Abfindung im Arbeitsrecht
So hoch kann Deine Abfindung sein

Finanztip-Expertin für Recht
Wenn Manager, Geschäftsführer oder Vorstände gehen, winken oft hohe Abfindungen. Davon kann ein durchschnittlicher Arbeitnehmer nur träumen. Wenn es für ihn eng wird und eine Kündigung droht, kann er nicht ohne Weiteres mit einer Abfindung rechnen. Wer seine rechtliche Situation kennt, stellt sich in den Verhandlungen über einen Aufhebungsvertrag oft besser an und kann eine höhere Abfindung aushandeln.
Wie hoch eine Abfindung ausfällt, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab:
Bestehen rechtliche Zweifel daran, ob der Arbeitgeber überhaupt kündigen darf, steigt die Chance auf eine hohe Abfindung. Üblich sind Abfindungen zwischen einem halben und einem Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr.
Bruttomonatsgehalt | Beschäftigungsjahre | Regelabfindung |
---|---|---|
3.000 € | 5 Jahre | 7.500 € |
4.000 € | 5 Jahre | 10.000 € |
3.000 € | 10 Jahre | 15.000 € |
4.000 € | 10 Jahre | 20.000 € |
3.000 € | 15 Jahre | 22.500 € |
4.000 € | 15 Jahre | 30.000 € |
Quelle: Finanztip-Berechnung: 0,5 Monatsgehalt x Beschäftigungsjahre (Stand: September 2022)
Tatsächlich gezahlte Abfindungssummen können jedoch viel höher ausfallen. Der Rechtsdienstleister Conny Legal berichtet, dass in der Praxis bis zu vier Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr erzielt werden, etwa wenn der Arbeitgeber ein Betriebsrats- oder Personalratsmitglied loswerden will, das er eigentlich nicht kündigen kann.
Nach einer Auswertung von internen Daten der Rechtsanwälte Chevalier erhalten deutsche Arbeitnehmende im Durchschnitt eine Abfindung von 14.300 Euro. Im Westen liegt diese bei 15.800 Euro, im Osten (inklusive Berlin) dagegen bei 8.000 Euro. Frauen bekommen geringere Abfindungen, was daran liegt, dass sie oft weniger verdienen. Die höchsten Abfindungen wurden in Hessen erzielt, immerhin durchschnittlich 22.000 Euro.
Für Arbeitgeber besteht bei einer Kündigung das Risiko, dass der Arbeitnehmer sie nicht akzeptiert und dagegen klagt. Das Arbeitsgericht prüft dann, ob der Arbeitgeber überhaupt kündigen durfte. Verliert der Arbeitgeber den Prozess, ist das finanzielle Risiko beträchtlich, gerade wenn sich das Verfahren vor dem Arbeitsgericht hinzieht, vielleicht sogar über mehrere Instanzen.
Denn der Arbeitgeber muss den Lohn nachzahlen, obwohl der Mitarbeiter seit Ende der Kündigungsfrist bis zur Entscheidung des Arbeitsgerichts nicht gearbeitet hat. Deshalb schließen Arbeitgeber gern einen Aufhebungsvertrag. Das schafft Rechts- und Planungssicherheit.
Ein Anreiz für den Arbeitnehmer ist die Abfindung, die beim Abschluss eines Aufhebungsvertrags winkt. Damit wird der Arbeitnehmer für den Verlust des Arbeitsplatzes entschädigt.
Wichtig: Falls man Dir gekündigt hat, solltest Du immer klar sagen, dass Du weiter bei Deinem Arbeitgeber arbeiten willst, und Dich nicht sofort mit einem Aufhebungsvertrag einverstanden erklären. Das verbessert Deine Verhandlungsposition.
Kündigt der Arbeitgeber aus betriebsbedingten Gründen, hat der Arbeitnehmer unter folgenden Voraussetzungen Anspruch auf eine Abfindung (§ 1a KschG):
Das Arbeitsverhältnis muss dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) unterliegen. Das bedeutet, dass es bereits seit sechs Monaten besteht und der Betrieb mehr als zehn Mitarbeiter hat, die in Vollzeit arbeiten (§ 23 Abs. 1 KSchG). Bei kleineren Unternehmen gibt es deshalb diese Variante der Abfindung nicht.
Die Kündigung muss einen betrieblichen Grund haben. Es kann sich dabei um eine wirtschaftliche Schieflage, um eine notwendige Umstrukturierung oder andere betriebliche Ursachen handeln. Kündigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer wegen dessen Verhalten, zum Beispiel wegen einer groben Beleidigung seines Chefs, gibt es keine gesetzlich vorgesehene Abfindung.
Im Kündigungsschreiben muss der Hinweis auf die dringenden betrieblichen Erfordernisse stehen.
Im Kündigungsschreiben kann der Arbeitgeber anbieten, eine Abfindung zu zahlen, falls der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreicht (§ 1a KSchG).
Ein solcher Text in der Kündigung könnte so aussehen:
„Sie können sich gegen diese Kündigung wehren innerhalb einer Frist von drei Wochen, indem Sie eine Klage bei dem örtlich zuständigen Arbeitsgericht einreichen. Wir gehen jedoch davon aus, dass Ihr Arbeitsplatz endgültig weggefallen ist.
Sollten Sie die Klagefrist verstreichen lassen, ohne Klage bei einem Arbeitsgericht erhoben zu haben, können Sie eine Abfindung beanspruchen.
Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Nach unserer Berechnung ergibt sich damit ein Abfindungsanspruch in Höhe von xxx Euro.“
Hat der Arbeitnehmer nicht geklagt und damit das Angebot akzeptiert, kann er vom Arbeitgeber eine Abfindung in Höhe von einem halben Bruttomonatsverdienst pro Beschäftigungsjahr fordern. Auch Elternzeit, Teilzeitarbeit und Krankheitszeiten, in denen Du Krankengeld bekommen hast, zählen zu den Beschäftigungszeiten. Angebrochene Beschäftigungsjahre werden auf ein volles Jahr aufgerundet, wenn bereits mehr als sechs Monate verstrichen sind.
Zum monatlichen Einkommen vor Abzug von Steuern und Sozialabgaben werden Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Bonuszahlungen anteilig hinzugerechnet.
Beispiel: Eine Mitarbeiterin arbeitet seit zehn Jahren bei einer größeren Firma. Sie verdient 3.000 Euro brutto im Monat. Unterbreitet der Arbeitgeber bei einer betriebsbedingten Kündigung ein Abfindungsangebot, hat sie einen Anspruch auf 15.000 Euro, wenn sie nicht gegen die Kündigung klagt.
Auch das Arbeitsgericht kann eine Abfindung festsetzen (§§ 9 und 10 KSchG): wenn es feststellt, dass die Kündigung unwirksam war und wenn es dem Arbeitnehmer nicht mehr zumutbar ist, weiter bei seinem Arbeitgeber zu arbeiten.
Das kann der Fall sein, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer während des Gerichtsverfahrens so in Streit geraten, dass eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich erscheint.
Als Faustregel gilt: Die Höhe der Abfindung legen die Arbeitsgerichte zwischen einem Viertel bis zu einem halben Bruttomonatsverdienst pro Beschäftigungsjahr fest. Solche Urteile sind allerdings selten. Viel häufiger kommt es zu einem gerichtlichen Vergleich, in dem die Abfindung vereinbart wird.
Eine Abfindung ist eine besondere Zahlung des Arbeitgebers, bei der andere Abgaben anfallen als beim regulären Gehalt.
Eine Abfindung ist kein Arbeitsentgelt, sondern eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes (§ 14 SGB IV). Deshalb muss der Arbeitnehmer keine Beiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung von der Abfindung zahlen. Das macht sie finanziell interessant.
Ausnahme: Wenn Du nach Deinem Ausscheiden freiwillig gesetzlich versichert bist, dann werden auf die Abfindung Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung erhoben. Freiwillig versichert wirst Du, wenn Du nach dem Ausscheiden aus der alten Firma noch keinen neuen Job hast und Dein Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht. Mehr dazu im Ratgeber Krankenversicherung nach Abfindung.
Die Abfindung zählt zum steuerpflichtigen Einkommen. Es kann passieren, dass sich durch eine Abfindung Dein Jahresbruttoverdienst so erhöht, dass Du dadurch in die Stufe des nächsthöheren Steuersatzes rutschst. Mit Hilfe der sogenannten Fünftelregelung kannst Du allerdings Steuern sparen. Demnach wird so gerechnet, als hättest Du über fünf Jahre verteilt jeweils ein Fünftel der Abfindungszahlung erhalten. Ausführliche Informationen findest Du im Ratgeber Steuerermäßigung bei Abfindungen.
Willst Du wissen, was von der Abfindung übrigbleibt, kannst Du im Internet die Abgaben mit einem Abfindungsrechner berechnen lassen.
Wer von seinem Arbeitgeber eine Abfindung erhält und über 50 Jahre alt ist, kann die Abfindung oder einen Teil davon freiwillig in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen. Dadurch sinken die Rentenabschläge, wenn Du früher in Rente gehen willst. Dazu musst Du bei der Rentenversicherung eine Auskunft zum Ausgleich einer Rentenminderung beantragen. Dein Arbeitgeber überweist dann den gewünschten Betrag von Deiner Abfindung an die Rentenversicherung. Dadurch lassen sich auch noch Steuern sparen. Denn Einzahlungen des Arbeitgebers aus einer Abfindung können zur Hälfte steuerfrei sein (§ 3 Nr. 28 EstG). Klingt das interessant, kannst Du Dich von der Deutschen Rentenversicherung beraten lassen.
Arbeitnehmer haben trotz Abfindung den vollen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Das Geld wird nicht auf die Sozialleistung angerechnet. Einzige Ausnahme: Der Arbeitnehmer scheidet vorzeitig aus, da er sich mit dem Arbeitgeber darauf geeinigt hat, die ordentliche Kündigungsfrist nicht zu beachten. Dann ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zum Ablauf der Kündigungsfrist. Weitere Informationen findest Du in unserem Ratgeber Arbeitslosengeld und Abfindung.
Eine Abfindung kann auch gepfändet werden. Aber der Schuldner kann bei Gericht einen Antrag stellen, dass zumindest ein Teil der Abfindung ihm belassen wird (§ 850i ZPO). So konnte zum Beispiel eine Schuldnerin von 8.800 Euro Abfindung zumindest rund 2.600 Euro behalten. Diesen Betrag stellte das Gericht pfändungsfrei (AG Dortmund, Beschluss vom 19. März 2021, Az. 254 IK 39/15).
Eine passende Rechtsschutzversicherung findest Du am besten über ein Vergleichsportal. Von Mai bis Juli 2021 haben wir diese untersucht. Unsere Empfehlungen aus diesem Test sind:
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