Steuerklasse 4 mit Faktor So teilen Partner die Lohnsteuer fair auf

Jörg Leine
Finanztip-Experte für Steuern

Das Wichtigste in Kürze

  • Ehepaare und eingetragene Lebenspartnerschaften können anstelle der Steuerklassenkombinationen 3/5 oder 4/4 auch die Kombination 4/4 mit Faktor wählen.
  • Durch das Faktorverfahren entspricht der Lohnsteuerabzug im laufenden Jahr in etwa der Jahreseinkommensteuer – so vermeidet Ihr eine größere Nachzahlung.
  • Die von der Ampel-Koalition geplante Überführung aller Paare mit den Steuerklassen 3 und 5 in die Kombination 4/4 mit Faktor ist gestrichen.

So gehst Du vor

  • Das Faktorverfahren könnt Ihr beim Finanzamt mit dem „Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten/Lebenspartnern“ beantragen.
  • Die Steu­er­er­klä­rung machst Du am besten mit einem Steuerprogramm oder einer Steuer-App.
  • Wir empfehlen für alle Fälle Wiso Steuer 2024 und Steuersparerklärung (Steuerjahr 2023) ohne Photovoltaik. Wenn Du nicht selbstständig bist, reicht meist unser Preis-Leistungs-Tipp Tax 2024.
  • Für sehr einfache Fälle bieten sich auch die Steuer-Apps Steuerbot, Wiso Steuer und Taxfix an, die uns in unserem ausführlichen Test besonders überzeugt haben.

Anders als Singles könnt Ihr in einer Ehe oder einer eingetragenen Lebenspartnerschaft beeinflussen, wie viel Lohnsteuer Ihr monatlich zahlt: Je nachdem, welche Steuerklassen Ihr wählt, könnt Ihr von einem günstigen Lohnsteuerabzug profitieren. Beachtet dabei aber, dass Ihr dadurch am Ende keine Einkommensteuer spart. Denn für die (verpflichtende) Steu­er­er­klä­rung ist es egal, welche Lohnsteuerklassen Ihr gewählt habt.

Hinweis: Im Steuerrecht werden zwar für die Steuerklassen die römischen Zahlen von I bis VI verwendet. Die „normalen“ Zahlen von 1 bis 6 sind aber ebenfalls gebräuchlich.  

Die Lohnsteuer als Paar gerechter aufteilen

Ehepaare und eingetragene Lebenspartner haben drei Möglichkeiten bei der Wahl ihrer Steuerklasse:

  1. Viele nutzen die Variante 3/5,
  2. Ihr könnt Euch aber auch beide für die Steuerklasse 4 entscheiden oder
  3. die Kombination 4/4 mit Faktor, kurz 4 mit Faktor, wählen.

Verdienen beide Partner ungefähr gleich viel, reicht die Steuerklassen-Kombination 4/4. Liegen die Gehälter hingegen weit auseinander, lohnt sich am meisten die Kombination 3/5. Dabei wählt die höherverdienende Person die Klasse 3, um von beiden Grundfreibeträgen profitieren zu können. Mehr dazu findest Du im Ratgeber Wahl der Steuerklassen.

Zudem gibt es die Möglichkeit, die Steuerklassenkombination 4/4 mit Faktor zu wählen. Das Faktorverfahren soll dafür sorgen, dass die Lohnsteuerlasten innerhalb einer Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft gerechter verteilt sind. Denn jede Person zahlt den Lohnsteueranteil, den sie am gemeinsamen Einkommen hat. Ihr habt damit aber meist weniger Netto auf dem Konto als mit der Kombi 3/5 - aber immer noch mehr als mit der Kombi 4/4.

Die Steuerklassenkombination 3/5 ist wegen des höheren monatlichen Netto sehr beliebt. Sie bietet sich aus steuerlicher Sicht an, wenn es größere Gehaltsunterschiede gibt; also bei einem Verhältnis von mindestens 60 Prozent zu 40 Prozent des gesamten Familieneinkommens. Der Ehepartner oder die Lebenspartnerin mit Steuerklasse 5 muss dabei allerdings besonders hohe Lohnsteuerabzüge in Kauf nehmen. 

Die von der Firma abgeführte Lohnsteuer ist jedoch nur eine Vorauszahlung auf die Einkommensteuer. Die endgültige Steuerbelastung stellt das Finanzamt erst nach einer Steu­er­er­klä­rung im Steuerbescheid fest. Letztlich spart ein Paar insgesamt betrachtet durch die Steuerklassenwahl keine Steuern. Deine Lohn­ersatz­leistungen kannst Du hingegen mit einer günstigen Steuerklasse in vielen Fällen tatsächlich erhöhen.

