Le­bens­ver­si­che­rung versteuern So musst Du Deinen Vertrag versteuern

Jörg Leine
Finanztip-Experte für Steuern

Das Wichtigste in Kürze

  • Wie Du Deine private Kapitallebens- oder Ren­ten­ver­si­che­rung versteuern musst, hängt von bestimmten Kriterien ab. 
  • Bei alten Verträgen vor 2005 ist der Ertrag in der Regel steuerfrei, bei Verträgen ab 2005 wird Einkommen- oder Abgeltungssteuer fällig. 
  • Rentenzahlung: Du zahlst meist Einkommenssteuer auf einen geringen Anteil der lebenslangen, privaten Rente, den sogenannten Ertragsanteil.

So gehst Du vor

  • Prüfe, wann Du Deinen Vertrag abgeschlossen hast. Entscheidend ist das Datum auf dem Ver­si­che­rungsschein. Bei Verträgen ab 2005 solltest Du eine Steu­er­er­klä­rung abgeben.
  • Die Steu­er­er­klä­rung machst Du am besten mit einem Steuerprogramm oder einer Steuer-App.
  • Wir empfehlen für alle Fälle Wiso Steuer 2024 und Steuersparerklärung (Steuerjahr 2023)ohne Photovoltaik. Wenn Du nicht selbstständig bist, reicht meist unser Preis-Leistungs-Tipp Tax 2024.
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Mit einer privaten (fondsgebundenen) Lebens- oder Ren­ten­ver­si­che­rung sorgen Millionen Deutsche fürs Alter vor. Doch ist der Rentenbeginn erreicht, stellt sich die Frage, wie viel Steuern eigentlich auf das angesparte Kapital fällig werden. Die Frage der Besteuerung wird auch für alle wichtig, die ihre Ver­si­che­rung frühzeitig kündigen oder den Vertrag an einen spezialisierten Ankäufer veräußern.

Ob und wie viel Steuern Du zahlen musst, hängt davon ab, wann Du den Vertrag abgeschlossen hast. Entscheidend ist das Datum auf Deinem Ver­si­che­rungsschein. Wichtig ist auch, wie lange der Vertrag lief und wie alt Du bist, wenn Du das Geld abrufst. Kapitalauszahlungen werden grundsätzlich anders behandelt als Rentenzahlungen. Schaue also, welcher Fall auf Dich zutrifft.

Wie wird eine Le­bens­ver­si­che­rung versteuert?

Je nachdem, ob Du Dir Deine Ka­pi­tal­le­bens­ver­si­che­rung oder private Ren­ten­ver­si­che­rung zum Beginn des Ruhestands auszahlen lässt oder den Vertrag vorher kündigst oder verkaufst, ergeben sich eine Ablaufleistung, ein Rückkaufswert oder eine Kaufsumme.

  • Unter Ablaufleistung versteht man die Summe Deiner angesparten Beiträge abzüglich Kosten, die laufend gutgeschriebenen Überschüsse der Ver­si­che­rung und den Schlussbonus.
  • Der Rückkaufswert ist in der Regel die Summe Deiner eingezahlten Beiträge abzüglich Kosten und Stornoabschlag.
  • Verkaufst Du Deinen Vertrag, liegt die Kaufsumme in der Regel einige Prozentpunkte über dem Rückkaufswert – denn der Käufer führt den Vertrag fort und kann noch Rendite gutmachen. Finanztip empfiehlt, sich mehrere Angebote von spezialisierten Ankäufern einzuholen. Eine Kündigung sollte dagegen nur die letzte Lösung sein.

Versteuert wird nicht die jeweilige volle Summe – sondern nur Dein Ertrag, also der Unterschiedsbetrag zwischen der tatsächlich ausbezahlten Summe und Deinen eingezahlten Beiträgen.

Dieser Unterschiedsbetrag (Gewinn) aus Lebens- und Ren­ten­ver­si­che­rungen zählt zu den Kapitaleinkünften. Folglich fällt von Grund her Abgeltungssteuer von 25 Prozent an. Dazu kommen Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer. Nur in manchen Fällen wird stattdessen der persönliche Einkommensteuersatz fällig. Lies dazu weiter unten mehr.

Erhältst Du dagegen – etwa als Ehepartner oder Angehörige – eine Ri­si­ko­le­bens­ver­si­che­rung ausbezahlt, ist die Summe steuerfrei. Möglicherweise fällt jedoch Erbschafts­steuer an, sofern die dort vorgesehenen Freibeträge überschritten sind.

