Alterseinkünftegesetz Das Gesetz zur Besteuerung von Renten & Co.

Jörg Leine
Finanztip-Experte für Steuern

Das sogenannte Alterseinkünftegesetz regelt seit dem 1. Januar 2005 die einkommensteuerrechtliche Behandlung von Altersvorsorge-Aufwendungen und Altersbezügen vollkommen neu.  

Wichtig: Es gibt keine eigene Rentensteuer, sondern es ist eine Erhebungsform innerhalb der Einkommensteuer, die sich auf Renteneinkünfte bezieht. Außerdem ist die Besteuerung von Rentenzahlungen unterschiedlich. Eine Rentenzahlung aus einer Betriebsrente wird wie eine Zeitrente voll besteuert, eine private Ren­ten­ver­si­che­rung als Leibrente hingegen nur in Höhe des sogenannten Ertragsteils. Was das Gesetz bei der gesetzlichen Ren­ten­ver­si­che­rung vorsieht, erfährst Du in diesem Ratgeber. Noch ausführlichere Informationen enthält der Ratgeber Rentenbesteuerung.

Achtung: Dieser Ratgeber wird nicht mehr aktualisiert.

 

Einkommensteuer auf Renten

Alterseinkünfte aus der gesetzlichen Ren­ten­ver­si­che­rung werden seit 2005 „nachgelagert“ besteuert. Das heißt: Altersvorsorgeaufwendungen mindern in der Erwerbsphase (Berufsleben) die Steuerbelastung. Werden die darauf beruhenden Rentenleistungen im Alter ausgezahlt, so sind diese Einnahmen, also die Rentenzahlungen, abzüglich der dann geltenden Freibeträge in der Auszahlungsphase der Besteuerung zu unterwerfen. Oder einfacher: Du sparst mit Deinen Rentenbeiträgen Steuern, musst dann aber unter Umständen Teile Deiner Rente versteuern.

Damit ergeben sich auch völlig neue Aspekte für die eigene private Altersvorsorge. So wird zum Beispiel die private Ren­ten­ver­si­che­rung als Leibrente im Vergleich deutlich attraktiver. Der Ratgeber zur gesetzlichen Ren­ten­ver­si­che­rung fasst die wichtigsten Inhalte zusammen.

Der Wechsel in der Besteuerung von Renten erfolgt schrittweise bis zum Jahr 2058, weil bisher nicht alle Altersvorsorgeaufwendungen voll steuerlich geltend gemacht werden konnten. So wird seit dem Jahr 2005 ein immer größer werdender Teil der Altersvorsorgeaufwendungen von der Steuer befreit und im Gegenzug der Besteuerungsanteil der darauf beruhenden Renten bei Bezug im Alter erhöht.

Beispiel: Wer im Jahre 2011 erstmals Altersrente bezogen hat, muss davon 62 Prozent des Rentenbetrages versteuern, 38 Prozent aber nicht. Wer im Jahre 2015 in Rente geht, hat nur noch 30 Prozent steuerfrei.

Besteuerung der Altersrenten in zwei Stufen

Du weißt jetzt schon, dass Renten nur zum Teil besteuert werden. Schrittweise wird der steuerpflichtige Teil der Renten bis zum Jahr 2020 um jährlich 2 Prozent auf 80 Prozent, 2021 und 2022 um jeweils 1 Prozent und ab 2023 um jeweils 0,5 Prozent bis zum Jahr 2058 gesenkt (§ 22 Einkommensteuergesetz EStG).

Der steuerfreie Teil der Rente wird für jeden Rentenjahrgang auf Dauer festgeschrieben. Das bedeutet, dass bei erstmaligem Rentenbezug vor 2058 ein Freibetrag ermittelt wird, der sich ab dem ersten vollen Rentenbezugsjahr nicht mehr ändert. Die Festschreibung dieses Rentenfreibeitrags erfolgt in dem Jahr, das auf den ersten Rentenbezug folgt.

Der Berechnung dieses Freibetrages wird die Jahresbruttorente des ersten vollen Rentenbezugsjahres und ein Prozentsatz zugrunde gelegt. Dieser hängt vom Jahr des ersten Rentenbezugs ab. Jahresbruttorente ist dabei die Summe der im Kalenderjahr zugeflossenen Rentenbeträge einschließlich der bei Auszahlung einbehaltenen eigenen Beitragsanteile zur Kranken- und Pfle­ge­ver­si­che­rung.

Bei einer Veränderung des Jahresbetrages der Rente wird der Rentenfreibetrag entsprechend angepasst. Das gilt allerdings nicht im Falle der regelmäßigen Rentenanpassungen. Rentennachzahlungen oder Rentenrückzahlungen können zu einer Neuberechnung führen.

