Finanztip-Chefredakteur Saidi Sulilatu zu Besuch bei der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt: Im Interview mit Direktorin Prof. Dr. Isabel Schnabel ging es um den drohenden Handelskonflikt mit den USA, weitere Zinssenkungen und die Strukturkrise in Deutschland.
Handelskonflikt mit den USA könnte europäische Wirtschaft belasten
Handelszölle hätten in der Kommunikation von Donald Trump "eine herausragende Rolle gespielt", so Schnabel. "Deshalb ist es sehr wahrscheinlich, dass es zu einem Handelskonflikt kommt."
US-Handelszölle würden aber nicht nur die EU-Wirtschaft belasten und Arbeitsplätze kosten: In der Eurozone könnten Zölle zu höheren Preisen führen, vor allem wenn Europa mit Vergeltungszöllen reagiert. "Das führt dann dazu, dass die Importpreise ansteigen." Derzeit gebe es noch wenig Informationen. Daher sei die Unsicherheit aktuell sehr groß, dies sei "Gift für die Konjunktur". Die Unsicherheit dämpfe den privaten Konsum und Investitionen.
EZB-Direktorin stellt weitere Zinssenkungen in Aussicht
Ungeachtet dessen ist die EZB optimistisch, ihr Inflationsziel von 2% in diesem Jahr zu erreichen, so Schnabel – obwohl die Inflation in Deutschland zuletzt etwas höher ausgefallen war als von vielen Beobachtern erwartet. Auch im Januar könnte die Inflation wegen der gestiegenen CO2-Preise hoch bleiben, so Schnabel. Die EZB sei aber für den Euroraum als Ganzes zuständig. Dort habe die Inflation im Dezember mit 2,4% im Rahmen der Erwartungen gelegen.
"Wir sind auf einem guten Weg und erwarten, in diesem Jahr auf unser Inflationsziel von 2% zurückzukehren. Wenn das so ist, werden wir die Zinsen voraussichtlich weiter senken können. Allerdings kommen wir nach den kräftigen Zinssenkungen in den letzten Monaten immer näher an den Punkt, wo wir genauer hinschauen müssen, ob und wie weit wir die Zinsen noch senken können."
Strukturkrise als wichtigste Aufgabe der neuen Bundesregierung
Für die neue Bundesregierung sieht Schnabel drei große Herausforderungen. Deutschland und Europa steckten nicht allein in einer konjunkturellen Schwächephase, "sondern wir befinden uns in einer Strukturkrise, die nicht von allein verschwindet.
Sich dieser Strukturkrise anzunehmen, wird die wichtigste Aufgabe der neuen Bundesregierung." Dazu gehörten eine Stärkung der Innovationsfähigkeit, Investitionen in Bildung und Forschung, eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmensgründungen, der Abbau von Bürokratie und die Vertiefung der Finanzmärkte – insbesondere für Risikokapital.
Das Interview mit EZB-Direktorin Isabel Schnabel in voller Länge findest Du auf unserem YouTube-Kanal.