Arbeitsrechtsschutz & Berufsrechtsschutz Wie Du Dich bei einem Streit mit Deinem Chef schützt
Finanztip-Expertin für Versicherungen
Das Wichtigste in Kürze
Eine Arbeitsrechtsschutzversicherung deckt alle möglichen Kosten eines Rechtsstreits mit Deinem Arbeitgeber ab.
Sinnvoll kann das sein, da vor dem Arbeitsgericht jede Seite ihre Rechtsanwaltskosten in der ersten Instanz selbst zahlen muss, egal wer gewinnt.
Arbeitsrechtsschutz gibt es nicht als einzelne Versicherung, sondern als weiteren Baustein zur Privatrechtsschutzversicherung.
So gehst Du vor
Inhalt
Auch wenn Du es nicht darauf anlegst, kann es passieren: Ärger mit Deinem Arbeitgeber oder Deiner Arbeitgeberin. Dir wird mit Kündigung gedroht, Dein Chef will die restlichen Urlaubstage aus dem Vorjahr nicht gewähren oder ist mit Lohnzahlungen im Rückstand. Möchtest Du Dein gutes Recht durchzusetzen, kannst Du die finanziellen Folgen eines solchen Rechtsstreits mit einer Arbeitsrechtsschutzversicherung zumindest teilweise abfedern. Was Du über die Arbeitsrechtsschutzversicherung wissen solltest, sagen wir Dir hier.
Im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber kann es zu verschiedenen Problemen kommen. Zu den wichtigsten arbeitsrechtlichen Fällen, die Du absichern kannst, zählen:
Folgende Leistungen und Kosten übernimmt die Versicherung bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten:
Ob sich der Arbeitsrechtsschutz lohnt, hängt von Deiner beruflichen Situation ab und davon, wie hoch Du das Risiko eines Rechtsstreits einschätzt. Rentner, Freiberufler und Selbstständige haben in aller Regel keine arbeitsrechtlichen Probleme und brauchen den speziellen Arbeitsrechtsschutz nicht. Mitglieder einer Gewerkschaft haben häufig automatisch eine Berufsrechtsschutzversicherung.
Wenn Du nicht zu einem dieser Personenkreise gehörst und überlegst, eine Arbeitsrechtsschutzversicherung abzuschließen, solltest Du mit dem Vertragsabschluss nicht warten, bis Ärger droht. Denn die Leistungen der Versicherung kannst Du erst nach drei Monaten Wartezeit in Anspruch nehmen. Auch, wenn der Ärger während der Wartezeit beginnt, ist dieser Streit dann nicht vom Versicherungsschutz abgedeckt.
Möchtest Du Dich gegen die oben genannten Kosten absichern, kannst Du eine Arbeitsrechtsschutzversicherung abschließen. Dies kannst Du jedoch nur in Verbindung mit einer Privatrechtsschutzversicherung. Bevor Du den Schutz abschließt, gibt es ein paar Details, auf die Du bei der Auswahl der Rechtsschutzversicherung mit dem Baustein Arbeitsrechtsschutz achten solltest:
Versicherungssumme - Bis zu dieser Höchstgrenze zahlt die Versicherung im Streitfall die Kosten. Bei den Deckungssummen für die Privat- und Arbeitsrechtsschutzversicherung gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Anbietern. Bei einigen Anbietern beträgt die Deckungssumme lediglich 350.000 Euro, bei anderen ist sie unbegrenzt. Wir empfehlen eine generelle Versicherungssumme von mindestens 5 Millionen Euro.
Telefonberatung - Manchmal reicht eine telefonische Rechtsberatung bereits aus, um Deine Fragen zu klären. Eine solche Beratung sollte Deine Arbeitsrechtsschutz-Versicherung unbegrenzt häufig und kostenlos anbieten. Die Hotlines unserer beiden Hauptempfehlungen für die Bereiche Privat, Beruf und Verkehr, der WGV PBV Optimal und der Arag Komfort, decken bei der telefonischen Beratung alle Rechtsgebiete ab, also nicht nur die im Vertrag eingeschlossenen. Hast Du also nur Privat- und Berufsrechtsschutz, bekommst Du trotzdem auch Auskunft zu grundlegenden Fragen wie etwa zum Mietrecht.
