Elternunterhalt - Eltern im Pflegeheim Wann Du für Deine Eltern zahlen musst
Finanztip-Expertin für Recht
Das Wichtigste in Kürze
So gehst Du vor
Was passiert eigentlich, wenn sich Deine Eltern nicht mehr allein versorgen können? Du brauchst einen guten Plan, um die Pflege zu organisieren. Dabei ist es sehr sinnvoll, wenn Ihr Euch innerhalb der Familie frühzeitig mit dem Thema auseinandersetzt: Ambulante Pflege oder Pflegeheim? Wie sieht es mit den Kosten aus? Wann musst Du Unterhalt für Deine Eltern zahlen? Wir erklären Dir alles rund um den Elternunterhalt.
Was der Platz im Pflegeheim kostet, hängt von den Preisen des jeweiligen Heims, vom Bundesland aber auch vom Pflegegrad ab. Einen Teil der Pflegekosten muss jeder Heimbewohner selbst zahlen. Dabei handelt es sich um den sogenannten einrichtungseinheitlichen Eigenanteil (EEE). Er ist für jeden Bewohner gleich – unabhängig vom Pflegegrad. Hinzukommen noch Kosten für Unterkunft und Verpflegung. Außerdem müssen die Bewohner auch Investitionskosten für Gebäude und Geräte sowie weitere Zusatzkosten mittragen.
In unserer Tabelle zeigen wir Dir, wie viel die Pflegeversicherung je nach Pflegegrad übernimmt, wie hoch die durchschnittliche Eigenbeteiligung ist ab Januar 2024. Daraus ergeben sich die durchschnittlichen Preise für einen vollstationären Pflegeplatz in einem Heim.
Pflegegrad | Ø Kosten für Platz | Anteil Pflegeversicherung1 | Eigenbeteiligung2 |
2 | 3.553 € | 770 € | 2.783 € |
3 | 4.045 € | 1.262 € | 2.783 € |
4 | 4.558 € | 1.775 € | 2.783 € |
5 | 4.788 € | 2.005 € | 2.783 € |
1 Ab Januar 2025 steigt der monatliche Leistungssatz der Pflegeversicherung um 4,5 Prozent (§ 42 SGB XI PUEG)
2 VDEK: Übersicht: finanzielle Belastung 2024
Quelle: Finanztip-Recherche, VDEK (Stand: Januar 2024)
Seit 2022 zahlen die Pflegeversicherungen einen gestaffelten Zuschuss zum Eigenanteil. Je länger Pflegebedürftige in einer Pflegeinrichtung leben, desto höher ist der Zuschuss. Du musst für diesen Zuschuss keinen Antrag stellen. Der Zuschuss wird direkt an das Heim gezahlt. Dadurch verringert sich der Eigenanteil für den Bewohner, je länger er im Pflegeheim versorgt wird.
Laut Verband der Ersatzkassen (VDEK) liegt die finanzielle Belastung eines Pflegebedürftigen nach Berücksichtigung des Zuschusses im Jahr 2024 zwischen 2.576 und 1.750 Euro.
Zuschuss zum Eigenanteil | finanzielle Belastung im Monat | |
im 1. Jahr | 15 % | 2.576 € |
im 2. Jahr | 30 % | 2.370 € |
im 3. Jahr | 50 % | 2.095 € |
im 4. Jahr | 75 % | 1.750 € |
Quelle: § 43c SGB 11,VDEK (Stand: Januar 2024)
Diesen Eigenanteil müssen Pflegebedürftige aus eigener Tasche zahlen, falls keine private Pflegezusatzversicherung vorhanden ist.
Tipp: Auch wenn Du derzeit noch keinen Heimplatz für Deine Eltern benötigst, lohnt sich ein Vergleich zwischen den Heimen in der Nähe. Um zu vermeiden, dass Du ganz plötzlich irgendwo einen Platz für Vater oder Mutter finden musst, kannst Du bereits jetzt ein Zimmer reservieren. Aber nicht alle Pflegeheime bieten diesen Service. Gebühren dürfen sie für die Reservierung eines Heimplatzes nicht verlangen (BGH, 15.07.2021, Az. III ZR 225/20).
Reichen Rente, Leistungen der Pflegeversicherung und Erspartes nicht aus, um das Heim zu bezahlen, können Betroffene einen Antrag auf Übernahme der Pflegekosten stellen. Im Jahr 2022 bekamen nach Angaben des statistischen Bundesamts rund 310.000 Pflegebedürftige staatliche Hilfe zur Pflege, die in einem Pflegeheim vollstationär versorgt wurden. Damit mussten knapp 40 Prozent der Heimbewohner Sozialhilfe in Anspruch nehmen.
