Verjährungsfristen So verjähren Deine Ansprüche nicht
Finanztip-Expertin für Recht
Das Wichtigste in Kürze
So gehst Du vor
Ende Dezember hat eigentlich niemand Zeit und Lust, sich mit lästigem Papierkram zu beschäftigen. Vielleicht hast Du für Weihnachten noch genug zu organisieren, bevor das Jahr dann an Silvester ausklingen kann. Doch der 31. Dezember ist ein wichtiger Stichtag. Denn an diesem Datum verjähren viele Forderungen aus dem alltäglichen Leben. In diesem Ratgeber findest Du schnell und einfach alle Infos, die Du zum Thema wissen solltest.
Unter Verjährung verstehen die Juristen, dass nach Ablauf eines festgelegten Zeitraums Forderungen und Rechte entkräftet werden. Sie lassen sich nur noch schwer durchsetzen. Ist die Zeit verstrichen, hat die Schuldnerin oder der Schuldner das Recht, zum Beispiel eine Zahlung zu verweigern, da sie verjährt ist. Die Forderung kommt zu spät.
Nach Ablauf der Verjährungsfrist soll Rechtsfrieden einkehren. Das ist sinnvoll, da sich ältere Ansprüche vor Gericht oft schlechter beweisen lassen. Zeuginnen und Zeugen erinnern sich nicht mehr so genau, Dokumente sind schon gelöscht oder nicht mehr auffindbar.
Alle Forderungen verjähren regelmäßig nach drei Jahren (§ 195 BGB). Das ist die im Gesetz festgelegte grundsätzliche Verjährungsfrist für vertragliche und gesetzliche Ansprüche. Die drei Jahre gelten, wenn keine Sonderregeln anwendbar sind, wie etwa bei Mängelansprüchen.
Beispiel: Im Sommer 2020 hat Astrid ihrer Freundin Birgit 5.000 Euro geliehen. Eigentlich brauchte Birgit das Geld nur kurzfristig und schon zu Weihnachten 2020 wollte sie es zurückzahlen. So hatten es die beiden Freundinnen mündlich vereinbart. Gezahlt hat Birgit aber nicht. In den folgenden Jahren sprachen sie nicht mehr über das Geld. Astrid will sichergehen, dass Birgit nicht davon ausgeht, sie habe das Geld geschenkt bekommen. Astrids Rückzahlungsanspruch verjährt mit Ablauf des 31. Dezember 2023. Sie muss vorher die Zahlung der 5.000 Euro so einfordern, dass Birgit sich nicht auf Verjährung berufen kann.
Deine Ansprüche lassen sich also nicht ewig durchsetzen, irgendwann ist es zu spät. Damit das nicht passiert, solltest Du wissen, wann Verjährung eintritt und was Du vorher tun kannst, um die Verjährung zu stoppen.
Die Verjährungsfrist beginnt immer mit dem Ende des Jahres, in dem
In vielen Fällen ist es eindeutig, wann ein Anspruch verjährt. Bei Spargutgaben beginnt die Verjährung mit Schluss des Jahres, in dem der Sparvertrag wirksam beendet wurde. Das gilt auch für die Zinsen, wenn sie noch nicht eingetragen und noch gutzuschreiben sind (BGH, 06.10.2021, Az. XI ZR 234/20).
Hast Du einen Prämiensparvertrag, der 2020 endete, musst Du noch vor Jahresende 2023 aktiv werden. Andernfalls verjähren Deine Ansprüche auf Nachzahlung falsch berechneter Zinsen an Silvester. Falls Du Unterstützung benötigst, empfehlen wir Dir, Dich an eine spezialisierte Anwaltskanzlei zu wenden. Aktuell kannst Du Dich kostenlos einer Klage gegen die Sparkasse Altenburger Land anschließen. So verhinderst Du, dass Dein Anspruch verjährt.
Es gibt aber auch Situationen, in denen es nicht so eindeutig ist, wann ein Anspruch verjährt. Dazu zwei Beispiele:
Beispiel 1: Chris hat im Dezember 2019 zwei Schreibtische für insgesamt 1.200 Euro auf Rechnung gekauft. Die kam allerdings erst im Januar 2020. Aus Versehen hat Chris nur die Hälfte des Kaufpreises überwiesen. Beim Verkäufer geriet die Angelegenheit in Vergessenheit. Dem Geschäft fällt aber dann im Dezember 2023 auf, dass noch 600 Euro fehlen. Ist die Forderung bereits verjährt?
