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Ehegattensplitting Das bringt eine gemeinsame Steu­er­er­klä­rung für Ehepaare

Jörg Leine
Finanztip-Experte für Steuern

Das Wichtigste in Kürze

  • Ehepaare und eingetragene Lebenspartner können eine gemeinsame Steu­er­er­klä­rung abgeben.
  • Entscheiden sich beide für diese Zu­sam­men­ver­an­la­gung, gilt für sie der Splittingtarif. Das bringt meist einen erheblichen Steuervorteil gegenüber zwei Einzelveranlagungen.
  • Im Jahr der Trennung kann ein Paar das Ehegattensplitting noch nutzen. Auch ein ernsthafter Versöhnungsversuch führt dazu, dass das Paar sich zusammen veranlagen lassen darf.
  • Verwitwete profitieren in dem Kalenderjahr, das dem Todesjahr des Partners folgt, letztmals vom Splittingtarif. Dann spricht man vom Witwensplitting.

So gehst Du vor

  • Es gibt einige Ausnahmefälle, in denen zwei Einzelveranlagungen zu weniger Steuern führen. Das kannst Du mit einer Steuersoftware leicht selbst herausfinden.
  • Die Steu­er­er­klä­rung machst Du am besten mit einem Steuerprogramm oder einer Steuer-App.
  • Wir empfehlen für alle Fälle Wiso Steuer 2024 und Steuersparerklärung (Steuerjahr 2023)ohne Photovoltaik. Wenn Du nicht selbstständig bist, reicht meist unser Preis-Leistungs-Tipp Tax 2024.
  • Für sehr einfache Fälle bieten sich auch die Steuer-Apps Steuerbot, Wiso Steuer und Taxfix an, die uns in unserem ausführlichen Test besonders überzeugt haben.

Mit dem Ehegattensplitting können verheiratete oder verpartnerte Paare ihre Abgaben an den Fiskus deutlich reduzieren. Im Juli 2023 schlug der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil vor, das Ehegattensplitting für zukünftige Paare abzuschaffen. Allerdings gab es viel Gegenwind, auch aus der eigenen Regierungskoalition. Es ist also sehr unwahrscheinlich, dass das Ehegattensplitting tatsächlich bald verschwinden könnte. Anders sieht das schon aus bei den Steuerklassen 3 und 5, deren Abschaffung für das Jahr 2030 schon in gesetzlicher Planung ist. Doch diese hat keinerlei Auswirkung auf das Ehegattensplitting, sondern ermöglicht lediglich eine Optimierung des monatlichen Nettolohns.

Ihr könnt bei der Steu­er­er­klä­rung also weiterhin zwischen der Einzel- oder Zu­sam­men­ver­an­la­gung wählen.

Vier Varianten gibt es dabei:

  1. Einzelveranlagung mit Grundtarif, 
  2. Zu­sam­men­ver­an­la­gung mit Ehegattensplitting, 
  3. Sondersplitting im Scheidungsjahr und 
  4. Einzelveranlagung mit Verwitwetensplitting.

     

Was bringt die Zu­sam­men­ver­an­la­gung?

Vor allem die Anwendung des Splittingverfahrens ist für viele Paare finanziell attraktiv und daher der größte Vorteil einer Zu­sam­men­ver­an­la­gung. Ihre wichtigsten Merkmale sind:

  • Im Rahmen der Zu­sam­men­ver­an­la­gung werden die Einkünfte der Ehegatten/Lebenspartnerinnen zwar getrennt ermittelt, dann aber zusammengerechnet und als gemeinsame Ein­kom­men­steu­er­er­klä­rung beim Finanzamt abgegeben. Beide gelten als eine steuerpflichtige Person und erhalten einen gemeinsamen Steuerbescheid.
  • Die Steuer wird für die Ehegatten/Lebenspartnerinnen zusammen nach dem Splittingverfahren berechnet. Das heißt: Für die Hälfte des gemeinsamen Einkommens wird die Steuer gemäß Grundtabelle berechnet und dann verdoppelt. Dadurch müssen in der Regel weniger Steuern gezahlt werden als bei der Einzelveranlagung.
  • Beide haften gemeinsam für die insgesamt zu zahlende Einkommensteuer. Eine Person muss also für die Steuerschuld geradestehen, die rechnerisch auf die andere entfällt.

