Kapitallebensversicherung Versicherungen zum Sparen bringen wenig und kosten viel
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Lebens- und Rentenversicherungen sind noch immer die Standardprodukte der privaten Altersvorsorge in Deutschland. Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) wurden im Jahr 2021 noch knapp 2,9 Millionen kapitalbildende Verträge neu abgeschlossen. Neben 1,5 Millionen Mischverträgen waren davon rund 600.000 fondsgebundene Lebens- oder Rentenversicherungen und immerhin auch noch etwa 700.000 klassische Verträge. Berater präsentieren diese gerne als langfristige und sichere Lösungen für die Altersvorsorge. Dabei steht die Lebensversicherung laufend in der Kritik.
Regelmäßig bemängeln Verbraucherschützer wie der Bund der Versicherten (BdV) oder die Verbraucherzentralen, dass die Beteiligung der Versicherten an den Gewinnen, die die Lebensversicherer erwirtschaften, nicht transparent sei. Die Versicherungswirtschaft dementiert diese Vorwürfe und wirft der Gegenseite Falschaussagen vor.
Fakt ist aber, dass aufgrund der seit Jahren niedrigen Zinsen Lebensversicherungen immer unrentabler werden. Die Zahlen sprechen also gegen den Neuabschluss einer Renten- oder Lebensversicherung. Und das hat auch Konsequenzen: Mehr als jeder vierte Versicherte möchte oder kann kein Geld mehr in den Vertrag einzahlen und hat seine Lebensversicherung laut Map-Report des Analysehauses Franke und Bornberg deshalb beitragsfrei gestellt.
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Klassische Lebens- und Rentenversicherungen sind eigentlich langfristige Sparprodukte, die meistens der Altersvorsorge dienen. Die Lebensversicherung beinhaltet immer auch einen Todesfallschutz – die Familie bekommt also Geld, sollte der Versicherte vor Ablauf sterben. Bei der Rentenversicherung kann dieser Schutz zusätzlich abgeschlossen werden. Während eine Lebensversicherung das Geld bei Ablauf auf einen Schlag ausbezahlt, gibt es das Geld bei einer Rentenversicherung typischerweise als lebenslange Rente.
Es gibt noch weitere Formen der Lebensversicherung, wie sogenannte fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherungen, bei denen das Geld ganz oder teilweise in Investmentfonds angelegt wird. Wir raten von den meisten Produkten dieser Art aufgrund der hohen Kosten ab. Eine neuere Variante sind Indexpolicen.
Auch Berufsunfähigkeits- und Risikolebensversicherungen zählen im weiteren Sinn zu den Lebensversicherungen. Bei diesen handelt es sich aber um sinnvolle Versicherungsprodukte, die wir grundsätzlich empfehlen.
Ein Verkaufsargument der Versicherungswirtschaft ist die Sicherheit der klassischen Lebens- und Rentenversicherungen. Jede Lebens- oder Rentenversicherung hat ab Vertragsabschluss einen Garantiezins, der bis zum Vertragsende unverändert bestehen bleibt. Damit garantiert die Versicherung beim Abschluss also einen Wert, den das Guthaben erreichen soll. Der Garantiezins, der eigentlich Höchstrechnungszins heißt, wird von der Politik festgelegt. Seit 2022 beträgt er nur noch 0,25 Prozent. Im April 2024 hat das Bundesfinanzministerium angekündigt, dass er zum Jahresbeginn 2025 auf 1 Prozent steigen soll. Allerdings ist das noch immer ein niedriges Niveau, wie unsere Grafik der Entwicklung des Garantiezinses zeigt. Und im Vergleich zu den aktuellen Zinssätzen für Tages- und Festgeld ist der Wert ebenfalls sehr gering.
Ein weiterer Nachteil dieser Garantieverzinsung ist, dass sie nicht für den gesamten Beitrag gilt, den eine Kundin bezahlt. Stattdessen verzinst der Versicherer nur den Sparanteil mit dem Garantiezins. Der Sparanteil ist der übrig gebliebene Anteil, nachdem vom gesamten Beitrag die Abschlussprovision sowie Kosten für Verwaltung und Todesfallleistung abgezogen worden sind.
