du einen Verlust teilweise rücktragen. Mit diesem begrenzten Verlustrücktrag ließ sich der steuerfreie Grundfreibetrag besser ausnutzen. Den gewünschten Betrag musstest Du damals in Zeile 8 (Steuererklärung 2021) der Anlage Sonstiges in Deiner Steuererklärung eintragen.
Welche Beschränkungen gibt es beim Verlustabzug?
Das Einkommensteuerrecht enthält an einigen Stellen beim Verlustausgleich Verlustabzugsbeschränkungen. So können zum Beispiel nach Paragraf 15b EStG Steuerpflichtige im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell entstandene Verluste nicht ausgleichen. Sie dürfen auch nicht nach Paragraf 10d EStG abgezogen werden.
Die Verluste mindern jedoch die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben Einkunftsquelle erzielt. Diese Verluste gehen mithin nicht unbedingt verloren, denn sie dürfen mit positiven Ergebnissen – soweit vorhanden – aus derselben Einkunftsquelle in Folgejahren verrechnet werden.
Weitere Verlustabzugsbeschränkungen können sich ergeben aus:
- negativen Einkünften mit Bezug zu Staaten außerhalb der EU (§ 2a EStG)
- bei Verlusten aus gewerblicher Tierzucht beziehungsweise Tierhaltung (§ 15 Abs. 4 EStG)
- aus Verlusten bei beschränkter Haftung (§ 15a EStG), das betrifft zum Beispiel die Beteiligung als Kommanditist an einem geschlossenen Fonds
- negativen Einkünften beispielsweise aus der Vermietung eines Wohnmobils oder ähnlicher Leistungen (§ 22 Nr. 3 EStG)
- bei Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften (§ 23 Abs. 3 EStG)
- vor allem bei Verlusten aus Kapitalvermögen
Wie sind die Regeln bei Verlusten von Kapitalerträgen?
Für die Verlustverrechnung bei Kapitalerträgen gelten sieben Regeln. Wir nennen sie hier kurz, ausführlichere Informationen findest Du im Ratgeber zur Anlage KAP. Insbesondere erfährst Du dort, welche Gerichtsentscheidungen gefallen sind und welche noch anstehen.
- Verkaufst Du eine Anlage mit Verlust, so kannst Du diesen niemals mit anderen Einkünften, beispielsweise Arbeitslohn, Rente oder aus einer Vermietung, gegenrechnen.
- Verkaufst Du Aktien mit Verlust, kann dieser nur mit einem Gewinn aus Aktiengeschäften saldiert werden.
- Verkaufst Du Anlagen (außer Aktien und Termingeschäfte) mit Verlust, kannst Du diesen mit anderen Kapitalerträgen verrechnen – auch mit einem Gewinn aus dem Verkauf von Aktien.
- Du kannst seit 2020 einen Totalverlust unbegrenzt steuerlich geltend machen.
- Das funktioniert auch mit Termingeschäften.
- Die Bank verrechnet in jedem Verrechnungstopf Gewinne und Verluste vor einem freigestellten Sparerfreibetrag.
- Deine Kapitalgewinne darfst Du mit anderen negativen Einkünften verrechnen, beispielsweise mit einem Gewinn aus einer gewerblichen Tätigkeit.
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