EZB-Leitzins Darum sind die EZB-Zinsen so wichtig für Deine Finanzen
Finanztip-Experte für Baufinanzierung und Immobilien
Das Wichtigste in Kürze
So gehst Du vor
Die Europäische Zentralbank hat keine Filialen, und Du kannst auch kein Konto bei ihr eröffnen. Trotzdem ist sie die wichtigste Bank für Dein Geld. Das liegt unter anderem daran, dass die EZB die Leitzinsen festsetzt. Wie diese sich auf Deine Gelanlage auswirken und alles Wichtige, was Du sonst noch über Leitzinsen wissen musst, erfährst Du in diesem Ratgeber.
Tatsächlich gibt es nicht nur den einen Leitzins, sondern drei Leitzinsen. Die EZB legt mit diesen fest, zu welchen Bedingungen Geschäftsbanken bei der EZB Geld anlegen und Kredite aufnehmen können. Geschäftsbanken sind zum Beispiel die Banken oder Sparkassen, bei denen Du Dein Girokonto, Festgeldkonto oder Tagesgeldkonto führst.
Die Leitzinsen regeln drei unterschiedliche Arten von Geschäften, die die Geschäftsbanken mit der EZB abwickeln: Einer der drei Leitzinsen legt fest, wie viel Zinsen die Banken erhalten, wenn sie Geld bei der Zentralbank anlegen. Bei den zwei anderen Leitzinsen geht es um Geschäfte, bei denen die Banken Zinsen an die EZB zahlen, wenn sie sich Geld leihen. Bei allen drei Leitzinsen geht es um sehr kurzfristige Geschäfte. Wenn Du mehr über die einzelnen Zinssätze wissen möchtest, dann klappe die folgenden Textteile auf. Lies ansonsten im nächsten Abschnitt, warum die Leitzinsen so wichtig für Dich sind.
Im Einzelnen sind die drei Leitzinsen:
Zu diesem Zinssatz können die Geschäftsbanken bei der EZB bis zum Beginn des nächsten Geschäftstags, also über Nacht, Guthaben anlegen. In der Bankensprache heißen diese Guthaben Einlagen und der Zinssatz Einlagefazilität, nach dem englischen facility. Im März 2024 hat der EZB-Rat beschlossen, die Geldpolitik über diesen Zinssatz zu steuern, also ist er der wichtigste Leitzins.
Dieser Leitzins ist das Gegenstück zum Einlagezinssatz. Die Spitzenrefinanzierungsfazilität legt fest, welchen Zinssatz die Geschäftsbanken für einen Kredit bis zum Beginn des nächsten Geschäftstags, also über Nacht, zahlen müssen.
Dieser Zinssatz gilt für Geschäfte, mit denen die Banken bei der EZB für eine Woche Geld leihen können. Die Hauptrefinanzierungsfazilität war nach der Einführung des Euro zunächst der wichtigste Leitzins, hat aber in den letzten Jahren etwas an Bedeutung verloren.
Die Leitzinsen sind keine Zinsen, die Dir bei Deinen täglichen Bankgeschäften begegnen. Sie gelten direkt nur für bestimmte Geschäfte, die Deine Bank mit der EZB abwickelt.
Indirekt haben die Leitzinsen aber einen großen Einfluss auf Dein Geld: Mit den Leitzinsen setzt die EZB einen Zinskorridor für die Geschäftsbanken fest. Dieser Zinskorridor bestimmt dann, zu welchen Bedingungen die Banken sich untereinander Geld leihen, und indirekt auch, welche Angebote sie Dir als ihrem Kunden machen.
Wie dieser Zinskorridor funktioniert, zeigt Dir dieses vereinfachte Beispiel: Nehmen wir an, Deine Bank benötigt kurzfristig Geld, um Dispokredite bereitstellen zu können. Den Zinssatz für diese Kredite hat sie auf zehn Prozent pro Jahr festgelegt. Hat sie gerade keine freien Mittel, kann sie sich das Geld entweder von anderen Banken leihen oder eben von der EZB.