Allein die Abschlussprovision betrug in den vergangenen Jahren bei einem 30 Jahre laufenden Vertrag mit 100 Euro Monatsbeitrag durchschnittlich 1.440 Euro, verteilt auf fünf Jahre. Auf Druck des Gesetzgebers mussten die Versicherer die Abschlusskosten bereits senken. In den ersten fünf Jahren dürfen sie maximal 2,5 Prozent der Gesamtsumme aller Beiträge über die Laufzeit als Kosten abziehen. Dennoch betrug 2015 die Abschlusskostenquote von Lebens- und Rentenversicherungen im Schnitt noch 4,9 Prozent. Zusätzlich fallen für die Verwaltung des Vertrags weitere Kosten an. Im Durchschnitt lagen diese in den vergangenen Jahren laut Map-Report des Analysehauses Franke und Bornberg bei etwa 2 Prozent pro Jahr. Dabei schwankt dieser Wert erheblich: Einige Unternehmen verlangen 0,8 Prozent, andere über 10 Prozent.
Was bleibt nach diesen Kosten effektiv an garantierter Rendite übrig? Zum besseren Vergleich schauen wir auf Zahlen von 2019. Damals lag der Höchstrechnungszins bei 0,9 Prozent - also auf einem vergleichbaren Niveau wie ab 2025. Die Ratingagentur Assekurata hat für 30 Lebensversicherer ausgerechnet, welche effektive Beitragsrendite sich bei neuen Verträgen nach Kosten ergab: Von versprochenen 0,9 Prozent pro Jahr bleiben damals im Durchschnitt bei klassischen Rentenversicherungen schon nur 0,14 Prozent übrig. Je nach Vertrag schlagen die Kosten noch deutlicher zu Buche. In der Untersuchung von Assekurata war die Beitragsrendite bei einigen Versicherern sogar negativ. Bei diesen Verträgen ist also nicht einmal der eingezahlte Beitrag garantiert – anders als bei Riester-Verträgen. Die Garantieverzinsung, oftmals eines der wichtigsten Argumente für die Lebensversicherung, fällt also effektiv sehr mager aus.
Durch die Absenkung des Höchstrechnungszinses auf 0,25 Prozent im Jahr 2022 verschlechterte sich das Verhältnis zwischen Kosten und Wertentwicklung klassicher Verträge noch weiter. Die angekündigte Anhebung hilft aber nicht nur den zukünftigen Käufern der Produkte. Auch die Anbieter profitieren. Denn beim aktuell niedrigen Garantiezins lassen sich neue Verträge nur schlecht verkaufen.
Punkten können einzig noch geförderte Altersvorsorgeverträge wie zum Beispiel die Riester-Rente oder eine betriebliche Altersvorsorge. Beide allerdings nur unter der Voraussetzung, dass Dein Vertrag geringe Kosten hat und Du besonders hohe Zuschüsse vom Staat oder Deinem Arbeitgeber bekommst. Denn die Förderung ist ausschlaggebend dafür, dass sich Dein Vertrag gut entwickelt.
Die Garantieverzinsung bestimmt, was der Lebensversicherer seinen Kunden mindestens auszahlen muss. Das alleine macht aber noch nicht die Rendite des Vertrages aus. Zusätzlich beteiligt das Unternehmen jeden Versicherten an den laufenden Gewinnen, die durch die Investments und Anlagen der Versicherung entstehen. Das nennt man Überschussbeteiligung. Garantiezins und Überschussbeteiligung zusammen ergeben die laufende Verzinsung des Sparanteils. Sie war jahrelang rückläufig, mit dem generellen Zinsanstieg drehte aber auch die Entwicklung der laufenden Verzinsung langsam wieder ins Positive.