Splittingtarif und Splittingtabelle

Habt Ihr Euch für die Zu­sam­men­ver­an­la­gung entschieden, wird die Einkommensteuer nach dem Splittingverfahren auf der Grundlage von Paragraf 26b und Paragraf 32a EStG berechnet. Hierbei wird die Splittingtabelle herangezogen.

Die Steuerschuld nach dem Splittingtarif kannst Du folgendermaßen ermitteln: Zunächst berechnest Du für beide Partner das gemeinsame zu versteuernde Einkommen. Frei- und Pauschbeträge werden verdoppelt, Werbungskosten und alle anderen steuerlich abzugsfähigen Positionen abgezogen. Mit diesem so ermittelten zu versteuerndem Einkommen ermittelst Du in der Splittingtabelle die zu zahlende Einkommensteuer.

In den meisten Fällen führt die Zu­sam­men­ver­an­la­gung nach der Splittingtabelle dazu, dass die zu zahlende Einkommensteuer niedriger ist als bei Einzelveranlagungen der beiden Partner. Der Grund hierfür ist die Steuerprogression: Mit der Höhe der Einkünfte steigt die Einkommensteuerlast nicht linear, sondern überproportional.

Wann sich die Zu­sam­men­ver­an­la­gung richtig lohnt

Je größer der Einkommensunterschied zwischen den Eheleuten ist, desto höher ist der finanzielle Vorteil, der sich aus einer gemeinsamen Veranlagung in der Ein­kom­men­steu­er­er­klä­rung im Vergleich zur Einzelveranlagung ergibt. Besonders lukrativ ist die Zu­sam­men­ver­an­la­gung, wenn zum Beispiel die Frau ein sehr hohes Einkommen hat und der Mann gar keins.

Am höchsten fällt der Splittingvorteil aus, wenn zu der Einkommensdifferenz noch ein hoher Steuersatz kommt. Bei sehr hohem Einkommen kann der Steuervorteil mehr als 10.000 Euro betragen.

Achtung: Verdienen beide so gut, dass ihre jeweiligen zu versteuernden Einkommen 2024 über dem Spitzensteuersatz ab 66.761 Euro) liegen, läuft der Splittingvorteil nahezu komplett ins Leere. Einzig der Soli macht dann noch einen Unterschied, so dass nur ein steuerliche Ersparnis von wenigen Euro bis zu einigen hundert Euro drin ist - auch bei größeren Gehaltsunterschieden.

Für die Mehrheit der Ehepaare ist die Zu­sam­men­ver­an­la­gung auf jeden Fall vorteilhafter. Die beantragt Ihr im Hauptvordruck der Steu­er­er­klä­rung. Kreuzt Ihr als Paar nichts an, dann wird das Finanzamt Euch zusammen veranlagen. Wenn Ihr Papierformulare ausfüllt, dann müssen beide Partner unterschreiben.

Es gibt jedoch einige Konstellationen, in denen steuerlich die Einzelveranlagung günstiger ist, als wenn sich das Paar zusammen veranlagen lässt. Zum Beispiel, wenn die Ehefrau Elterngeld oder eine andere Lohnersatzleistung bezogen hat.

Das liegt daran, dass beispielsweise für das Kurz­arbeiter­geld der Progressionsvorbehalt gilt, also ein höherer Steuersatz für das steuerpflichtige Einkommen ermittelt wird. Wann zwei Erklärungen statt eine ausnahmsweise vorteilhafter sind, kannst Du im Ratgeber Einzelveranlagung lesen.

Bei der Einzelveranlagung wird die Einkommensteuer nach der Grundtabelle berechnet, bei der Zu­sam­men­ver­an­la­gung nach der Splittingtabelle.