Ja, denn der Anspruch auf Zahlung des restlichen Kaufpreises ist bereits am 31. Dezember 2022 verjährt. Denn er ist im Jahr 2019 entstanden, und der Inhaber des Geschäfts wusste das ursprünglich auch. Es kommt immer auf das Datum an, an dem der Anspruch entstanden ist – in diesem Fall also, wann die Tische gekauft wurden und nicht, wann Chris die Rechnung bekommen hat.
Rechnungen sind in der Regel keine Voraussetzungen dafür, dass eine Forderung fällig ist. Der Zahlungsanspruch ist bereits dann fällig, wenn der Gläubiger die Rechnung hätte ausstellen können. Ausnahmsweise ist das anders, wenn im Gesetz steht, dass erst mit Rechnungsstellung die Forderung fällig wird. Das gilt zum Beispiel für das Honorar von Architektinnen und Architekten (§ 650g Abs. 4 BGB), aber auch für Arzthonorare (§ 12 GOÄ).
Es gibt Situationen, in denen nicht klar ist, wann der Inhaber eines Anspruchs überhaupt davon wusste, dass er etwas verlangen kann. Denn erst mit Kenntnis oder Kennenmüssen beginnt die Verjährungsfrist zu laufen. Um das Problem zu veranschaulichen ein weiteres Beispiel.
Beispiel 2: Die Anlageberaterin Frau Dorn vermittelte Elke im Januar 2011 die Beteiligung an einem geschlossenen Fonds und gab ihr dazu auch den Produktprospekt mit. Der Fonds musste nach einigen Jahren Insolvenz anmelden. Elke verlor ihr angelegtes Geld. Sie will ihr Geld zurück und verlangt von der Anlageberaterin Dorn Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung. Entstanden ist der Anspruch im Januar 2011 – zu diesem Zeitpunkt fand die vermeintlich fehlerhafte Beratung statt.
Ohne Kenntnis des Anspruchs beginnt die Verjährungsfrist nicht zu laufen. Aber wann wusste Elke davon, dass die Beratung falsch war? Schon in dem Moment, als Frau Dorn ihr den Prospekt über den Fonds in die Hand drückte? Schließlich waren dort alle Risiken der Anlage aufgelistet, auch das sogenannte Totalverlustrisiko. Es hätte ihr auffallen können, dass die Beraterin nicht richtig über die Risiken aufgeklärt hat. Oder nach der ersten Jahresabrechnung, wenn sie hätte merken müssen, dass sie herbe Verluste erlitten hat?
Viele dieser Fälle landeten vor Gericht – und es kommt immer auf den Einzelfall an. In Kapitalanlagesachen ist für den Beginn der Verjährung zumindest nicht allein die Übergabe des Prospekts entscheidend. Vor allem, wenn der Anleger ihn gar nicht gelesen hat (BGH, 08.07.2010, Az. III ZR 249/09; BGH, 22.09.2011, Az. III ZR 186/10).
Ausnahmsweise wird der Beginn der Verjährung hinausgeschoben, wenn die Rechtslage unsicher und zweifelhaft ist. In einem solchen Fall ist dem Inhaber der Forderung eine Klage nicht zumutbar ist (BGH, 17.11.2021, Az. IV ZR 113/20). Die Zumutbarkeit der Klageerhebung ist eine zusätzliche Voraussetzung für den Verjährungsbeginn, die der Bundesgerichtshof entwickelt hat. Eine Klage ist nicht erst dann zumutbar, wenn der Ausgang des Verfahrens ohne weitere Risiken vorhersehbar ist (BAG, 09.02.2022, Az. 5 AZR 368/21).
Rechtsfragen sind oft umstritten oder es gibt dazu noch kein höchstrichterliches Urteil. Das ist aber keine typische Konstellation, die zu einer verlängerten Verjährungsfrist führt. Eine Klage ist nur dann unzumutbar, wenn es eine ältere entgegenstehende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gibt (BGH, 28.10.2014, Az. XI ZR 348/13).
