Widerspruch gegen die Kran­ken­kas­se So wehrst Du Dich, wenn die Kran­ken­kas­se nicht zahlt

Barbara Weber
Finanztip-Expertin für Ver­si­che­rungen

Das Wichtigste in Kürze

  • Wenn Deine Kran­ken­kas­se eine Leistung oder einen Antrag ablehnt, kannst Du dagegen Widerspruch einlegen. 
  • Für den Widerspruch hast Du einen Monat Zeit. Dieser muss schriftlich erfolgen.
  • In vielen Fällen ist ein solcher Widerspruch erfolgreich. Das zeigt eine Auswertung von Finanztip.

So gehst Du vor

  • Lade unser Mus­ter­schrei­ben für einen Widerspruch herunter. 

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  • Bitte Deine Ärzte oder Ärztinnen, Dir bei der Begründung des Widerspruchs zu helfen oder wende Dich an eine Beratungsstelle. Füge notwendige Dokumente, etwa einen ärztlichen Befundbericht bei.
  • Schicke den Widerspruch per Einwurf-Einschreiben an Deine Kran­ken­kas­se.

Wenn Deine Kran­ken­kas­se Deinen Antrag ablehnt, kann das große finanzielle und gesundheitliche Nachteile mit sich ziehen. Zum Beispiel dann, wenn die Kasse Deine Reha nicht zahlt, obwohl Dein Arzt oder Deine Ärztin Dir diese emp­foh­len hat. Oder wenn Deine Kran­ken­ver­si­che­rung Dein Krankengeld einstellt, weil sie Dich für arbeitsfähig hält. 

In solchen Momenten ist der Schock zunächst groß. Doch Du kannst Dich mit einfachen Mitteln gegen Entscheidungen der Kasse wehren und schriftlichen Widerspruch dagegen einlegen. Deine Chancen dabei stehen gut: Eine Finanztip-Auswertung aus dem Jahr 2023 hat gezeigt, dass durchschnittlich 40 Prozent der Widersprüche Erfolg haben.

Wann kannst Du Widerspruch bei der Kran­ken­kas­se einlegen?

Wenn Deine Kran­ken­kas­se einen Antrag oder eine Leistung ablehnt, hast Du ein gesetzliches Wi­der­spruchs­recht (§ 84 Sozialgerichtsgesetz SGG). Mit einem Widerspruch kannst Du Dich gegen die Entscheidung Deiner Kran­ken­kas­se wehren. Sie muss dann erneut über den Antrag entscheiden. In folgenden Fällen hast Du ein Wi­der­spruchs­recht: 

  • die Kran­ken­kas­se lehnt eine Reha oder Kur ab
  • sie stellt das Krankengeld ein
  • sie lehnt die Zahlung des Pflegegelds ab
  • sie verweigert die Kostenübernahme für eine Haushalts- oder Pflegehilfe
  • sie lehnt es ab, eine Operation oder Behandlung zu bezahlen
  • sie zahlt eine zahnärztliche Behandlung nicht
  • die Kasse berechnet Deine Kran­ken­kas­senbeiträge falsch

Es gibt noch viele andere Fälle, in denen Du Widerspruch gegen die Entscheidung Deiner Kran­ken­kas­se einlegen kannst. Immer dann, wenn Du mit einer Entscheidung Deiner Kran­ken­kas­se nicht einverstanden bist, solltest Du das auch tun. Denn ein Widerspruch hat keine Nachteile für Dich. Im besten Fall ändert die Kasse ihre Entscheidung aber zu Deinem Vorteil. 

Dass Deine Kran­ken­kas­se von Dir beantragte Leistungen verweigert, ist nicht ungewöhnlich. Besonders häufig passiert das bei Kuren oder Reha-Anträgen. So erklärte der Bundesverband Deutscher Privatkliniken (BDPK) im August 2023, dass deutsche Kran­ken­kas­sen rund 30 Prozent der medizinisch verordneten Reha-Anträge ablehnen. Allerdings seien etwa zwei Drittel aller Widersprüche durch Patienten und Patientinnen erfolgreich – und die Kassen zahlten die Reha am Ende doch. Der Widerspruch gegen die Entscheidung der Kran­ken­kas­se lohnt sich demnach in vielen Fällen.