Die folgende Tabelle bietet einen Vergleich von Grund- und Splittingtabelle für verschiedene zu versteuernde Einkommen. Das ist grob das Bruttoeinkommen minus Werbungskosten, Sonderausgaben, Vorsorgeaufwendungenaußergewöhnliche Belastungen und gegebenenfalls Freibeträge und weitere Positionen. Du kannst auch in Deinem letzten Steuerbescheid nachgucken. Dort steht der exakte Wert, zumindest für vergangene Steuerjahre. Aber das wäre zumindest ein ganz guter Anhaltspunkt.

zu versteuerndes

Einkommen

GrundtabelleSplittingtabelle
10.000 €0 €0 €
20.000 €1.956 €0 €
30.000 €4.700 €1.472 €
40.000 €7.828 €3.912 €
50.000 €11.343 €6.560 €
60.000 €15.242 €9.400 €
70.000 €19.651 € 112.432 €
80.000 €24.351 € 115.656 €

Quelle: BMF-Rechner für das Jahr 2023 (Stand: Juli 2023)  inklusive Soli

Ein Single, der ein zu versteuerndes Einkommen von 50.000 Euro hat, wird einzeln veranlagt und zahlt 11.343 Euro Einkommensteuer. Ehepaare oder eingetragene Lebenspartner zahlen bei Zu­sam­men­ver­an­la­gung und einem gemeinsamen zu versteuerndem Einkommen von 50.000 Euro nur 6.560 Euro Einkommensteuer – und damit 4.783 Euro weniger. Die Werte beziehen sich auf das Steuerjahr 2023.

Zusammen veranlagte Partnerinnen und Partner können ihre zu zahlende Einkommensteuer aus der Splittingtabelle ablesen. Für jedes Jahr gibt es eine neue. Einige Anbieter stellen solche Tabellen im Internet kostenlos zur Verfügung. Eine gute Wahl zur Berechnung der Steuer ist in allen Fällen der Online-Rechner des Bundesfinanzministeriums

Falls Du es noch genauer wissen möchtest, solltest Du eine gute Steuersoftware nutzen. Damit kannst Du die Steuerbelastung bei Einzel- und Zu­sam­men­ver­an­la­gung berechnen und miteinander vergleichen. Die Programme und Apps, die wir empfehlen, findest Du im Ratgeber Steuersoftware.

Wie viel kann das Ehegattensplitting bringen?

Die folgenden Beispiele verdeutlichen den finanziellen Vorteil, der sich bei unterschiedlich hohen Einkommen von Partnern aufgrund der Zu­sam­men­ver­an­la­gung gegenüber Einzelveranlagung ergibt. Das Paar hat in allen Konstellationen zusammengerechnet 60.000 Euro zu versteuerndes Einkommen im Jahr 2024.

Vergleich Einzel-/Zusammenveranlagung

Grundtabelle

Vorteil

Splittingtabelle

Einkommen 1

Steuer 1

Einkommen 2Steuer 2Steuer gesamtSteuer gesamt
- 8.892 €
30.000 €4.446 €30.000 €4.446 €8.892€0 €
40.000 €7.495 €20.000 €1.759 €9.254 €362 €
50.000 €10.906 €10.000 €0 €10.906 €2.014 €
60.000 €14.680 €0 €0 €14.680 €5.788 €

„Einkommen“ meint hier das zu versteuernde Einkommen (für Person 1 und 2)
Quelle: BMF-Rechner für das Jahr 2024 (Stand: 8. August 2024)

Das Paar hat in der Zu­sam­men­ver­an­la­gung 8.892 Euro Steuern zu zahlen. Verdienen sie beide gleich, sparen sie nichts. Die Tabelle verdeutlicht, dass die Zu­sam­men­ver­an­la­gung besonders vorteilhaft ist, wenn die Einkommensunterschiede zwischen ihnen sehr groß sind. Sie sparen fast 6.000 Euro Steuern, wenn eine Person das ganze Geld verdient.  

Unser Podcast zum Thema

Welche Voraussetzungen sind erforderlich?

Gemäß Einkommensteuergesetz (EStG) können Eheleute zwischen Einzelveranlagung und Zu­sam­men­ver­an­la­gung wählen, wenn beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben (§ 26 Abs. 1 EStG).

