Unfallschaden selbst bezahlen Bei welchen Unfällen Du dringend selbst bezahlen solltest

Kathrin Gotthold
Finanztip-Expertin für Vorsorge und Ver­si­che­rung

Das Wichtigste in Kürze

  • Ob Haftpflicht oder Vollkasko: Bezahlt Deine Autoversicherung einen Schaden, wirkt sich das auf Deinen Beitrag aus.
  • Eine Finanztip-Untersuchung zeigt Dir, in welchen Fällen es sich für Dich lohnt, Schäden selbst zu zahlen.
  • Nutze unsere Daumenregeln, die Dir bei der Entscheidung helfen sollen.

So gehst Du vor

  • Einen Haftpflichtschaden solltest Du immer zunächst über Deine Kfz-Versicherung regulieren lassen. Und den Schaden dann gegebenenfalls zurückkaufen.
  • Frag zudem bei Deiner Ver­si­che­rung nach, ob es sich für Dich auszahlt, einen Schaden selbst zu bezahlen. Die Berechnung, die sie Dir schickt, kannst Du als Anhaltspunkt nutzen.
  • Finanztip empfiehlt für den Preisvergleich von Ver­si­che­rungsbeiträgen die Kombination von Vergleichsportal und Direktversicherer. Wenn Du im laufenden Jahr einen Schaden hast regulieren lassen, solltest Du über das Vergleichsportal Check24 gehen und Dir dann ein Angebot bei der Huk24 einholen.

Auch wenn es bei einem Verkehrsunfall oft nur um Geld geht: häufig immerhin um recht viel. Selbst die Reparatur kleiner Kratzer am Auto kann schnell Hunderte Euro kosten. Gut, dass die Kfz-Haftpflichtversicherung den Schaden beim Unfallgegner übernimmt und eine Vollkaskoversicherung Schäden am eigenen Auto.

Aber: Jedes Mal, wenn Deine Autoversicherung einen Schaden für Dich reguliert, verlierst Du einen Teil Deines Scha­den­frei­heits­ra­batts. Deine Ver­si­che­rung stuft Dich nämlich in eine schlechtere Scha­den­frei­heits­klas­se (SF-Klasse), wenn Du sie einschaltest. Und dieser Verlust wirkt sich ab sofort und in Zukunft auf Deinen Ver­si­che­rungsbeitrag aus. Eine Ausnahme ist die Teil­kas­ko­ver­si­che­rung. Denn ihr System kennt keine SF-Klassen.

Also doch lieber den Schaden selbst bezahlen? Wir haben für Dich ausgerechnet, wann es sich für Dich rechnet, Schäden selbst zu bezahlen und wann eher nicht.

Bis zu welcher Höhe Schäden selbst bezahlen?

Wie viel Scha­den­frei­heits­ra­batt Du genau verlierst, kannst Du in Deinen Ver­si­che­rungs­be­din­gungen nachlesen. Die Versicherer veröffentlichen dort entsprechende Tabellen.

Ein Beispiel zum Online-Versicherer Huk24: Die Tochter der Huk-Coburg stuft nach nur einem Schaden in der Haft­pflicht­ver­si­che­rung im Tarif Classic einen Fahrer aus ihrer höchsten SF-Klasse 50 auf 25 herab. Wer ehemals in der SF-Klasse 35 war, landet nach einem Haftpflichtschaden in der SF-Klasse 18.

Durch eine solche Herabstufung kann Dein Beitrag im folgenden Jahr deutlich steigen. Bis Du Dein bisheriges Rabatt-Niveau wieder erreicht hast, musst Du erstmal wieder jahrelang unfallfrei unterwegs sein. Zeit, in der Du aber bereits schon wieder eine höhere SF-Klasse hättest erreichen können.

Finanztip-Daumenregeln zum Selbstbezahlen eines Schadens

Ob es sich in Deinem individuellen Fall lohnt, einen Schaden selbst zu bezahlen, muss Dein Versicherer auf Nachfrage ausrechnen. Anfragen solltest Du stets – doch die Antwort mit etwas Vorsicht genießen. Denn das Ergebnis ist nur eine Einschätzung Deiner Ver­si­che­rung, basierend auf Daten, die mit Deiner Realität nicht immer übereinstimmen müssen. Etwa wie lange Du überhaupt noch Autofahren wirst. Oder ob sich Dein Fahrverhalten bald ändern wird. Zudem schlagen einige Ver­si­che­rungen die Selbstbezahlung nur bis zu einer pauschalen Höhe vor, etwa von 1.000 Euro oder 1.500 Euro.

Statt Dich auf pauschale Beträge zu verlassen, stütz Deine Entscheidung, ob Du einen Schaden selbst bezahlst, besser auf die Höhe Deines Jahresbeitrags und Deine SF-Klasse. Wir haben in einer Untersuchung dazu Rückstufungskosten ermittelt und daraus Daumenregeln für Dich entwickelt. Sie lauten:

In der Haftpflicht - In einer relativ niedrigen SF-Klasse solltest Du Schäden in der Regel von der Ver­si­che­rung regulieren lassen. Wir haben anhand von Stufungstabellen dafür die Klassen bis SF-Klasse 6 ausgemacht. Grund: Durch eine Rückstufung gehen nicht so viele Klassen und damit Rabatt verloren.

Hast Du bereits eine hohe SF-Klasse eingefahren, rechnet es sich wahrscheinlich ebenfalls für Dich, Schäden von der Ver­si­che­rung zahlen zu lassen. Vor allem, wenn Du bereits fortgeschrittenen Alters bist oder sich Dein Fahrverhalten geändert hat beziehungsweise absehbar ändern wird. Das kann der Fall sein, wenn die Kinder aus dem Haus sind oder wenn die täglichen Fahrten zum Job nicht mehr anfallen.

