Abfindung im Arbeitsrecht So hoch kann Deine Abfindung sein

Expertin für Recht - Dr. Britta Beate Schön
Dr. Britta Beate Schön
Finanztip-Expertin für Recht

Das Wichtigste in Kürze

  • Arbeitnehmende haben keinen Anspruch auf Abfindung, wenn ihnen gekündigt wird.
  • Abfindungen werden trotzdem häufig gezahlt. Denn Unternehmen wollen das Risiko eines Gerichtsverfahrens vermeiden und bieten deshalb einen Auf­he­bungs­ver­trag an.
  • Die Höhe der Abfindung richtet sich in der Regel nach Deinem Gehalt und den Jahren, die Du bei Deinem Arbeitgeber gearbeitet hast. Wer gut verhandelt, bekommt mehr Geld.

So gehst Du vor

  • Berechne Deinen ungefähren Abfindungsanspruch. Dabei gehst Du mindestens von einem halben Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr aus.

  • Du solltest mit der Personalabteilung verhandeln, um mehr herauszuholen.

  • Gehst Du davon aus, dass eine Kündigung nicht rechtens wäre, solltest Du Dich rechtlich beraten lassen. Die Abfindung sollte dann um einiges höher ausfallen.

Wenn Managerinnen oder Manager, Geschäftsführende oder Vorstände gehen oder gehen müssen, winken oft hohe Abfindungen. Davon können normale Beschäftigte nur träumen. Wenn es für sie eng wird und eine Kündigung droht, können sie nicht ohne Weiteres mit einer Abfindung rechnen. Wer aber seine rechtliche Situation richtig einschätzt, kann oft eine Abfindung aushandeln.

Wie hoch kann die Abfindung in einem Auf­he­bungs­ver­trag sein?

Endet ein Arbeitsverhältnis mit einem Auf­he­bungs­ver­trag, werden oft Abfindungen gezahlt. Für Beschäftigte ist die Abfindung ein Anreiz, das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen zu beenden, ohne vor das Arbeitsgericht zu ziehen. Die Zahlung dient als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes. Wie hoch Deine Abfindung ausfällt, hängt ganz grob von vier Faktoren ab:

  1. Höhe des Gehalts brutto
  2. Branche und Region
  3. Beschäftigungsdauer
  4. Verhandlungsgeschick

Üblich sind Abfindungen zwischen einem halben und einem Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr.

Beispiele für Regelabfindungen

BruttomonatsgehaltBeschäftigungsjahreRegelabfindung
3.000 €5 Jahre7.500 €
4.000 €5 Jahre10.000 €
3.000 €10 Jahre15.000 €
4.000 €10 Jahre20.000 €
3.000 €15 Jahre22.500 €
4.000 €15 Jahre30.000 €

Quelle: Finanztip-Berechnung: 0,5 Monatsgehalt x Beschäftigungsjahre (Stand: November 2023)

An der Branche und Region kannst Du nichts ändern, aber Du kannst verhandeln. Dazu musst Du Deine rechtliche Situation richtig einschätzen. Du musst wissen, wie groß das Risiko ist, dass Dir zu Recht gekündigt werden kann. Bestehen Zweifel daran, weil Du einen besonderen Kündigungsschutz genießt, zum Beispiel im Mutterschutz oder der Elternzeit, steigt Deine Chance auf eine hohe Abfindung.

Der Rechtsdienstleister Conny Legal berichtet, dass in der Praxis bis zu vier Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr erzielt werden, etwa wenn der Arbeitgeber ein Betriebsrats- oder Personalratsmitglied loswerden will, dem er eigentlich nicht kündigen kann.

Nach einer Auswertung von internen Daten der Rechtsanwälte Chevalier aus dem Jahr 2021 erhalten deutsche Arbeitnehmende im Durchschnitt eine Abfindung von 14.300 Euro. Im Westen liegt diese bei 15.800 Euro, im Osten – inklusive Berlin – dagegen bei 8.000 Euro. Frauen bekommen geringere Abfindungen, was daran liegt, dass sie oft weniger verdienen. Die höchsten Abfindungen wurden in Hessen erzielt, immerhin durchschnittlich 22.000 Euro. Du siehst: Die Region, in der Du arbeitest, kann mehrere Tausend Euro Unterschied bei der Abfindung ausmachen.