Entscheiden sich die Eheleute oder eingetragenen Lebenspartner für die Zu­sam­men­ver­an­la­gung zur Einkommensteuer, gilt für sie der günstigere Splittingtarif. Alleinstehende werden hingegen nach dem Grundtarif besteuert.

Das Ehegattensplitting bringt meist Steuervorteile: Je größer Eure Einkommensdifferenz und je höher der Steuersatz, umso größer ist der finanzielle Vorteil. Keinen Splittingvorteil gibt es hingegen, wenn beide gleich viel verdienen.

Das Veranlagungswahlrecht erfordert jedoch, dass das Ehepaar die folgenden drei Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt.

Nur mit Trauschein

Ausschließlich Paare mit Trauschein, ob gleich- oder verschiedengeschlechtlich, dürfen sich zusammen veranlagen lassen. Es kommt dabei auf die standesamtliche Trauung oder Eingehen einer Lebenspartnerschaft bei gleichgeschlechtlichen Paaren an. Die kirchliche Hochzeit allein zählt nicht.

Für die Zu­sam­men­ver­an­la­gung genügt es, wenn Ihr auch nur einen Tag im Jahr verheiratet seid. Beispiel: Ihr habt am 31. Dezember 2021 geheiratet. Damit könnt Ihr für das gesamte Jahr 2021 die Zu­sam­men­ver­an­la­gung bei der Steu­er­er­klä­rung wählen und – je nach Einkommen – Eure Steuerschuld dank Splitting unter Umständen deutlich senken.

Unverheiratete Paare gehen immer leer aus.

Das musste ein Geschäftsführer einsehen, der mehr als 110.000 Euro verdiente, während seine mit ihm zusammenlebende Partnerin nur gut 2.000 Euro im Jahr einnahm. Das Paar, das mit drei gemeinsamen und einem weiteren Kind der Frau in einem Haushalt lebt, wollte eine gemeinsame Steu­er­er­klä­rung abgeben. Das Finanzgericht Münster lehnte dies in seinem Urteil vom 18. Mai 2016 ab (Az. 10 K 2790/14 EF).

Auch der Bundesfinanzhof versagt Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft den Splittingtarif (BFH, Beschluss vom 26. April 2017, Az. III B 100/16).

Mit demselben Anliegen scheiterte auch die Klage einer verwitweten Alleinerziehenden (BFH, Urteil vom 29. September 2016, Az. III R 62/13). Sie legte hiergegen Beschwerde ein, die das Bundesverfassungsgericht nicht angenommen hat (Az. 2 BvR 221/17).

Unbeschränkte Steuerpflicht

Beide Eheleute müssen ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Sie müssen mehr als die Hälfte des Jahres hier wohnen, um unbeschränkt steuerpflichtig zu sein. Steuerausländer können nicht vom Splittingtarif profitieren. Das sollten beispielsweise Rentner und Rentnerinnen berücksichtigen, die ins Ausland ziehen.

Wohnt eine Person im Ausland, dann ist sie beschränkt steuerpflichtig. Sie kann beantragen, dass sie fiktiv unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wird. Dann wäre auch in diesem Fall eine Zu­sam­men­ver­an­la­gung möglich.

Nicht dauernd getrennt lebend

Normalerweise ist es erforderlich, dass das Paar, das eine gemeinsame Steu­er­er­klä­rung abgeben möchte, eine Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft bildet. Die meisten Eheleute leben in einem Haushalt zusammen, eine Zu­sam­men­ver­an­la­gung ist dann immer möglich.

Paragraf 26 Absatz 1 Nummer 2 EStG schreibt vor, dass die Ehegatten „nicht dauernd getrennt“ leben. Das bedeutet aber nicht, dass die Eheleute oder eingetragenen Partner den gleichen im Melderegister eingetragenen Wohnsitz haben müssen. Beispielsweise kann die Ehefrau aus beruflichen Gründen einen anderen Wohnsitz haben.

Die Formulierung bezieht sich vor allem auf Paare, die vor der Trennung stehen. Trennen sich Eheleute im Laufe des Jahres, dann dürfen sie sich im Jahr der Trennung noch einmal gemeinsam veranlagen lassen. Leben sie aber ein komplettes Jahr auseinander, dann muss jeder seine eigene Steu­er­er­klä­rung erstellen und abgeben; selbst dann, wenn die Ehe noch gar nicht geschieden ist.