Achtung: Die Bundesregierung hatte die Abschaffung der Steuerklassen 3 und 5 geplant. Alle betroffenen Paare sollten demnach generell in das Faktorverfahren der Steuerklasse 4 überführt werden. Geplant war das laut Steuerfortentwicklungsgesetz (SteFeG) aber erst ab dem Jahr 2030. Nach dem Bruch der Ampelkoalition  wurden diese Pläne allerdings im Dezember 2024 aus dem Gesetzentwurf gestrichen. Ob eine neue Bundesregierung dieses bedeutende Vorhaben angehen wird, ist noch völlig unklar. Mehr dazu erfährst Du im Ratgeber Steuerklassen im Kapitel Steuerklasse 3 und 5 vor Abschaffung?.​​​

Aber: Am Ehegattensplitting will die Regierung festhalten. Es wird sich also in den allermeisten Fällen steuerlich weiterhin lohnen, verheiratet zu sein.

Wie wirkt der „Faktor“?

Durch das Faktorverfahren können sich für jeden Ehegatten oder jede Lebenspartnerin die steuerentlastenden Vorschriften direkt beim laufenden Lohnsteuerabzug auswirken. Jeder Partner oder jede Partnerin profitiert also beispielsweise vom eigenen Grundfreibetrag oder gegebenenfalls einem Kinderfreibetrag.

Mit dem Faktor wird außerdem die steuermindernde Wirkung des Splittingverfahrens beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt. In welcher Höhe das sogenannte Ehegattensplitting eine steuermindernde Wirkung entfaltet, hängt davon ab, wie unterschiedlich hoch die Gehälter der beider sind.

Faktorverfahren muss beantragt werden

Das Faktorverfahren müsst Ihr beim Finanzamt beantragen – mit einem „Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten/Lebenspartnern“. Wie das genau funktioniert, kannst Du im Ratgeber „Steuerklasse ändern“ nachlesen.

Im laufenden Jahr kannst Du das Faktorverfahren gemeinsam mit Deinem Ehegatten oder Lebenspartner ohne Begründung beantragen, spätestens bis zum 30. November.

Faktorberechnung - Anhand Eurer voraussichtlichen Arbeitslöhne berechnet das Finanzamt einen Faktor mit drei Nachkommastellen. Diesen Faktor trägt es dann als elektronisches Lohnsteuerabzugsmerkmal in die ElStAM-Datenbank ein. Der Arbeitgeber kann diesen dann bei der Berechnung der Lohnsteuer nach Steuerklasse 4 anwenden.

Unser Podcast zum Thema

Vorteile des Faktorverfahrens

Hier sind vier Punkte zu nennen:

  • Das Faktorverfahren bringt eine gerechtere Verteilung der Lohnsteuerlast auf beide Partner – anders als bei der Kombination aus den Steuerklassen 3 und 5. Für die geringer verdienenden Person – oft ist das die Ehefrau – bringt der Faktor mehr Netto. 
  • Für die geringer verdienende Person ist der Anreiz größer, mehr zu arbeiten und auch zu verdienen. In der Steuerklasse 5 ist die hohe Steuerlast oft einfach zu abschreckend.
  • Das Faktorverfahren gibt es zwar schon mehr als zehn Jahre, erst mit der ursprünglich geplanten Abschaffung der 3/5 - Kombination rückte es mehr ins Bewusstsein der Steuerzahlenden. Hat ein Paar bisher jeweils die Steuerklasse 4, hat es mit der Steuerklasse 4 mit Faktor auch etwas mehr netto im Monat als zuvor. 
  • Beim Faktorverfahren ist die Differenz zwischen Lohnsteuerabzug im Laufe des Jahres und Steuerschuld am Jahresende besonders gering. So muss man, anders als bei der 3/5 - Kombination, keine hohe Steuernachzahlung befürchten. 

Nachteile des Faktorverfahrens

Wo Licht ist, gibt es auch Schatten:

  • Bei größeren Gehaltsunterschieden hat das Paar im Faktorverfahren insgesamt monatlich weniger Netto auf dem Konto als in der 3/5 - Kombination. Das erfordert bei vielen Anpassungen über die monatlichen Ausgaben.
    Aber dabei bitte nicht vergessen: Am Ende gleicht sich alles in der Steu­er­er­klä­rung aus, doch die ist eben erst im Folgejahr. Wenn Du in der 3/5 - Kombination nach dem ersten Jahr eine deutliche Steuernachzahlung leisten musst, wird das Finanzamt zudem in der Regel Steuervorauszahlungen festsetzen. Und das bedeutet, dass sich das höhere Netto mit den Vorauszahlungen in Luft auflöst. 
  • Steu­er­er­klä­rung ist Pflicht - Wenn Ihr Euch für das Faktorverfahren entschieden habt, müsst Ihr eine Ein­kom­men­steu­er­er­klä­rung abgeben.
  • Da Lohn­ersatz­leistungen nach dem Netto berechnet werden, könnte die Steuerklasse 4 mit Faktor ungünstiger sein als die Kombi aus Steuerklasse 3 und 5. Denkt also daran, dass die Wahl der Steuerklassenkombination oder der Anwendung des Faktorverfahrens auch die Höhe von Lohn­ersatz­leistungen beeinflusst. Dazu gehören zum Beispiel Ar­beits­lo­sen­geld I, Ar­beits­lo­sen­geld bei beruflicher Weiterbildung, Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld, Mut­ter­schafts­geld und Elterngeld oder die Höhe des Lohnanspruchs bei der Altersteilzeit. Eine vor Jahresbeginn getroffene Steuerklassenwahl erkennt die Agentur für Arbeit bei der Gewährung von Lohn­ersatz­leistungen grundsätzlich an. 

