Freistellungsauftrag Kapitalerträge: So vermeidest Du Abgeltungssteuern

Jörg Leine
Finanztip-Experte für Steuern

Das Wichtigste in Kürze

  • Richte einen Freistellungsauftrag bei Deiner Bank ein. Dann führt sie keine Abgeltungssteuer ans Finanzamt ab, solange Deine Kapitalerträge wie Zinsen, Dividenden sowie Gewinne aus Aktien und Fondsverkäufen unterhalb des freigestellten Betrags liegen.
  • Jeder Person steht für alle Kapitaleinkünfte eines Jahres ab 2023 ein Freibetrag von 1.000 Euro zu. Bis 2022 waren es nur 801 Euro. Bestehende Freibeträge werden Anfang 2023 automatisch um 24,844 Prozent erhöht.
  • Eheleute können getrennte oder gemeinsame Freistellungsaufträge erteilen. Alternativ können sie eine Verlustverrechnung für ihre Konten und Depots beantragen.

So gehst Du vor

  • Um den Freistellungsauftrag zu erteilen, benötigst Du bei allen Bankverbindungen die Steu­er­iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer. Kennt die Bank diese nicht, muss sie Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge einbehalten.
  • Normalerweise bietet jede Bank ein Formular an, um dort einen Freistellungsauftrag einzurichten. Alternativ kannst Du auch unsere Mustervorlage verwenden.

Zur Mustervorlage

  • Bei mehreren solltest Du bei jedem Finanzinstitut, das Dir Kapitalerträge auszahlt, einen Freistellungsauftrag in der für Dich passenden Höhe einrichten. Du darfst aber den aktuellen Freibetrag insgesamt nicht überschreiten. Notiere Dir Deine Freistellungsbeträge in einer Liste. Diese kann zum Beispiel so aussehen:

Vorlage: Auflistung

Richtest Du einen Freistellungsauftrag bei ihrer Bank, Sparkasse, Bausparkasse oder Ver­si­che­rung in Deutschland ein, dann kannst Du Kapitalerträge ohne Abzug von Abgeltungssteuer erhalten. Zu den Kapitalerträgen zählen Zinsen, Ausschüttungen von Fonds, Dividenden und realisierte Kursgewinne aus Wertpapiergeschäften.

Gibt es keinen Freistellungsauftrag oder sind die Kapitalerträge höher als der Sparerpauschbetrag, führt das Kreditinstitut vom übersteigenden Betrag 25 Prozent Abgeltungssteuer plus Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer automatisch an das Finanzamt ab. Um unnötige Steuerabzüge zu vermeiden, solltest Du darauf achten, rechtzeitig einen Freistellungsauftrag zu erteilen.

Jedem steht ein Freibetrag zu – auch Kindern

Insgesamt darf ab 2023 jede Sparerin und jeder Sparer 1.000 Euro an Kapitalerträgen freistellen, Ehegatten also gemeinsam 2.000 Euro (Zu­sam­men­ver­an­la­gung). Bis 2022 waren es 801 beziehungsweise 1.602 Euro.

Kapitalerträge von Kindern werden nicht in den Sparerpauschbetrag der Eltern eingerechnet. Für die Konten von Minderjährigen können Eltern jeweils einen gesonderten Freistellungsauftrag bis zur gesetzlichen Höchstgrenze von 1.000 Euro (bis 2022: 801 Euro) stellen. Dieser muss von allen gesetzlichen Vertretern unterschrieben werden.  

Gesetzliche Grundlage ist Paragraf 44a des Einkommensteuergesetzes (EStG). Er besagt, dass keine Steuern abgezogen werden, sofern die Kapitalerträge den Sparerpauschbetrag nicht übersteigen. Zu viel bezahlte Abgeltungssteuer kannst Du Dir über Deine Steu­er­er­klä­rung rückerstatten lassen.