Selbstbeteiligung - Viele Versicherer bieten einen reduzierten Beitrag an, wenn Du eine Selbstbeteiligung wählst. Wir raten zu einer Selbstbeteiligung bis 250 Euro. Bei vielen Versicherungen entfällt die Selbstbeteiligung auch, wenn ein Streit nach einer Erstberatung beim Anwalt beigelegt ist und nicht vor Gericht geht oder wenn Du nur eine außergerichtliche Schlichtung in Anspruch nimmst. Bei unseren Empfehlungen ist das der Fall.
Schadenfreiheitsbonus - Es gibt Versicherer, bei denen die Selbstbeteiligung sinkt, falls Du mehrere Jahre lang keinen Schaden meldest. Ideal ist es, wenn der Anbieter schadenfreie Jahre beim Vorversicherer anrechnet, sofern Du den Vertrag wechselst. Achte bei solchen Bonussystemen darauf, wie stark die Selbstbeteiligung nach einem Schaden wieder ansteigt. Es gibt Tarife, in denen der Eigenanteil im ungünstigsten Fall deutlich über die ursprünglich vereinbarte Summe steigt. Bei der Huk-Coburg PBV Plus ist dies der Fall. Hier kann die Selbstbeteiligung bis auf 550 Euro ansteigen. Daher ist sie eine Nebenempfehlung. Entscheidend sollte ein Bonusprogramm für die Wahl, einen bestimmten Tarif abzuschließen, nicht sein.
Wartezeit - Sei Dir im Klaren darüber, dass beim Arbeitsrechtsschutz immer eine Wartezeit gilt. In der Regel sind das drei Monate nach Abschluss der Rechtsschutzversicherung. Für Streitigkeiten, die innerhalb dieses Zeitraums entstehen, gibt es keinen Versicherungsschutz. Allerdings kann die Wartezeit entfallen, falls Du bereits eine Arbeitsrechtsschutzversicherung hast und nahtlos zu einem anderen Anbieter wechselst. Damit das klappt, darfst Du allerdings keinen Tag ohne Versicherung gewesen sein.
Kündigung durch den Versicherer - Der Versicherer kann kündigen, wenn Du innerhalb eines Jahres zwei Versicherungsfälle einreichst. Wie das Deine Versicherung zählt, solltest Du in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen unter „Kündigung nach Versicherungsfall“ nachlesen.
Beiträge - Schau darauf, was eine Rechtsschutzversicherung kostet. Gute Leistungen gehen vor. Jedoch solltest Du für diese nicht zu viel zahlen. Zumal eine Rechtsschutzversicherung grundsätzlich eher teuer ist. Bei unserer Empfehlung, der WGV Optimal, zahlst Du für eine Privat- und Berufsrechtsschutzabsicherung als Single etwa 250 Euro im Jahr, im Familientarif kostet der Schutz etwas mehr, knapp 300 Euro. Die Beiträge gelten mit einer Selbstbeteiligung von 150 Euro. Neben der Selbstbeteiligung ist der Beitrag unter Umständen auch vom Wohnort abhängig.
In unserem Test der Rechtsschutzversicherungen haben wir die Leistungen der Bereiche Privat, Beruf und Verkehr geprüft. Die folgenden Empfehlungen haben in allen drei Teilen gute Leistungen. Du kannst die Versicherungen jeweils auch ohne den Baustein Verkehr abschließen, wenn Du diesen nicht benötigst. Auf die Leistungen in den anderen Bausteinen hat dies keinen Einfluss.
Beide Begriffe sind häufig im selben Kontext zu finden, ihre Bedeutung ist aber nicht identisch. Die Arbeitsrechtsschutzversicherung bietet verschiedene Leistungen rund um Ärger mit dem Arbeitgeber. Darauf gehen wir in diesem Ratgeber in erster Linie ein.
Bei der Berufsrechtsschutzversicherung sind die Leistungen weiter gefasst. Diese Versicherung schützt auch Beamte, Ärztinnen, Apotheker, Soldatinnen oder Anwälte, indem sie auch Disziplinarrechtsschutz oder Standesrechtsschutz bietet. Sie unterstützt Dich also auch, wenn Dir zum Beispiel ein schweres berufliches Vergehen als Beamter, Beamtin, Ärztin oder Rechtsanwalt vorgeworfen wird. Außerdem sind in der Berufsrechtsschutz Streitigkeiten an Sozialgerichten mitversichert.
