Scheidungskosten absetzen Ausgaben für Anwalt und Gericht sind selten absetzbar
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So gehst Du vor
2023 sank die Zahl der Scheidungen nach Angaben des Statistischen Bundesamts mit rund 129.000 zwar auf die niedrigsten Wert seit 1990, doch noch immer scheitert jede dritte Ehe in Deutschland. Eine Scheidung kann mit hohen Kosten verbunden sein. Anwalts- und Gerichtskosten können schnell in die Tausende gehen. Kein Wunder, dass Steuerpflichtige versuchen, sich einen Teil davon über die Steuererklärung zurückzuholen. Doch das ist nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) extrem schwierig geworden (Urteil vom 18. Mai 2017, Az. VI R 9/16).
Vorgeschrieben ist, dass Du nur von einem Familienrichter geschieden werden kannst, und auch der Versorgungsausgleich lässt sich nur gerichtlich klären. Beim Versorgungsausgleich teilt der Richter die während der Ehe erwirtschafteten Rentenanwartschaften zugunsten des schlechter verdienenden Ex-Partners neu auf. Um diese Gerichtskosten kommst Du keinesfalls herum.
Die meisten scheidungswilligen Eheleute beauftragen außerdem jeweils einen Anwalt, der sie vor Gericht vertritt. Manchmal kommen noch Gutachter dazu, vor allem, wenn es einen langwierigen Streit um den Wert des Eigenheims gibt. Sogenannte Scheidungsfolgesachen wie der Ehegattenunterhalt, Kindesunterhalt, Zugewinnausgleich und andere Vermögensstreitigkeiten können ebenfalls anfallen.
Bei der Absetzbarkeit von Scheidungskosten gibt es ein klares Vorher und Nacher.
Noch bis Jahresende 2012 konnten sich Geschiedene auf ein steuerzahlerfreundliches Urteil berufen. Der Bundesfinanzhof (BFH), das höchste Steuergericht, hatte den Abzug von Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung zugelassen (Urteil vom 12. Mai 2011, Az. VI R 42/10).
Die Finanzverwaltung hatte dieses Urteil in der Praxis allerdings nicht angewendet. Steuerpflichtige, die ihre Scheidungskosten absetzen wollten, wurden damit vertröstet, dass ihr Fall in diesem Punkt offengehalten wurde. Ihre Steuerlast senken konnten sie also nicht.
Zum 1. Januar 2013 reagierte dann der Gesetzgeber. In Paragraf 33 Absatz 2 Einkommensteuergesetz EStG fügte er den neuen Satz 4 ein: „Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.“ Im Klartext: Grundsätzlich sind Scheidungskosten als Zivilprozesskosten steuerlich spätestens seit 2013 nicht mehr abzugsfähig.
Die seit 2013 gültige Ausnahmeregelung im EStG dürfte in der Praxis nur ausnahmsweise greifen. Und zwar nur in Fällen, wo der Prozess erforderlich ist, um nicht die lebensnotwendigen Grundlagen zu verlieren. Mit dieser Formulierung lässt der Gesetzgeber nur in Extremfällen den Steuerabzug zu, damit die Regelung nicht gegen das Grundgesetz verstößt. Denkbar sind Fälle, in denen der Steuerpflichtige einen Prozess führen muss, weil ansonsten seine wirtschaftliche Existenz gefährdet sei.
Dabei muss es laut BFH immer um die existenznotwendige Sicherung von Einkünften gehen. Denkbar ist das zum Beispiel bei einem nun getrennten Ehepaar, das gemeinsam einen Betrieb besitzt. In dem Fall könnten Gerichtskosten dazu dienen, auch künftig die für den Lebensunterhalt benötigten erforderlichen betrieblichen Einkünfte zu sichern.
In einem Urteil vom 18. Juni 2015 hatte der BFH in einem mit der Scheidung vergleichbaren Fall seine vorherige Rechtsansicht zur Abzugsfähigkeit von Zivilprozesskosten umgedreht: Nach diesem Urteil, das zu einem Erbrechtsstreit erging, sind die Kosten eines Zivilprozesses im Allgemeinen keine außergewöhnliche Belastungen im Sinne des Paragrafen 33 EStG (Az. VI R 17/14). Einzige Ausnahme ist, wenn der Zivilprozess „existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt“.