Das war zum Beispiel der Fall bei den unzulässigen Kreditbearbeitungsgebühren. Da Bearbeitungsentgelte in banküblicher Höhe von der älteren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebilligt worden waren, war für Darlehensnehmer eine Rückforderungsklage erst zumutbar, nachdem sich eine gefestigte Rechtsprechung der Oberlandesgerichte herausgebildet hatte, wonach die Bankgebühren bei Krediten unwirksam sind. Der Verjährungsbeginn wurde bis dahin verschoben.
Übrigens: Bei den Dieselfällen begann die jeweilige Verjährungsfrist auf jeden Fall mit dem individuellen Rückrufschreiben des Kraftfahrtbundesamts. Zu diesem Zeitpunkt musste dem Diesel-Fahrer klar sein, dass das Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet war. Der Bundesgerichtshof urteilte, dass eine Klageerhebung in diesen Fällen zumutbar war – auch wenn viele Detailfragen rechtlich noch nicht geklärt waren. Der Beginn der Verjährung wurde nicht hinausgeschoben, eine Klage war bereits 2015 zumutbar (BGH, 17.12.2020, Az. VI ZR 739/20).
Wenn jemand nichts von seinem Anspruch wusste oder nicht wissen konnte, beginnt die dreijährige Verjährungsfrist nicht zu laufen. Damit sich die Abwicklung aber nicht ewig hinzieht, gibt es im Gesetz Höchstfristen. Das bedeutet, dass nach Ablauf dieser Fristen die Ansprüche endgültig verfallen.
Beispiel: Frank musste sich am 15. Januar 2014 einer Knie-Operation unterziehen. Bei einer Operation unterlief der behandelnden Ärztin ein Fehler. Ansprüche aus Behandlungsfehlern verjähren nach drei Jahren. Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn Frank von dem Behandlungsfehler erfährt (vgl. BGH, 08.11.2016, Az. VI ZR 594/15). Er beauftragt eine Rechtsanwaltskanzlei, die ein Gutachten zur Behandlung und zu den Behandlungsschäden erstellt. Die notwendige Kenntnis hat Frank erst, wenn das Gutachten vorliegt, aus dem sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Behandlungsfehler ergibt. Die zehnjährige Höchstfrist für Schadensersatzansprüche aus der Knie-Operation endet am 15. Januar 2024 – bis dahin müsste er seine Ansprüche gegen die Ärztin erhoben haben.
Höchstfrist | gilt für diese Ansprüche | Rechtsgrundlage |
---|---|---|
30 Jahre | Schadensersatzsprüche wegen Körper-, Gesundheits- und Freiheitsverletzungen | § 199 Abs. 2 BGB |
10 Jahre | andere Schadensersatzansprüche, zum Beispiel in Kapitalanlagefällen | § 199 Abs. 3 BGB |
10 Jahre | andere Ansprüche, zum Beispiel Rückzahlungsansprüche von Bearbeitungsgebühren | § 199 Abs. 4 BGB |
Quelle: Finanztip-Recherche, § 199 BGB (Stand: Dezember 2023)
Damit gilt: Spätestens nach zehn Jahren verjährt nach deutschem Recht ein Anspruch, sofern es sich nicht um Ansprüche wegen Körper-, Gesundheits- und Freiheitsverletzungen handelt. Die Höchstfristen enden jedoch nicht am Jahresende; das Fristende fällt auf den Tag, an dem die Frist vor zehn Jahren begonnen hatte.
Beispiel: Die fehlerhafte Anlageberatung zum Kauf eines geschlossenen Fonds geschah am 15. Januar 2013. Der Anleger wusste nichts von der Falschberatung und hätte es auch nicht wissen müssen. Die zehnjährige Höchstfrist endet damit am 15. Januar 2023. Die Schadensersatzansprüche des Anlegers verjähren damit nach zehn Jahren – und zwar unabhängig davon, ob er von der Falschberatung wusste.
Fällt der letzte Tag der Verjährungsfrist auf einen Sonn-, Feier- oder einen Samstag, so verschiebt sich das Ende der Frist auf den folgenden Werktag (§ 193 BGB).
Verbraucherinnen und Verbraucher sind durch eine europäische Richtlinie vor missbräuchlichen Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen besonders geschützt. Diese Richtlinie wurde in Deutschland umgesetzt und findet sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (§§ 305 ff BGB).
