Bildungsurlaub So bekommst Du zusätzliche Urlaubstage

Expertin für Recht - Dr. Britta Beate Schön
Dr. Britta Beate Schön
Finanztip-Expertin für Recht

Das Wichtigste in Kürze

  • In den meisten Bundesländern haben Arbeitnehmende Anspruch auf Bildungsurlaub: fünf Tage pro Jahr oder zehn Tage innerhalb von zwei Jahren. Nur in Bayern und Sachsen gibt es das nicht.
  • Während des Sonderurlaubs bekommst Du das Gehalt weitergezahlt. Die Kursgebühren zahlst Du in der Regel selbst.

So gehst Du vor

  • Nutze Deinen Anspruch auf Bildungsurlaub, indem Du Dir einen anerkannten Kurs oder ein Seminar aussuchst.
  • Beantrage Deine Bildungszeit rechtzeitig, etwa drei Monate vor Beginn der Veranstaltung. Dafür kannst Du unser Mus­ter­schrei­ben nutzen (zum Download).

Musterantrag Bildungsurlaub 

  • Die Kosten für eine berufliche Weiterbildung kannst Du als Werbungskosten in der Ein­kom­men­steu­er­er­klä­rung angeben.

Hast Du schon mal Bildungsurlaub genommen? Ein Sprachkurs in Spanien, ein Seminar zur Stressbewältigung oder eine Woche Yoga – die Angebote sind vielfältig. Und dafür gibt es in den meisten Bundesländern eine Woche Extraurlaub. Nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) nutzen aber nur 1 bis 2 Prozent der Beschäftigten die Bildungszeit, obwohl 77 Prozent grundsätzlich an Fortbildungen interessiert sind. Wir erklären Dir, wie Du zu Deinem Extraurlaub kommst und Dich dabei noch weiterbildest.

Wer hat Anspruch auf Bildungsurlaub?

Das Thema Bildungsurlaub ist in Deutschland Ländersache. Es gibt deshalb kein einheitliches Bundesgesetz, sondern unterschiedliche Regelungen in den Ländern. Wenn Du in Bayern oder Sachsen arbeitest, hast Du Pech. In den Freistaaten gibt es zwar mehr Feiertage als in anderen Ländern, aber weder Bildungsurlaub noch Bildungszeit und auch keine Bildungsfreistellung.

In allen anderen 14 Bundesländern haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Bildungsurlaub. Das bedeutet: Arbeitgebende stellen die Beschäftigten für eine Weiterbildungsveranstaltung von der Arbeit frei und zahlen das Gehalt weiter.

Auch Auszubildende dürfen Bildungszeit nehmen – es gibt allerdings in einigen Ländern dazu besondere Regelungen. Darin ist zum Beispiel festgelegt, dass Auszubildende Sonderurlaub nur für Veranstaltungen zur politischen Bildung nehmen können. In Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen haben Auszubildende nur Anspruch auf fünf Tage während der gesamten Ausbildung.

Beamte können in einigen Bundesländern keinen Bildungsurlaub nehmen, in anderen hingegen schon. Was gilt, findet sich in dem entsprechenden Landesgesetz.

Welches Gesetz gilt, hängt davon ab, in welchem Bundesland sich Dein Arbeitsplatz befindet. Es kommt also nicht darauf an, wo Du wohnst.

Oft erwerben Beschäftigte den Anspruch auf Bildungszeit erstmals nach zwölf Monaten oder sechs Monaten Tätigkeit beim Arbeitgeber.

Wie viele Weiterbildungstage stehen Dir zu?

Es hängt von Deinem Bundesland ab, wie viele Tage Bildungsurlaub Dir pro Jahr zustehen. In den meisten Bundesländern können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fünf Tage Bildungszeit pro Jahr nehmen, wenn sie auch an fünf Tagen in der Woche arbeiten.

Viele Bundesländer bieten an, die Urlaubstage von zwei Jahren zusammenzufassen. Dann kannst Du zehn Tage Bildungsurlaub am Stück nehmen und eine längere Fortbildung besuchen. Im Saarland sind sechs Tage pro Jahr möglich, allerdings muss der Arbeitnehmer ab dem dritten Tag die Hälfte der Tage zum Beispiel durch Überstunden ausgleichen.