Für Arbeitgebende kann sich eine Abfindung rechnen

Für Arbeitgebende besteht bei einer Kündigung das Risiko, dass der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin sie nicht akzeptiert und dagegen klagt. Das zuständige Arbeitsgericht prüft dann im Rahmen einer Kündigungsschutzklage, ob die Kündigung rechtens war.

Verliert der Arbeitgeber den Prozess, weil die Kündigung unwirksam war, wird es oft teuer. Das gilt besonders dann, wenn sich das Verfahren vor dem Arbeitsgericht hinzieht, vielleicht sogar über mehrere Instanzen. Es gibt in Deutschland drei Instanzen für Streitigkeiten zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden. Die erste Instanz ist das Arbeitsgericht. Dann folgt als zweite Instanz das Landesarbeitsgericht, wenn eine der Parteien in Berufung geht, und als dritte Instanz kommt bei einer Revision das Bundes­arbeits­gericht in Erfurt ins Spiel.

Warum kann es dann teuer werden? Verliert der Arbeitgeber den Kündigungsprozess, muss er den ganzen Lohn nachzahlen, obwohl der Mitarbeiter seit Ablauf der Kündigungsfrist bis zur endgültigen Entscheidung des Arbeitsgerichts nicht gearbeitet hat. Hinzukommen Anwalts- und Gerichtskosten. Deshalb schließen Arbeitgebende gern einen Auf­he­bungs­ver­trag. Das schafft Rechts- und Planungssicherheit.

Wichtig: Falls man Dir gekündigt hat, solltest Du immer klar sagen, dass Du weiter bei Deinem Arbeitgeber oder Deiner Arbeitgeberin arbeiten willst, und Dich nicht sofort mit einem Auf­he­bungs­ver­trag einverstanden erklären. Das verbessert Deine Verhandlungsposition.

Wann hast Du Anspruch auf Abfindung bei Kündigung?

Auch bei einer Kündigung kann eine Abfindung anfallen. Kündigt ein Arbeitgeber einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin aus betriebsbedingten Gründen, hat er oder sie sogar einen Anspruch auf Abfindung, wenn die folgenden drei Voraussetzungen erfüllt sind (§ 1a KSchG):

1. Kün­di­gungs­schutz­ge­setz ist anwendbar

Das Arbeitsverhältnis muss dem Kün­di­gungs­schutz­ge­setz (KSchG) unterliegen. Das bedeutet, dass das Arbeitsverhältnis bereits seit sechs Monaten besteht und der Betrieb mehr als zehn Mitarbeiter hat, die in Vollzeit arbeiten (§ 23 Abs. 1 KSchG). Bei kleineren Unternehmen gibt es deshalb diese Variante der Abfindung nicht.

2. Es handelt sich um eine betriebsbedingte Kündigung

Die Kündigung muss einen betrieblichen Grund haben. Es kann sich dabei um eine wirtschaftliche Schieflage, eine notwendige Umstrukturierung handeln oder andere betriebliche Ursachen haben.

Im Kündigungsschreiben muss der Hinweis auf die dringenden betrieblichen Erfordernisse stehen.

Kündigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer wegen dessen Verhalten, zum Beispiel wegen einer groben Beleidigung seiner Chefin, gibt es keine gesetzlich vorgesehene Abfindung. Auch bei einer personenbedingten Kündigung, zum Beispiel wegen einer lang andauernden Krankheit, ist keine Abfindung im Gesetz vorgesehen.

3. Angebot von Geld gegen Klageverzicht 

Du verzichtest als Gegenleistung für die Abfindung auf das Recht, gegen die Kündigung zu klagen. Dieser Verzicht wird normalerweise im Kündigungsschreiben schriftlich festgehalten (§ 1a KSchG).