Mehr dazu im Ratgeber Le­bens­ver­si­che­rung kündigen

  • Die Kündigung sollte die letzte Möglichkeit sein. Besser, Du verkaufst oder beleihst Deine Le­bens­ver­si­che­rung.
  • Unsere Anbieter-Empfehlungen für den Verkauf: Cumerius (CFI Fairpay), Partner in Life, Policen Direkt, Winninger, Cashlife
  • Unsere Anbieter-Empfehlungen für die Beleihung: LV-Kredit, SWK Bank

Zum Ratgeber 

 

Auszahlung: Vertrag vor 2005 abgeschlossen

Hast du Deine Ver­si­che­rung vor 2005 abgeschlossen, bist Du fein raus. Denn in aller Regel zahlst Du keinen Cent Steuern, wenn Deine Ka­pi­tal­le­bens­ver­si­che­rung zum Rentenbeginn fällig wird. Die Ablaufleistung fließt eins zu eins auf Dein Konto.

Ebenso verhält es sich mit dem Rückkaufswert im Falle einer Kündigung oder dem Verkaufserlös, wenn Du Deinen Vertrag an einen spezialisierten Ankäufer veräußert hast. Du bekommst diesen ohne Abzug auf Deinem Konto gutgeschrieben.

Die genauen Bedingungen dafür, dass die Erträge einer Lebens- oder Ren­ten­ver­si­che­rung bei Rentenbeginn oder bei einer Kündigung steuerfrei sind, lauten:

  • Der Betrag der Ablaufleistung wird vollständig auf einmal ausbezahlt.
  • Die Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft hat den Vertrag bis zum 31. Dezember 2004 ausgestellt.
  • Du hast den ersten Beitrag bis zum 31. März 2005 gezahlt.
  • Du hast mindestens fünf Jahre Beiträge gezahlt haben.
  • Mindestens 60 Prozent Deiner Beiträge machen die Todesfallsumme aus.

Der letzte Punkt, die ausreichend hohe Leistung an Hinterbliebene im Todesfall, sollte bei fast allen Verträgen erfüllt sein. Denn seinerzeit haben die Versicherer in der Regel die Verträge bereits so ausgestaltet, dass alle Voraussetzungen für eine steuerfreie Auszahlung gegeben waren.

Auszahlung: Vertrag 2005 oder später

Wenn Du Dir Erspartes aus einer 2005 oder später abgeschlossenen Lebens- oder Ren­ten­ver­si­che­rung auszahlen lässt, musst Du – im Gegensatz zu älteren Verträgen – auf jeden Fall Steuern zahlen. Festgelegt ist das im Alterseinkünftegesetz. Es ordnet private Kapitallebens- oder Ren­ten­ver­si­che­rungen der sogenannten dritten Schicht der Altersvorsorge zu. Auf Erträge dieser Kategorie fällt generell Abgeltungssteuer an.

Wann Du nur den halben Ertrag versteuern musst

In manchen Fällen jedoch musst Du nicht den gesamten Gewinn Deines Vertragsguthabens versteuern, sondern nur die Hälfte dessen. Dies passiert dann, wenn Dein Vertrag ausläuft oder Du ihn kündigst und die sogenannte 12/60 oder 12/62-Regel erfüllt ist (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EstG), also:

  • der Vertrag mindestens 12 Jahre gelaufen ist und
  • Du Dein Geld erst ab 60 Jahren ausbezahlt bekommst, bei Verträgen ab 2012 ab 62 Jahren.

Auf diesen halben Gewinn zahlst Du statt der Abgeltungssteuer Deinen persönlichen Einkommensteuersatz (§ 32d Abs. 2 S. 2 EstG).

Gib unbedingt eine Steu­er­er­klä­rung ab 

Mit der Steu­er­er­klä­rung für das Jahr 2017 konntest Du erstmals die Vorzüge dieser sogenannten Halbeinkünfteregelung nutzen. Denn zum ersten Mal haben im Jahr 2017 Verträge die 12 Jahre Laufzeit voll. Um in den Genuss zu kommen, musst Du Dich allerdings selbst darum kümmern.

Denn Deine Ver­si­che­rung führt bei der Auszahlung erst einmal die Abgeltungssteuer auf den vollen Gewinn an das Finanzamt ab. Das bedeutet, Du bekommst erst einmal rund ein Viertel weniger Auszahlung auf Deinem Konto gutgeschrieben.