Auch Du bist ein potenzieller Geldgeber, wenn Du etwa bei der Bank ein Tagesgeldkonto eröffnest oder zusätzliches Geld einzahlst. Dann kommt die Bank günstiger davon als bei der EZB, denn die allermeisten Kunden geben sich bereits mit niedrigen Guthabenzinsen zufrieden.
Kommt über andere Wege nicht genug Geld zusammen, muss die Bank das Angebot der EZB nutzen. Der Leitzins für die Spitzenrefinanzierung, den die Bank der EZB zahlen müsste, ist also die Obergrenze für den sehr kurzfristigen Finanzbedarf der Banken.
Der Einlagezinssatz ist dagegen die Untergrenze dieses Zinskorridors: So viel Geld müssen die Banken sich etwa gegenseitig mindestens an Zinsen zahlen, damit die „abgebende“ Banken ihr Geld nicht lieber bei der EZB anlegen.
Mit den Leitzinsen legt die EZB also praktisch fest, zu welchen Preisen sich die Banken kurzfristig mit Geld versorgen. Auf der Grundlage Ihrer Geschäftspolitik und ihrer Kosten legen die Banken dann die Zinssätze fest, die sie Dir und anderen für geliehenes Geld zahlen und für verliehenes Geld verlangen.
Im Einzelnen wirken Zinsschritte der EZB wie folgt.
Senkt die EZB die Leitzinsen, wird Geld insgesamt günstiger. Die Banken können dann Geld günstiger verleihen, zahlen aber tendenziell auch weniger für Spareinlagen. Eine Zinssenkung bedeutet für Dich:
Finanzprodukt | So reagieren die Zinssätze |
---|---|
Geldmarktfonds | Rendite/Verzinsung sinkt zeitnah |
Tagesgeld | Zinssätze für bestehende Tagesgelder und neue Angebote sinken zeitnah Ausnahme: feste Verzinsung bei laufenden Tagesgeldern |
kurzfristiges Festgeld | Zinssätze für neue Anlagen sinken Verzinsung für laufende Festgelder ändert sich nicht |
Ratenkredite | Sollzinsen sinken, Angebote werden günstiger Zinssätze bei laufenden Krediten ändert sich nicht |
Rahmenkredite | Zinssätze sinken tendenziell, meist mit zeitlicher Verzögerung |
Dispokredite | Zinssätze sinken tendenziell, meist mit zeitlicher Verzögerung |
Quelle: Finanztip, eigene Übersicht
Für Sparer ist eine Senkung der Leitzinsen also eher nachteilig. Benötigst Du dagegen einen Kredit, sind sinkende Zinsen eher gut für Dich.
Erhöht die EZB die Leitzinsen, wird Geld insgesamt teurer. Die Banken verlangen dann höhere Zinsen für verliehenes Geld, zahlen aber tendenziell auch mehr für Spareinlagen. Eine Zinserhöhung bedeutet für Dich:
Finanzprodukt | So reagieren die Zinssätze |
---|---|
Geldmarktfonds | Rendite/Verzinsung steigt zeitnah |
Tagesgeld | Zinssätze für bestehende Tagesgelder und neue Angebote steigen zeitnah Ausnahme: feste Verzinsung bei laufenden Tagesgeldern |
kurzfristiges Festgeld | Zinssätze für neue Anlagen steigen Verzinsung für laufende Festgelder ändert sich nicht |
Ratenkredite | Sollzinsen steigen, Angebote werden teurer Zinssätze bei laufenden Krediten ändern sich nicht |
Rahmenkredite | Zinssätze steigen tendenziell |
Dispokredite | Zinssätze steigen tendenziell |
Quelle: Finanztip, eigene Übersicht
Für Sparer ist eine Erhöhung der Leitzinsen also eher vorteilhaft. Benötigst Du dagegen einen Kredit, sind steigende Zinsen eher schlecht für Dich.
Anders als häufig gedacht, hat ein einzelner Zinsschritt der EZB nur einen geringen Einfluss auf die Bauzinsen. Das liegt daran, dass die Zinsen für Immobilienkredite nicht nur für wenige Tage oder Monate gelten, sondern für viele Jahre.