Grundsätzlich sind Ehepartner und Ehepartnerinnen dazu verpflichtet, auch nach einer Trennung einer gemeinsamen Steu­er­er­klä­rung für die Zeit des Zusammenlebens zuzustimmen. Vorausgesetzt, der anderen Person entsteht kein Nachteil, entschied das Oberlandesgericht Koblenz (Urteil vom 12. Juni 2019, rechtskräftig, Az. 13 UF 617/18). Im entschiedenen Fall verweigerte eine Ehefrau die Zu­sam­men­ver­an­la­gung für das Jahr 2015, obwohl sie sich erst im Juni 2016 von ihrem Mann trennte. Der Mann musste daher rund 2.800 Euro an Steuern nachzahlen und forderte von seiner Frau einen anteiligen Ausgleich. Das Gericht gab ihm recht. 

Nicht selten unternehmen zerstrittene Paare einen Versöhnungsversuch. Dies honoriert der Fiskus. Probieren beide ernsthaft wieder ein gemeinsames Zusammenleben, dürfen sich die Eheleute auch in diesem Jahr wieder zusammen veranlagen lassen. Mindestens einen Monat lang sollten die beiden wieder zusammenwohnen, möglicherweise akzeptiert das Finanzamt auch eine kürzere Dauer. Ein gemeinsamer Urlaub genügt jedoch in der Regel nicht als Versöhnungsversuch.

Eine Zu­sam­men­ver­an­la­gung ist sogar möglich, wenn die demente Ehepartnerin im Pflegeheim wohnt und der gesunde Partner bereits gemeinsam mit einer neuen Lebensgefährtin in einem gemeinsamen, neugebauten Haus lebt, inklusive Gemeinschaftsbankkonto. Dies entschied das Finanzgericht Niedersachsen (Urteil vom 23. Juni 2015, rechtskräftig, Az. 13 K 225/14). Das unterlegene Finanzamt hat zunächst Revision eingelegt, diese aber zurückgenommen.

Der konkrete Fall:

2002 erkrankte die Ehefrau an Demenz. Ihr Mann pflegte sie bis 2008 zu Hause. Die zu 100 Prozent schwerbehinderte Frau musste jedoch dann in ein Pflegeheim verlegt werden. 2010 zog die neue Lebensgefährtin in die Wohnung des Manns ein. Ende 2010 begannen beide den Bau eines gemeinsamen Hauses, in das sie 2011 einzogen. 2014 verstarb die Ehefrau. Für die Jahre 2011 bis 2013 beantragte er die Zu­sam­men­ver­an­la­gung mit seiner im Pflegeheim lebenden Frau – ohne offenzulegen, dass er mit einer neuen Lebensgefährtin lebt.

Das Finanzamt erfuhr jedoch davon und lehnte nachträglich die Zu­sam­men­ver­an­la­gung ab. Zu Unrecht, entschieden die Finanzrichter. Sie stellten fest, dass die Trennung auf der Krankheit der Frau beruhte. Der Mann habe nie die Absicht gehabt, seine Frau zu verlassen. Er kümmerte sich über all die Jahre persönlich und finanziell um sie, zahlte die Pflegeheimkosten sowie weitere krankheitsbedingte Zusatzkosten und war zudem ihr Betreuer. Er habe daher die persönliche und geistige Gemeinschaft mit ihr soweit wie möglich aufrechterhalten.

Das Gericht kam daher zu dem Schluss: „Die Zu­sam­men­ver­an­la­gung mit einem in einem Pflegeheim lebenden Ehegatten ist bei Vorliegen einer – krankheitsbedingten eingeschränkten – Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft auch dann möglich, wenn der Steuerpflichtige mit einer neuen Lebensgefährtin zusammenlebt.“

In einem weiteren, aber durchaus vergleichbaren Fall, in dem die Frau im Wachkoma lag, lehnte das Finanzgericht Köln hingegen die Zu­sam­men­ver­an­la­gung mit dem Mann ab. Dieser hatte jedoch mit seiner neuen Lebensgefährtin ein gemeinsames Kind (Urteil vom 16. Juli 2011, Az. 10 K 4736/07).

