Hotel überbucht Deine Rechte, wenn das Hotel überbucht ist
Finanztip-Expertin für Recht
Das Wichtigste in Kürze
So gehst Du vor
Endlich am Ziel Deiner Reise angekommen. Und dann ist das Hotel überbucht. Das bedeutet: kein Zimmer mehr für Dich frei – Stress statt Erholung. Du sprichst mit den Leuten vom Hotel und dem Reiseleiter und sollst in ein schönes Ersatzhotel ziehen. Vor Ort entpuppt sich die Unterkunft aber als viel schlechter, weil etwa der Meerblick fehlt oder der Tennisplatz. Eine andere Unterkunft als die gebuchte müssen Reisende grundsätzlich nicht akzeptieren. Als Pauschalreisender hast Du besondere Rechte.
Durch das neue Pauschalreiserecht gelten für Buchungen seit dem 1. Juli 2018 neue Vorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Wer seinen Urlaub vor diesem Stichtag gebucht hat, muss bei Mängeln das bisher geltende Recht beachten. In diesem Ratgeber beschreiben wir sowohl die alten als auch die neuen Regeln.
Kannst Du wegen Überbuchung nicht in das im Reisevertrag festgelegte Hotel einziehen, liegt immer ein Reisemangel vor (§ 651c Abs. 1 a.F. BGB, § 651i Abs. 2 BGB). Du hast deshalb das Recht, einen Teil des Reisepreises erstattet zu bekommen (§ 651d Abs. 1 a.F. BGB, § 651m BGB). Wie viel Du zurückverlangen kannst, hängt davon ab, ob das Ersatzhotel den gleichen Standard hat und die Lage und die Angebote vergleichbar waren.
Manche Gerichte gestatten Reisenden, den Preis um 10 bis 25 Prozent bei gleichwertiger Ersatzunterkunft zu mindern. Das sieht zumindest die Frankfurter Tabelle vor. Je weiter das Ersatzhotel vom ursprünglich gebuchten entfernt ist, desto mehr können Urlauber mindern. Die Kemptener Tabelle listet verschiedene Urteile auf, die jeweils zu anderen Ergebnissen kommen.
Das Amtsgericht Stuttgart erlaubte bei einem gleichwertigen Ersatzhotel eine Minderung von 15 Prozent (Urteil vom 23. März 1995, Az. 9 C 12733/94). Lediglich um 10 Prozent durfte ein Reisender nach einem Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf mindern (Urteil vom 8. April 2004, Az. 28 C 8239/01).
Wichtig: Du kannst nur dann nach der Reise Geld zurückverlangen, sofern Du keinen Verzicht auf weitergehende Ansprüche unterzeichnet hast. Also vor Ort erstmal nichts unterschreiben. Du musst den Mangel vor Ort anzeigen – am besten schriftlich. Wie Du Reisemängel am besten geltend machst, kannst Du in unserem Ratgeber Reisemängel reklamieren nachlesen, in dem Du entsprechende Musterschreiben findest.
Schwierig wird es meist da, wo der Reiseveranstalter das Ersatzhotel nur als gleichwertig anpreist, es aber an die Qualität des tatsächlich gebuchten nicht herankommt. Entsprach das Ersatzhotel nicht annähernd dem gebuchten, kannst Du auch mehr Geld zurückverlangen. Bietet die Ersatzunterkunft etwa weder Animation noch Pool und Sportanlage, hielt das Landgericht Frankfurt eine Minderung von 45 Prozent des Reisepreises für gerechtfertigt (Urteil vom 28. März 2008, Az. 2-24 S 139/07).
Bietet das Hotel keinen Meerblick wie ursprünglich gebucht und gibt es zudem noch Hygienemängel, kannst Du um 70 bis 100 Prozent den Preis für die Tage mindern, die Du in diesem Hotel untergebracht warst (BGH, Urteil vom 21. November 2017, Az. X ZR 111/16).
Die Tabellen geben nur eine Orientierung. Wähle im Zweifel den höheren Betrag, aber sei kompromissbereit, falls der Veranstalter sich mit seinem Angebot innerhalb einer der Tabellen bewegt.
Wichtig: Liste genau auf, warum das Ersatzhotel dem gebuchten nicht entspricht. Mache Fotos und dokumentiere die Unterschiede, um die Höhe der Erstattung gut begründen zu können.
Steht bereits vor Antritt der Reise fest, dass das Hotel am Urlaubsort überbucht ist, muss der Reiseveranstalter den Kunden umgehend informieren. Nur dann kann er entscheiden, ob er trotz der Überbuchung anreisen oder von der Reise Abstand nehmen will.
Informiert der Veranstalter den Urlauber nicht, kann er allein deshalb den Reisepreis um 15 Prozent mindern. Diese Erstattung kommt zur Minderung wegen anderer Mängel noch hinzu. Das Landgericht Frankfurt hielt in einem Fall deshalb eine Minderung von insgesamt 60 Prozent für angemessen (Urteil vom 28. März 2008, Az. 2-24 S 139/07).
Für einen verlorenen Urlaubstag durch den Umzug in ein anderes Hotel steht Dir eventuell zusätzlich eine anteilige Reisepreisminderung zu, insbesondere wenn Du Kinder dabeihast (AG Düsseldorf, Urteil vom 21. Januar 1997, Az. 38 C 17568/96). Etwaige Taxikosten muss der Veranstalter ebenfalls ersetzen.