Die meisten dieser Kredite haben einen festen Zins, also eine Zinsbindung, von mehr als zehn Jahren. Für diesen Zeitraum kommt es nicht so sehr auf einen einzelnen Zinsschritt an, sondern darauf, wie sich die Zinsen über diesen langen Zeitraum entwickeln. Diese langfristigen Zinserwartungen werden vor allem über die Märkte für langfristige Anleihen abgestimmt.
Wichtigstes Ziel der EZB ist es, für Preisstabilität im Euro-Raum zu sorgen, also die Kaufkraft des Euro zu erhalten. Konkret soll die Inflation mittelfristig bei zwei Prozent pro Jahr liegen. So gibt es die geldpolitische Strategie der EZB vor. Steigt die Inflation, wie in den Jahren 2022 und 2023, deutlich über dieses Ziel, erhöht die Zentralbank die Leitzinsen. Kredite werden dann teurer, die Nachfrage nach Gütern sinkt, der Euro steigt im Wert, und Importe werden günstiger. Insgesamt kommt es also über verschiedene Mechanismen dazu, dass die Preise sich wieder stabilisieren.
Allerdings belasten teurere Kredite Unternehmen und Privatleute: Unternehmen überlegen etwa, Mitarbeiter zu entlassen, und Privatleute können sich vielleicht kein Eigenheim mehr leisten. In dem Maße, wie sich die Inflation wieder auf das Zielniveau zubewegt, wird die Zentralbank also die Leitzinsen wieder senken.
Erhöht oder senkt die EZB die Leitzinsen, so ändert sich insgesamt das Zinsniveau. Das bedeutet aber nicht, dass jede Bank die Zinsänderungen auch an ihre Kunden weitergibt: Je nach Geschäftspolitik kann eine Bank etwa nach einer Senkung der Leitzinsen entscheiden, ihre alten Zinsen beizubehalten oder sogar zu erhöhen. Das geht dann zwar zu Lasten des Umsatzes und Gewinns, bringt der Bank aber vielleicht neue Kunden.
Außerdem können Banken auch unabhängig von EZB-Entscheidungen ihren Kunden neue Angebote machen und die Zinsen verändern.
Je nach Finanzprodukt kannst Du einen Zinsschritt der EZB vorbereiten oder darauf reagieren:
Ausgewählte Empfehlungen
Tagesgeld-Angebote für Neukunden: 3,55 Prozent pro Jahr (für sechs Monate) bei Credit Europe Bank, 3,5 Prozent pro Jahr (für vier Monate) bei ING
Festgeld-Angebote für sechs Monate: 3,05 Prozent pro Jahr bei Oyak Anker Bank, 3,03 Prozent pro Jahr bei Klarna Festgeld+(App)
Festgeld-Angebote für 36 Monate: 3,25 Prozent pro Jahr bei Ayvens Bank, 3,05 Prozent pro Jahr bei bei Kommunalkredit Austria
Die günstigsten Depots: Finanzen.net Zero, Trade Republic, Scalable Capital (Free Broker), Justtrade, Traders Place, Flatex und ING
Die aktuellen Leitzinsen der EZB findest Du in der folgenden Tabelle.
Bezeichnung der Zinssätze | Einlagefazilität/ Einlagezins | Hauptfinanzierungsgeschäfte | Spitzenrefinanzierungsfazilität |
aktueller Zinssatz | 3,25 % | 3,4 % | 3,65 % |
Geschäftsbanken können damit... | Geld über Nacht bei der EZB anlegen | Geld für eine Woche bei der EZB leihen | Geld über Nacht bei der EZB beschaffen |
Quelle: Europäische Zentralbank (Stand: 13. November 2024, Zinsentscheidung vom 17. Oktober 2024)
Zinswende im Jahr 2022: Nach einer Phase niedriger und sogar negativer Leitzinsen hob die Europäische Zentralbank im Juli 2022 die Leitzinsen nach mehr als sechs Jahren erstmals wieder an, um 0,5 Prozentpunkte. Bis zum September 2023 stieg der wichtigste EZB-Leitzins, der Zinssatz für Einlagen, auf vier Prozent.
Erneute Zinswende im Jahr 2024: Die Zinssenkung vom Juni 2024 markierte dann eine erneute Zinswende. Dieses Mal ging es nach unten: Die EZB senkte alle drei Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte. Mit den zwei weiteren Zinsschritten vom September und Oktober liegt der Zinssatz für Einlagen aktuell bei 3,25 Prozent.
