Während die Notenbanken die Leitzinsen weiter anheben, wenn auch inzwischen in kleineren Schritten, setzen die Investoren bei den langlaufenden Kapitalmarktzinsen auf sinkende Renditen. Die Folge ist eine klar inverse Zinsstrukturkurve in den USA: Die 10-jährigen Staatsanleihen bringen nur mehr 3,4 Prozent an Zinsen, Tagesgeld rentiert dort dagegen bei über 4 Prozent.
Die Märkte erwarten einen wirtschaftlichen Abschwung
Inverse Zinskurven deuten praktisch immer auf eine kommende Rezession hin. Denn nur wenn sich die Wirtschaft deutlich abschwächt und die Inflation zurückgeht, wird die Notenbank die Leitzinsen wieder senken. Bleibt dagegen die Wirtschaft stark und der Preisdruck hoch, hat die Notenbank keinen Spielraum für eine Zinssenkung: Die Investoren würden die langen Laufzeiten wieder verkaufen; die Renditen wieder steigen. Die Zinskurve würde dann wieder „normal“ werden.
Geld, das lange gebunden ist, muss also eine höhere Rendite bringen als das mit einer kurzen Zinsbindung. Phasen mit inversen Zinskurven sind daher immer kürzere Übergangsphasen, bis wieder eine längere „normale“ Phase folgt.
Aktuell preisen die Anleihemärkte sowohl in den USA als auch im Euroraum eine kommende Rezession ein. Die Händler erwarten, dass die Notenbanken ihre Leitzinsen wieder senken müssen, nachdem sie diese zuletzt massiv angehoben haben: Die Federal Reserve hat am 1. Februar 2023 die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte angehoben, die EZB am folgenden Tag um 0,5 Prozentpunkte. Dazu kommt, dass die Inflationserwartungen auf 12 – 24 Monate ebenfalls steil nach unten zeigen.
Wie wahrscheinlich ist ein wirtschaftlicher Abschwung?
Aber kommt diese Rezession in den USA und im Euroraum überhaupt? Noch sieht es nicht so aus. In beiden Wirtschaftsräumen herrscht praktisch Vollbeschäftigung. Die Löhne sind zuletzt deutlich gestiegen, und viele Anzeichen deuten darauf hin, dass sie noch weiter steigen werden. Das schiebt den privaten Konsum an.
China hat gerade wieder aufgesperrt. Im nächsten Jahr wird es dort einen starken Nachfragesog geben – das wird die Exporte dorthin stützen. Die internationale Reisetätigkeit und der Tourismus werden auch wieder deutlich zunehmen. Allerdings gibt es auch Bereiche, in denen die gestiegenen Zinsen bereits dämpfend wirken, etwa die Baubranche. Die Immobilienmärkte haben sich weltweit abgekühlt.
Kommt es zu einer sanften Landung, dem berühmten „Softlanding“ der Wirtschaft, oder sogar zu mildem Wachstum, dann werden die Anleiheinvestoren nervös werden, und die langen Laufzeiten müssen wieder höhere Zinsen bieten. Die bereits eingepreiste Erwartung, dass die amerikanische Zentralbank schon im zweiten Halbjahr 2024 wieder die Zinsen senkt, wird dann auf den Prüfstand kommen. Sollte China mit starkem Wachstum überraschen, könnte uns ein weiterer Inflationsschock treffen, und das sogar unabhängig von der weiteren Entwicklung des Ukrainekonflikts.
Was bedeutet die Entwicklung für Anleihen und Baugeld?
Wir sehen daher weder in langlaufenden amerikanischen Staatsanleihen (Treasuries) mit 3,40 Prozent Rendite noch in Bundesanleihen mit 2,20 Prozent Rendite eine attraktive Anlage. Beide Instrumente werden auf die nächsten zehn Jahre nach Inflation wahrscheinlich keinen positiven Return erzielen. Soll das Geld in Anleihen fließen, so sind ganz kurze Laufzeiten deutlich attraktiver. Je nach Währung versprechen sie 3,0 bis 4,75 Prozent an Rendite.
Damit erhalten sich Anleger die Option – nach einer Korrektur –, entweder in den Aktienmarkt zu investieren oder in längere Bonds.
Bei den Bauzinsen gilt: Auch wenn die Zinsen in den letzten zwölf Monaten drastisch gestiegen sind, so sollte man doch die aktuelle Delle mit Bestzinssätzen um die 3,5 Prozent nutzen. Banken ermöglichen inzwischen wieder Tilgungsraten von 1 Prozent. Die monatliche Belastung hält sich also in Grenzen. Härteres Verhandeln beim Kaufpreis und eventuell der Verzicht auf einige Quadratmeter können den Kauf vielleicht doch möglich machen.
(rha)