Bei unserer Recherche haben wir mehrere Anbieter gefunden, die beide Begriffe synonym verwenden und auf ihren Webseiten darauf hinweisen. Wichtiger als die Bezeichnung sind daher die gebotenen Leistungen. Gute Versicherer bieten tatsächlich die umfangreicheren Leistungen im Berufsrechtsschutz, auch, wenn sie es Arbeitsrechtsschutz nennen.
Nicht alle Streitigkeiten mit Deinem Arbeitgeber oder Deiner Arbeitgeberin lassen sich versichern. Welche das zum Beispiel sind, haben wir Dir aufgelistet:
Allgemeine Anwaltsberatung - Häufig brauchen Arbeitnehmende eine rechtliche Einschätzung, ob der Chef oder die Chefin so handeln darf, wie sie oder er es in einem Mitarbeitergespräch hat anklingen lassen. Da kann es darum gehen, dass Dein Chef Urlaubstage streichen will, die Du nicht bis zum Jahresende genommen hast. Oder um die Frage, ob Dein Unternehmen einfach seinen Sitz und damit Deinen Arbeitsort in eine andere Stadt verlegen darf. Auch wenn Du von einer Abteilung in die andere versetzt werden sollst, kann die Frage aufkommen: Darf meine Firma das?
Eine allgemeine arbeitsrechtliche Beratung übernimmt die Arbeitsrechtsschutzversicherung grundsätzlich nicht, da noch kein Versicherungsfall vorliegt. Es gibt aber Versicherungen, etwa unsere Empfehlungen, die eine telefonische Beratung anbieten. Das kann hilfreich sein, auch wenn Du damit nicht den Rechtsanwalt oder die Rechtsanwältin Deines Vertrauens wählen kannst.
Unternehmen droht mit Kündigung - Im Normalfall muss die Abmahnung oder Kündigung schon ausgesprochen sein, damit der Rechtsschutz greift. Das bedeutet also: Hast Du allgemeinen Beratungsbedarf, weil Du ahnst, dass Dein Chef im anberaumten Personalgespräch über eine Kündigung oder einen Aufhebungsvertrag sprechen will, so ist das in der Regel noch kein Versicherungsfall. Deshalb lehnt in diesen Fällen der Versicherer erst einmal ab.
Er darf nicht ablehnen, falls Du nachweisen kannst, dass Deine Chefin mit einer Kündigung gedroht hat, die rechtswidrig wäre (BGH, Urteil vom 19. November 2008, Az. IV ZR 305/07). Lehnt Deine Versicherung die Kostenübernahme in einem solchen Fall ab, solltest Du diese auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) hinweisen und darlegen, dass ein Rechtsschutzfall bereits eingetreten ist.
Aufhebungsvertrag - Versicherer zieren sich oft, wenn sie die Anwaltskosten für die Beratung zu einem Aufhebungsvertrag übernehmen sollen. Ihre Begründung: Die Gestaltung von Verträgen sei nicht mitversichert oder es sei nicht ersichtlich, dass ein Rechtsschutzfall eingetreten ist. Sofern Dein Chef jedoch – wie in der Praxis oftmals üblich – mit der Kündigung droht, falls Du den Aufhebungsvertrag nicht unterschreibst, muss die Versicherung die Beratungskosten übernehmen.
Du solltest zudem gegenüber Deiner Versicherung erklären, dass die angedrohte Kündigung rechtswidrig wäre. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sie die Anwaltskosten nicht übernimmt (OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 17. September 2014, Az. 7 U 102/13). Derartige Streitigkeiten lassen sich vermeiden, wenn der Rechtsschutzanbieter die Kosten für eine anwaltliche Beratung auch rund um Aufhebungsverträge übernimmt. Gute Tarife, wie alle unsere Empfehlungen tun dies.
Streitigkeiten aus kollektivem Arbeits- oder Dienstrecht - Für solche Streitigkeiten übernimmt die Versicherung in der Regel keine Kosten, etwa wenn es um betriebliche Mitbestimmung oder betriebliche Regelungen des Arbeitgebers geht. Das Gleiche gilt für Fragen des Dienstrechts, etwa die Einordnung in die richtige Besoldungsgruppe.