Die Versicherer setzen die Überschussbeteiligung jedes Jahr neu fest. Laufende Überschüsse aus den vergangenen Jahren sind dabei grundsätzlich fest zugesagt und können nicht mehr gestrichen werden. Theoretisch kann der Lebensversicherer in bestimmten Jahren gar keine Überschüsse zuteilen und nur den Garantiezins zahlen.
Am Ende des Vertrags gibt es außerdem noch den Schlussüberschuss und eine Beteiligung an den Bewertungsreserven des Unternehmens. Der Schlussüberschuss trägt durchschnittlich 20 Prozent zur gesamten Rendite von Lebens- und Rentenversicherungen bei. Er ist jedoch nicht garantiert, sondern von der Situation des Unternehmens am Ende des Vertrags abhängig. Die Ratingagentur Assekurata hat für verschiedene Musterverträge in einer Hochrechnung die Gesamtverzinsung der Verträge errechnet – samt Schlussüberschuss. Demnach betrug die Gesamtverzinsung einer klassischen Lebensversicherung oder Rentenversicherung gut 3 Prozent im Jahr 2019.
Die Kosten der Versicherungen drücken die Rendite allerdings deutlich. Gäbe es keinen Abzug für Verwaltung und Abschluss, fiele die Gesamtverzinsung im Durchschnitt um 0,76 Prozentpunkte höher aus.
Das Hauptproblem für alle neuen Lebensversicherungskunden ist aber, dass die Versicherer viel Geld für die bereits bestehenden Altverträge mit hohen Garantieverzinsungen ausgeben müssen, also zum Beispiel aus den Jahren 1994 bis 1999. Damals haben die Versicherer noch 4 Prozent pro Jahr garantiert. Und diese Garantie müssen sie heute noch erfüllen – zu Lasten der Versicherten mit niedrigeren Garantien.
Assekurata hat ermittelt, dass die Anbieter 2018 für alle Verträge zusammengenommen eine durchschnittliche Garantieverzinsung von 2,75 Prozent aufbringen mussten – das ist viel mehr als die garantierten 0,9 Prozent, die Neukunden versprochen wurden. Knapp die Hälfte aller Verträge hat einen Garantiezins von mindestens 3 Prozent.
Damit die Lebensversicherungen auch in Zukunft ihre Garantien erfüllen können, hat ihnen der Gesetzgeber die sogenannte Zinszusatzreserve auferlegt. Die Versicherer müssen diese Rücklage bilden, weil sie auch in den kommenden Jahren die hohen versprochenen Zinsen aus dem laufenden Geschäft wahrscheinlich nicht finanzieren können. Seit 2011 haben die Versicherer etwa 80 Milliarden Euro in dieser Reserve zurückgelegt.
Dieses Geld brauchen sie vor allem, um die hoch verzinsten Altverträge bedienen zu können. Seit 2020 müssen alle Verträge mit einem Garantiezins von 1,73 Prozent oder höher aus dem Topf bezuschusst werden. Das schmälert die Aussichten für die Überschussbeteiligung für Neuverträge. Denn das Geld, das der Versicherer erwirtschaftet, fließt erstmal in die Zinszusatzreserve.
Doch all diese Aspekte beziehen sich nur auf das Guthaben, das am Ende Deinen Vertragswert ausmacht. Wenn Du Dich für eine monatliche Rente entscheidest, spielt auch der Rentenfaktor eine entscheidende Rolle. Er gibt an, wie viel Dir der Versicherer aus Deinem Vertrag auch wirklich auszahlt.
Seit Jahren sinkt der Rentenfaktor für neue Verträge ebenfalls. Das macht Lebens- und Rentenversicherungen im Vergleich zu früher noch unattraktiver. Hinzu kommt, dass einige Anbieter den Rentenfaktor auch bei bestehenden Verträgen gesenkt haben, teilweise unrechtmäßig. Was Du dagegen tun kannst, liest Du in unserem Ratgeber zum Rentenfaktor.
Die Lebensversicherung steckt in vielen Verträgen, die oft für die Altersvorsorge abgeschlossen werden.