Auch eine Finanztip-Auswertung aus dem Jahr 2023 kam zu dem Ergebnis, dass 40 Prozent aller Widersprüche zumindest teilweise zum Erfolg führten. Es lohnt sich daher in jedem Fall, Widerspruch einzulegen!

Musterbrief: Wie schreibst Du einen Widerspruch?

Einen Widerspruch gegen Deine Kran­ken­kas­se musst Du schriftlich, also per Brief einlegen. Dazu kannst Du unseren Musterbrief nutzen. Ergänze darin Deine persönlichen Angaben wie Anschrift und Versichertennummer. Außerdem solltest Du das Aktenzeichen und das Datum der Ablehnung ergänzen. Beides findest Du im Ablehnungsschreiben Deiner Kran­ken­kas­se. Ein Widerspruch per Telefon oder E-Mail ist nicht möglich. 

Mus­ter­schrei­ben Widerspruch

Hier kannst Du Dir unsere Vorlage für Deinen Widerspruch herunterladen.

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Wie begründest Du Deinen Widerspruch?

In Deinem Wi­der­spruchs­schrei­ben solltest Du begründen, warum Du die beantragten Leistungen brauchst und welche wichtigen Fakten die Kasse nicht berücksichtigt hat. Bitte Deine Ärztin oder Deinen Arzt, Dir bei Deinem Widerspruch zu helfen. 

Sie oder er kann Dir medizinische Gutachten, Röntgenbilder oder andere medizinische Unterlagen aushändigen. Diese kannst Du Deinem Widerspruch beilegen. Dein Arzt oder Deine Ärztin kann auch alle medizinischen Argumente nochmal in einer Stellungnahme zusammenfassen. Dieses Schreiben kannst Du Deinem Wi­der­spruchs­schrei­ben beilegen. 

Der Medizinische Dienst hat entschieden?

Beruft sich die Kran­ken­kas­se in ihrer Ablehnung auf ein Gutachten des Medizinischen Dienstes, solltest Du dieses bei der Kasse anfordern. Der Medizinische Dienst berät Kranken- und Pflegekassen. Die Kran­ken­kas­se kann ihn zum Beispiel damit beauftragen, zu begutachten, ob Du wieder arbeitsfähig bist. Kommt er zu dem Ergebnis, dass Du wieder arbeiten kannst, kann die Kran­ken­kas­se das Krankengeld einstellen. 

Du hast einen Anspruch auf Akteneinsicht beim Medizinischen Dienst (§ 25 Absatz 1 Sozialgesetzbuch SGB 10). Um das Gutachten anzufordern, solltest Du Dich direkt an die Ansprechperson im Ablehnungsbescheid wenden.

Wenn Du das Gutachten kennst, kannst Du die Gründe für die Ablehnung in Deinem Widerspruch leichter entkräften und direkt auf die einzelnen Punkte eingehen. Du hast außerdem die Möglichkeit, das Gutachten durch einen Experten oder eine Expertin prüfen zu lassen. Wie Du Hilfe beim Widerspruch bekommst, erklären wir Dir im vierten Kapitel.

Bist Du laut Gutachten des Medizinischen Dienstes wieder arbeitsfähig und Dein Krankengeld soll eingestellt werden? In diesem Fall solltest Du zusätzlich Deinen Arzt oder Deine Ärztin bitten, ein Zweitgutachten zu beantragen. Dann muss der Medizinische Dienst erneut begutachten, ob Du arbeitsfähig bist. 

In Deiner Widerspruchsbegründung kannst Du auch alle behandelnden Medizinerinnen und Mediziner auflisten und dazu folgenden Hinweis aufschreiben: „Für die medizinische Begründung des Widerspruchs wenden Sie sich bitte an die folgenden Ärzte und Ärztinnen“. Wenn die Kran­ken­kas­se die Mediziner und Medizinerinnen um eine Stellungnahme bittet, müssen diese antworten und können ihre Leistung auch abrechnen. 