Im Jahr 2016 hat der BFH dies in mehreren Urteilen bestätigt, die Scheidungen vor der Gesetzesänderung 2013 betrafen. In seinem Urteil vom 10. März 2016 akzeptierte er bei einem Steuerpflichtigen, dass dieser allein die Gerichts- und Anwaltskosten für die Scheidung und den Versorgungsausgleich als außergewöhnliche Belastungen absetzen durfte, weil diese zwangsläufig entstanden. Den höheren Kostenanteil, der anfiel, um die Scheidungsfolgen zu regeln, erkannte das Gericht hingegen nicht an (Az. VI R 69/12). Genauso entschied der BFH in einem anderen Verfahren (Urteil vom 4. August 2016, Az. VI R 63/14).
Den Abzug von Kosten für Scheidungsfolge-Nebensachen lehnte der BFH auch in einem weiteren Verfahren ab (Urteil vom 14. April 2016, Az. VI R 56/14). Dieser Kostenblock ist meist deutlich größer als der für den sogenannten Zwangsverbund aus gerichtlicher Scheidung und Versorgungsausgleich – und kann nach dieser deutlichen Linie der Rechtsprechung nie abgesetzt werden. Das BFH-Urteil vom 18. Mai 2017 bestätigt die gesetzliche Neuregelung (Az. VI R 9/16). Scheidungskosten sind demnach seit 2013 nicht mehr als außergewöhnliche Belastungen abziehbar. Solche Aufwendungen fallen unter das Abzugsverbot für Prozesskosten. Eine gegenteilige Auffassung des Finanzgerichts Köln im Urteil vom 13. Januar 2016 (Az. 14 K 1861/15) hat der BFH damit abgelehnt. Eine existenzielle Betroffenheit liege bei Scheidungskosten grundsätzlich nicht vor.
Der BFH hat aber die Tür für einen Steuerabzug nicht ganz verschlossen – es verbleibt ein sehr kleiner Spalt. Die gesetzliche Ausnahme eines Abzugs dürfte jedoch nur in wenigen wirtschaftlichen Extremsituationen zutreffen, zum Beispiel, wie bereits weiter oben beschrieben, bei einem Ehepaar, das bislang von den Einnahmen aus einem gemeinsamen Betrieb lebte. In aller Regel können aber die meisten Geschiedenen ab 2013 keinerlei Scheidungskosten mehr absetzen.
Bei seiner konsequenten Linie blieb der BFH auch bei einem Urteil, in dem es nicht um Scheidungskosten, sondern um Kosten bei einem Umgangsrechtsstreit ging. Ein Mann war 2012 Vater geworden. Die Mutter der gemeinsamen Tochter nahm das Kind kurz darauf in ihre Heimat in Südamerika mit. Mehr als 20.000 Euro gab der Mann daraufhin für Anwalts- und Gerichtskosten sowie prozessbedingte Reise- und Übersetzungskosten aus, um seine Tochter nach Deutschland zurückzuholen. Diese Kosten wollte er als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Das Finanzamt lehnte das ab, das Finanzgericht Düsseldorf entschied zwar für den Mann. Doch der BFH hob das Düsseldorfer Urteil auf und entschied gegen den Vater (BFH, 13. August 2020, Az. VI R 15/18). Begründung: Unter der Existenzgrundlage ist nur die materielle Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen zu verstehen.
Du weißt jetzt, dass Du in den allermeisten Fällen Kosten im Zusammenhang einer Scheidung nicht absetzen kannst. Früher war das noch anders - und so ließ sich oft einiges von der Steuer absetzen. Denn Gerichts- und Anwaltsgebühren richten sich nach dem Streitwert des Verfahrens, so ist es im Gesetz über Gerichtskosten für Familiensachen (FamGKG) geregelt. Der Streitwert ergibt sich unter anderem aus dem Einkommen der beiden Partner. Dazu kommt noch der gesetzlich vorgeschriebene Versorgungsausgleich, also das Aufteilen der Rentenanwartschaften.
So kommen selbst bei mittleren Einkommen schnell ein paar Tausend Euro an Scheidungskosten zusammen – ohne die weiteren Kosten. Denn die sogenannten Folgesachen wie Unterhalt, Sorgerecht oder die Teilung eines Hauses regelt das Gericht nur auf Antrag – gegen zusätzliche Gebühren.
Rechenbeispiel: Ein Ehepaar hat ein monatliches Nettoeinkommen von 4.000 Euro.
Um die Prozesskosten zu ermitteln, werden die Tabellen nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und dem Gerichtskostengesetz hinzugezogen. Daraus ergeben sich in unserem Beispiel Anwalts- und Gerichtsgebühren von rund 2.544 Euro.
All diese Kosten könnten laut einem Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz abgesetzt werden (Urteil vom 16. Oktober 2014, Az. 4 K 1976/14). Doch aus dieses Urteil kassierte der BFH in seinem Urteil vom 18. Mai 2017 wieder ein (Az. VI R 66/14).
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