Bevor der Staat Pflegekosten übernimmt, muss die pflegebedürftige Person sämtliche Einkünfte aus gesetzlicher und privater Rente für die Pflege ausgeben. Auch das eigene Vermögen muss die Person aufbrauchen, bevor sie Sozialleistungen in Anspruch nehmen kann.
Wer verheiratet ist oder in einer Lebenspartnerschaft lebt, den muss der Partner oder die Partnerin finanziell unterstützen und die Pflegekosten übernehmen, die die pflegebedürftige Person selbst nicht bezahlen kann.
Eine Vermögensreserve dürfen Pflegebedürftige aber behalten. Dieser Schonbetrag wird im Fachjargon unverwertbares Vermögen genannt. Dieses beläuft sich seit 2023 auf 10.000 Euro (§ 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII, § 1 BarbetragsVO). Verheirateten Paaren oder Menschen in einer Lebenspartnerschaft steht der doppelte Betrag von 20.000 Euro als eiserne Reserve zu.
Wichtig: Hilfe zur Pflege erhält der Pflegebedürftige nicht für die Vergangenheit, sondern erst ab dem Monat der Antragstellung. Deshalb solltest Du als Angehöriger den Antrag beim Sozialamt so früh wie möglich stellen, wenn es finanziell knapp wird.
Ziehst Du als alleinstehende Person aus Deinem Haus oder Deiner Eigentumswohnung in ein Pflegeheim, so musst Du auch Deine Immobilie verwerten, bevor das Sozialamt Hilfe zur Pflege leistet. Gegebenenfalls kann sich das Amt auch eine Grundschuld eintragen lassen.
Falls Dein Ehepartner im eigenen Haus oder in der eigenen Wohnung wohnen bleibt, fällt die Immobilie unter das Schonvermögen. Es muss nicht für die Bezahlung der Pflegekosten verwertet werden.
Willst Du die Immobilie für Deine Kinder auch im Pflegefall bewahren, dann solltest Du sie rechtzeitig auf Deine Kinder übertragen, bevor Du ins Pflegeheim musst. Was Du dabei beachten musst, findest Du im Ratgeber Haus überschreiben. Die Auswirkungen für das Erbe kannst Du im Ratgeber zur vorweggenommenen Erbfolge nachlesen.
Eltern müssen in der Regel nicht befürchten, dass das Sozialamt ihre Kinder zu Unterhaltszahlungen verpflichtet, wenn sie selbst für die Kosten des Pflegeheims auf Hilfe vom Sozialamt angewiesen sind.
Seit 2020 müssen sich Kinder erst ab einem Bruttojahreseinkommen von 100.000 Euro an den Pflegekosten der Eltern beteiligen (§ 94 Abs. 1a SGB XII). Diese Regelung beruht auf dem Angehörigenentlastungsgesetz.
Die 100.000-Euro-Grenze umfasst das gesamte Jahresbruttoeinkommen. Das bedeutet: Neben Deinem Gehalt oder Gewinn aus selbstständiger Arbeit zählen auch Einkünfte aus Kapitalvermögen oder Vermietung und Verpachtung dazu. Entscheidend ist das jährliche Gesamteinkommen im Sinne des Einkommensteuerrechts (§ 16 SGB IV). Arbeitnehmende können ihre Werbungskosten vom Jahresbruttolohn abziehen. Was genau Du abziehen kannst, erklären wir im Ratgeber zu den Werbungskosten. Das Sozialamt ermittelt das Gesamteinkommen grundsätzlich anhand Deines Einkommensteuerbescheids.
Wer weniger Einkommen, aber viel Vermögen zum Beispiel an Immobilien besitzt, ist auch durch das neue Gesetz geschützt. Denn vorhandenes Vermögen wird bei der 100.000-Euro-Grenze nicht berücksichtigt.
Das Sozialamt geht immer davon aus, dass das Einkommen des Kindes unter dieser Grenze liegt. Es prüft erst die Einkommensverhältnisse, wenn es Anhaltspunkte für ein höheres Einkommen gibt. Das kann der Fall sein, wenn Du als Chefärztin im Krankenhaus arbeitest, als Professor an einer Universität unterrichtest oder selbstständig eine Firma mit mehr als 20 Beschäftigten führst. Dann gehört Du zu einer einkommensstarken Berufsgruppe.
Auch Kinder, die im Ausland leben und mehr als 100.000 Euro brutto verdienen, können zum Elternunterhalt herangezogen werden. Bei der Berechnung muss das Sozialamt allerdings andere Maßstäbe ansetzen und zum Beispiel die Kaufkraft Deines Einkommens im Ausland umrechnen.