Achtung: Du musst unbedingt die Frist für den Widerspruch wahren. Warte also nicht zu lange auf das Gutachten des Medizinischen Dienstes. Zur Not kannst Du auch zuerst dem Bescheid widersprechen und die Begründung nachsenden. Mehr dazu erfährst Du im nächsten Kapitel.

Welche Fristen gelten beim Widerspruch?

Dein Widerspruch muss innerhalb eines Monats, nachdem Du die Ablehnung bekommen hast, bei der Kran­ken­kas­se eingehen (§ 84 SGG). Fällt das Ende der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder einen bundeseinheitlichen Feiertag, dann verlängert sich die Frist bis zum nächsten Werktag. 

Wenn Du also am ersten eines Monats einen Brief der Kran­ken­kas­se bekommst, endet die Frist normalerweise am ersten Tag des darauffolgenden Monats. Sorge unbedingt dafür, dass Du das Schreiben so absendest, dass es rechtzeitig bei Deiner Kasse eintrifft. Spätestens solltest Du den Brief drei Tage vor Fristende abschicken. Am besten eignet sich ein Einwurf-Einschreiben. Dann bestätigt die Post, wann sie den Brief bei der Kran­ken­kas­se abgegeben hat. 

Du brauchst mehr Zeit?

Manchmal reicht ein Monat aber nicht aus, um den Widerspruch ordentlich zu begründen. Insbesondere dann, wenn Du erst ein Gutachten des Medizinischen Dienstes einfordern musst. Oder wenn Du Dich noch zum Widerspruch beraten lassen möchtest und der Beratungstermin dafür noch in der Zukunft liegt. 

Sind die vier Wochen zu knapp, kannst Du innerhalb der Frist zunächst auch allgemein widersprechen. Das bedeutet: Du schickst den Widerspruch zunächst ohne Begründung an Deine Kran­ken­kas­se. Weise in Deinem Brief darauf hin, dass Du eine ausführliche Begründung oder zusätzliche Unterlagen nachlieferst. Am besten nennst Du in Deinem Wi­der­spruchs­schrei­ben eine konkrete, realistische Frist, innerhalb derer Du die Begründung nachreichst. Benötigst Du zum Beispiel noch Unterlagen von Deinem Arzt, dann setze die Frist auf einige Tag nach Deinem Arztbesuch.

Übrigens: Falls im Ablehnungsbrief der Kasse ein Hinweis auf Dein Wi­der­spruchs­recht fehlt, kannst Du der Entscheidung ein Jahr lang widersprechen. Auch hier beginnt die Frist ab dem Tag, an dem Du das Schreiben erhalten hast. 

Wo bekommst Du Hilfe beim Widerspruch?

Du musst den Widerspruch nicht allein schreiben und verschicken. Verschiedene Anlaufstellen können Dich beim Widerspruchsverfahren unterstützen. Diese haben wir Dir weiter unten aufgelistet. Dein erster Weg sollte Dich zu Deinen Ärzten oder Ärztinnen führen. Sie kennen alle medizinischen Details zu Deiner Gesundheit und können Dir dabei helfen zu begründen, warum eine Reha, ein bestimmtes Hilfsmittel oder ein spezifisches Medikament für Dich notwendig ist. 

Welche Beratungsstellen helfen beim Widerspruch?

Über Deine Rechte gegenüber Deiner Kran­ken­kas­se informieren die Stiftung der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD), die Verbraucherzentralen, Sozialverbände wie der VdK oder der Sozialverband Deutschland (SoVD) und Gewerkschaften. Sie geben Dir Tipps für den Widerspruch gegenüber Deiner Kran­ken­kas­se und informieren dich über Gesetzesregelungen und Gerichtsurteile, die für Deinen Fall relevant sein können. Je nach Beratungsstelle können allerdings Gebühren anfallen. Diese haben wir Dir in der folgenden Tabelle aufgelistet.