Ein solcher Text in der Kündigung könnte so lauten:

 „Sie können sich gegen diese Kündigung wehren innerhalb einer Frist von drei Wochen, indem Sie eine Klage bei dem örtlich zuständigen Arbeitsgericht einreichen. Wir gehen jedoch davon aus, dass Ihr Arbeitsplatz endgültig weggefallen ist.

Sollten Sie die Klagefrist verstreichen lassen, ohne Klage bei einem Arbeitsgericht erhoben zu haben, können Sie eine Abfindung beanspruchen.

Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Nach unserer Berechnung ergibt sich damit ein Abfindungsanspruch in Höhe von xxx Euro.“

So hoch ist die Abfindung laut Kün­di­gungs­schutz­ge­setz

Hat der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin innerhalb der Frist keine Kündigungsschutzklage erhoben und damit das Angebot akzeptiert, kann er oder sie eine Abfindung in Höhe von einem halben Bruttomonatsverdienst pro Beschäftigungsjahr fordern.

Wichtig: Auch Zeiten, in denen Du nicht gearbeitet hast, können als Beschäftigungszeiten zählen. Das gilt für Elternzeit aber auch für Krankheitszeiten, in denen Du Krankengeld bekommen hast. Angebrochene Beschäftigungsjahre werden auf ein volles Jahr aufgerundet, wenn bereits mehr als sechs Monate verstrichen sind.

Zum monatlichen Einkommen vor Abzug von Steuern und Sozialabgaben werden Urlaubs- und Weihnachts­geld sowie Bonuszahlungen anteilig hinzugerechnet.

Beispiel: Alicia arbeitete seit zehn Jahren bei einer größeren Firma. Sie verdiente zuletzt 3.000 Euro brutto im Monat. Zusätzlich bekam sie jedes Jahr ein Bruttomonatsgehalt als Weihnachts­geld ausgezahlt. Das Bruttomonatsgehalt erhöht sich durch das anteilige Weihnachts­geld auf 3.250 Euro. Unterbreitet der Arbeitgeber bei einer betriebsbedingten Kündigung ein Abfindungsangebot, berechnet sich ihr Abfindungsanspruch wie folgt:

10 x (0,5 x 3.250 Euro) = 16.250 Euro.

Alicia hat einen Anspruch auf 16.250 Euro, wenn sie die Kündigung akzeptiert und nicht dagegen klagt.

Abfindung im Kündigungsschutzprozess

Auch das Arbeitsgericht kann eine Abfindung festsetzen (§§ 9 und 10 KSchG). Wenn es zum Beispiel feststellt, dass die Kündigung zwar unwirksam war, es aber der gekündigten Person nicht mehr zumutbar ist, weiter bei seinem Arbeitgeber zu arbeiten. Das kann der Fall sein, wenn beide Vertragsparteien während des Gerichtsverfahrens so in Streit geraten sind, dass eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich erscheint.

Als Faustregel gilt: Die Höhe der Abfindung legen die Arbeitsgerichte zwischen einem Viertel bis zu einem halben Bruttomonatsverdienst pro Beschäftigungsjahr fest. Solche Urteile sind allerdings selten. Viel häufiger kommt es zu einem gerichtlichen Vergleich, in dem die Abfindung vereinbart wird.

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Welche Abgaben fallen bei einer Abfindung an?

Eine Abfindung ist eine besondere Zahlung des Arbeitgebers, bei der andere Abgaben anfallen als beim regulären Gehalt. Welche das sind, haben wir Dir schnell und einfach zusammengefasst.

Sozialabgaben auf die Abfindung

Eine Abfindung ist kein Arbeitsentgelt, sondern eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes (§ 14 SGB IV). Deshalb müssen Beschäftigte von der Abfindung keine Beiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung zahlen. Das macht die Abfindung finanziell interessant. Es kommt für Dich mehr netto heraus als bei Deinem regulären Gehalt.

