Ökogas-Label
Das bringen Siegel für klimafreundliches Gas

Finanztip-Experte für Energie
Biogas, Klimagas, Ökogas – für Tarife mit klimafreundlichem Gas gibt es verschiedene Bezeichnungen. Sie haben eine wichtige Gemeinsamkeit: Wenn dieses Gas verbrannt wird, dann trägt das dabei entstehende Kohlendioxid (CO2) nicht dauerhaft zur Erhöhung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre bei. Die jeweiligen Maßnahmen sind aber verschieden. Label sollen Gaskunden eine Orientierung geben und garantieren, dass das Gas nach festgelegten Standards tatsächlich klimafreundlich ist. Bei diesen Labeln – oder Siegeln – gibt es aber auch Unterschiede. Wir erklären Dir, was sie genau aussagen.
Es gibt keine gesetzlichen Vorschriften, die einzuhalten sind, wenn ein Anbieter klimafreundliches Gas anbieten will. Damit ein Klimagastarif glaubwürdig wirkt, bemühen sich Gaslieferanten um ein Siegel. Bisher gibt es nur vier Prüfstellen für klimafreundliche Gastarife. Das ist zum einen der gemeinnützige Verein Grüner-Strom-Label. Zum anderen handelt es sich um die kommerziellen und voneinander unabhängigen Gesellschaften TÜV Süd, TÜV Rheinland und TÜV Nord.
Will ein Gasbieter für einen seiner Tarife ein Label erhalten, muss er zunächst eine Vergabestelle mit der Prüfung beauftragen. Von allein werden die Organisationen nicht tätig. Wenn die Prüfstelle bestätigt, dass der Tarif die Anforderungen erfüllt, erteilt sie das Label für einen bestimmten Zeitraum. Die Vergabestellen verlangen für ihre Tätigkeit von den Gasanbietern eine Gebühr.
Wenn Du einen klimafreundlichen Gastarif mit Gütesiegel buchst, darfst Du erwarten, dass er gewisse Mindeststandards erfüllt. Die genauen Kriterien halten die Prüfstellen meist in einem Kriterienkatalog fest. Nicht bei allen Siegeln ist dieser Katalog aber öffentlich zugänglich.
Tarife für klimaneutrales Gas lassen sich in drei Kategorien einteilen: Biogas, Klimagas (auch Ökogas genannt) und synthetisches Gas. Label gibt es für Bio- und Ökogastarife, aktuell aber noch nicht für Tarife mit synthetischem Gas wie Wasserstoff. Denn diese werden bisher kaum angeboten.
Bei Biogas-Tarifen wird das Gas aus Biomasse gewonnen, zum Beispiel aus Abfällen der Lebensmittelindustrie oder aus Pflanzen wie Mais. Zwar wird beim Verbrennen von diesem Biogas auch CO2 freigesetzt – allerdings nur so viel, wie die Pflanzen beim Wachstum aus der Luft aufgenommen haben. Deswegen gilt das Verbrennen von Biogas als klimaneutral.
Es gibt nur wenige Tarife, bei denen Du zu 100 Prozent Biogas erhältst. Denn mehrheitlich erzeugen die Betreiber von Biogasanlagen damit Strom. Und die Mengen, die für den Wärmemarkt bleiben, sind klein – einen größeren Anteil des Gasbedarfs für Verbrauch kann Biogas 2022 gar nicht decken. Bis Herbst 2021 war Biogas zudem deutlich teurer im Einkauf als fossiles Erdgas. Das hat sich durch die Preisexplosion am Gasmarkt geändert: Anfang 2022 kostet Biogas im Einkauf etwa so viel wie Erdgas.
Viele Lieferanten haben statt Tarifen mit 100 Prozent Biogas solche mit einem bestimmten Bio-Anteil im Angebot. Der restliche Anteil besteht aus herkömmlichem Erdgas. Biogas-Label zeigen an, wie hoch der Anteil an Biogas im Tarif mindestens ist. Außerdem definieren sie, was genau als Biogas zählt. Tarife mit dem Grüner-Gas-Label dürfen zum Beispiel kein Deponiegas verwenden. Dieses entsteht aus Materialien wie Plastik oder Gummi, die streng genommen aus organischen Stoffen bestehen.