Die Beratungsstellen für einen Widerspruch

BeratungsstelleMitgliedschaft notwendig (ja/nein) Gebühren Internetseite
Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD)neinkeine Stiftung unabhängige Patientenberatung
Sozialverband VdKjaetwa 40 €1Sozialverband VdK 
Sozialverband Deutschland (SoVD)ja50 €2Sozialverband Deutschland (SoVD) 
Verbraucherzentralenja20 bis 40 €3Verbraucherzentrale
Gewerkschaftenjakeine4Gewerkschaftsbund

1 zusätzlich zur einmaligen Gebühr kommen monatliche Gebühren für eine Mitgliedschaft hinzu. Je nach Landesverband kostet die Mitgliedschaft zwischen 5 und 8 Euro im Monat.
2 zusätzlich zur einmaligen Gebühr kommen monatliche Gebühren in Höhe von 7,90 Euro für eine Mitgliedschaft hinzu.
3 Gebühren können je nach Bundesland unterschiedlich hoch ausfallen. 
4 Die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft kostet zwischen 1 und 1,5 Prozent Deines Bruttogehalts.
Quelle: Unabhängige Patientenberatung, Sozialverband VdK, Sozialverband Deutschland, Verbraucherzentrale, Deutscher Gewerkschaftsbund, Finanztip-Anfrage bei den Beratungsstellen (Stand: 3. September 2024)

Falls Du dich direkt anwaltlich beraten lassen möchtest, solltest Du Dir einen Fachanwalt oder eine Fachanwältin für Sozialrecht suchen. Das ist teurer als die Beratung bei anderen Stellen. Gewinnst Du das Verfahren, muss Dir die Kran­ken­kas­se die Anwaltskosten erstatten (§ 63 Abs. 2 SGB 10). Fachanwälte und -anwältinnen für Sozialrecht in Deiner Nähe findest Du über die Suchfunktion auf der Webseite des Deutschen Anwaltvereins.

Was passiert nach dem Widerspruch?

Wenn Du Widerspruch einlegst, muss die Kran­ken­ver­si­che­rung den Fall erneut prüfen. Sie entscheidet, ob sie die Leistung doch bewilligt. Das nennt sich Abhilfe (§ 85 Abs. 1 SGG). Bleibt sie bei ihrer Ablehnung, geht der Fall automatisch an den Widerspruchsausschuss der Kran­ken­kas­se. In diesem unabhängigen Gremium entscheiden ehrenamtliche Versicherten- und Arbeitnehmervertretende über Dein Anliegen. Der Widerspruchsausschuss muss Dich innerhalb von drei Monaten über seine Entscheidung informieren (§ 88 SGG).

Unserer Analyse von Kran­ken­kas­sendaten zufolge landeten 2021 aber nur gut ein Drittel der Widersprüche überhaupt zur Entscheidung beim Ausschuss. Den Großteil aller Widersprüche erledigten die Kassen vorher – weil sie die Leistung doch gewährt haben oder weil die Versicherten ihren Widerspruch zurückgenommen haben. Wir empfehlen Dir, hartnäckig zu bleiben, denn die Chancen, dass Deine Kasse zurückrudert, stehen gut.

Was tun, wenn die Kasse nicht reagiert?

Du hast Deinen Widerspruch abgeschickt, aber Deine Kasse meldet sich nicht. Hier hast Du im Wesentlichen zwei Möglichkeiten. Du beschwerst Dich bei der zuständigen Aufsichtsbehörde. Für überregionale Kran­ken­kas­sen ist das Bundesamt für Soziale Sicherung zuständig, für regionale meist das Gesundheitsministerium des Bundeslandes. 

Oder Du erhebst eine Klage wegen Untätigkeit beim Sozialgericht. Dann wird die Kran­ken­kas­se durch Urteil verpflichtet, über Deinen Widerspruch zu entscheiden. Beachte: Eine Klage ist nur dann möglich, wenn das Prüfverfahren Deiner Kran­ken­kas­se nach Deinem Widerspruch mehr als drei Monate lang andauert. Lass Dich hierbei unbedingt von einem Anwalt oder einer Anwältin vertreten. 