Verdienst Du mehr als 100.000 Euro, kann das Sozialamt von Dir einen Teil der für Deine Eltern übernommenen Pflegekosten verlangen. Denn Kinder müssen im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten für den Unterhalt ihrer Eltern aufkommen (§ 1601 BGB).
Unterhaltspflichtig bist Du nur für Deine Eltern, nicht für die Schwiegereltern (BGH, 14.01.2004, Az. XII ZR 69/01). Es kann aber vorkommen, dass Dein Einkommen bei der Berechnung des sogenannten individuellen Familienbedarfs berücksichtigt wird und es dadurch zu einer indirekten Schwiegerkind-Haftung kommt (BGH, 05.02.2014, Az. XII ZB 25/13).
Was Du tatsächlich an Elternunterhalt zahlen musst, hängt von Deinem Einkommen ab und welche Posten Du davon abziehen kannst.
Dein Einkommen, das für den Elternunterhalt entscheidend ist, kannst Du in drei Schritten selbst berechnen:
Durchschnittliches Nettoeinkommen ermitteln
Rechne Deine erzielten Einkünfte zusammen (§ 1603 Abs. 1 BGB): Bist Du Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer, musst Du den Durchschnitt Deines Nettogehalts aus den zwölf zusammenhängenden Monaten vor Eintritt des Unterhaltsbedarfs bilden. Steuern und Sozialversicherungsbeiträge sind schon abgezogen. Falls Du selbstständig bist, ist das durchschnittliche Nettoeinkommen der zurückliegenden drei bis fünf Jahre entscheidend.
Ansgar arbeitet als Oberarzt in einem Krankenhaus, das 20 Kilometer entfernt von seinem Wohnort liegt. Seine Mutter leidet an fortgeschrittener Demenz. Sie wird im Pflegeheim versorgt. Ihre Einkünfte reichen nicht aus, um den Platz im Pflegeheim zu bezahlen. Auch Vermögen ist nicht mehr vorhanden. Sie bekommt Hilfe zur Pflege vom Sozialamt.
Ansgar verdient durchschnittlich 9.500 Euro im Monat, im Jahr 114.000 Euro, er liegt mit seinem Bruttoeinkommen über der Grenze von 100.000 Euro. Er zahlt monatlich etwa 3.200 Euro an Steuern und Abgaben. An seine private Krankenversicherung zahlt er jeden Monat 490 Euro. Zur privaten Altersvorsorge zahlt er monatlich 550 Euro in eine Lebensversicherung.
Von seinem Jahresgehalt darf er für den Arbeitsweg im Jahr 3.696 Euro abziehen. Dazu darf er pro gefahrenem Kilometer 0,42 Euro ansetzen, und zwar an 220 Arbeitstagen pro Jahr: 40 km (täglicher Hin- und Rückweg) x 0,42 € x 220 = 3.696 Euro.
Ebenfalls abziehen darf er als Kosten für die Krankheitsvorsorge seine Beiträge zur PKV in Höhe von 490 Euro im Monat. Im Jahr sind 5.880 Euro abzugsfähig.
Für die private Altersvorsorge zahlt er 5.700 Euro im Jahr in eine Lebensversicherung (550 Euro x 12 Monate = 6.600 Euro). Da er aber nur bis zu 5 Prozent des Bruttoeinkommens aus dem Vorjahr (114.000 Euro) abziehen darf, kann er sein Einkommen nur um 5.700 Euro reduzieren.
Jahresbruttoeinkommen | 114.000 € |
abzgl. Steuern und Abgaben | - 38.400 € |
abzgl. berufsbedingte Aufwendungen | - 3.696 € |
abzgl. Beiträge PKV | - 5.880 € |
abzgl. private Altersvorsorge | - 5.700 € |
unterhaltsrelevantes Einkommen | 60.324 € |
Von diesem berechneten Einkommen, das sich im Monat auf 5.027 Euro beläuft, kann Ansgar Unterhaltsansprüche und den monatlichen Selbstbehalt abziehen.
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Vom bereinigten Nettoeinkommen darfst Du noch Deinen Selbstbehalt abziehen. Wieviel Du abziehen darfst, war nach der Einführung des Angehörigenentlastungsgesetzes umstritten.
Neu: Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass er einen Mindestselbstbehalt von 2.650 Euro für das Jahr 2024 für angemessen hält (BGH, 23.10.2024, Az. XII ZB 6/24). So hatten es auch einige Oberlandesgerichte in ihren Leitlinien festgelegt.