Gesetzliche Grundlagen für Bildungsurlaub in den Bundesländern

Bundesland

gesetzliche Vorschrift

Dauer

Baden-Württemberg

Bildungszeitgesetz Baden-Württemberg

5 Tage pro Jahr

Bayern

keine Regelung

kein Bildungsurlaub

Berlin

Berliner Bildungszeitgesetz

10 Tage in 2 Jahren

Brandenburg

Brandenburgisches Weiterbildungsgesetz

10 Tage in 2 Jahren

Bremen

Bremisches Bildungszeitgesetz

10 Tage in 2 Jahren

Hamburg

Hamburgisches Bildungsurlaubsgesetz

10 Tage in 2 Jahren

Hessen

Hessisches Bildungsurlaubsgesetz

5 Tage pro Jahr

Mecklenburg-Vorpommern

Bildungsfreistellungsgesetz M-V

5 Tage pro Jahr

Niedersachsen

Niedersächsisches Bildungsurlaubsgesetz

5 Tage pro Jahr

Nordrhein-Westfalen

Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz NRW

10 Tage in 2 Jahren

Rheinland-Pfalz

Bildungsfreistellungsgesetz

10 Tage in 2 Jahren

Saarland

Saarländisches Bildungsfreistellungsgesetz

6 Tage pro Jahr (ab dem 3. Tag die Hälfte Eigenanteil)

Sachsen

keine gesetzliche Regelung

kein Bildungsurlaub

Sachsen-Anhalt

Bildungsfreistellungsgesetz

10 Tage in 2 Jahren

Schleswig-Holstein

Weiterbildungsgesetz Schleswig-Holstein

10 Tage in 2 Jahren

Thüringen

Thüringer Bildungsfreistellungsgesetz

5 Tage pro Jahr

Quelle: Finanztip-Recherche (Stand: September 2023)

Bildungsurlaub ins nächste Jahr übertragen

Hast Du in einem Jahr keinen Bildungsurlaub genommen, kannst Du in vielen Bundesländern Deine Bildungszeit ins neue Jahr mitnehmen. Dazu schreibst Du bis zum 31. Dezember an die Personalabteilung, dass Du Deine Bildungstage auf das kommende Jahr übertragen möchtest. Ablehnen darf der Arbeitgeber nicht, sofern in Deinem Bundesland eine Übertragung möglich ist. Du kannst unser Muster verwenden, um Deine Bildungsurlaubstage zu übertragen.

Mus­ter­schrei­ben Bildungsurlaubstage

Hier kannst Du Dir unser Musterschreiben für die Übertragung von Bil­dungs­ur­laubs­ta­gen herunterladen:

Zum Download

Du kannst auch Resttage in das neue Jahr übertragen, falls Du zum Beispiel nur drei der fünf Tage genutzt hast. So stehen Dir dann im nächsten Jahr sieben Tage zur Verfügung. Aber Du kannst in der Regel Deine Bildungszeit immer nur einmal übertragen lassen, damit Du Bildungsurlaub nicht über mehrere Jahre ansammelst.

In Baden-Württemberg können Beschäftigte den verbleibenden Anspruch nicht auf das folgende Kalenderjahr übertragen (§ 3 Abs. 5 BzG BW).

Was fällt alles unter Bildungsurlaub?

Es gibt viele unterschiedliche Kurse und Angebote, die Du für Deine Weiterbildung buchen kannst. Lass Dich überraschen, was Du alles machen kannst. Die Bildungszeit muss einem beruflichen oder politischen Zweck dienen. Bei einigen Angeboten ist das völlig eindeutig, bei anderen lässt sich darüber streiten.

Nach der Rechtsprechung des Bundes­arbeits­gerichts dienen Veranstaltungen dann der beruflichen Weiterbildung, wenn sie Kenntnisse für den ausgeübten Beruf vermitteln oder jedenfalls Kenntnisse, die im erlernten oder ausgeübten Beruf verwendet werden können.

Der Anspruch besteht nicht nur für rein fachliche Veranstaltungen, sondern auch für solche, die einen mittelbaren Bezug zur Arbeit haben, zum Beispiel Rhetorik- oder Stressbewältigungskurse. Zur Stressbewältigung eignet sich auch ein Yogakurs (LAG Berlin, 11.05.2019, Az. 10 Sa 2076/18).

In Niedersachsen können Arbeitnehmer auch Veranstaltungen als Bildungsurlaub beantragen, die der allgemeinen kulturellen Bildung dienen. Danach können sie zum Beispiel auch Schwedisch lernen, ohne dass sie in ihrem Job einen Bezug zu Schweden haben (vgl. BAG, 15.03.2005, Az. 9 AZR 104/04).

