Flugzeitenänderung bei Pauschalreisen Geld zurück nach verschobenem Flug: So geht's

Finanztip-Chefredakteur
Das Wichtigste in Kürze
So gehst Du vor
Sonne, Strand, Meer – wer den Urlaub im Warmen verbringen will, entscheidet sich oft für eine Pauschalreise: Flug, Transfer und Hotel regelt der Reiseveranstalter. Du als Urlauber musst Dich selbst um nichts mehr kümmern. Manchmal gibt es nach der Buchung aber böse Überraschungen: zum Beispiel, wenn der Veranstalter plötzlich die Flugzeiten ändert oder sogar den Abflugort.
Reisende entscheiden sich meist ganz bewusst für einen Flug zu einer bestimmten Tageszeit und planen die Anreise zum Flughafen mit ein. Wird dann der Abflug verschoben, kann es schnell Ärger geben. So ist oft ein komplett bezahlter Urlaubstag verloren, wenn zum Beispiel ein Heimflug statt spätabends auf einmal morgens um neun Uhr stattfinden soll.
In den Buchungsunterlagen steht meist, dass die angegebenen Flugzeiten unverbindlich seien. Das ist grundsätzlich auch in Ordnung. Dennoch darf der Reiseveranstalter die Zeiten nur insoweit ändern, wie es für Dich als Reisenden noch zumutbar ist. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden (Urteile vom 10. Dezember 2013, Az. X ZR 24/13; 16. September 2014, Az. X ZR 1/14).
Entscheidend ist dabei immer der Einzelfall. Bei der Frage, was zumutbar ist, spielt die Reisedauer eine große Rolle. So musst Du bei einem 14-tägigen Strandurlaub eher hinnehmen, dass Dein Flug nach vorne verschoben wird als bei einem kurzen Städtetrip. Auch Deine individuelle Familiensituation ist wichtig. Für Familien, die mit kleinen Kindern reisen, ist ein später Abendflug eher unzumutbar (LG Hannover, Urteil vom 27. April 2017, Az. 8 S 46/16).
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Wenn Deine Flüge bei einer Pauschalreise vor Urlaubsbeginn verschoben werden, hast Du grundsätzlich drei Möglichkeiten.
Erfährst Du von neuen Flugzeiten vor Urlaubsbeginn, kannst Du von der Reise zurücktreten und den schon gezahlten Reisepreis zurückverlangen. Dazu müssen sich die Flugzeiten aber erheblich und zugleich unzumutbar verschieben. „Erheblich“ bedeutet, dass der Flug mindestens vier Stunden früher oder später startet. Das allein reicht aber nicht, denn nicht jede derartige Änderung ist automatisch „unzumutbar“. Zwei Beispiele dazu:
Verlegung von 16 Uhr auf 12 Uhr mittags - Das ist zwar erheblich, aber noch zumutbar, da Du zwar früher am Flughafen sein musst, aber zu einer vernünftigen Tageszeit.
Verlegung von 9 Uhr auf 5 Uhr morgens - Das ist erheblich und unzumutbar, da Du mitten in der Nacht am Flughafen sein müsstest.
Ist die Verlegung der Flugzeit zumutbar, ist das kein Mangel. Du kannst die Reise in diesem Fall zwar auch stornieren, musst dann aber Storno-Gebühren zahlen (§ 651h BGB).
Ändern sich die Flugzeiten erheblich, kannst Du unter Umständen auch selbst einen Ersatzflug buchen. Das setzt allerdings voraus, dass die neuen Zeiten unzumutbar sind und Du den Veranstalter gebeten hast, Dir einen Ersatzflug zu buchen. Weigert sich dann der Veranstalter, kannst Du selbst einen Ersatzflug buchen und verlangen, dass er Dir die Kosten ersetzt (§ 651k Abs. 2 BGB). In diesem Fall musst Du zunächst einmal die Kosten für den Flug aus eigener Tasche vorstrecken.
Es kommt nicht darauf an, ob die Kosten für den Ersatzflug um ein Vielfaches höher sind als das, was der Veranstalter bei einer Minderung hätte zahlen müssen. So urteilte das Landgericht Hannover. In dem konkreten Fall musste der Reiseveranstalter mehr als 600 Euro für den Ersatzflug zahlen, weil die Änderung der Abflugzeit um knapp sechs Stunden nicht zumutbar war. Eine Familie mit Kleinkind sollte statt zur Mittagszeit in den Abendstunden fliegen (Urteil vom 27. April 2017, Az. 8 S 46/16).