Ein Verbraucher kann unter Umständen auch nach Ablauf der Verjährungsfrist nach deutschem Recht seinen Anspruch noch durchsetzen – zum Beispiel auf Rückzahlung von Prämien oder Gebühren, wenn der Anspruch auf einer unzulässigen Klausel beruht. Eine Forderung darf dementsprechend nach europäischem Recht nicht verjähren, wenn der Verbraucher noch nicht wissen konnte, dass er überhaupt ein Recht auf Erstattung hat, weil der Vertragspartner eine unwirksame Klausel in den AGB verwendete. Alles andere sei mit dem Effektivitätsgrundsatz nicht vereinbar (EuGH, 10.06.2021, Az. C-609/19, C-776/19 bis C782/19).
Zudem kann auch die Verjährungshöchstfrist von zehn Jahren gegen Europarecht verstoßen, wenn der zugrundeliegende Vertrag eine sehr viel längere Vertragsdauer hatte (EuGH, 08.09.2022, Az. C-80/21 u.a.).
Die konkreten Auswirkungen dieser Urteile auf die deutschen Verjährungsregeln sind noch unklar. Aktuell ist diese Frage für Bausparer besonders interessant, die zu Unrecht Bearbeitungsgebühren in der Ansparphase gezahlt haben und jetzt Erstattung verlangen. Mit dem Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH lässt sich gut begründen, dass Bausparern nicht die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren entgegengehalten werden kann.
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Neben der regelmäßigen dreijährigen Frist gibt es wichtige Sonderregeln, die zu einer kürzeren oder längeren Verjährungsdauer führen.
Zwei Jahre bei Sachmängeln - Als Käuferin oder Käufer hast Du zwei Jahre Zeit, um vom Verkäufer Nachbesserung zu verlangen, falls Dein Einkauf Mängel aufwies. Die Frist beginnt mit Lieferung der Sachen beziehungsweise in dem Moment, wenn Du den Laden verlässt und die Einkäufe gleich mitnimmst (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB).
Zwei Jahre bei Mängeln nach Werkvertrag - Hast Du zum Beispiel einen Handwerker mit der Wartung oder Reparatur einer Waschmaschine beauftragt, beträgt die Verjährungsfrist ebenfalls zwei Jahre. Die Verjährung beginnt, wenn Du die Arbeiten abgenommen hast (§ 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB).
Fünf Jahre bei Baumängeln - Hast Du Deine Immobilie renovieren oder umbauen lassen und sind dabei Baumängel aufgetreten, hast Du fünf Jahre Zeit, Ansprüche gegen das Architekturbüro oder das Bauunternehmen zu erheben (§ 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB).
Zehn Jahre bei Grundstücken - Die Verjährungsfrist bei Rechten an einem Grundstück beträgt zehn Jahre (§ 196 BGB).
Beispiel: Gesa hat ihr Baudarlehen zurückgezahlt und will, dass die Grundschuld zugunsten der Bank aus dem Grundbuch gelöscht wird. In diesem Fall beginnt die Verjährungsfrist von zehn Jahren mit der Fälligkeit des Anspruches und nicht erst zum Jahresende.