Es reicht, wenn Du pro Finanzinstitut einen Freistellungsauftrag für jeweils alle Konten und Depots erteilst. Die frühere Aufteilung pro Konto und Depot ist nicht mehr nötig. Hast Du bei mehreren Kreditinstituten Konten und Depots, kannst Du den Sparerpauschbetrag aufteilen und die Teilbeträge auf die Freistellungsaufträge den einzelnen Banken zuweisen. Du musst also die Summe Deiner Kapitalerträge bei jeder Bank abschätzen und die Freibeträge sorgfältig verteilen.

Achtung: Nicht zu viel freistellen

Zusammengerechnet dürfen alle Freistellungsaufträge bis zum Ende des Jahres 2022 801 Euro pro Person (Ehepaare: 1.602 Euro) nicht überschreiten. Darauf musst Du unbedingt achten. Denn die Finanzverwaltung gleicht die Daten ab und filtert überhöhte Freistellungsaufträge heraus, sie stellen eine Verletzung des Steuerrechts dar. Im Wiederholungsfall kannst Du zu einer Ordnungsstrafe verdonnert werden. 

Solange allerdings die Summe der per Freistellungsauftrag nicht versteuerten Erträge unter den Grenzwerten bleibt, sollte es keine Probleme geben – es sei denn, Du gerätst an einen überpeniblen Sachbearbeiter im Finanzamt. Auf alle Fälle kann es passieren, dass die Behörde bei der nächsten Steu­er­er­klä­rung besonders genau darauf achtet, ob nicht versteuerte Kapitalerträge angegeben werden.

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Automatische Erhöhung der Freibeträge 2023

Wie bereits geschrieben, steigt der Freibetrag ab dem Jahr 2023 auf 1.000 beziehungsweise 2.000 Euro für Paare. Du fragst Dich vielleicht, was das für Deine persönlichen Freistellungsaufträge bedeutet. Wir können an dieser Stelle Entwarnung geben, denn das Jahressteuergesetz 2022 sieht eine einfache Lösung vor. Bestehende Freistellungsaufträge sollen demnach automatisch von Deiner Bank um 24,844 Prozent erhöht werden. Das entspricht exakt der Steigerung von 801 auf 1.000 Euro.

Hast Du also zum Beispiel bisher nur einen Freistellungsauftrag über 400 Euro, wird dieser automatisch auf 499,38 Euro erhöht. Das gilt entsprechend auch bei mehreren Freistellungsaufträgen. Jeder einzelne wird um 24,844 Prozent angehoben.

Du solltest das aber sicherheitshalber überprüfen. Vielleicht ist das für Dich auch ein guter Anlass, die einzelnen Freistellungsaufträge gegebenenfalls anzupassen. Das macht vor allem Sinn, wenn in einem Freistellungsauftrag noch viel Luft nach oben ist, in einem anderen aber die Grenze möglicherweise bald überschritten wird. 

Liste Freistellungsbeträge

Unsere Liste hilft Dir dabei, einen Überblick über Deine Freistellungsbeträge zu behalten.

Zum Download

Was ist wichtig beim Freistellungsauftrag?

Seit 2011 musst Du Deine Steu­er­iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer angeben, wenn Du einen Freistellungsauftrag erteilst. Vor 2011 erteilte Freistellungsaufträge blieben noch bis Ende 2015 ohne Identifikationsnummer gültig. Seit dem Jahr 2016 musst Du auch für diese Altaufträge zwingend die Steu­er­iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer (Steuer-ID) angeben. Freistellungsaufträge ohne Steu­er­iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer sind seitdem ungültig. Seid Ihr verheiratet oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, müsst Ihr beim Gemeinschaftskonto beide Nummern mitteilen.

Steuer-ID

Die aus elf Ziffern bestehende, persönliche Nummer wird allen in Deutschland gemeldeten Personen vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zugeteilt. Die Nummer ist lebenslang gültig. Du findest sie zum Beispiel in Deinem letzten Steuerbescheid, dort ist sie oben links als IdNr. abgekürzt. Kannst Du die Steuer-ID nicht mehr finden, musst Du sie beim BZSt neu beantragen. Du bekommst die Steuer-ID dann per Post zugeschickt, was bis zu vier Wochen dauern kann.

