Reiserücktritt und Stornokosten bei Pauschalreisen So trittst Du von einer Urlaubsreise zurück
Finanztip-Expertin für Versicherungen
Das Wichtigste in Kürze
So gehst Du vor
Wenn Du Deinen Urlaub absagen musst, ist das ärgerlich genug. Noch ärgerlicher ist es, wenn Du auf den Reisekosten sitzen bleibst. Doch das muss nicht immer sein. In verschiedenen Fällen kannst Du zumindest einen Teil Deines Geldes zurückverlangen. Wann und wie das geht, erfährst Du hier.
Wenn Du eine Reise selbst organisiert hast und Flug und Unterkunft selbst gebucht hast, kannst Du generell immer ohne Angabe von Gründen stornieren. Ob und wie viel Geld Du zurückbekommst, hängt vom Einzelfall ab. Trittst Du einen Flug nicht an, hast Du immer Anspruch darauf, einen Teil der Kosten zurückzubekommen. Allerdings musst du Dein Geld einfordern. Wie Du das machst und wie viel Du zurückverlangen kannst, erklären wir Dir im Ratgeber Flug stornieren.
Ob Du Geld für die Unterkunft zurückbekommst, hängt von den Bedingungen Deiner Buchung ab. Es gibt heute eine Reihe von Angeboten, bei denen Du bis kurz vor Deiner Reise kostenlos stornieren kannst. Bei anderen Anbietern geht das nur noch bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vor dem Anreisedatum. Oft gibt es die Storno-Option bis ein oder zwei Tage vor der Reise – gegen einen höheren Preis. Wenn Du unsicher bist, ob Du die Reise antreten kannst, solltest Du den höheren Preis mit Storno-Option wählen.
Nicht nur eine individuell zusammengestellte, sondern auch eine Pauschalreise kannst Du vor Reiseantritt immer absagen. Ob Du Dein komplettes Geld zurückbekommst oder eine Entschädigung beim Reiseanbieter bleibt, hängt vom Rücktrittsgrund ab. Das ist gesetzlich geregelt (BGB § 651h).
Keine Entschädigung kann Dein Reiseveranstalter verlangen, „wenn am Bestimmungsort oder dessen unmittelbarer Umgebung unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten,[..]“ die die Reise erheblich beeinträchtigen, erklärt Paragraf 651h Absatz 3 des des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Beispiele für genaue Umstände sind im Gesetz nicht zu finden. Wichtig ist, dass sie von Dir unkontrollierbar sein müssen. Im Zweifels- und Streitfall muss ein Gericht klären, ob der Grund für einen kostenfreien Reiserücktritt ausreicht.
Ein guter Hinweis darauf, dass ein solch wichtiger und unkontrollierbarer Umstand vorliegt, der eine Reise erheblich beeinträchtigen würde, ist eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes. Solche Warnungen spricht das Ministerium zum Beispiel bei Naturkatastrophen, Terroranschlägen und politischen Unruhen aus – oder auch bei einer Pandemie.
Gilt für ein Land eine Reisewarnung, geht das Auswärtige Amt davon aus, dass Reisenden dort eine Gefahr für Leib und Leben droht.
Sorgt eine Naturkatastrophe dafür, dass Du Deinen Urlaubsort aufgrund von Verwüstungen nicht erreichen kannst oder dass die Aufräumarbeiten den Urlaub stark beeinträchtigen würden, kannst Du kostenfrei von der Reise zurücktreten.
Einzelne Terroranschläge müssen nicht als außergewöhnlicher Umstand gewertet werden, der eine Reise erheblich beeinträchtigt. Dies kann auch als allgemeines Lebensrisiko angesehen werden. Auch hier gilt, dass eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts für das Reiseziel Deine Chancen erhöht, Dein komplettes Reisegeld zurückzubekommen.
Grundsätzlich musst Du auf die Kulanz des Reiseveranstalters hoffen. Dieser ist natürlich auch an der Sicherheit seiner Kunden interessiert. Bei unklarer Sicherheitslage kann zumindest eine kostenlose oder günstige Umbuchung eine gute Option sein, die Dir vielleicht angeboten wird. Wenn Du Dir also nicht mehr sicher bist, ob Du noch in das entsprechende Land reisen möchtest, kontaktiere zügig Deinen Reiseveranstalter und prüfe die Optionen.
Eine offizielle Reisewarnung gilt für alle Reisenden. Es gibt jedoch auch Umstände, die für bestimmte Personengruppen gefährlich oder zumindest problematisch sein können. Vor allem, wenn es um Krankheitsausbrüche geht.
Der Ausbruch der Lungenkrankheit SARS beispielsweise kann einen kostenlosen Rücktritt erlauben, wenn der Reisende lungenkrank ist (Amtsgericht Augsburg, Urteil vom 9. November 2004, Az. 14 C 4608/03).
Geht das für Schwangere gefährliche Zika-Virus um, wie in Brasilien 2015 und 2016, kann das ebenfalls ein berechtigter Grund für diese Personengruppe sein, die Reise kostenlos zu stornieren.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt ebenfalls Reisewarnungen heraus für Gebiete, in denen eine hohe Gesundheitsgefährdung besteht. Darauf kannst Du im Fall eines Reiserücktritts verweisen, jedoch muss der Reiseveranstalter dies nicht als schwerwiegenden Grund akzeptieren. Auch hier muss im Einzelfall ein Gericht entscheiden.