Um Dir Steuern zurückzuholen, musst Du eine Steu­er­er­klä­rung abgeben. Trage in Zeile 30 der Anlage KAP (Steuererklärung 2023) den vollen Gewinn aus der Auszahlung Deiner Le­bens­ver­si­che­rung ein. Wie hoch der Auszahlungsgewinn ist, sollte Deine Ver­si­che­rung Dir mitgeteilt haben. Füllst Du diese Zeile aus, weiß das Finanzamt automatisch, dass für diese Kapitaleinkünfte die Halbeinkünfteregelung greift: Auf die Hälfte Deines Gewinns wird Dein persönlicher Einkommenssteuersatz angewendet.

Nutze den Freibetrag optimal aus

Stelle nun sicher, dass Dein voller Freibetrag für Kapitaleinkünfte, 1.000 Euro und 2.000 Euro bei Verheirateten (bis 2022 waren es 801 und 1.602 Euro) auf Deinen halben Auszahlungsgewinn angerechnet wird. Dazu trage in Zeile 16 der Anlage KAP ein, wie viel Freibetrag Du für andere Kapitaleinkünfte bereits verbraucht hast und in Zeile 17 der Anlage KAP, wie viel Freibetrag Du bereits in Anspruch genommen hast. Beantrage in Zeile 5 der Anlage KAP, dass das Finanzamt den „Steuereinbehalt“ überprüft.

In dem Fall rechnet das Finanzamt Dir den gesamten Freibetrag auf Deinen Gewinn aus der Auszahlung an. Den Rest musst Du dann in der Regel noch mit der Einkommenssteuer versteuern. Im Gegenzug werden Deine regulären Kapitaleinkünfte nun vom ersten Euro an mit Abgeltungssteuer belegt. Wenn der Einkommenssteuersatz jedoch höher ist als 25 Prozent, lohnt sich dieser „Tausch“.

Weitere Voraussetzungen bei Verträgen ab 2009

Hast Du Deinen Vertrag ab dem 1. April 2009 abgeschlossen und willst  nur den halben Auszahlungsgewinn Deiner Le­bens­ver­si­che­rung besteuern, muss Dein Vertrag noch weitere Voraussetzungen erfüllen: Die Todesfallsumme muss bis zum Ende der Vertragslaufzeit mindestens 50 Prozent aller gezahlter Beiträge ausmachen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 6 EstG). Viele Verträge dürften bereits richtig konstruiert worden sein. Wenn Du jedoch nicht sicher bist, ob Dein Vertrag die Anforderungen erfüllt, frage bei Deiner Ver­si­che­rung nach.

Was Du beim Verkauf beachten solltest

Verkaufst Du Deinen Vertrag an einen Ankäufer, zahlst Du immer Abgeltungssteuer auf den gesamten Unterschiedsbetrag zwischen Kaufpreis und einbezahlten Beiträgen. Der Verkaufserlös zählt ganz klassisch zu den Kapitaleinkünften. Die Abgeltungssteuer wird von Deiner Ver­si­che­rung direkt an den Fiskus abgeführt.

Du kannst Dir über die Steu­er­er­klä­rung lediglich den Freibetrag für Kapitaleinkünfte, 1.000 und 2.000 Euro Euro bei Verheirateten, anrechnen lassen. Dazu trägst Du die entsprechenden Werte in die Zeilen 7 und 16 der Anlage KAP ein. Hast Du keine anderen Kapitalerträge, wie Zinsen oder Dividenden, wird Deine Bemessungsgrundlage um diesen Freibetrag gemindert.

Wenn Du das Geld aus der Lebens- oder Ren­ten­ver­si­che­rung unbedingt brauchst, empfiehlt Finanztip, sich mehrere Angebote von spezialisierten Ankäufern machen zu lassen. Du bekommst beim Verkauf im Vergleich zur Kündigung in der Regel etwas mehr Geld heraus.

Steuerlich bist Du beim Verkauf im Vergleich zur Kündigung nicht schlechter gestellt, sofern Du jünger als 60 beziehungsweise 62 bist. Dann müsstest Du auch im Falle einer Kündigung die Erträge voll versteuern.

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Wie versteuerst Du Deine private Rente?

Beziehst Du eine lebenslange Rente aus einer entsprechenden privaten Ver­si­che­rung, musstest Du Dich lange nicht um das Datum kümmern, zu dem Du den Vertrag geschlossen hast: Denn die Steuer auf Renten funktionierte immer gleich.

Du musstest nur auf einen geringen Anteil der Rente Einkommenssteuer bezahlen, auf den sogenannten Ertragsanteil. Dieser hängt davon ab, wie alt Du bist, wenn Du in Rente gehst. Trittst Du zum Beispiel im Alter von 67 Jahren in den Ruhestand ein, musst Du 17 Prozent Deiner Rente versteuern.