Lässt sich der Flug nicht umbuchen, solltest Du Dich zügig mit dem Veranstalter in Verbindung setzen, um über eine Preisminderung zu verhandeln. Schreib ihn am besten innerhalb von vier Wochen nach der Reise an. Die Preisminderung beträgt nach der sogenannten Frankfurter Tabelle 5 Prozent des Reisepreises pro Tag, falls der Flug sich um mehr als vier Stunden verschoben hat. Für jede weitere Stunde erhältst Du weitere 5 Prozent des durchschnittlichen Tagespreises der Reise zurück. Insgesamt kannst Du jedoch maximal bis zu 20 Prozent Deines gesamten Reisepreises als Preisminderung geltend machen.
Laut dem Amtsgericht Hannover können Reisende den Preis sogar schon bei einer Verlegung des Abflugs um drei Stunden mindern (Urteil vom 9. August 2018, Az. 539 C 2462/19). Das Gericht bestätigte noch einmal die Höhe der Minderung von 5 Prozent des Tagespreises für jede weitere Stunde.
Beispiel: Deine zweiwöchige Pauschalreise kostet insgesamt 3.500 Euro. Der Abflug verschiebt sich um sechs Stunden. Nach Abzug der Toleranzgrenze von drei Stunden kannst Du für jede weitere Stunde 5 Prozent des Tagespreises ansetzen. Dieser liegt bei 250 Euro (3.500 Euro geteilt durch 14 Tage). Für die drei Stunden Verspätung oberhalb der Toleranzgrenze kannst Du 37,50 Euro als Preisminderung fordern (3 x 5 Prozent von 250 Euro).
Ist die Airline verantwortlich dafür, dass sich der Flug verschoben hat, kannst Du laut EU-Fluggastrechte-Verordnung (EG 261/2004) bis zu 600 Euro als Entschädigung bekommen (BGH, Urteil vom 9. Juni 2015, (Az. X ZR 59/14). Verschiebt sich der Flug um mehrere Stunden, kommt das einer Annullierung gleich, bei der Fluggäste ebenfalls Anspruch auf Entschädigung haben.
Allerdings wurde in dem Fall kein Urteil gesprochen, weil die Fluglinie nach der mündlichen Verhandlung ein Einsehen hatte und von sich aus gezahlt hat. Dennoch ist der Fall wegweisend für Kunden, die sich in Zukunft ihr Geld zurückholen wollen. Die Entschädigung, die die Fluggesellschaft aufgrund der EU-Verordnung zahlen muss, ist im Zweifel sehr viel höher als das, was der Reiseveranstalter als Minderung nach der Frankfurter Tabelle zahlen muss.
Nutze unseren eigens entwickelten Rechner, um einschätzen zu können, was Dir bei einem Flugausfall zusteht. Am Ende erhältst Du einen kurzen Überblick, welche Ansprüche Dir zustehen. Du kannst ein PDF-Dokument mit dem ausführlichen Ergebnis und einem angepassten Musterschreiben herunterladen.
Ist der Reiseveranstalter nicht bereit, Dich finanziell zu entschädigen, bleiben Dir noch andere Möglichkeiten, wie Du an Dein Geld kommen kannst. Der bekannteste, wohl aber auch teuerste und arbeitsintensivste Weg ist der Gang zu einem Gericht.
Eine kostenlose Alternative bei Beschwerden gegen Flugunternehmen ist die Schlichtungsstelle öffentlicher Personenverkehr (SÖP). Dafür muss Deine Fluggesellschaft allerdings bei der SÖP Mitglied sein. Das ist immerhin bei rund 40 Airlines der Fall.
Richtet sich die Beschwerde allerdings gegen den Reiseveranstalter, ist die SÖP nicht zuständig, sondern die allgemeine Schlichtungsstelle. Diese kommt immer dann ins Spiel, wenn keine branchenspezifische Schlichtungsstelle existiert. Ein Nachteil bei den Schlichtungsstellen ist, dass die Unternehmen nicht verpflichtend an dem Schlichtungsverfahren teilnehmen müssen und auch das Ergebnis nicht verbindlich ist. Dann bleibt aber immer noch der Gang vor ein Gericht.
Sogenannte Fluggasthelfer-Portale fordern die Entschädigung in Deinem Namen von der Fluggesellschaft zurück. Bei Erfolg behalten die Portale 25 bis 30 Prozent der Entschädigung ein.
Richtet sich die Beschwerde gegen den Reiseveranstalter, kannst Du Dich unter Umständen ebenfalls an die SÖP wenden. Denn auch einige Pauschalanbieter nehmen am Schlichtungsverfahren der SÖP teil, darunter Expedia, Holidaycheck und weg.de.
Falls Dein Unternehmen nicht dazu gehört, kannst Du Dich an die Universalschlichtungsstelle des Bundes wenden. Die kommt immer dann ins Spiel, wenn keine branchenspezifische Schlichtungsstelle existiert.
Ein Nachteil bei den Schlichtungsstellen ist, dass die Unternehmen nicht verpflichtend an dem Schlichtungsverfahren teilnehmen müssen und auch das Ergebnis nicht verbindlich ist. Dann bleibt aber immer noch der Gang vor ein Gericht.
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