Viele Biogas-Tarife sind nicht nur mit einem Biogas-, sondern auch mit einem Klimagas-Label ausgezeichnet. Letzteres bezieht sich dann auf den Erdgasanteil des Tarifs.
Bei Öko- oder Klimagas-Tarifen beschaffen die Anbieter herkömmliches Erdgas. Allerdings gleichen sie den CO2-Ausstoß aus, der bei der Verbrennung des Gases entsteht. Dafür investieren sie in Klimaschutzprojekte wie die Aufforstung von Wäldern, die Errichtung von Erneuerbare-Energien-Anlagen, das Erhöhen der Energieeffizienz in Wohnhäusern und Fabriken, das Umrüsten von Heizanlagen auf klimafreundliche Brennstoffe oder die Rückgewinnung von Moorflächen.
Für Kunden lässt sich jedoch schwer überprüfen, ob die Projekte wirklich die CO2-Emission ausgleichen, sowohl qualitativ als auch quantitativ. Label für Klimagastarife sollen hier Transparenz schaffen. Zunächst müssen die Klimaschutzprojekte von einer dritten Organisation zertifiziert werden. Dafür gibt es verschiedene Standards.
Standard | Zertifikat | Projekttyp |
---|---|---|
Clean Development Mechanism (CDM) | CER | Erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Brennstoffwechsel, Landwirtschaft, Forstwirtschaft |
Gold Standard | GS CES, GS VER | Erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Brennstoffwechsel, Landwirtschaft, Forstwirtschaft |
Moor Futures | Moor Futures | Landnutzung |
Plan Vivo | PVC | Forstwirtschaft, Landwirtschaft |
Verified Carbon Standard (VCS) | VCU | Erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Brennstoffwechsel, Landwirtschaft, Forstwirtschaft |
Quelle: TÜV Nord und Finanztip-Recherche (Stand: 11. Februar 2022)
Die Gasanbieter können grundsätzlich auch Emissionsrechte am ETS-Markt der Europäischen Union kaufen, sogenannte EUA (EU-Allowances), sie sind im Gegensatz zu CO2-emittierenden Industrieunternehmen, Fluggesellschaften oder Stromerzeugern aber nicht verpflichtet, am ETS-Handel teilzunehmen – die Nutzung von fossilen Brennstoffen im Wärmemarkt ist bislang nicht in den europäischen Handel eingebunden. In Deutschland gibt es aber den CO2-Preis auf Erdgas, Heizöl oder Benzin.
Darüber hinaus gibt es die in der Tabelle genannten Standards – seit Jahren am stärksten verbreitet sind der Verified Carbon Standard (VCS) und der Gold Standard. Letzterer setzt besonders hohe Vorgaben voraus. Projekte, die diesen Standard erfüllen, sparen nicht nur CO2 ein, sondern müssen gleichzeitig auch gut für die lokale Umwelt und Bevölkerung sein.
Mit einem Zertifikat über ein Klimaschutzprojekt wendet sich ein Gaslieferant an ein Unternehmen, das ein Label für Klima- oder Ökogastarife vergibt. Dieses lässt sich dann nachweisen, wie viel Klimagas an Kunden geliefert wird und prüft, ob die zertifizierten Projekte ausreichen, um die CO2-Emissionen aus der Gaslieferung zu kompensieren. Anhand des Siegels erkennst Du dabei nicht unbedingt, was für ein Klimaschutzprojekt unterstützt wird. Informationen dazu kannst Du dann bei dem jeweiligen Gasanbieter einholen.
Manche Label stellen zudem auch Anforderungen an das Versorgungsunternehmen. Das Grüne-Gas-Label erhalten zum Beispiel nur Anbieter, die nicht an Atom- oder Kohlekraftwerken beteiligt sind.