Sind homosexuelle Paare gleichgestellt?

Das Ehegattensplitting gilt auch für eingetragene Lebenspartner und Lebenspartnerinnen (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 7. Mai 2013, Az. 2 BvR 909/06). Ehepaare und gleichgeschlechtliche eingetragene Lebenspartnerschaften werden seit 2013 vom Fiskus steuerrechtlich gleichgestellt

Das Gericht hat entschieden, dass die Gleichstellung der Lebenspartnerschaften sogar rückwirkend bis 2001 gilt, als das Lebenspartnerschaftsgesetz in Kraft getreten ist. Es ordnete eine Beseitigung der Ungleichbehandlung gleichgeschlechtlicher Paare in noch nicht bestandskräftigen Fällen an. Eine Änderung ist demnach möglich, wenn noch kein Steuerbescheid erlassen wurde oder wenn er noch offen ist. 

Am 1. Oktober 2017 ist zudem das Eheöffnungsgesetz in Kraft getreten, die sogenannte Ehe für alle. Demnach können gleichgeschlechtliche Paare vor dem Standesamt zivilrechtlich eine Ehe eingehen. Diese ist einer Ehe zwischen Mann und Frau gleichgestellt.

Das geht auch rückwirkend, auch für nicht mehr offene Steuerfälle, entschied das Finanzgericht Hamburg (31. Juli 2018, Az. 1 K 92/18).

Der konkrete Fall im Detail:

Ein Paar ging 2001 eine Lebenspartnerschaft ein. Bis einschließlich 2012 hat das Finanzamt die beiden Partner einzeln veranlagt. Ab 2013 profitierten sie von der Änderung im Einkommensteuergesetz und wurden zusammen veranlagt. Im Herbst 2017 wandelten sie ihre Lebenspartnerschaft in eine Ehe um. Daraufhin beantragten sie, dass sie auch für die Jahre 2001 bis 2012 zusammen veranlagt werden. Dies lehnte das Finanzamt ab, weil die Steuerbescheide bestandskräftig und damit nicht mehr änderbar seien.

Die hiergegen gerichtete Klage des Ehepaares war erfolgreich. Das FG Hamburg entschied, dass die Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe ein rückwirkendes Ereignis im Sinne von Paragraf 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung sei.

Die beiden Steuerpflichtigen seien nach der Umwandlung ihrer Lebenspartnerschaft in eine Ehe so zu stellen, als ob sie bereits beim Eingehen der Lebenspartnerschaft geheiratet hätten. Deshalb hat das FG Hamburg das Finanzamt angewiesen, die Steuerbescheide von 2001 bis 2012 dahingehend zu ändern, dass das Ehepaar für alle Jahre ihrer Lebenspartnerschaft zusammen veranlagt wird. Das unterlegene Finanzamt hatte Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt (BFH, Az. III R 57/18). Darüber wurde aber noch nicht entschieden. 

Der Gesetzgeber hat auf das Verfahren reagiert und sorgte für Rechtsklarheit. Er stellte die Weichen für eine nachträgliche Zu­sam­men­ver­an­la­gung. Denn nach der Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe sollen die Partner steuerlich so gestellt werden, als wenn sie bereits am Tag des Eingehens der Lebenspartnerschaft geheiratet hätten. Die Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe gilt als rückwirkendes Ereignis. 

Allerdings setzte der Fiskus dafür Fristen: Erfolgte die Umwandlung in eine Ehe bis zum 31. Dezember 2019, konnten die Ehegatten gemeinsam bis Jahresende 2020 beim Finanzamt einen Antrag auf Erlass, Änderung oder Aufhebung eines Steuerbescheids stellen. Mit der Folge, dass nachträglich die Zu­sam­men­ver­an­la­gung berücksichtigt wurde. Die früheren Steuerbescheide auf Basis der Einzelveranlagung – möglicherweise bis 2001 zurückgehend – konnten bis dahin noch geändert werden.