In den meisten Ländern existieren eigene Bildungsdatenbanken oder Listen anerkannter Seminare, zum Beispiel in Berlin oder Hamburg. Dort finden sich mehr als 3.000 in Hamburg anerkannte Kurse und Veranstaltungen. Darunter sind Buchhaltungskurse, Sprachkurse zu fast allen Sprachen und Levels, aber auch Digitalfotografie im Beruf oder professionelle Videos in Dreh, Schnitt und Ton. Typische Anbieter sind zum Beispiel Volkshochschulen (VHS), Gewerkschaften, Industrie- und Handelskammern, aber auch zahlreiche Einrichtungen zur Erwachsenenbildung.

Eine Auswahl an Seminaren findest Du auch auf Websites wie bildungsurlauber.de, bildungsurlaub.de oder kursfinder.de.

Grob einteilen lassen sich die Angebote nach diesen Themen:

  • Gesundheit, Erholung und Stressbewältigung
  • Sprachkurse und Sprachreisen
  • Kaufmännisches, Recht und Finanzen
  • EDV-Kurse
  • Führungskräfteschulungen
  • Rhetorik, Kommunikation, Social Media
  • Natur, Ökologie und Umwelt
  • Kreativität (Musik, Fotografie, Malen)
  • Politik und Gesellschaft

Wenn Du Dich ehrenamtlich engagieren willst, kannst Du einen Kurs zur Qualifizierung besuchen und Dich unter Umständen von Deinem Arbeitgeber dafür freistellen lassen. Darunter fällt zum Beispiel eine Ausbildung zum Übungsleiter im Breitensport, aber auch Weiterbildungen im Katastrophenschutz sowie Tätigkeiten in der Flüchtlingshilfe.

Unser Podcast zum Thema

Wie beantragst Du Bildungsurlaub?

Damit es mit Deinem Bildungsurlaub auch klappt, musst Du ihn richtig beantragen. Oft musst Du den Antrag mit allen Unterlagen so früh wie möglich einreichen. In den Ländergesetzen finden sich unterschiedliche Fristen, bis wann Du spätestens alles abgegeben haben musst. Üblich sind Fristen von sechs Wochen vor der Veranstaltung, in Baden-Württemberg sind es neun Wochen vor Kursbeginn.

Lege Deinem Arbeitgeber die Anmeldebestätigung des Veranstalters vor und schicke auch den groben Ablaufplan der Weiterbildungsmaßnahme mit. Zudem reichst Du die Bestätigung ein, dass die Veranstaltung grundsätzlich als Bildungsurlaub nach den gesetzlichen Vorgaben anerkannt ist.

Eine bestimmte Form ist nicht vorgeschrieben. Du kannst den Antrag per E-Mail an die Personalabteilung oder Deine Führungskraft schicken. Für Dein Schreiben kannst Du unseren Musterantrag Bildungsurlaub verwenden.

Mus­ter­schrei­ben Bildungsurlaub

Hier kannst Du Dir unser Musterschreiben für den Antrag auf Bildungsurlaub herunterladen:

Zum Download

Darf der Arbeitgeber Bildungsurlaub ablehnen?

Nicht alle Arbeitgebende sind erfreut, wenn ihre Beschäftigten Bildungsurlaub einreichen. Aber ablehnen dürfen sie nur, wenn dringende betriebliche Belange oder Urlaubsansprüche der Kolleginnen und Kollegen dagegensprechen.

Arbeitest Du in einem sehr kleinen Unternehmen, kann es sein, dass Du weniger Tage Bildungsurlaub nehmen kannst. Wie das in Deinem Bundesland geregelt ist, findest Du im entsprechenden Bildungsurlaubsgesetz, siehe dazu die Tabelle weiter oben.

Dein Arbeitgeber darf Deinen Antrag auch ablehnen, wenn er der Meinung ist, dass die Veranstaltung weder beruflichen noch politischen Zwecken dient. Zu dieser Frage gibt es immer wieder auch Klagen vor den Arbeitsgerichten. Dann wird geklärt, ob die Veranstaltung den Zielen des jeweiligen Weiterbildungsgesetzes entspricht. Besonders viel Ärger gibt es bei Sprachkursen oder Reisen, die aus Sicht des Arbeitgebers den Fokus mehr auf Urlaub als auf Bildung legen. Eine kleine Auswahl von Urteilen zum Bildungsurlaub haben wir für Dich in der folgenden Tabelle zusammengestellt.

Interessante Urteile zum Bildungsurlaub

Gericht, Aktenzeichen

Kursbezeichnung

abgelehnt oder anerkannt?