Das Grüne-Gas-Label wird vom Grüner Strom Label e.V. vergeben. Träger sind unter anderem die Umweltverbände BUND und Nabu. Tarife, die das Label erhalten wollen, müssen mindestens 10 Prozent Biogas in das Gasnetzwerk einspeisen. Als Biogas zählt kein Deponiegas, das bei der Verrottung von organischem Müll – etwa aus Kunststoff – entsteht. Außerdem dürfen Anbieter nicht an einem Atom- oder Kohlekraftwerk direkt oder über ein verbundenes Unternehmen beteiligt sein.
Bei der Vergabe des Siegels bezieht der Verein auch weitere Faktoren ein. Dazu verwendet er ein Punktesystem. Sind bestimmte Bedingungen erfüllt, gibt es dafür Punkte. Insgesamt muss der Anbieter dann eine bestimmte Punktzahl erreichen.
Punkte gibt es zum Beispiel, wenn die Rohstoffe, aus denen das Gas entsteht, aus der Region kommen und nicht weit transportiert werden müssen. Auch wenn die Betreiber der Biogasanlagen ausschließlich Ökostrom verwenden, wird dies positiv bewertet. Alle Details findest Du im Kriterienkatalog des Labels.
Auch das GreenMethane-Siegel des TÜV Süd kennzeichnet Tarife mit einen Biogas-Anteil von mindestens 10 Prozent. Allerdings ist hier auch Deponiegas erlaubt. Anbieter müssen zudem Klimaschutz und die Förderung von erneuerbaren Energien schriftlich als Ziel ihrer Unternehmenspolitik festhalten.
Trägt das Siegel den Zusatz +B,bedeutet dies, dass das Biogas nach den Vorgaben der Biokraft-Nachhaltigkeits-Verordnung produziert wurde. Die Verordnung schreibt unter anderem vor, dass das Biogas mindestens 60 Prozent weniger Treibhausgase verursacht als herkömmliches Erdgas.
Der Zusatz +EE sagt aus, dass für die Produktion des Biogases kein Strom aus fossilen Energieträgern wie Kohle verwendet wurde. Alle Details findest Du im Kriterienkatalog des Siegels.
Der TÜV Nord vergibt zwei Label. Das Siegel „Klimaneutrale Gasverbrennung“ bestätigt, dass der Anbieter CO2 kompensiert, das beim Verbrennen des Erdgases entsteht. Das Siegel „Klimaneutrales Gasprodukt“ ist strenger. Hier muss der Anbieter auch CO2 kompensieren, dass bei der Förderung, dem Transport und der Aufbereitung des Erdgases ausgestoßen wird.
Für den Ausgleich akzeptiert der TÜV Nord ausweislich seines Kriterienkatalogs Klimaschutzprojekte, die die in der Tabelle genannten Standards erfüllen. Das Unternehmen akzeptiert dabei keine Projekte, die Nuklearenergie, den Anbau von Ölpalmen oder die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid unterstützen oder aber mit einer Änderung der Nutzung von Land oder der Vernichtung von Industriegasen einhergehen (mit Ausnahme der Rückgewinnung von Mooren). Alle zertifizierten Klimaschutzprojekte dürfen maximal zehn Jahre alt sein.
Auch das Siegel „Klimaneutrales Gas“ des TÜV Rheinland kennzeichnet Tarife, die den CO2-Ausstoß ausgleichen, welcher beim Verbrennen von Erdgas entsteht. Der Ausgleich muss mit Investitionen in geprüfte Klimaschutzprojekte erfolgen. Die Datenbank des TÜV Rheinland listet im Februar 2022 fünf Gaslieferanten mit dem Siegel auf.
Dabei akzeptiert die Prüfgesellschaft Zertifikate, die im ETS-Handel (EUA) erworben oder nach dem Verified Carbon Units (VCU) oder dem Gold Standard (GS-VER) zertifiziert wurden. Will ein Gaslieferant vom TÜV Rheinland das Siegel, prüft der TÜV unter anderem, ob die Emissionsmengen richtig berechnet und wirklich Zertifikate ordnungsgemäß verwendet wurden.