Art des Anspruchs | Frist | Fristbeginn | Vorschrift |
---|---|---|---|
Gewährleistungsansprüche bei einem Kauf | 2 Jahre | Übergabe der Sache | § 438 BGB |
Gewährleistungsansprüche bei einem Werkvertrag (z.B. über die Verlegung von Parkett, Einbau von Fenstern usw.) | 2 Jahre | Abnahme des Werks | § 634a BGB |
Ansprüche aus einem Reisevertrag (Reisemängel) | 2 Jahre | Ende der Reise | § 651j BGB |
Kaufpreis, Werklohn, Arbeitslohn | 3 Jahre | mit Ablauf des Entstehungsjahrs und Kenntnis des Anspruchs | §§ 195, 199 BGB |
Rückforderungsansprüche (z.B. von Kreditgebühren, aber auch der Kaution aus einem Mietvertrag) | 3 Jahre | mit Ablauf des Entstehungsjahrs und Kenntnis des Anspruchs | §§ 195, 199 BGB |
Fluggastrechte (Ausgleichszahlung) | 3 Jahre | mit Ablauf des Entstehungsjahrs und Kenntnis des Anspruchs | §§ 195, 199 BGB |
Gewährleistungsansprüche bei einem Kauf eines Bauwerks | 5 Jahre | Übergabe der Sache (nicht erst mit Jahresende) | § 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB |
Rechte an einem Grundstück | 10 Jahre | Entstehung des Anspruchs (nicht erst mit Jahresende) | § 196 BGB |
rechtskräftig festgestellte Forderungen (Urteil, Vollstreckungsbescheid) | 30 Jahre | Rechtskraft (nicht erst mit Jahresende) | §§ 197 Abs. 1 Nr. 3, 201 BGB |
aus vollstreckbaren Vergleichen oder Urkunden | 30 Jahre | Erstellung des Dokuments (nicht erst mit Jahresende) | §§ 197 Abs. 1 Nr. 4, 201 BGB |
Schadensersatzansprüche wegen Körperverletzung | 30 Jahre | Verletzungshandlung (nicht erst mit Jahresende) | § 199 Abs. 2 BGB |
Herausgabeansprüche des Eigentümers | 30 Jahre | Entstehung des Anspruchs (nicht erst mit Jahresende) | §§ 197 Abs. 1 Nr. 1, 200 BGB |
Ansprüche aus Familien- und Erbrecht | 30 Jahre | Entstehung des Anspruchs (nicht erst mit Jahresende) | §§ 197 Abs. 1 Nr. 2, 200 BGB |
Quelle: Finanztip-Recherche (Stand: Dezember 2023)
Was viele nicht wissen: Ist eine Forderung verjährt, erlischt sie nicht automatisch. Verlangt jemand von Dir Geld, obwohl die Frist längst abgelaufen ist, musst Du ihm das unbedingt sagen. Nicht zu reagieren, ist keine gute Idee – Du kannst dann trotzdem einen negativen Eintrag bei der Schufa bekommen. Wie Du herausfinden kannst, was dort über Dich gespeichert ist, liest Du in unserem Ratgeber zur Schufa.
Auch ein Gericht wird die Klage Deines Gläubigers bearbeiten und ihm so lange Recht geben, bis Du vorträgst, dass Verjährung eingetreten ist. Tust Du das nicht, bekommt Dein Gläubiger Recht, obwohl die Forderung eigentlich schon verjährt ist.
Es kann vorkommen, dass sich ein Streit außergerichtlich so lange hinzieht, dass die Verjährung des Anspruchs droht. Die Betroffenen warten vielleicht noch auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs in einem vergleichbaren Fall, oder es sind noch Nachberechnungen nötig, um die genaue Höhe der Forderung zu bestimmen.
In einer solchen Konstellation kann ein sogenannter Verzicht auf die Einrede der Verjährung ein Kompromiss sein. Der Verzicht bedeutet, dass der Schuldner sich auf die an sich eingetretene Verjährung nicht berufen darf. Ihn trifft ein Verbot, die Einrede zu erheben. Wichtig: Die Forderung verjährt nicht später als ohne den Verjährungsverzicht; der Schuldner darf sich bis zum Ende des vereinbarten Zeitraums nur nicht darauf berufen (BGH, 10.11.2020, Az. VI ZR 285/19).
Wurde zum Beispiel im Jahr 2020 Dein Flug annulliert, hast Du vielleicht Anspruch auf Ausgleichszahlung. Deine Ansprüche verjähren nach der regelmäßigen deutschen Verjährungsfrist in drei Jahren, also zum Jahresende 2023. Eine Mahnung oder ein einfaches Schreiben reicht nicht, um die Verjährung aufzuhalten. Du hast fünf Möglichkeiten, um die Verjährung aufzuhalten. Wir erklären, was Du dazu jeweils unternehmen musst.
Der schnellste Weg, um noch kurz vor Jahresende die Verjährung zu verhindern, ist ein Mahnverfahren (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB). In Deutschland wird nur noch das automatisierte, zentrale Mahnverfahren verwendet. Das ist günstig und nicht aufwendig.
Der Online-Mahnantrag ist ein von der Justiz der Bundesländer zur Verfügung gestelltes interaktives Formular, mit dem Du einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids im Internet ausfüllen kannst. Das Online-Formular findest Du auf der Website Online-Mahnantrag.de. Du musst dazu keine Rechtsanwaltskanzlei beauftragen. Nähere Informationen, wie Du einen Mahnbescheid beantragst, findest Du im Ratgeber zu Mahnverfahren.