Beschwerst Du Dich bei den Aufsichtsbehörden, solltest Du Folgendes beachten: Die Behörden prüfen nur, ob die Kran­ken­kas­se gegen geltendes Recht verstoßen hat. Sie können aber keine Entscheidungen in Deinem Fall treffen. Es ist sinnvoll, die Aufsichtsbehörden zu informieren, damit sie Erkenntnisse zu Verfehlungen der Kassen sammeln können. Eine Beschwerde bei der Aufsicht ist aber kein Ersatz für Deinen schriftlichen Widerspruch oder eine Klage. 

Nimm Deinen Widerspruch nicht zurück!

Einige Kran­ken­kas­sen haben ihren Versicherten in der Vergangenheit verunsichernde Schreiben geschickt. In den Briefen wurde den Betroffenen suggeriert, ihr Widerspruch habe keine Aussicht auf Erfolg. Sie wurden daraufhin gefragt, ob sie ihren Widerspruch beibehalten oder zurücknehmen wollen. Darüber hat das Bundesamt für soziale Sicherung (BAS) in seinem jährlichen Tätigkeitsbericht aus 2023 berichtet. Insgesamt elf Kran­ken­kas­sen wurden abgemahnt. 

Wichtig: Lass Dich auf keinen Fall von der Kasse dazu drängen, Deinen Widerspruch zurückzunehmen. Denn dann hast Du keine Möglichkeit mehr, gegen die Entscheidung der Kasse vorzugehen – auch nicht vor Gericht.

Hier ein Beispiel für ein derartiges Schreiben:

Auf solche Schreiben oder Anrufe musst Du nicht reagieren!

Auch auf mündliche Zusagen von Kassenmitarbeitenden solltest Du Dich nicht verlassen. Besteh auf einen schriftlichen Abhilfebescheid, in dem schwarz auf weiß steht, dass Du die Leistungen doch bekommst. Stellt die Kasse ein solches Schreiben nicht aus, halte an Deinem Widerspruch fest. Grundsätzlich empfehlen wir, alles Wichtige im Widerspruchsverfahren schriftlich zu klären.

Auch wenn die Kran­ken­kas­se Deinem Widerspruch teilweise abhilft, Dir also einen Teil der Leistungen genehmigt, solltest Du Deinen Widerspruch weiter aufrechterhalten. Der Widerspruchsausschuss entscheidet in dem Fall nämlich dennoch über den noch nicht genehmigten Teil der Leistungen. Du hast also nichts zu verlieren.

Wann kannst Du gegen die Kran­ken­kas­se klagen?

Wird Dein Widerspruch im Ausschuss endgültig abgelehnt, bekommst Du einen sogenannten Wi­der­spruchs­be­scheid (§ 85 Abs. 2 SGG). Du kannst dann innerhalb eines Monats Klage beim Sozialgericht einreichen. Das kostet keine Gerichtsgebühren. Du solltest Dich von einem Fachanwalt oder einer -anwältin für Sozialrecht vertreten lassen, auch wenn das kein Muss ist. 

Falls Du den Prozess verlierst, musst Du das Honorar des Anwalts oder der Anwältin bezahlen. Wenn Du Dir die Anwaltskosten nicht leisten kannst und Deine Klage Aussicht auf Erfolg hat, kannst Du Prozesskostenhilfe bekommen. Andernfalls solltest Du das Kostenrisiko abwägen, falls Du keine Rechts­schutz­ver­si­che­rung hast. Das Gerichtsverfahren kann sich schlimmstenfalls über mehrere Jahre hinziehen.

Andernfalls kannst Du versuchen, einen erneuten Antrag auf eine Leistung bei Deiner Kran­ken­kas­se zu stellen. Wie Du am besten vorgehst, wenn Du eine Leistung von Deiner Kran­ken­kas­se bekommen möchtest, erfährst Du im nächsten Kapitel

Wie schreibst Du bessere Anträge an die Kran­ken­kas­se?