Direktversicherung oder Pensionskasse - Dies sind Formen der betrieblichen Altersvorsorge, hinter denen sich vor allem eine klassische Rentenversicherung verbergen kann. Eine Direktversicherung ist vor allem bei kleinen Unternehmen gängig. Die betriebliche Altersvorsorge ist durch die Pflicht zur Förderung durch den Arbeitgeber attraktiver geworden. Trotzdem solltest Du genau prüfen, ob sich die Anlage in einer Rentenversicherung lohnt – und gegebenenfalls bei Deinem Chef nach einer Alternative fragen.
Riester-Rentenversicherung - Sehr viele Riester-Verträge sind ebenfalls Rentenversicherungen, mit der dazugehörigen Förderung. Gerade hier fressen die Versicherungskosten einen großen Teil der Förderung wieder auf, was sich in einer niedrigeren durchschnittlichen Verzinsung niederschlägt als oben beschrieben. Aber wenn Du auf niedrige Kosten achtest und von hohen staatlichen Zulagen profitierst, z.B. als Erziehender mit mehreren Kindern, kann sich ein Riester-Vertrag auch heute noch für Dich lohnen, z.B. ein Riester-Fondssparplan.
Rürup-Rente - Die Rürup-Rente, auch Basisrente genannt, ist grundsätzlich für Selbstständige gedacht, als Ergänzung zur gesetzlichen Rente oder zu Ansprüchen aus einem Versorgungswerk. Sie ist grundsätzlich eine sehr rigide und unflexible Form der Altersvorsorge, deren Abschluss mit Vorsicht zu genießen ist und die nur bei bestimmten steuerlichen Konstellationen sinnvoll ist. Den Neuabschluss einer klassischen Rentenversicherung empfehlen wir allerdings auch hierbei nicht.
Rente gegen Einmalbetrag (Sofortrente) - Dabei handelt es sich um eine spezielle Rentenversicherung, in die Du einen (hohen) einmaligen Betrag einbezahlst, der dann sofort in eine lebenslange Rente umgewandelt wird. Ein solcher Vertrag kann sinnvoll sein, wenn Du darauf hoffst, sehr alt zu werden und Dich dagegen absichern willst, dass Dir im hohen Alter das Geld ausgeht. Wie bei allen lebenslangen Renten lohnt sich diese Versicherung nur, wenn Du deutlich älter wirst als der Durchschnitt. Auch hier solltest Du besonders genau auf die Kosten achten. Oft ist ein Depot mit Auszahlplan die günstigere und bessere Alternative.
Kündige Deinen bestehenden Vertrag nicht vorschnell. Unsere kritische Sicht auf Lebens- und Rentenversicherungen bezieht sich auf neue Verträge. Für einen bestehenden Vertrag gelten andere Regeln:
Prüf in Ruhe, ob der Vertrag zu Dir passt und sich für Dich rechnet. Viele alte Verträge haben hohe Garantiezinsen und sind heute eine sehr gute Geldanlage.
Wenn die Beiträge zu hoch sind, kannst Du diese reduzieren oder den Vertrag ganz beitragsfrei stellen. Prüfe aber, ob eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung am Vertrag hängt und dadurch in Gefahr geraten könnte.
Bevor Du kündigst, solltest Du immer versuchen, Deine Lebensversicherung zu verkaufen. Du hast damit die Chance, einen höheren Wert zu erzielen als durch das Kündigen. Außerdem kannst Du eine Beleihung in Erwägung ziehen.
Eine Kündigung kommt vor allem infrage, wenn der Vertrag erst wenige Monate oder Jahre alt ist und Du Dich über den Abschluss ärgerst, zum Beispiel, weil ein Vermittler Dich dazu gedrängt hat. Denn dann kannst Du durch Kündigen immerhin einen Teil der Abschlussprovision vermeiden, da diese meist über die ersten fünf Jahre verteilt wird. Anders gesagt: In den ersten fünf Jahren sind die Kosten bei einer Lebens- oder Rentenversicherung besonders hoch.
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