Schonvermögen beim Elternunterhalt Dieses Vermögen bleibt unangetastet
Finanztip-Expertin für Recht
Das Wichtigste in Kürze
So gehst Du vor
Ein Platz in einem Pflegeheim ist teuer. Doch es kann schneller gehen als man denkt, dass der eigene Vater oder die Mutter nicht mehr allein zuhause leben kann. Die wenigsten Pflegebedürftigen können sich das Pflegeheim allein mit ihrer Rente leisten. Und irgendwann sind auch Rücklagen und Ersparnisse aufgebraucht. In diesem Fall übernimmt der Staat die Kosten mit der Hilfe zur Pflege. Was bedeutet das finanziell für Dich als Sohn oder Tochter? Wir erklären Dir, wann Du Elternunterhalt zahlen musst, ob es Freibeträge gibt und was es mit dem Schonvermögen auf sich hat.
Bis Ende 2019 war das Thema Schonvermögen beim Elternunterhalt sehr wichtig. Denn viele erwachsene Kinder mussten für die Pflege der Eltern zahlen. Dazu mussten sie sogar ihr eigenes Vermögen antasten.
Es gab keine pauschalen Vermögensfreibeträge im Gesetz. Vor diesem Hintergrund mussten die Gerichte in vielen Einzelfällen zum Elternunterhalt entscheiden, welches Vermögen vor dem Zugriff des Staats als Schonvermögen geschützt ist.
Seit 2020 gilt das Angehörigenentlastungsgesetz. Seitdem müssen sich nur noch erwachsene Kinder ab einem Brutto-Jahreseinkommen von über 100.000 Euro an den Pflegekosten beteiligen (§ 94 Abs. 1a SGB 12). Rund 90 Prozent der Kinder von pflegebedürftigen Eltern wurden laut Bundesarbeitsministerium damit finanziell entlastet: Sie müssen keinen Elternunterhalt zahlen, auch ihre Ersparnisse sind nicht in Gefahr.
Das Thema Schonvermögen betrifft Dich als erwachsenes Kind von pflegebedürftigen Eltern also nur unter drei Voraussetzungen:
Erst dann stellt sich die Frage, ob das Sozialamt von Dir verlangen kann, dass Du den Elternunterhalt aus Deinem Vermögen bezahlst, weil Deine hohen Einkünfte dazu nicht ausreichen.
Der Begriff Schonvermögen kommt aus dem Sozialrecht. Er wird aber auch im Unterhaltsrecht verwendet. Wenn etwas als Schonvermögen eingeordnet wird, dann musst Du diesen Anteil Deines Vermögens nicht für Unterhaltszahlungen verwenden. Der Staat verlangt nicht, dass Du es für die Zahlung von Elternunterhalt antastest – es wird geschont. Unter Vermögen kann man jedoch vieles verstehen. Wir haben Dir deshalb aufgelistet, was dazu gehört und in welchem Umfang.
Am besten geschützt ist das Vermögen, das Du in ein selbst genutztes Eigenheim oder eine selbst bewohnte Eigentumswohnung investiert hast (BGH, 07.08.2013, Az. XII ZB 269/12). Bei der Vermögensbewertung für den Elternunterhalt bleibt die Immobilie aber nicht völlig unberücksichtigt. Das würde zu einer Besserstellung von Immobilienvermögen führen. Wohnst Du in der eigenen Immobilie, werden die ersparten Mietkosten als zusätzliches Einkommen gewertet. Dabei ist nicht die maximal erzielbare Marktmiete bei Neuvermietung anzusetzen, sondern eine angemessene (BGH, 17.10.2012, Az. XII ZR 17/11). Darüber lässt sich streiten, im Zweifel holt das Gericht ein Sachverständigengutachten ein.
Wichtig: Das passiert allerdings erst, wenn Du die Jahreseinkommensgrenze von 100.000 Euro überschritten hast. Bei der Berechnung, ob Du die 100.000 Euro überschreitest, werden die ersparten Mietkosten nicht zum Gesamteinkommen hinzugezählt (§ 16 SGB IV).
Ist Deine Immobilie noch nicht abgezahlt, kannst Du Zins- und Tilgungsleistungen von den ersparten Mietkosten abziehen, obwohl sie eigentlich der Vermögensbildung dienen. Wer in einer noch nicht abgezahlten Immobilie wohnt, muss sich deshalb viel weniger als die ersparten Mietkosten anrechnen lassen.
Du kannst außerdem Rücklagen für Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten an einer selbst genutzten Immobilie bilden. Voraussetzung ist: Die Rücklagen sind sinnvoll und angemessen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte in einem Fall einen Betrag von rund 160.000 Euro an Rücklagen für den Elternunterhalt nicht berücksichtigt (21.06.2012, Az. II-9 UF 190/11).
Hast Du Geld auf einem Tages- oder Festgeldkonto für ein neues Auto zurückgelegt, musst Du diese Rücklagen nicht für den Elternunterhalt antasten. Dazu musst Du aber regelmäßig mit dem Auto zu Arbeit fahren. Das zuständige Sozialamt kann Dich nicht zwingen, einen Kredit für einen neuen Wagen aufzunehmen, weil das unwirtschaftlich wäre (BGH, 30.08.2006, Az. XII ZR 98/04).
Die Rechtsprechung gestattet es Dir, zur eigenen Alterssicherung Beträge zurückzulegen. Das können Beiträge zu einer Lebensversicherung, eine Riester-Rente, Wertpapiere oder börsennotierte Indexfonds (ETFs) sein.
Für angemessen hält der Bundesgerichtshof (BGH) ein Altersvorsorgevermögen, das 5 Prozent des gegenwärtigen Bruttoeinkommens entspricht, das sich mit jährlich 4 Prozent für jedes Deiner Berufsjahre verzinst (07.08.2013, Az. XII ZB 269/12).
Den Freibetrag für das Altersvorsorgevermögen kannst Du so berechnen (BGH, 30.08.2006, Az. XII ZR 98/04):
5 Prozent vom Jahresbruttoeinkommen x Anzahl der bereits geleisteten Berufsjahre
Diesen Eurobetrag für die zusätzliche Altersvorsorge verzinst Du mit 4 Prozent pro Jahr. So erhältst Du Deinen individuellen Freibetrag, der für Dich bis zum Renteneintritt gilt.
Jahresbruttoeinkommen | davon 5 % | geleistete Berufsjahre | Verzinsung | Freibetrag |
---|---|---|---|---|
110.000 € | 5.500 € | 10 | 4 % | 68.675 € |
120.000 € | 6.000 € | 12 | 4 % | 93.761 € |
Quelle: Finanztip-Berechnung (Stand: Oktober 2023)
Wie Du Dein Altersvorsorgevermögen anlegst, spielt keine Rolle. Die Anlage auf einem einfachen Sparkonto gilt bereits als Altersvorsorge (OLG Düsseldorf, 21.06.2012, Az. II-9 UF 190/11). Davon rät Finanztip allerdings ab. Es gibt bessere Alternativen. Mehr dazu im Ratgeber zur Altersvorsorge.
Übersteigt Dein tatsächliches Altersvorsorgevermögen den Freibetrag, musst Du aus dem darüber hinausgehenden Teil Elternunterhalt zahlen.