Verträge langfristig widerrufen
Vorfälligkeitsentschädigung zurückfordern

Finanztip-Experte für Bank und Börse
Auch wenn Du bereits vor einiger Zeit vorzeitig aus Deiner Baufinanzierung ausgestiegen bist, kannst Du von einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung in Deinem alten Vertrag profitieren. Hast Du eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt, kannst Du sie möglicherweise von der Bank zurückerhalten.
Das gelang einem Kreditnehmer, dem die Sparda Bank Berlin nach Rückabwicklung des Darlehens nunmehr über 33.000 Euro zurückzahlen muss (LG Berlin, Urteil vom 13. April 2016, Az. 4 O 316/14).
Leicht wird das allerdings nicht. Der Vertrag ist immerhin seit Jahren beendet und abgewickelt. Es gibt aber Gerichte, die zugunsten des Verbrauchers entschieden haben und einen Widerruf für möglich halten (OLG Brandenburg, Urteil vom 17. Oktober 2012, Az. 4 U 194/11; LG Karlsruhe, Urteil vom 11. April 2014, Az. 4 O 395/13; OLG Hamm, Urteil vom 17. März 2015, Az. 31 U 40/15, OLG Karlsruhe, Urteil vom 14. April 2015, Az. 17 U 55/14, Urteil vom 29. Juli 2016, Az. 17 U 160/15; LG Siegen, Urteil vom 24. Juli 2015, Az. 2 O 350/14).
Einige Gerichte urteilten gegen Verbraucher, deren Verträge vor mehr als drei Jahren ausgelaufen waren. (LG Aachen, Urteil vom 22. Januar 2015, Az. 1 O 225/14; LG Bielefeld, Urteil vom 21. Juli 2014, Az. 6 O 459/13).
Es gibt bisher keine höchstrichterliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH), die klar festlegt, ob Du auch nach Beendigung des Vertrags diesen aufgrund einer fehlerhaften Belehrung widerrufen kannst oder ab wann Du dieses Recht verwirkt hast.
Der Ombudsmann der privaten Banken hilft auf jeden Fall nicht. In seinem Tätigkeitsbericht 2016 hat die Schlichtungsstelle dargelegt, dass es der ständigen Spruchpraxis entspreche, dass nach Beendigung des Vertrages mit Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung alle Rechte und Pflichten aus dem Vertrag und auch das Widerrufsrecht als verwirkt anzusehen seien. Der Ombudsmann verweist auf die Entscheidung des Oberlandesgericht Schleswig vom Oktober 2016 (OLG Schleswig, Urteil vom 6. Oktober 2016, Az. 5 U 72/16).
Hast Du Deinen Vertrag zwischen dem 1. September 2002 und dem 10. Juni 2010 abgeschlossen und wurde dafür eine Grundschuld eingetragen, kannst Du nach dem 21. Juni 2016 nicht mehr widerrufen, auch wenn die Belehrung fehlerhaft war (Art. 229 § 38 EGBGB). Wer innerhalb der Frist widerrufen hat, kann seine Vorfälligkeitsentschädigung zurück verlangen.
Richte Dich darauf ein, dass Du einen Anwalt brauchst. Am besten befolgst Du diese drei Schritte:
Zuerst überprüfst Du Deine Widerrufserklärung. Die wichtigsten Fehler haben wir im Ratgeber Fehlerhafte Widerrufsbelehrung erläutert. Wenn Dir das zu mühsam ist, zieh einen der von uns ausgewählten Anwälte zurate. Einige bieten eine kostenlose Erstprüfung an.
Sollte Deine Bank eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwendet haben, schreib einen Brief an Deine Bank und nenn die fehlerhaften Stellen in Deiner Widerrufsbelehrung. Forder in Deinem Brief die Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung. Beziffer dabei genau den Betrag, den Du damals an die Bank entrichtet hast. Wenn Du bei einem Anwalt warst, wird er den Briefverkehr für Dich übernehmen oder Dich dabei unterstützen.
Akzeptiert die Bank Deinen Widerruf nicht, solltest Du spätestens dann einen Anwalt aufsuchen und Dich rechtlich vertreten lassen. Sollte es ihm nicht gelingen, eine Einigung mit der Bank zu erzielen, wird er Deinen Widerruf gerichtlich durchsetzen müssen.
Die folgenden Kanzleien haben bereits mindestens ein Urteil gegen eine Bank wegen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung erstritten und mindestens zehn außergerichtliche Einigungen mit mehr als fünf Banken erzielt. Wir empfehlen Dir diese Kanzleien:
Wie wir diese Kanzleien ausgewählt haben, liest Du im Ratgeber zur fehlerhaften Widerrufsbelehrung.
Sofern Du eine Rechtsschutzversicherung hast, solltest Du abklären, ob sie die Kosten einer Klage übernimmt. Wenn Du den Immobilienkredit für den Neubau Deines Hauses genutzt hast, ist Rechtsschutz eher unwahrscheinlich. Denn die meisten Versicherer haben Bauangelegenheiten aus ihrem Vertrag ausgeschlossen.
Ohne Rechtsschutzversicherung besteht ein Kostenrisiko. Die Gerichts- und Anwaltskosten sind gesetzlich festgelegt. Entscheidend ist der Streitwert, der sich auf die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung beläuft.
Die Metaclaims Sammelklagen Finanzierungsgesellschaft mit Sitz in Bremen bietet Kreditnehmern eine interessante Lösung an, allerdings nur um eine Vorfälligkeittsentschädigung oder Nichtabnahmeentschädigung zurückzufordern. Eine Finanzierung des Widerrufs bei laufenden Verträgen bieten das Unternehmen nicht an. Anders als klassische Prozessfinanzierer, die häufig einen relativ hohen Mindeststreitwert voraussetzen, hat sich Metaclaims auf viele gleichartige Kleinforderungen spezialisiert, die sie gebündelt gegenüber einer Bank geltend macht. So ist die Gesellschaft etwa bei der Rückforderung von Kreditbearbeitungsgebühren aktiv gewesen.
Die Gesellschaft überprüft kostenlos die Widerrufsbelehrung in den Fällen, in denen der Verbraucher eine Vorfälligkeits- oder Nichtabnahmeentschädigung gezahlt hat. Der Verbraucher erhält per E-Mail das Ergebnis der Prüfung. Sollte die Belehrung fehlerhaft sein und Aussicht auf Erfolg bestehen, können Mandanten ihre Ansprüche auf Rückzahlung an Metaclaims abtreten.
Die Gesellschaft hat eine Inkassozulassung und macht die Forderung der Mandanten gegenüber der Bank geltend. Zunächst versucht Metaclaims, außergerichtlich eine Lösung zu finden. Gelingt das, behält das Unternehmen 20 Prozent der zurückgezahlten Vorfälligkeitsentschädigung. Geklagt wird nur, wenn eine kritische Masse von etwa 50.000 Euro zusammenkommt. Gegen einige Banken wie die ING-Diba, DSL-Bank und DKB haben sich genug Mandanten gemeldet. Klagen sind bereits eingereicht. Haben sie Erfolg, behält Metaclaims ein Drittel der gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung.
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