    Solltet Ihr im Laufe des Jahres die Steuerklasse ändern oder das Faktorverfahren wählen, kann sich das auch auf Eure Lohn­ersatz­leistungen auswirken. Rechnest Du damit, demnächst Elterngeld zu erhalten oder beziehst Du vielleicht schon Ar­beits­lo­sen­geld oder Mut­ter­schafts­geld? Oder planst Du, in Altersteilzeit zu gehen? Dann solltest Du genau überlegen, welche Steuerklassenkombination das meiste Geld in diesen Fällen verspricht.

    Bevor Ihr Euch für eine neue Steuerklassenkombination entscheidet, solltet Ihr deshalb prüfen, wie sich das auf die Höhe der Lohn­ersatz­leistungen auswirkt. Fragt im Zweifel beim Arbeitsamt oder bei Eurer Chefin nach.
  • Das Faktorverfahren muss man beantragen, sogar alle zwei Jahre aufs Neue. Und der Antrag erfordert mehr Anstrengung als ein Wechsel in der Steuerklasse 3. Oft lohnt dann der Aufwand nicht wirklich, besonders, wenn der Gehaltsunterschied nicht sehr groß ist. 

Wie viel bringt das Faktorverfahren?

Die Kombination 4/4 mit Faktor gibt es seit 2010. Ehepaare und eingetragene Lebenspartnerschaften nehmen diese Variante bisher allerdings nur zögerlich an. Das wird sich aber ändern, wenn die Pläne der Bundesregierung zur Abschaffung der Kombination aus den Steuerklassen 3 und 5 umgesetzt werden. Die aktuelle gesetzliche Regelung zum Faktorverfahren kannst Du in Paragraf 39f EStG nachlesen.

Wie das Faktorverfahren wirkt, lässt sich am besten anhand eines Beispiels verdeutlichen: Bernd und Renate sind miteinander verheiratet und leben in Nordrhein-Westfalen. Sowohl Bernd als auch seine Frau Renate sind voll sozialversicherungspflichtig. Der Mann verdient im Jahr 2022 brutto 36.000 Euro, seine Frau 20.400 Euro brutto. Die beiden entscheiden sich für eine Zu­sam­men­ver­an­la­gung in der Steu­er­er­klä­rung.

So errechnet sich der Faktor für Renate und Bernd

voraussichtliche Einkommensteuer
beider Ehegatten im Splittingverfahren
4.780 €
Summe der berechneten Lohnsteuer
beider Ehegatten (bei Steuerklasse 4/4, ohne Faktor)
4.939 €
der Faktor beträgt also 4.780/4.9390,967

Quelle: Merkblatt zur Steuerklassenwahl des Bundesfinanzministeriums (Stand: 11. Januar 2025)

Lohnsteuer bei verschiedener Steuerklassenkombination

Lohnsteuer

nach Steuerklassen-
Kombination

Ehemann BerndEhefrau RenateSummeDifferenz1
3/51.058 €2.943 €4.001 €-779 €
4/4 (ohne Faktor)4.128 €811 €4.939 €159 €
4/4 (mit Faktor)3.991 €784 €4.775 €-5 €

1zur voraussichtlichen Einkommensteuer des Ehepaars
Quelle: Merkblatt zur Steuerklassenwahl 2023 (Stand: 11. Januar 2025)

Die Modellrechnung zeigt mehrere Dinge. Wir setzen dabei voraus, dass es keine weiteren steuerliche Sachverhalte gibt, also zum Beispiel Ausgaben zum Absetzen.

  • In der Kombi 3/5 muss das Ehepaar rund 780 Euro Steuern nachzahlen. Renate verdient zwar deutlich weniger als Bernd, zahlt aber fast 1.900 Euro mehr Lohnsteuer als ihr Mann.
  • In der Kombi 4/4 gibt es eine Erstattung von knapp 170 Euro.
  • Im Faktorverfahren ist die Lohnsteuerlast fair verteilt. Zudem ist der Unterschied von 5 Euro zwischen gezahlter Lohnsteuer und voraussichtlich zu zahlender Einkommensteuer sehr gering und hat seine Ursache lediglich in Rundungseffekten. 

Beantragen kannst Du das Faktorverfahren entweder online mit Deinem Benutzerkonto auf dem Portal Mein Elster (siehe unser Finanztip Ratgeber Elster) oder postalisch mit dem Formular Antrag auf Steuerklassenwechsel. Das Finanzamt trägt dann Deine neue Steuerklasse als elektronisches Lohnsteuerabzugsmerkmal in ihrer Datenbank für die Lohnbesteuerung ein. 

Autoren
Udo Reuß

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