Im Einzelfall kann es aber auch angemessen sein, dem elternunterhaltspflichtigen Kind sogar mehr als den Mindestselbstbehalt zu belassen, etwa 70 Prozent davon zusätzlich. Geht man von einem Mindestselbstbehalt von 2.650 Euro aus, wäre ein Selbstbehalt von bis zu 4.500 Euro noch angemessen. Dieser errechnet sich aus dem Mindestselbstbehalt von 2.650 Euro plus 70 Prozent (1.855 Euro) ergibt 4.500 Euro.
Sollte das Sozialamt den Elternunterhalt mit einem zu niedrigen Selbstbehalt berechnen, kannst Du der Berechnung widersprechen und Dich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs berufen.
Von diesem bereinigten und um den Selbstbehalt verminderten Nettoeinkommen musst Du die Hälfte an Elternunterhalt zahlen.
Beispiel: Birte verdient monatlich 15.000 Euro brutto, im Jahr dementsprechend 180.000 Euro. Ihre Mutter lebt im Pflegeheim. Nach Bereinigung des Nettoeinkommens um zulässige Abzüge beläuft sich das relevante Einkommen auf 10.000 Euro. Bei einem Mindestselbstbehalt von 2.650 Euro ergibt sich ein Anspruch auf Elternunterhalt in Höhe von 50 Prozent von 7.350 Euro, also 3.657 Euro im Monat. Es wäre im Einzelfall auch noch angemessen, wenn man ihr 70 Prozent des Mindestselbstbehalts zusätzlich belässt, also insgesamt rund 4.500 Euro. Dann käme sie auf einen Unterhalt von 2.750 Euro. Sie muss mit einem Beitrag zwischen 3.657 Euro und 2.750 Euro rechnen, den sie für das Pflegeheim zahlen muss. Sie zahlt aber höchstens die Eigenbeteiligung an den Pflegeheimkosten, die die Mutter nicht mit eigenen Einkünften bezahlen kann.
Tipp: Kinder, die ihren Vater oder ihre Mutter pflegen, können nach deren Tod bei der Erbschaft den sogenannten Pflegefreibetrag von bis zu 20.000 Euro beanspruchen und müssen dementsprechend weniger Erbschaftssteuer zahlen (BFH, 10.05.2017, Az. II R 37/15).
Verdienen mehrere Kinder mehr als 100.000 Euro, haften alle Kinder anteilig (§ 1606 Abs. 3 BGB). Kommt ein Kind allein für den Elternunterhalt auf, weil die anderen Geschwister weniger als 100.000 Euro Einkünfte haben, zahlt es nur nach seinen Möglichkeiten. Es muss den Anteil der Geschwister nicht mittragen.
Unterhaltspflichtige Kinder, die mehr als 100.000 Euro Gesamteinkünfte haben und daraus den Elternunterhalt nicht begleichen können, müssen für den Unterhalt auf ihr Vermögen zurückgreifen. Ausgenommen ist das sogenannte Schonvermögen beim Elternunterhalt. Soweit das Vermögen nachweislich der eigenen Alterssicherung dient, bleibt es unangetastet. Mehr Informationen dazu findest Du in unserem Ratgeber zu Schonvermögen beim Elternunterhalt.
Wer mehr als 100.000 Euro Jahreseinkommen verdient und trotz der Abzüge und des Selbstbehalts monatlich zum Elternunterhalt verpflichtet ist, der kann sich nur sehr schwer dagegen wehren. Es muss ein besonderer Härtefall vorliegen (BGH, 15.09.2010, Az. XII ZR 148/09).
Du musst zum Beispiel dann keinen Elternunterhalt zahlen, wenn Dein Vater oder Deine Mutter schwere Verfehlungen gegen Dich begangen haben (§ 1611 BGB). Die Hürde ist sehr hoch. Hat der Vater zum Beispiel den Kontakt zu seinem Kind vor 40 Jahren abgebrochen und es durch sein Testament enterbt, ist das noch keine schwere Verfehlung wie ein Urteil des Bundesgerichtshofs zeigt. (BGH, 12.02.2014, Az. XII ZB 607/12). Das Kind musste in diesem Fall trotzdem Unterhalt zahlen.
Anders sieht es aus, wenn seit Jahren kein Kontakt mehr besteht und der Vater oder die Mutter selbst nie Unterhalt für das Kind gezahlt hat. In einem solchen Fall musste die Tochter als Erwachsene nicht mehr finanziell für ihren Vater einstehen, urteilte das Oberlandesgericht Oldenburg (04.01.2017, Az. 4 UF 166/15).
Tipp: Pflegeheimkosten für die Eltern kannst Du unter Umständen von der Steuer absetzen. Was Du dazu wissen musst, steht im Ratgeber über Außergewöhnliche Belastungen.