Wenn Du ernsthafte Verhandlungen mit dem Schuldner führst, kann das auch die Verjährung stoppen (§ 203 BGB). Allerdings musst Du beweisen, dass handfest diskutiert und nach einer Lösung gesucht wird. Ein einfaches Schreiben an den Gegner, dass Du „reden“ möchtest, reicht nicht. Verlange sicherheitshalber vom Schuldner eine schriftliche Erklärung, dass für die Zeit der Gespräche die Verjährungsfrist nicht weiterlaufen soll.
Es kann sein, dass die andere Seite auf ein solches Schreiben nicht reagiert, sondern ganz entspannt das Jahresende abwartet, um das Problem auszusitzen. Zeichnet sich so ein Verlauf ab, solltest Du ein Mahnverfahren einreichen, um die Verjährung auszuhebeln.
Wer eine Beschwerde bei einer Verbraucherschlichtungsstelle, etwa beim Ombudsmann der Banken oder Versicherungen einlegt, braucht die Verjährung ebenfalls nicht zu fürchten. Ein solches Verfahren hemmt die Frist (§ 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB). Ist es beendet, läuft die Verjährungsfrist nach sechs Monaten weiter (§ 204 Abs. 2 BGB).
In unserem Ratgeber zur Schlichtungsstelle erfährst Du, welche Stellen es für Verbraucher-Beschwerden gibt und wie Du schnell und kostengünstig Dein Recht einfordern kannst. Und damit sogar noch die Verjährung hemmst.
Seit November 2018 können qualifizierte Verbraucherschutzverbände für Verbraucherinnen und Verbraucher deren Ansprüche im Rahmen einer Musterfeststellungsklage feststellen lassen. Seit Oktober 2023 besteht zusätzlich die Möglichkeit einer Abhilfeklage. Beide Klagen finden sich im Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz (VDuG).
Betroffene Verbraucher haben mit den Verbraucher-Sammelklagen die Möglichkeit, ihre Ansprüche gegen die beklagte Partei ohne Anwaltszwang zu einem Klageregister anzumelden. Die erfolgreiche Anmeldung bewirkt, dass ihre Ansprüche nicht verjähren, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage beziehungsweise bei der Abhilfeklage (§ 204a BGB). Die Hemmung tritt grundsätzlich bereits mit Erhebung der Verbraucherklagen durch den Verbraucherschutzverband ein und nicht erst dadurch, dass sich ein Verbraucher wirksam zum Register anmeldet (BGH, 29.07.2021, Az. VI ZR 1118/20).
Eine Liste mit aktuellen Verbandsklagen findest Du auf der Website des Bundesamts für Justiz. Im Jahr 2023 wurden zwei Musterfeststellungsklagen eingereicht gegen die Sparkasse Altenburger Land wegen Prämiensparverträgen und gegen CTS Eventim AG wegen unzureichender Rückerstattungen bei der Rückgabe von Tickets für Veranstaltungen.
Mit einer Klage kannst Du die Verjährung ebenfalls verhindern. Ohne rechtlichen Beistand ist das allerdings nicht so einfach, auch wenn Du für eine Klage beim Amtsgericht keinen anwaltlichen Beistand benötigst. Das gilt für Klagen bis zu einem Streitwert von 5.000 Euro. Du musst alle wichtigen Dokumente in Deinen Händen haben und eine Klage aufsetzen. Darin musst Du Deinen Anspruch begründen. Sobald Deine Klage bei Gericht eintrifft, wird die Verjährung gehemmt.
Willst Du mehr als 5.000 Euro einfordern, musst Du zum Landgericht und brauchst deshalb auf jeden Fall eine Rechtsanwaltskanzlei. Wie Du die richtige findest, erfährst Du im Ratgeber zu Anwaltssuche und Anwaltskosten.
Wir haben im Sommer 2023 Rechtsschutztarife mit den Bausteinen Privat, Beruf und Verkehr untersucht. Unsere Empfehlungen aus diesem Test sind:
WGV PBV Optimal
Huk-Coburg PBV Plus
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