Bei mittleren SF-Klassen hingegen zahlte es sich für die Testfahrer in unserer Untersuchung aus, einen Schaden selbst zu bezahlen, wenn die Schadenhöhe maximal das Drei- bis Vierfache des jährlichen Beitrags betrug. Den mittleren Bereich machten wir von SF-Klasse 7 bis etwa SF-Klasse 40 aus.

In der Vollkasko - In einer relativ niedrigen SF-Klasse kannst Du auch in der Vollkasko einen Schaden von der Ver­si­che­rung regulieren lassen. Bis einschließlich SF-Klasse 6 sind Deine Rückstufungskosten im Fall einer Schadenregulierung durch die Ver­si­che­rung relativ niedrig.

Fährst Du ein älteres Auto, solltest Du ohnehin über einen Wechsel in die Teilkasko nachdenken. Dadurch verringert sich Dein Zeithorizont in der Vollkasko – und es lohnt ebenfalls eher, die Ver­si­che­rung regulieren zu lassen. Wir bei Finanztip empfehlen in der Regel einen Wechsel in die Teilkasko ab spätestens fünf Jahren.

Bei mittleren SF-Klassen hingegen zahlt es sich aus, einen Schaden selbst zu bezahlen, wenn die Schadenhöhe maximal den jährlichen Beitrag beträgt (SF-Klasse 7 bis etwa SF-Klasse 40). Hintergrund für diese niedrige Grenze ist der von uns emp­foh­lene Wechsel in die Teilkasko. Zu den reinen Rückstufungskosten musst Du noch Deine Selbstbeteiligung hinzurechnen.

Ein Rückkauf ist in der Vollkasko nicht immer möglich.

Wie kannst Du Deine Scha­den­frei­heits­klas­se retten?

Um zu vermeiden, dass die Ver­si­che­rung Deine Scha­den­frei­heits­klas­se herabstuft und damit Dein Ver­si­che­rungsbeitrag teurer wird, kannst Du folgendes unternehmen:

Zahle den Schaden gleich selbst

Halte einen Betrag von etwa 3.000 Euro auf einem Tagesgeldkonto vor. Dieses Geld dürfte reichen, um nach einem Unfall Schäden bezahlen zu können. Für den Schaden beim Unfallgegner solltest Du gedanklich 1.500 Euro einplanen, für Schäden an Deinem Auto 1.300 Euro. Hast Du ein teureres Auto, plane für Deinen Kaskoschaden etwas mehr ein, bei einem günstigen Auto ein bisschen weniger. Dieses Geldpolster solltest Du zusätzlich zu Deinen normalen Rücklagen anlegen.

Kaufe Deinen Scha­den­frei­heits­ra­batt zurück

In der Kfz-Haftpflichtversicherung solltest Du zunächst den Versicherer in Vorleistung gehen und ihn regulieren lassen. Zum einen, weil eine Haft­pflicht­ver­si­che­rung immer auch dafür da ist, Dich vor ungerechtfertigten Ansprüchen zu schützen. Zum anderen, weil Du erst nach der Reparatur genau weißt, wie hoch der Schaden wirklich ausfällt.

Du hast je nach Ver­si­che­rungs­be­din­gungen sechs bis zwölf Monate nach der Regulierung durch den Versicherer Zeit, den Schaden von Deiner Ver­si­che­rung „zurückzukaufen“, also selbst zu bezahlen. Das bedeutet: Du zahlst den erhaltenen Schadensausgleich an den Anbieter zurück, und er stuft Dich wieder in Deine vorherige Scha­den­frei­heits­klas­se ein.

Damit musst Du nicht nach jedem Schaden sofort entscheiden, ob Du ihn selbst zahlen willst. Es wäre sehr ärgerlich, wenn Du das Geld an die Ver­si­che­rung gezahlt hast und in der folgenden Zeit noch zwei Unfälle baust. Dann waren Deine Bemühungen um Deine SF-Klasse nämlich umsonst.

Die Option Rabattschutz im Vertrag

Viele Versicherer bieten zusätzlich zur normalen Kfz-Versicherung die Option Rabattschutz an. Damit hast Du – je nach Versicherer – mindestens einen Schaden im Jahr „frei“. Was sich erstmal gut anhört, rechnet sich aber häufig nicht. Vielmehr bindest Du Dich als Versicherter damit an Deinen Anbieter, weil nicht alle Ver­si­che­rungen Deine „gerettete“ Scha­den­frei­heits­klas­se bei einem Wechsel übernehmen. Hattest Du mal einen Schaden, wirst Du bei einem Wechsel der Kfz-Versicherung so eingestuft, als hättest Du keinen Rabattschutz gehabt.

Das Thema Scha­den­frei­heits­ra­batt und Scha­den­frei­heits­klas­se ist oft ein Streitthema zwischen Versicherten und ihren Autoversicherern – es landet häufig vor der Schlichtungsstelle in Ver­si­che­rungsangelegenheiten, dem Ver­si­che­rungs­om­buds­mann, wie nicht zuletzt sein Jahresbericht zeigt.

Mehr zur Kfz-Versicherung in unserem Ratgeber

  • Vergleiche jeden Herbst, ob Deine Kfz-Versicherung noch die günstigste ist.

  • Empfohlener Weg zum günstigsten Tarif: Erst bei Verivox oder Check24 vergleichen, dann Angebot bei der Huk24 einholen.

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