Ausnahme: Wenn Du nach Deinem Ausscheiden freiwillig gesetzlich versichert bist, dann werden auf die Abfindung Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pfle­ge­ver­si­che­rung erhoben. Freiwillig versichert wirst Du, wenn Du nach dem Ausscheiden aus der alten Firma noch keinen neuen Job hast und Dein Anspruch auf Ar­beits­lo­sen­geld ruht, weil die Agentur für Arbeit zum Beispiel eine Sperrzeit verhängt hat. Mehr dazu liest Du im Ratgeber zur Kran­ken­ver­si­che­rung nach Abfindung.

Einkommensteuer auf Abfindung

Eine Abfindung zählt zu Deinem steuerpflichtigen Einkommen. Es kann passieren, dass sich durch die Zahlung Dein Jahresbruttoverdienst so erhöht, dass Du in die Stufe des nächsthöheren Steuersatzes rutschst. Mit Hilfe der sogenannten Fünftelregelung kannst Du allerdings Steuern sparen. Bei dieser Regelung wird so gerechnet, als hättest Du über fünf Jahre verteilt jeweils ein Fünftel der Abfindungszahlung erhalten. Ausführliche Informationen findest Du im Ratgeber zur Steuerermäßigung bei Abfindungen.

Mit der Abfindung Rentenansprüche erhöhen

Wer von seinem Arbeitgeber eine Abfindung erhält und über 50 Jahre alt ist, kann die Abfindung oder einen Teil davon freiwillig in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen. Dadurch kannst Du die Rentenabschläge, wenn Du früher in Rente gehen willst, ausgleichen oder Deine Rente erhöhen. Dazu musst Du bei der Ren­ten­ver­si­che­rung eine Auskunft zum Ausgleich einer Rentenminderung beantragen. Dein Arbeitgeber überweist dann den gewünschten Betrag von Deiner Abfindung an die Ren­ten­ver­si­che­rung. Dadurch lassen sich auch noch Steuern sparen. Denn Einzahlungen des Arbeitgebers aus einer Abfindung können zur Hälfte steuerfrei sein (§ 3 Nr. 28 EStG). Für wen sich das lohnt und andere wichtige Fragen zum Thema beantworten wir Dir in unserem Ratgeber zum Kauf von Rentenpunkten.

Anrechnung auf das Ar­beits­lo­sen­geld

Arbeitnehmer haben trotz Abfindung den vollen Anspruch auf Ar­beits­lo­sen­geld. Das Geld wird nicht auf die Sozialleistung angerechnet. Einzige Ausnahme: Der Arbeitnehmer scheidet vorzeitig aus, da er sich mit dem Arbeitgeber darauf geeinigt hat, die ordentliche Kündigungsfrist nicht zu beachten. Dann ruht der Anspruch auf Ar­beits­lo­sen­geld bis zum Ablauf der Kündigungsfrist. Weitere Informationen findest Du in unserem Ratgeber zu Ar­beits­lo­sen­geld und Abfindung.

Pfändung der Abfindung

Wird das Gehalt eines Beschäftigten gepfändet, dann erstreckt sich die Pfändung auch auf eine Abfindung. Aber die betroffene Person kann beim zuständigen Vollstreckungsgericht einen Antrag stellen, dass zumindest ein Teil der Abfindung ihm oder ihr belassen wird (§ 850i ZPO). So konnte zum Beispiel eine Schuldnerin von 8.800 Euro Abfindung trotz Pfändung zumindest etwa 2.600 Euro behalten. Diesen Betrag stellte das Gericht pfändungsfrei (AG Dortmund, 19.03.2021, Az. 254 IK 39/15).

Emp­feh­lungen aus dem Ratgeber Rechts­schutz­ver­si­che­rung

Wir haben im Sommer 2023 Rechtsschutztarife mit den Bausteinen Privat, Beruf und Verkehr untersucht. Unsere Emp­feh­lungen aus diesem Test sind:

Zum Ratgeber

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