Beispiel: Wer im Jahr 2005 Rentner wurde, dem wird ein Prozentsatz von 50 Prozent als steuerfreier Teil der Rente zugerechnet. Als erstes volles Rentenbezugsjahr gilt dann 2006. Erhält dieser Rentner zum Beispiel 12.000 Euro Rente im Jahr 2006, bekommt dieser für die Folgezeit einen festen Rentenfreibetrag von 6.000 Euro. Dieser Betrag bleibt dann über die Jahre konstant.

Für jeden späteren Rentenjahrgang wird der Prozentsatz für den steuerfreien Teil der Rente schrittweise abgeschmolzen. Geht zum Beispiel eine Arbeitnehmerin 2020 in Rente, werden 80 Prozent der Alterseinkünfte besteuert, nur 20 Prozent sind steuerfrei. Als erstes volles Rentenbezugsjahr gilt 2021. Erhält sie zum Beispiel 12.000 Euro Rente im Jahr 2021, bekommt sie für die Folgezeit einen festen Rentenfreibetrag von 2.400 Euro = 20 Prozent von 12.000 Euro.

Mit der schrittweisen Erhöhung der Besteuerung von Altersrenten geht auch der schrittweise Abbau des Al­ters­ent­las­tungs­be­trages bis 2058 einher. Für die Gewährung des Al­ters­ent­las­tungs­be­trages muss kein Antrag gestellt werden. Er wird vom Finanzamt von Amts wegen gewährt. Nach Paragraf 24a EStG wird der Al­ters­ent­las­tungs­be­trag bis zum Jahr 2058 bis zu Null abgesenkt.

Finanzamt erfährt von der Rentenzahlung

Per Gesetz sind die Rentenversicherer verpflichtet, den Finanzämtern Mitteilung über die erfolgten Rentenzahlungen zu machen. Dies kann ein böses Erwachen für Rentner bedeuten. Die Einkommensteuer auf die Renteneinkünfte wird dann nachträglich mindestens vier Jahre zurück festgesetzt. Als Folge können hohe Steuernachzahlungen auf die Rentner zukommen. Wer aufgrund der Höhe seiner Renteneinkünfte fest damit rechnen musste, mit den Renteneinkünften besteuert zu werden, riskiert ein Verfahren wegen leichtfertiger Steuerverkürzung oder gegebenenfalls sogar wegen Steuerhinterziehung.

Die Mitteilung an die Finanzämter erfolgt über die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA). Bei der ZfA laufen zentral alle Informationen über Zahlungen an Rentner zusammen. So mancher Rentner wird den nachträglich festgesetzten Steuerbetrag nicht sofort zahlen können. In diesen Fällen sollten sich die Betroffenen mit einem Antrag auf Stundung an ihr Finanzamt wenden. Die Finanzämter sind angewiesen, hier „entgegenkommend“ aufzutreten, das heißt, es kann über eine Ratenzahlung verhandelt werden.

Was ist mit Rentnern vor 2005?

Bei Renten und anderen Leistungen aus den gesetzlichen Ren­ten­ver­si­che­rungen, den landwirtschaftlichen Alterskassen und den berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die bereits am 31. Dezember 2004 bezogen wurden, beträgt der Besteuerungsanteil immer 50 Prozent. Das ist die gleiche Zahl, wenn Du 2005 in Rente gegangen bist. 

Es wird bei der Rentenbesteuerung, wie bereits weiter oben erwähnt, nicht ein Prozentsatz festgeschrieben, sondern ein bestimmter Freibetrag ermittelt. 

Wann von einem Rentner Steuern zu zahlen sind, ist von sehr vielen Faktoren abhängig, beispielsweise von der Höhe der Einnahmen, vom Familienstand, von der Höhe der Kran­ken­ver­si­che­rungsbeiträge sowie von etwaigen steuerlichen Abzugsbeträgen, etwa Pauschbeträge für behinderte Menschen. Aussagen zur Steuerbelastung können daher nur der groben Orientierung dienen. 

Wegen der Besteuerung der Alterseinkünfte muss ein Teil der Rentnerinnen und Rentner jährlich eine Steu­er­er­klä­rung abgeben.

Rentner, die ab 2005 in Rente gehen

Bei den abziehbaren Vorsorgeaufwendungen sind besondere steuerliche Abzugsmöglichkeiten für Altersvorsorgeaufwendungen und für sonstige Vorsorgeaufwendungen vorgesehen. Zu diesen Altersvorsorgeaufwendungen gehören Ren­ten­ver­si­che­rungsbeiträge und vergleichbare Aufwendungen. Nach einer Übergangsphase sind die Beiträge ab 2023 in voller Höhe bis zu einem Höchstbetrag absetzbar.

Altersvorsorgeaufwendungen im Einzelnen

Unter Altersvorsorgeaufwendungen fallen Beiträge an die gesetzlichen Ren­ten­ver­si­che­rungen, die landwirtschaftlichen Alterskassen, an berufsständische Versorgungseinrichtungen sowie an bestimmte kapitalgedeckte private Le­bens­ver­si­che­rung­en.