Das Finanzinstitut meldet Deine Steu­er­iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer und die beantragten Freibeträge an das BZSt. Bist Du unsicher, ob Deine Steu­er­iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer bei der Bank vorliegt, kannst Du dort vorsorglich nachfragen. Dazu genügt ein Anruf. Liegt die Nummer nicht vor, schick der Bank eine formlose E-Mail – so gehst Du sicher, dass das Geldinstitut die richtige Nummer bekommt.

Dauer und Änderungen

Ein Freistellungsauftrag gilt immer ab dem 1. Januar für das gesamte Kalenderjahr, in dem er eingereicht wird. Kündigen kannst Du ihn nur zum 31. Dezember. Du kannst Freistellungsaufträge auch unbefristet erteilen. Sie gelten so lange, bis sie durch einen neuen Auftrag geändert oder widerrufen werden. Es besteht zwar für Dich keine Pflicht, erteilte Freistellungsaufträge zu dokumentieren und aufzubewahren. Um nicht den Überblick zu verlieren, welcher Bank Du welchen Auftrag erteilt hast, solltest Du aber genau das tun. Die Bank muss Deinen Freistellungsauftrag sechs Jahre lang aufbewahren.

Du kannst einen Freistellungsauftrag vor Beginn und während des jeweiligen Jahres beliebig oft ändern, in der Regel aber nicht für zurückliegende Jahre. Stichtag für die letzte Berücksichtigung von Änderungen ist spätestens der letzte Bankarbeitstag, üblicherweise der 28. Dezember. Wegen des formalen Aufwands geben Banken häufig frühere Eingangsfristen vor, zum Beispiel den 15. Dezember. Es gibt aber auch Ausnahmen in die andere Richtung. So bietet die Comdirect (Stand Oktober 2023) die Möglichkeit an, noch bis zum 31. Januar des Folgejahres rückwirkend einen Freistellungsauftrag zu erteilen.

Am besten reichst Du den Freistellungsauftrag schon bei Konto- oder Depoteröffnung ein, um unerwünschte Steuerzahlungen von Anfang an zu vermeiden. Banken führen nämlich fällige Abgeltungssteuer automatisch ans Finanzamt ab, wenn sie Dir Zinsen oder Ähnliches gutschreiben und kein Freistellungsauftrag vorliegt. Aber auch ein unter dem Jahr neu beantragter oder erhöhter Freistellungsauftrag kann Dir nachträglich Vorteile bringen. So ist es zum Beispiel im Rahmen der nachträglichen Verlustverrechnung möglich, bereits abgeführte Abgeltungssteuern auf schon realisierte Erträge erstattet zu bekommen.

Kontoauflösung: Wenn Du Dein Konto oder Depot auflöst, musst Du bei der Bank zusätzlich einen separaten Auftrag zur Löschung des Freistellungsauftrags erteilen. Versäumst Du das, bleibt ein ungenutzter Freibetrag bestehen.

Mus­ter­schrei­ben Freistellungsantrag

Nutze unsere Mustervorlage, um einen Freistellungsauftrag einzurichten.

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Gemeinsamer oder getrennter Freibetrag?

Bist Du verheiratet oder in einer Lebenspartnerschaft, kannst Du mit Deiner Partnerin oder Deinem Partner einen gemeinschaftlichen Freistellungsauftrag erteilen, den beide unterschreiben müssen. Du kannst aber auch getrennt voneinander Einzelfreistellungsaufträge einrichten. In diesem Fall ist nur eine Unterschrift erforderlich. Ändert sich aufgrund von Heirat der Name, musst Du einen neuen Freistellungsauftrag auf den geänderten Namen einreichen. Der alte Auftrag wird ungültig.