Kündigung wegen einer Straftat - Die Versicherung zahlt nicht, wenn der Versicherungsnehmer oder die Versicherungsnehmerin den Versicherungsfall vorsätzlich und rechtswidrig herbeigeführt hat. Begeht der Arbeitnehmer also einen Diebstahl und erhält daraufhin eine fristlose Kündigung, dann besteht kein Rechtsschutz. Schwierig ist es immer dann, wenn es Zweifel hinsichtlich der Straftat gibt und der Arbeitgeber nur auf Verdacht gekündigt hat. Dann kommt es immer auf den Einzelfall an. Helfen kann hier die Leistung „erweitertes Strafrecht“ im Privatrechtsschutz, durch die Versicherte auch abgesichert sind, wenn ihnen eine Straftat vorgeworfen wird.
Keine Aussicht auf Erfolg - Die Versicherung übernimmt nur dann die Kosten, wenn auch Erfolgsaussichten bestehen. Der Anbieter kann sich weigern, eine sogenannte Deckungszusage zu erteilen, falls er der Meinung ist, dass der Kunde den Streit nicht gewinnen kann. Lehnt die Versicherung ab, die Kosten zu übernehmen, muss sie das begründen. Versicherte können diese Entscheidung dann mit einem sogenannten Stichentscheid oder einem Schiedsverfahren anfechten oder sich an die Versicherungsombudsfrau wenden.
Was an Gerichts- und Anwaltskosten ohne Arbeitsrechtsschutz auf Dich zukommen kann, hängt immer vom Streitwert ab. Das Gericht legt diesen nach den gesetzlichen Vorgaben fest und orientiert sich dabei am Streitwertkatalog der Arbeitsgerichtsbarkeit. Willst Du Deine Überstunden ausgezahlt haben, dann ist der Lohn für die Mehrarbeit der Streitwert. Geht es um eine Kündigung, beläuft sich der Streitwert in der Regel auf drei Brutto-Monatsgehälter (§ 42 Abs. 2 Gerichtskostengesetz).
Gewinnst Du vor dem Arbeitsgericht in erster Instanz, zahlst Du trotzdem Deinen eigenen Anwalt, wenn Du keine Versicherung hast. Anders als bei einem Zivilprozess übernimmt die unterlegene Partei diese Kosten nicht (§ 12a Arbeitsgerichtsgesetz). Verlierst Du vor Gericht, zahlst Du außerdem die Gerichtskosten. Eine Kostenerstattung für die Gegenseite gibt es nicht. Bei einem gerichtlichen Vergleich fallen keine Gerichtsgebühren an, Dein Anwalt bekommt allerdings eine zusätzliche Gebühr.
Der Online-Rechner des Arbeitsgerichts Hamm gibt einen schnellen Überblick über die möglichen Kosten eines Verfahrens. Du solltest Dir dieses Kostenrisiko vor Augen halten, das Du mit einer Arbeitsrechtsschutzversicherung absichern kannst.
Eine Arbeitnehmerin bekommt nach drei Abmahnungen die Kündigung und will sich dagegen wehren. Ihr monatliches Gehalt liegt bei 3.000 Euro brutto; der Streitwert beträgt somit 9.000 Euro. Je nach Ausgang des Verfahrens sehen die Kosten so aus (Stand: 21. Juni 2024):
Alle Kosten sind ohne Mehrwertsteuer.
Die Kosten, die der Versicherer für den Arbeitsrechtsschutz verlangt, kannst Du in der Steuererklärung als Werbungskosten in der Anlage N geltend machen. Eine entsprechende Aufschlüsselung der Versicherungsprämie stellt Dir Deine Versicherung aus. Was Du dabei beachten musst, findest Du in unserem Ratgeber: „Rechtsschutzversicherung von der Steuer absetzen“.
Unsere aktuellen Empfehlungen für Rechtsschutztarife mit den Bereichen Privat, Beruf und Verkehr sind:
Wie wir getestet haben, erfährst Du ausführlich in unserem Ratgeber zu Rechtsschutzversicherungen.
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