Wenn Du für eine gesamte Reise mindestens 8 Prozent mehr zahlen sollst als ursprünglich vereinbart, handelt es sich um eine wesentliche Vertragsänderung. Geregelt hat der Gesetzgeber diese in Paragraf 651g BGB. Du kannst dann kostenfrei von Deiner Reise zurücktreten. Der Veranstalter muss Dir etwaige Anzahlungen erstatten.
Auch wenn der Veranstalter die Reise nach Vertragsschluss anderweitig wesentlich verändert, hast Du gute Chancen, kostenfrei aus dem Vertrag zu kommen. Solche wesentlichen Veränderungen können zum Beispiel die Änderung der Flugzeiten, ein anderer Abflug- oder Ankunftsort oder eine neue Unterbringung sein, aber auch die Absage der Reise. Im Fall wesentlicher Änderungen kannst Du entscheiden: Nimmst Du das Änderungsangebot an oder trittst Du von der Reise zurück? Liegen die Voraussetzungen des Paragrafen 651g vor, musst Du keine Entschädigung zahlen, dann bekommst Du den vollen Reisepreis zurück.
Eine Möglichkeit, Stornokosten abzuwenden, ist, eine Reiserücktrittsversicherung abzuschließen. Die trägt dann die Stornokosten, wenn Dein Urlaub aufgrund eines wichtigen und unerwarteten Grundes ausfallen muss. Die Anbieter zahlen zum Beispiel in folgenden Fällen:
Aber es gibt auch Ausschlüsse, also Gründe, bei denen die Reiserücktrittsversicherung nicht zahlt. Darunter fällt etwa der Ausbruch eines Kriegs. Oder, wenn Du aus Angst vor einem Flugzeugabsturz doch nicht mehr Reisen möchtest. Wann sich eine Reiserücktrittsversicherung lohnt, erfährst Du im Ratgeber zur Reiserücktrittsversicherung.
Für die Höhe der Stornokosten, weil Du die Pauschalreise nicht antrittst, ohne dass einer der oben genannten Gründe vorliegt, gibt es keine gesetzlichen oder brancheneinheitlichen Vorgaben. Paragraf 651h BGB spricht im ersten Absatz immerhin von einer angemessenen Entschädigung. Grundsätzlich gilt: Der Reiseveranstalter muss den Teil des Reisepreises zurückzahlen, den er durch Deinen Nichtantritt der Reise gespart hat. Außerdem muss der Anbieter die Höhe der Stornogebühren begründen.
Meistens schreiben Veranstalter für den Fall des Reiserücktritts gestaffelte Sätze in ihre Allgemeinen Reisebedingungen, kurz ARB. Die erkennst Du mit Deiner Unterschrift unter dem Reisevertrag an. Auf welchem Teil der Kosten Du sitzen bleibst, richtet sich bei den Staffelsätzen danach, wie lange vor Reiseantritt Du stornierst. Findet der Reiseveranstalter einen anderen Abnehmer für das stornierte Angebot, können die Stornokosten aber auch geringer ausfallen als in den ARB angegeben.
Wie viel Du für den Reiserücktritt genau bezahlen musst, hängt vom Einzelfall ab. Jeder Reiseanbieter kann selbst entscheiden, ob er die Stornokosten für jeden einzelnen Fall separat berechnet oder ob er in seinen Verträgen für jede Art der Reise gestaffelte Pauschalsätze festlegt. Wie eine gestaffelte Regelung aussehen kann, zeigt folgendes Beispiel:
Wenn Du Deine Reise stornieren möchtest, solltest Du das schriftlich tun. Du musst dafür keinen Brief schicken, eine E-Mail reicht aus. Wichtig ist, dass Du Dir den Zugang schriftlich bestätigen lässt.
Da Du jederzeit von einer Reise zurücktreten kannst, musst Du grundsätzlich keinen Grund angeben. Wenn Du jedoch aufgrund eines wichtigen Grundes oder wegen „höherer Gewalt“ nach Paragraf 651h BGB zurücktreten möchtest, musst Du dies angeben, um den vollständigen Reisepreis zurückzubekommen. Setze dem Veranstalter außerdem eine Frist von drei Wochen für die Rückzahlung.
Wenn Du Deine Pauschalreise nicht antreten kannst und Stornokosten anfallen würden, kannst Du auch eine Ersatzperson benennen, die an Deiner Stelle die Reise antritt. Dabei spielt es keine Rolle, warum Du die Reise nicht antreten willst oder kannst. Wichtig: Du musst den Reiseveranstalter rechtzeitig und schriftlich über die Vertragsübertragung informieren.
Widersprechen kann der Veranstalter nur, wenn die Ersatzperson vertraglich festgelegte Reiseerfordernisse nicht erfüllt, zum Beispiel keine Tropentauglichkeit nachweisen kann. Entstehen dem Reiseveranstalter durch die Übertragung Mehrkosten, kann er diese auf Euch umlegen. Angemessene Mehrkosten sind zum Beispiel Telefonkosten oder Umbuchungsgebühren. Diese sollten allerdings deutlich niedriger sein als die Stornokosten.
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