Für Paare, die zwischen 2001 und 2012 eine Lebenspartnerschaft eingegangen sind, ergab sich dadurch eine Chance auf eine unverhoffte, hohe Steuerrückerstattung. Dafür mussten sie bis zum 31. Dezember 2019 die Lebenspartnerschaft in eine Ehe umwandeln. Außerdem mussten sie bis Ende 2020 beim Finanzamt beantragen, dass für beide Partner die jeweiligen Steuerbescheide der betreffenden Jahre geändert werden. 

Möglicherweise kommen auch noch Zinsen auf die Steuerrückerstattung hinzu. Allerdings beginnt der Zinslauf erst im Jahr, nachdem die Lebenspartnerschaft in eine Ehe umgewandelt wurde.

Die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare bezieht sich nicht nur auf die Einkommensteuer. Sie gilt auch für die Erbschafts-, Schenkungs- und Grunderwerbsteuer.

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Was ist das Witwensplitting?

Verwitwete und Geschiedene müssen sich einzeln veranlagen lassen. Doch sie können dennoch in bestimmten Fällen vom Splittingtarif profitieren.

Ein solcher Sonderfall ist das sogenannte Witwensplitting, auch Gnadensplitting genannt. Stirbt zum Beispiel erst der Ehemann, gewährt das Finanzamt der überlebenden Ehefrau den Splittingtarif im Todesjahr und ein letztes Mal im Folgejahr. Dies gilt, wenn zum Zeit­punkt des Todes des Manns die Voraussetzungen für die Zu­sam­men­ver­an­la­gung gegeben waren (§ 32a Abs. 6 Nr. 1 EStG).

Beispiel: Der Ehemann stirbt 2022. Für das Jahr 2022 ist eine Zu­sam­men­ver­an­la­gung möglich, ab 2023 nur noch eine Einzelveranlagung. Die Witwe kann aber für die Jahre 2022 und 2023 vom Splittingtarif profitieren.

Was ist Sondersplitting im Scheidungsjahr?

Vierte und letzte Form der Veranlagung ist das Sondersplitting im Scheidungsjahr. Diese kommt dann vor, wenn sich ein Ehepaar scheiden lässt und eine/einer von beiden heiratet in demselben Jahr erneut.

Beispiel: Der geschiedene Ehemann heiratet sofort nach der Scheidung seine neue Partnerin. Dann darf er sich in diesem Jahr nur mit seiner neuen Ehefrau zusammen veranlagen lassen; bezüglich seiner Ex-Frau erfolgt die Besteuerung nach dem Grundtarif.

Der unverheiratete Expartnerin kann sich nur einzeln veranlagen lassen. Dennoch wird bei ihr der günstigere Splittingtarif angewendet. Dies ist das Sondersplitting im Scheidungsjahr.

Wann kannst Du die Veranlagungsart ändern?

Du entscheidest jedes Jahr aufs Neue mit der Steu­er­er­klä­rung, ob Du Dich einzeln oder zusammen veranlagen lassen willst. Die gewählte Veranlagungsart gilt nur für das betreffende Steuerjahr. Sie kann noch geändert werden, solange der Steuerbescheid noch nicht bestandskräftig ist. Es verbleibt demnach nur die einmonatige Einspruchsfrist für eine Korrektur.

Nachdem der Bescheid Bestandskraft erlangt hat, kann die Veranlagungsart nur noch ausnahmsweise geändert werden, sofern

  1. ein Steuerbescheid der Eheleute/Lebenspartner aufgehoben, geändert oder berichtigt wird und
  2. die Änderung der gewählten Veranlagungsart dem Finanzamt mitgeteilt wird, bevor der Änderungs- oder Berichtigungsbescheid Bestandskraft erlangt sowie
  3. die Einkommensteuer der Eheleute/Lebenspartner nach Änderung der Veranlagungsart niedriger ist, als sie ohne diese Änderung wäre. Die Einkommensteuer der beiden einzeln veranlagten Personen wird dabei zusammengerechnet.

Diese drei Voraussetzungen müssen gleichzeitig erfüllt sein.

Mehr dazu im Ratgeber Steu­er­er­klä­rung

 Zum Ratgeber

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Udo Reuß

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