Wohnvorteil berechnen Mietfreies Wohnen in der eigenen Wohnung
Finanztip-Expertin für Recht
Wer in einer eigenen Immobilie wohnt, also einem Eigenheim oder einer Eigentumswohnung, muss sich den Mietwert dieser Wohnung als zusätzliches Einkommen anrechnen lassen. Dadurch erhöht sich das Nettoeinkommen der betreffenden Person.
Beispiel: Die Ehefrau hat ein monatliches Nettoeinkommen von 1.300 Euro. Außerdem wohnt sie in einer Eigentumswohnung, deren Wohnwert bei 400 Euro liegt. Insgesamt hat sie also ein Nettoeinkommen von 1.700 Euro. Dieses um den Wohnwert erhöhte Nettoeinkommen ist der Unterhaltsberechnung zugrunde zu legen.
Dieser Wohnwert ist sowohl dann anzurechnen, wenn der betreffende Ehegatte Alleineigentümer der Immobilie ist, als auch dann, wenn er nur Miteigentümer ist.
Bei Kindern ist allerdings kein Wohnwert anzurechnen, auch nicht wenn sie mit einem Elternteil, der Allein- oder Miteigentümer ist, zusammen leben. Grund: In den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle ist bereits berücksichtigt, dass die Kinder keine Miete zahlen müssen.
Mietfreies Wohnen im Haus /der Wohnung des neuen Partners ist nicht als Wohnwert anzurechnen, ebenfalls nicht kostenloses Wohnen bei den Eltern oder anderen Verwandten.
Die Höhe des Wohnwertes ist abhängig davon, ob bereits ein Scheidungsantrag gestellt wurde oder nicht:
Bis zur Stellung des Scheidungsantrags
Während der Trennungszeit bis zum Scheidungsantrag ist es gerechtfertigt, statt des objektiven Mietwerts – also den Betrag, den man bei Vermietung der Immobilie bekommen könnte – nur einen geringeren Wohnwert anzusetzen. Und zwar aus folgendem Grund: Trennen sich die Eheleute, so kann es sein, dass für denjenigen Ehegatten, der in der Immobilie wohnen bleibt, diese Immobilie eigentlich zu groß (oder zu teuer) ist. Würde er von vornherein allein leben, dann hätte er sich nicht eine so große Wohnung genommen. Niemand ist aber verpflichtet, aus der Ehewohnung auszuziehen, solange noch kein Scheidungsantrag gestellt ist. In einem solchen Fall ist darum nur der Betrag als Wohnwert anzurechnen, den der Betreffende für eine eigene Wohnung ausgeben würde.
Beispiel: Die Eheleute besitzen ein Haus. Nach der Trennung zieht der Ehemann aus, die Ehefrau bleibt allein im Haus zurück. Der Mietwert des Hauses würde 1.000 Euro betragen. Allerdings würde sich die Frau, wenn sie allein lebt, nie und nimmer eine Wohnung für 1.000 Euro mieten, sondern höchstens für 500 Euro. In diesem Fall ist ihr deshalb nur ein Wohnwert von 500 Euro anzurechnen.
In der Regel kann man schätzen, dass der Betreffende 1/3 seines Einkommens für eine angemessene Miete ausgeben würde. Verdient die Ehefrau also zum Beispiel 1.200 Euro netto, dann kann ihr im Trennungsjahr ein Wohnwert von 400 Euro angerechnet werden. In Ballungszentren, wo die Mieten teurer sind, kann es aber auch mehr als 1/3 des Nettoeinkommens sein.
Zahlt derjenige, der im Haus oder in der Wohnung bleibt, Hauslasten ab, so gilt folgendes: Während der Trennungszeit können die Kreditraten in voller Höhe (Zins und Tilgung) abgezogen werden, auch wenn sich dadurch ein negativer Wohnwert ergibt (BGH FamRZ 2007,880). Abzuziehen sind auch die Allgemeinkosten der Hausumlage bei einer Eigentumswohnung. Die verbrauchsabhängigen Kosten kann man aber nicht abziehen.
Beispiel: Der Ehemann wohnt in einer Eigentumswohnung, deren objektiver Mietwert bei 800 Euro liegt. Er muss für die Eigentumswohnung noch Kreditraten von monatlich 500 Euro zahlen. Außerdem zahlt er eine monatliche Umlage von 150 Euro und 100 Euro für Strom und Wasser. Er kann also 650 Euro vom Mietwert abziehen, so dass der anrechenbare Wohnwert nur noch bei 150 Euro monatlich liegt.
Nach Stellung des Scheidungsantrags
Der Wohnwert ist jetzt grundsätzlich genauso hoch wie die Miete, die man – wenn man nicht Eigentümer wäre – für diese Immobilie zahlen müsste. Anders ausgedrückt: der Wohnwert ist gleich der Miete, die man für die Immobilie erzielen könnte, wenn man sie vermietet. Eine Reduzierung des Wohnwerts wie in der Zeit davor kommt jetzt also nicht mehr in Betracht.