Ehegattenübergreifende Verlustverrechnung: Das Formular für den Freistellungsauftrag gilt auch als Antrag auf ehegattenübergreifende Verlustverrechnung, die bei einem gemeinsamen Freistellungsauftrag zulässig ist. Dabei verrechnet die Bank einmal im Jahr Gewinne und Verluste unterschiedlicher, einzeln oder gemeinschaftlich geführter Konten und Depots von Ehepartnern miteinander. Es spielt keine Rolle, ob Ihr in der Steu­er­er­klä­rung zusammen oder getrennt veranlagt werdet. Die übergreifende Verlustverrechnung erfolgt rückwirkend zum Jahresende und ist bindend. Sie kann also auch im Rahmen der Veranlagung über die Ein­kom­men­steu­er­er­klä­rung nicht mehr geändert werden.

Freistellungsauftrag über 0 Euro: Falls Ihr Euer Freistellungsvolumen bei einer Bank bereits voll ausgeschöpft habt, könnt Ihr trotzdem auch bei einem anderen Institut eine übergreifende Verlustverrechnung vornehmen lassen. Zu diesem Zweck kreuzt Du im Freistellungsformular einen Freistellungsbetrag von 0 Euro an und erteilst so nur einen Antrag auf übergreifende Verlustverrechnung.

Wie holst Du Abgeltungssteuer zurück?

Es kann passieren, dass Du die Freistellungsaufträge trotz aller Sorgfalt ungünstig auf verschiedene Finanzinstitute verteilt hast und deshalb insgesamt zu viel Abgeltungssteuer an das Finanzamt abgeführt wird. In diesem Fall kannst Du Dir die zu viel gezahlte Summe über Deine Ein­kom­men­steu­er­er­klä­rung zurückholen.

Dazu musst Du das Formular „Einkünfte aus Kapitalvermögen“ (Anlage KAP) ausfüllen. Dort trägst Du Deine Erträge und abgeführten Steuern ein. 

Um Dir diese Arbeit für das folgende Jahr zu ersparen, passe Deine Freistellungsaufträge entsprechend an.

Steuern auf betriebliche Kapitalerträge

Für betriebliche Kapitalerträge kannst Du den Steuerabzug vermeiden, wenn Du als Gläubiger der Kapitalerträge gegenüber dem Finanzinstitut die betriebliche Zugehörigkeit bestätigst. Liegt diese „Erklärung zur Freistellung vom Kapitalertragsteuerabzug“ vor, muss die Bank keine Kapitalertragsteuer einbehalten. Deine Erklärung, dass die Kapitalerträge zu den Betriebseinnahmen oder zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehören, muss die Bank – wie Deinen privaten Freistellungsauftrag – sechs Jahre lang aufbewahren.

Nichtveranlagungs-Bescheinigung als Option

Statt eines Freistellungsauftrags bei der Bank könntest Du gegebenenfalls bei Deinem Finanzamt eine Nichtveranlagungs-Bescheinigung beantragen und diese der Bank vorlegen. Dann behält sie keine Steuern auf Kapitaleinkünfte ein. Diese sogenannte NV-Bescheinigung kannst Du beantragen, wenn Deine gesamten voraussichtlichen Einkünfte inklusive Kapitalerträge so gering sind, dass diese ohnehin steuerfrei wären.

Die Nichtveranlagungs-Bescheinigung ist drei Jahre gültig. Ändern sich jedoch Deine Einkommensverhältnisse, musst Du dies dem Finanzamt mitteilen. Interessant ist die NV-Bescheinigung für Kinder mit Kapitaleinkünften sowie für Rentnerinnen und Rentner: Ist Deine Rente so gering, dass sie inklusive der ausgeschütteten Kapitalerträge – etwa die Zinsen eines Sparbuchs – den Grundfreibetrag nicht übersteigen, kannst Du die NV-Bescheinigung beim Finanzamt beantragen. Dann zieht die Bank Dir keine Abgeltungssteuer ab. Der Grundfreibetrag liegt 2023 bei 10.908 Euro für Ledige und 21.816 Euro für Verheiratete und Lebenspartnerschaften. 2022 lag er noch bei 10.347 beziehungsweise 20.694 Euro.

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Autoren
Udo Reuß

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