Die Tabelle zu den Ertragsanteilen findest Du im Einkommenssteuergesetz. Die Renten aus privaten Vorsorgeverträgen, hochgerechnet aufs Jahr, trägst Du in der Anlage R im unteren Teil ein. 

Hinweis: Wer im Alter freiwillig in der gesetzlichen Kran­ken­ver­si­che­rung Mitglied ist, muss auf Privatrenten 14 Prozent + Zusatzbeitrag an Abgaben zur gesetzlichen Kranken- und Pfle­ge­ver­si­che­rung bezahlen.

BFH-Urteil kippt das System für alte Verträge

Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied am 1. Juli 2021, dass die Besteuerung nach dem Ertragsanteil für vor 2005 abgeschlossene Verträge nicht richtig ist (Az. VIII R 4/18). Schon auf den ersten Blick erscheint das auch logisch, denn warum sollte eine einmalige Auszahlung aus einer solch alten Ver­si­che­rung steuerfrei sein, die Variante mit einer monatlichen Rentenzahlung aber nicht. Genau darauf bezog sich dann das Gericht unter anderem auch in seiner Urteilsbegründung. 

Kurz zusammengefasst hat der BFH folgendes festgestellt: Verzichtest Du bei einer steuerbegünstigten und vor 2005 abgeschlossenen privaten Ren­ten­ver­si­che­rung auf das Kapitalwahlrecht, gehören die stattdessen gewählten monatlichen Rentenzahlungen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen - und sind deshalb steuerfrei. Allerdings mit einer kleinen Einschränkung: Das gilt nur solange, wie die insgesamt ausgezahlten Rentenbeträge nicht größer sind als das angesparte Kapitalguthaben inklusive den Überschussanteilen. 

Achtung: Finanzämter setzen das Urteil nicht um 

Das Problem an der Sache. Nach unseren Informationen haben die Finanzämter bisher keine Anweisung erhalten, dass BFH-Urteil umzusetzen. Das bedeutet wiederum, dass sie sich auf die alten Regeln beziehen. Zusätzlich melden offenbar auch die Ver­si­che­rungen immer noch nach den alten Regeln an die Finanzämter. Selbst wenn Du Deine Rente nicht in der Steu­er­er­klä­rung angibst, stehen die - laut BFH - falschen Daten damit in der Steu­er­er­klä­rung drin und werden wie eine Rente nach dem Ertragsanteil versteuert. 

Bist Du betroffen, solltest Du Deine Steuerbescheide gründlich prüfen und gegebenenfalls innerhalb eines Monats Einspruch dagegen einlegen. Nimm dabei Bezug auf das genannte BFH-Urteil und nutze unser Mus­ter­schrei­ben. 

Einspruch Steuerbescheid Muster

Mit dieser Vorlage legst Du Einspruch gegen Deinen Steuerbescheid ein und beantragst zugleich die Aussetzung der Vollziehung.

Zum Download

Wechsel des Ver­si­che­rungsnehmers

Bei einer nach dem 31. Dezember 2004 abgeschlossenen Ver­si­che­rung lässt sich gegebenenfalls durch den Wechsel des Ver­si­che­rungsnehmers Einkommensteuer sparen. Beispiel: Eltern übertragen den Ver­si­che­rungsvertrag auf Sohn oder Tochter oder ein Kind überträgt den Vertrag auf die Eltern.

Das kann sich zum Beispiel lohnen, wenn Eltern ihre Police auf den studierenden Sohn übertragen, der vorerst kein eigenes Einkommen hat und auch dann voraussichtlich eine geringere Steuerlast zu tragen hat, wenn er nach seinem Abschluss in den Beruf einsteigt. Solange der Sohn also kein oder ein deutlich geringeres Einkommen hat als seine Eltern, kann die Familie so insgesamt Steuern sparen.

Der Wechsel des Ver­si­che­rungsnehmers bewirkt nicht, dass die Mindestvertragsdauer von zwölf Jahren für Zwecke der Einkommensteuer neu beginnt. Das hat der Bundesfinanzhof in seinem Beschluss vom 23. April 2010 (Az. VIII B 48/08) bestätigt. Dort heißt es, dass „der mit Zustimmung des Versicherers erfolgende Eintritt des Steuerpflichtigen in einen von einem anderen abgeschlossenen Le­bens­ver­si­che­rungsvertrag gegen laufende Beitragszahlung nicht als Abschluss eines neuen Vertrags anzusehen ist“ (BFH-Urteil vom 9. Mai 1974 VI R 137/72, BFHE 112, 484, BStBl II 1974, 633).

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Autoren
Udo Reuß

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