Die Entwicklung der Leitzinsen seit dem Jahr 2000 kannst Du an der folgenden Grafik ablesen.
Quelle: Europäische Zentralbank, Stand: November 2024
Aktuelle Entwicklung bei den Leitzinsen: Bei seiner Oktober-Sitzung hat der EZB-Rat die Leitzinsen erneut gesenkt. Im Rahmen der aktuellen Zinswende war dies bereits die dritte Sitzung mit einer Zinssenkung. Der wichtigste Leitzins im Euro-Raum, der Zinssatz für Einlagen, liegt aktuell bei 3,25 Prozent.
Der Rat der EZB trifft sich regelmäßig, um Fragen der Geldpolitik abzustimmen. Er tagt normalerweise zweimal im Monat. Allerdings trifft der EZB-Rat nicht bei jeder Sitzung über die Leitzinsen. Geldpolitische Beschlüsse – wie etwa über die Leitzinsen – trifft der Rat alle sechs Wochen. Nicht jede Sitzung bringt allerdings Zinsschritte nach oben oder unten. Viele Sitzung enden auch mit der Entscheidung, die Leitzinsen nicht zu verändern.
Die nächsten Termine mit Entscheidungen über die Leitzinsen sind:
EZB-Ratssitzungen mit Zinsentscheid und geldpolitischen Beschlüssen
EZB-Ratssitzung | Termin |
Dezember 2024 | 12. Dezember 2024 |
Januar 2025 | 30. Januar 2025 |
März 2025 | 6. März 2025 |
April 2025 | 17. April 2025 |
Juni 2025 | 5. Juni 2025 |
Juli 2025 | 24. Juli 2025 |
September 2025 | 11. September 2025 |
Oktober 2025 | 30. Oktober 2025 |
Dezember 2025 | 18. Dezember 2025 |
Quelle: Europäische Zentralbank, Stand: November 2024
Bei den anderen Sitzungen werden vorwiegend Themen erörtert, die sich aus den übrigen Aufgaben und Verantwortungsbereichen der EZB und des Eurosystems ergeben.
Für die Zinsprognose 2024 gilt: Im Juni 2024 hat die EZB die Leitzinsen erstmals seit März 2016 wieder gesenkt. Im Juli 2024 folgte dann eine Pause, im September und Oktober 2024 weitere Zinssenkungen. Der Leitzins für Einlagen ist gegenüber dem Höchststand bereits um 0,75 Prozentpunte gesunken.
Folgende Prognose lässt sich treffen: Die EZB wartet voraussichtlich erst einmal ab, wie sich die Zinssenkungen vom Juni, September und Oktober 2024 in den kommenden Monaten auswirken, und wie sich die Inflation weiter entwickelt. Die Inflation ist momentan niedrig, das Wirtschaftswachstum schwach. Das spricht für eine weitere Entlastung der Unternehmen und Verbraucher. Kleinere Zinsschritte in Höhe von 0,25 Prozentpunkten dürften in den nächsten Sitzungen folgen. Eine Serie von Zinssenkungen ist allerdings nicht zu erwarten. Wahrscheinlich ist eher ein allmähliches Absenken der Leitzinsen über einen längeren Zeitraum.
Für Verbraucher bedeutet das: Die kurzfristigen Zinsen dürften tendenziell erst einmal stabil bleiben und dann allmählich sinken. Wer Geld kurz- oder mittelfristig anlegen möchte, dürfte deshalb aktuell noch bessere Angebote vorfinden als in einigen Monaten.
Zinsprognose 2025: Im Jahr 2025 dürften die Leitzinsen tendenziell stabil bleiben oder weiter leicht sinken. Die Inflationsrate lag in Deutschland in den vergangenen Monaten nahe der Zielrate von zwei Prozent. Die EZB dürfte darauf bedacht sein, nicht über das Ziel hinauszuschießen. Viel weiter als auf etwa 2,75 Prozent dürfte der wichtigste Leitzins unserer Einschätzung im Jahr 2025 nach nicht fallen.
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