Berücksichtigung von Kreditraten: Ab Stellung des Scheidungsantrags können nur die Zinsen in voller Höhe abgezogen werden. Der Tilgungsanteil kann grundsätzlich nicht abgezogen werden, denn dabei handelt es sich um Vermögensbildung, an welcher der andere Ehegatte ab Stellung des Scheidungsantrags keinen Anteil mehr hat (BGH FamRZ 2007,880).
Allerdings kann ausnahmsweise trotzdem noch ein Teil der Tilgungsrate abgezogen werden, wenn die Inverstition in die eigene Immobilie als zusätzliche Altersvorsorge behandelt werden kann. Denn die Ausgaben für eine zusätzliche Altersvorsorge neben der gesetzlichen Altersvorsorge sind bis zu einem Betrag in Höhe von insgesamt 4 Prozent des Bruttoeinkommens abziehbar.
Beipiel: Die Ehefrau bewohnt das Eigenheim allein weiter. Scheidungsantrag ist gestellt. Der objektive Mietwert des Hauses liegt bei 800 Euro. Die Ehefrau zahlt die monatlichen Hauslasten in Höhe von 700 Euro. Darin sind 300 Euro Zinsen und 400 Euro Tilgung (Anmerkung: das Verhältnis zwischen Zins und Tilgung ändert sich natürlich im Laufe der Kreditrückzahlung. Aussagekräftig ist die jährliche Kreditübersicht der Bank, aus der ersichtlich ist wie hoch im abgelaufenenen Jahr die Tilgung war). Ihr Bruttoeinkommen liegt bei 1.800 Euro. Sie hat keine zusätzliche private Altersverversorgung. Der Wohnwert beträgt 800 Euro. Davon kann die Ehefrau abziehen: 300 Euro Zinsen plus 4 Prozent von 1.800 Euro, insgesamt also 372 Euro. Ihr ist ab Stellung des Scheidungsantrags also ein Wohnwert von 428 Euro anzurechnen.
Wohnt der Ehegatte, der in der Immobilie wohnt, mit den gemeinsamen Kindern aus der Ehe zusammen, so reduziert sich dadurch nicht etwa sein Wohnwert.
Beispiel: Die Ehefrau wohnt mit den beiden ehelichen Kindern in der Immobilie. Der Vater zahlt Kindesunterhalt in Höhe von zusammen 600 Euro. Das Trennungsjahr ist bereits abgelaufen. Der objektive Mietwert der Immobilie beträgt 800 Euro monatlich. Dieser Wohnwert ist der Frau in voller Höhe als Einkommen anzurechnen. Es ist nicht etwa zu reduzieren, weil sie mit den beiden Kindern zusammenlebt, selbst also nur einen geringeren Teil der Immobilie für sich hat.
Im Gegenteil: Der Wohnwert ist zu erhöhen!! Denn im Kindesunterhalt, den der Vater zahlt, ist ein Anteil von 20 Prozent für Wohnkosten enthalten. Wenn solche Wohnkosten aber gar nicht vorliegen, dann erhöht dies den Wohnwert für die Mutter. Deren Wohnwert ist um 20 Prozent des Kindesunterhalts zu erhöen, also um 120 Euro. Im Ergebnis muss ihr also sogar ein Wohnwert von 920 Euro angerechnet werden (OLG München 12 UF 1218/97)!
Diese Erhöhung findet auch schon im Trennungsjahr statt, so dass der Wohnwert schon im Trennungsjahr höher als der oben genannte Wert von 1/3 des Nettoeinkommens sein kann.
Zieht ein Miteigentümer nach der Trennung aus, bezahlt aber weiterhin (ganz oder teilweise) die Kreditraten, so kann er diese Belastung bei der Unterhaltsberechnung von seinem Einkommen abziehen.
Beispiel: Den Eheleuten gehört gemeinsam ein Haus, für das monatlich 900 Euro abzuzahlen sind. Der Ehemann zahlt diese Raten alleine, und zwar auch nachdem er aus dem Haus ausgezogen ist. Bei der Unterhaltsberechnung kann er diese 900 Euro monatlich von seinem Einkommen abziehen.
In diesem Fall ist trotzdem bei der im Haus verbleibenden Frau der volle Mietwert anzusetzen! Es ist also nicht etwa so – wie man immer wieder fälschlicherweise in Anwaltsbriefen liest –, dass kein Wohnwert mehr anzusetzen sei, wenn die Hauslasten schon beim Unterhaltspflichtigen abgezogen wurden. Vielmehr muss man beides tun, also sowohl beim zahlenden Ehegatten die Hauslasten abziehen als auch beim bewohnenden Ehegatten den Wohnvorteil anrechnen.
Wer die Schulden bezahlt, ist also im Ergebnis unerheblich. Zahlt die in der Immobilie verbeibende Frau die Schulden, so verringert sich ihr Wohnwert und der Unterhaltsanspruch erhöht sich. Zahlt der ausgezogene Ehemann die Schulden, so verringert sich sein Einkommen und dadurch der Unterhalt. Dafür wohnt die Frau dann auch völlig kostenlos in der Immobilie, was wirtschaftlich auf dasselbe hinauskommt.
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