VG Düsseldorf,
27.05.2021, Az. 2 K 8915/19

 

„Rückenfit - mach mit oder die Stärkung des inneren und äußeren Rückgrats“abgelehnt

LAG Berlin-Brandenburg, 11.4.2019,

Az. 10 Sa 2076/18

„Yoga I – erfolgreich und entspannt im Beruf mit Yoga und Meditation“

anerkannt

LAG Baden-Württemberg, 9.8.2017, Az. 2 Sa 4/17

„Arbeitnehmer(innen) in Betrieb, Wirtschaft und Gesellschaft“

anerkannt

VG Karlsruhe, 24.9.2018, Az. 1 K 4029/16„Wanderungen im Siebengebirge – Natur- und Kulturlandschaft zwischen Schutz und Nutzung“anerkannt

BAG, 18.11.2008,

Az. 9 AZR 815/07

„Spanisch für Anfänger I und II“ für einen Flugbegleiter

anerkannt als berufliche Weiterbildung

BAG, 16.5.2000,

Az. 9 AZR 241/99

Seminar in Kuba „Zur aktuellen politischen und sozialen Situation auf Kuba“

abgeleht

Quelle: Finanztip-Recherche (Stand: September 2023)

Dein Arbeitgeber darf sich nicht besonders viel Zeit lassen, um Deinen Antrag zu prüfen. Meist muss er spätestens vier Wochen vor Beginn der Bildungsveranstaltung schriftlich reagieren. Eine Ablehnung des Antrags muss er begründen.

Bekommst Du keine Reaktion innerhalb der genannten Frist, kannst Du an der Veranstaltung teilnehmen. Sie gilt dann als genehmigt.

Wer trägt die Kosten für den Bildungsurlaub?

Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen die Beschäftigten während des Bildungsurlaubs freistellen und das Gehalt weiterzahlen.

Die Kosten für den Kurs musst Du allerdings selbst zahlen. Einige Arbeitgebende übernehmen sogar die Kursgebühren oder zahlen einen Zuschuss. Das ist nicht nur eine Maßnahme der Mitarbeiterbindung. Auch das Prinzip des lebenslangen Lernens wird dadurch unterstützt.

Wichtig: Hast Du Dir einen Kurs ausgesucht, der einen engen Zusammenhang zu Deiner beruflichen Tätigkeit hat, kannst Du die Kosten in voller Höhe als Werbungskosten bei der Ein­kom­men­steu­er­er­klä­rung angeben. Aufwendungen für einen Spanisch-Sprachkurs in Mexiko können durchaus abzugsfähige Werbungskosten sein (FG Rheinland-Pfalz, 23.11.2009, Az. 2 K 1025/08). Mehr dazu erklären wir im Ratgeber zu Werbungskosten.

Bildungsprämie von bis zu 500 Euro

Arbeitest Du in Nordrhein-Westfalen, kannst Du eventuell einen individuellen Bildungsscheck bekommen. Das Bundesland bietet eine finanzielle Unterstützung für die Ausgaben einer beruflichen Weiterbildung. Die Höhe der Förderung beträgt 50 Prozent der Gesamtausgaben der Weiterbildungsmaßnahme, höchstens 500 Euro je Bildungsscheck. Weitere Infos dazu findest Du auf der Website des Ministeriums.

Mit der Bildungsprämie unterstützte das Bundesministerium für Bildung und Forschung Erwerbstätige, die ein Bildungsurlaub-Seminar besuchen wollten. Kernpunkt des Programms war die Förderung von Weiterbildungsveranstaltungen mit 50 Prozent der Kosten – maximal 500 Euro jährlich. Dieses Programm ist zum 31. Dezember 2021 ausgelaufen. Ein Nachfolgeprogramm ist derzeit nicht geplant.

Die Bundesagentur für Arbeit bietet auch für Beschäftigte einen Bildungsgutschein an. Den gibt es unter besonderen Voraussetzungen. Mit dem Weiterbildungslotsen kannst Du schnell herausfinden, ob Deine Weiterbildung gefördert wird, zum Beispiel weil Dein Job durch Strukturwandel, Digitalisierung oder Automatisierung wegfallen soll oder Du Dich weiterbilden willst in einem Beruf, in dem Fachkräftemangel besteht.

Zuschuss von Deiner Kran­ken­kas­se

Eventuell kannst Du Dir einen Teil der Kosten für den Bildungsurlaub von Deiner Kran­ken­kas­se erstatten lassen, falls Du gesetzlich versichert bist. Je nach Kran­ken­kas­se gibt es bis zu 75 Euro für einen Bildungsurlaub. Du benötigst dafür kein Rezept, keine Verordnung und auch keine Erlaubnis durch Deine Kran­ken­kas­se. Gefördert werden Gesundheitskurse zur Ernährung, Stressbewältigung und Entspannung. Informiere Dich direkt auf der Website Deiner Kran­ken­kas­se.

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