Die Unterbringung in einem minderwertigen Ersatzhotel kann auch ein erheblicher Mangel sein. Reisende können dann den gesamten Vertrag kündigen (§ 651e a.F. BGB, § 651l BGB). So urteilte das Landgericht Frankfurt (Urteil vom 19. November 2012, Az. 2-24 S 199/11).
Erscheint eine Fortsetzung des Urlaubs in dem minderwertigen Ersatzhotel nicht zumutbar, kann der Urlauber die Reise abbrechen. Das ist in der Regel der Fall, falls er in Höhe von 30 Prozent mindern könnte. Der Veranstalter muss dann den gesamten Reisepreis erstatten. Der Reisende muss sich aber die erbrachten Leistungen anrechnen lassen (§ 651 Abs. 3 Satz 2 a.F. BGB, § 651l Abs. 2 BGB).
Bietet der Reiseveranstalter eine gleich- oder höherwertige Unterkunft an, musst Du das Angebot zwar nicht annehmen. Du solltest es aber auch nicht vorschnell ablehnen und den Heimweg antreten. Das birgt ein Risiko.
Wollen Reisende nach Kündigung den Reisepreis zurück, kontern Veranstalter oft, der Reisende habe „treuwidrig“ gehandelt. Die Überbuchung sei nur Anlass oder der Joker, um die Reise vorzeitig zu beenden. Der Reisende verfolge mit der Kündigung eigentlich andere, nicht schutzwürdige Motive – wie die zusätzliche Forderung von Entschädigungsleistungen oder schlicht Reue, den Vertrag abgeschlossen zu haben.
Aber: Lass Dich nicht verunsichern. Dieser Einwand ist nur ausnahmsweise begründet. Ist das Hotel nicht gleichwertig, kannst Du den Urlaub abbrechen, ohne dass Dir der Vorwurf der Treuwidrigkeit gemacht werden kann (BGH, Urteil vom 11. Januar 2005, Az. X ZR 118/03).
Zusätzlich zur Minderung oder Kündigung kann dem Urlauber eine Entschädigung zustehen, weil er seinen Urlaub aufgrund des Mangels nicht nutzen konnte (§ 651 Abs. 2 a.F. BGB, § 651n Abs. 2 BGB). Ein solcher Anspruch setzt voraus, dass nicht nur einzelne Reiseleistungen oder Tage vereitelt sind. Die Reise muss insgesamt erheblich beeinträchtigt sein. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Veranstalter auch dann eine Entschädigung zahlen muss, wenn der Reisende vier von zehn Reisetagen in einem unzumutbaren Hotel verbringen musste. Als Entschädigung musste der Veranstalter 600 Euro zahlen (BGH, Urteil vom 21. November 2017, Az. X ZR 111/16).
Bei Überbuchung des gewählten Urlaubsziels ist die Reise vereitelt, sofern der Kunde das Ersatzangebot ablehnt. Dem Kunden steht dann grundsätzlich ein Entschädigungsanspruch zu.
Wie hoch die Entschädigung ausfällt, richtet sich nach dem Preis der Reise und den verlorenen Urlaubstagen. Bleibt ein Urlauber wegen Überbuchung zuhause, kann sich die Entschädigung auf die Hälfte des Reisepreises belaufen (BGH, Urteil vom 11. Januar 2005, Az. X ZR 118/03).
Du musst schon vor Ort die Überbuchung angezeigt haben – am besten schriftlich, auch wenn Dir das etwas formalistisch vorkommt. Du kannst dazu unseren Musterbrief Mängelanzeige vor Ort verwenden.
Hier kannst Du Dir unser Musterformular für eine Mängelanzeige vor Ort herunterladen:
Hast Du vor dem 1. Juli 2018 Deine Reise gebucht, musst Du nach der Rückkehr innerhalb eines Monats wegen der Überbuchung schriftlich einen Teil des Reisepreises zurückfordern. Diese Ausschlussfrist gilt für Buchungen nach dem neuen Pauschalreiserecht nicht mehr.
Fordere einen konkreten Betrag, bei dem Du Dich an der Frankfurter und Kemptener Tabelle orientierst. Für das Schreiben kannst Du unseren Musterbrief Reisemängel Minderung verwenden und auf Deine konkrete Reise anpassen.
Hier kannst Du Dir unseren Musterbrief für eine Reklamation nach Rückkehr herunterladen:
Weigert sich der Veranstalter, einen Teil des Reisepreises zu erstatten, brauchst Du Hilfe. Dazu kannst Du Dich an eine Verbraucherzentrale wenden, die nach einer Beratung auch den Schriftverkehr mit dem Unternehmen übernimmt.
Eine spezielle Anlauf- oder Schlichtungsstelle für Beschwerden zu Reiseverträgen gibt es nicht. Zuständig ist vielmehr die allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle.
Du kannst auch einen Rechtsanwalt beauftragen, der auf Reiserecht spezialisiert sein sollte. Hast Du eine Rechtsschutzversicherung, kläre vorab, ob sie die Kosten für den Anwalt und eventuell ein Gerichtsverfahren übernimmt.
Zur Höhe der Erstattung: Frankfurter Tabelle, Kemptener Tabelle
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