Damit Dein Leistungsantrag gar nicht erst abgelehnt wird, ist eines besonders wichtig: Du musst die beantragte medizinische Maßnahme gut begründen. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn Du statt eines Standard-Rollstuhls ein spezielles Modell brauchst. Oder wenn Dein Reha-Aufenthalt verhindern würde, dass Du pflegebedürftig wirst. Schau Dir dazu auch unsere passenden Ratgeber an, zum Beispiel zu den wichtigsten Punkten beim Reha-Antrag.  

Das ist deswegen so wichtig, weil die gesetzlichen Kran­ken­ver­si­che­rungen prüfen, ob die beantragten Leistungen medizinisch notwendig und wirtschaftlich sind (§ 12 SGB 5). Das heißt, die Kran­ken­kas­sen wägen ab, ob Du eine Behandlung brauchst und ob es eine günstigere Methode gibt, die ebenfalls zum Ziel führt.

Zögere nicht, Dir beim Antrag Hilfe zu holen: Bitte Deinen Arzt oder Deine Ärztin zusätzlich zu einem Attest oder einer Verordnung eine Stellungnahme zu verfassen. Er oder sie kann dabei genau auf Deinen Gesundheitszustand und Deine Lebenssituation eingehen und der Kran­ken­kas­se erklären, wieso Du eine Leistung unbedingt brauchst. Und schicke mit Deinem Antrag möglichst alle Unterlagen an die Kasse, die belegen können, dass die Leistung für Dich medizinisch notwendig ist. 

Wann muss die Kran­ken­kas­se über Deinen Antrag entscheiden?

Hast Du Deinen Antrag abgeschickt, ist die Kran­ken­kas­se am Zug. Sie muss innerhalb von drei Wochen nach Eingang des Antrags entscheiden. Die Kasse kann aber auch ein Gutachten vom Medizinischen Dienst anfordern. Dann hat sie fünf Wochen Zeit, über Deinen Antrag zu entscheiden (§ 13 Abs. 3a SGB 5). Der Medizinische Dienst erstellt sein Gutachten meist auf Basis der eingereichten Unterlagen, kann aber auch weitere Dokumente anfordern oder Dich zu einer persönlichen Untersuchung bitten.

Falls die Kranken- oder Pflegekasse nicht innerhalb dieser Fristen über Deinen Antrag entscheidet, solltest Du Dich rechtlich beraten lassen. Hilfe bekommst Du bei einer Beratungsstelle oder bei einem Anwalt oder einer Anwältin. Die Beratungsstellen findest Du im vierten Kapitel

Achtung: Auch wenn die Kassen die Frist ohne Rückmeldung verstreichen lassen, gilt Dein Antrag nicht als genehmigt. Du musst also hartnäckig bleiben, wenn Du Deine Leistung trotzdem noch bekommen möchtest. 

Für die Pfle­ge­ver­si­che­rung gelten andere Fristen 

Wenn Du bei den Pflegekassen einen Antrag auf Leistungen stellst, gelten kürzere Fristen. Geht es zum Beispiel darum, eine häusliche Pflegekraft oder einen Pflegegrad zu beantragen, muss Dir die Kasse binnen zwei Wochen eine Pflegeberatung anbieten (§ 7b SGB 11). Zusammen mit der Pflegekasse besprichst Du dann, ob und welche Leistung der Pflegekasse in Frage kommt. 

Die Pflegekasse ist außerdem verpflichtet, innerhalb von 25 Arbeitstagen zu entscheiden, ob Du die Leistungen bekommst oder nicht (§ 18c Abs. 1 SGB 11). Überschreitet die Pflegekasse diese Frist, muss sie für jede angefangene Woche nach Ende der Frist 70 Euro an den Pflegebedürftigen zahlen.

In einigen Fällen gelten kürzere Fristen von ein oder zwei Wochen für das Pflegegutachten, etwa wenn Angehörige mit der Pflegezeit oder Familienpflegezeit eine Auszeit vom Job nehmen wollen. Weise auf solche Pläne am besten schon im Antrag hin, damit die Pflegekasse schnell und angemessen reagieren kann.

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Autoren
Julia Rieder
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