Beiträge zugunsten einer privaten Le­bens­ver­si­che­rung sind dann begünstigt, wenn die Ver­si­che­rung nur die Zahlung einer monatlichen, auf das Leben des Steuerpflichtigen bezogene, lebenslange Leibrente vorsieht und die Leistungen nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Berechtigten erbracht werden. Die ergänzende Absicherung des Eintritts der Be­rufs­un­fä­hig­keit, der verminderten Erwerbsfähigkeit oder von Hinterbliebenen ist möglich. Die erworbenen Anwartschaften dürfen nicht vererblich, nicht übertragbar, nicht beleihbar, nicht veräußerbar und nicht kapitalisierbar sein.

Ab dem Jahr 2023 können alle Altersvorsorgeaufwendungen bis zu einem Höchstbetrag steuermindernd als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Zuvor war das nur bis zu einem gewissen Prozentsatz möglich. bnur in begrenzter Höhe abziehbar.

Beispiel: Im Jahr 2012 konnten 74 Prozent von den im Rahmen der Höchstbeträge zulässigen Altersvorsorgeaufwendungen in der Steu­er­er­klä­rung geltend gemacht werden.

Sonstige Vorsorgeaufwendungen

Zu den sonstigen Vorsorgeaufwendungen zählen zum Beispiel Aufwendungen zur Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung.

Wie vor 2005 berechtigen folgende Beiträge zum Sonderausgabenabzug: Beiträge zu Ver­si­che­rungen gegen Arbeitslosigkeit, zu eigenständigen Erwerbs- oder Be­rufs­un­fä­hig­keits­ver­si­che­rungen, Kranken-, Unfall- und Haft­pflicht­ver­si­che­rungen sowie zu Risikoversicherungen, die nur im Todesfall eine Leistung vorsehen. Dazu gehören auch Beiträge zu „alten“ Ren­ten­ver­si­che­rungen und bisher steuerlich begünstigten kapitalbildenden Le­bens­ver­si­che­rung­en, wenn deren Laufzeit vor dem Jahr 2005 begonnen hat und noch im Jahr 2004 ein Ver­si­che­rungsbeitrag entrichtet wurde. Derartige Beiträge sind begrenzt als Sonderausgaben abziehbar. 

Pensionen und Versorgungsbezüge

Die Auswirkungen bei der Besteuerung der Beamten- und Arbeitnehmerpensionen betreffen im Wesentlichen nur die Freibeträge. Der „alte“ Versorgungsfreibetrag (40 Prozent der Versorgungsbezüge, höchstens 3.072 Euro jährlich) wird – beginnend ab dem Jahr 2005 – für jedes Jahr bis zum Jahr 2058 abgeschmolzen (§ 19 Abs. 2 EStG). Für den einzelnen Pensionär bleibt aber der bei Ruhestandseintritt geltende Versorgungsfreibetrag für die gesamte Dauer des Versorgungsbezugs gleich.

Beispiel: Wer im Jahre 2010 erstmals eine Pension, Betriebsrente oder dadurch resultierende Hinterbliebenenbezüge erhält, kann noch lebenslang einen Versorgungsfreibetrag in Höhe von 32 Prozent beanspruchen. 

Der Abzug des Arbeitnehmer-Pauschbetrags ist seit dem Jahr 2005 entfallen. Stattdessen wird – wie auch bei den Renten – der Werbungskosten-Pauschbetrag von 102 Euro berücksichtigt. Um in der Übergangsphase eine übermäßige Belastung durch den Wegfall des Arbeitnehmer-Pauschbetrags zu vermeiden, ist ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag eingeführt worden, der ebenfalls bis 2058 abgeschmolzen wird.

Zur Geschichte der Rentenbesteuerung

Anlass für die Einführung der Rentenbesteuerung ab 2005 durch das Alterseinkünftegesetz war ein Urteil des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom 6. März 2002 (Az. 2 BvL 17/99). Das Gericht hatte entschieden, dass die unterschiedliche Besteuerung der Beamtenpensionen und der Renten aus der gesetzlichen Ren­ten­ver­si­che­rung gegen das Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes verstößt. Zuvor unterlagen Beamtenpensionen voll der Besteuerung, Renten aus der gesetzlichen Ren­ten­ver­si­che­rung dagegen nur in Höhe des Ertragsanteils, in der Regel zwischen 27 Prozent und 32 Prozent.

Das Bundesverfassungsgericht forderte den Gesetzgeber auf, die Besteuerung der Renten und Pensionen bis zum 1. Januar 2005 gleich zu regeln. So ist das Gesetz zur Neuordnung der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen oder kurz Alterseinkünftegesetz entstanden. Im Alltag wird auch von der Rentenbesteuerung gesprochen.

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