Mahnbescheid & Vollstreckungsbescheid So kommst Du mit einem Mahnverfahren an Dein Geld
Finanztip-Expertin für Recht
Das Wichtigste in Kürze
So gehst Du vor
Hast Du schon mal einen Mahnbescheid bekommen? Oder schuldet Dir noch jemand Geld, will aber nicht zahlen? Dann könntest Du mit einem Mahnbescheid den Druck deutlich erhöhen. Oder kurz vor Jahresende die Verjährung stoppen und Dir damit den Anspruch auf Dein Geld sichern. Wir erklären Dir, wie Du einen Mahnbescheid beantragst, wie teuer ein Mahnverfahren ist und wie Du Dich selbst gegen einen Mahnbescheid wehren kannst.
Im Jahr 2021 gab es rund 4,1 Millionen Mahnverfahren in Deutschland – alle mit dem Ziel, eine Geldforderung einfach und günstig durchzusetzen. Denn dazu dient das formelle Verfahren vor allem. Aber die Bedeutung des Mahnbescheids wird geringer. Die Zahlen sind laut Statistischem Bundesamt stetig gesunken: vor zehn Jahren wurden noch über sechs Millionen Mahnverfahren gezählt.
Mit einem gerichtlichen Mahnverfahren kannst Du einen sogenannten Vollstreckungstitel bekommen. Denn am Ende des Mahnverfahrens steht der Vollstreckungsbescheid. Bei einem Vollstreckungsbescheid handelt es sich um einen Titel, vergleichbar mit einem Gerichtsurteil, mit dem Du Deine Geldforderung von einem Gerichtsvollzieher eintreiben lassen kannst (§ 794 Abs. 1 Nr. 4 ZPO).
Das Mahnverfahren ist kostengünstig und schnell. Das Mahngericht prüft nämlich nicht, ob Deine Geldforderung zu Recht besteht. Es entscheidet ohne mündliche Verhandlung oder Beweiserhebung, weitgehend voll automatisiert. Dementsprechend sind die Kosten geringer als bei einer Klage. Es ist auch keine anwaltliche Unterstützung im Mahnverfahren erforderlich. Vom Antrag bis zum gerichtlichen Mahnbescheid vergehen in der Regel keine zwei Wochen.
Mit der Einleitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens und Zustellung des Mahnbescheides kannst Du die Verjährung aufhalten (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Das ist wichtig, denn nach Ablauf der im Gesetz festgelegten Zeitspanne muss niemand mehr zahlen – das soll dem Rechtsfrieden dienen. Das Mahnverfahren bietet sich deshalb besonders an, wenn Dir kurz vor Jahresende keine Zeit mehr für eine Klage und deren Begründung bleibt. Denn schon mit der Zustellung eines Mahnbescheids wird der Lauf der Verjährungsfrist angehalten. Wie Du durch andere Maßnahmen die Verjährung stoppen kannst, erklären wir im Ratgeber zu Verjährungsfristen.
Das Mahnverfahren ist nicht zu verwechseln mit außergerichtlichen Mahnungen durch ein Unternehmen, Rechtsanwälte oder Inkasso-Dienstleister. Diese wollen den Schuldner dazu bringen, freiwillig zu zahlen. Weigert der sich allerdings, hilft oft nur noch der Gang zum Gericht.
Ein Mahnverfahren ist ein formelles Verfahren und läuft nach einer genauen Reihenfolge ab:
Das Mahnverfahren eignet sich vor allem für kleinere Forderungen, für die Du nicht sofort eine Anwältin oder einen Anwalt beauftragen willst. Also immer dann, wenn aus Deiner Sicht die Rechtslage eigentlich klar ist, die Gegenseite nur nicht zahlen will.
Falls Deine Vermieterin oder Dein Vermieter die Mietkaution nach Deinem Auszug nicht zurückzahlt, dann könntest Du zum Beispiel einen Mahnbescheid beantragen. Auch Ausgleichszahlungen wegen Flugstornierung und Flugverspätung könntest Du mit einem Mahnbescheid durchsetzen, wenn die Airline nicht zahlen will.
Gerade, wenn Du spät dran bist mit Deiner Forderung und nach drei Jahren zum Ende des Jahres Verjährung droht, dann ist das Mahnverfahren eine gute Möglichkeit, um die Verjährung noch aufzuhalten.
Als Gläubiger kannst Du auf zwei Wegen zu einem Mahnbescheid kommen. Du stellst einen schriftlichen Antrag oder Du nutzt den Online-Antrag.
In Schreibwarenläden oder in Geschäften für Bürobedarf findest Du amtliche Formulare für den schriftlichen Mahnantrag. Den gibt es einzeln, im Fünfer- oder Zehnerpack für wenig Geld unter 10 Euro. Das gilt allerdings nicht für Rechtsanwälte oder Inkasso-Dienstleister; die müssen den Online-Antrag verwenden. Hier ein Beispiel, wie ein amtlicher Vordruck für einen solchen Erlass des Mahnbescheids aussieht.
Quelle: www.mahngerichte.de (Stand: Mai 2024)
Die Ausfüllhinweise erklären Dir, was Du in die einzelnen Felder im Formular schreiben musst. Auf Seite 1 des Antrags trägst Du Angaben zu Dir als Antragsteller ein und machst Angaben zum Antragsgegner.
Wichtig ist, dass Du die Person oder das Unternehmen, die Dir noch etwas schulden, genau bezeichnest. Gerade bei gewerblichen Schuldnern solltest Du auf das Handelsregister oder das Gewerberegister der Stadt oder Kommune zurückgreifen, um falsche Bezeichnungen zu vermeiden. Fehler können zur Folge haben, dass sich das Verfahren erheblich verzögert, unnötige Kosten entstehen oder der ganze Mahnbescheid wertlos ist. Auf Seite 2 des Antrags gibst Du an, welche genaue Summe Du einforderst.
Forderung | Nr. | Forderung | Nr. |
---|---|---|---|
Darlehensrückzahlung: | 4 | Schadensersatz aus Unfall: | 29 |
Dienstleistungsvertrag: | 5 | Unterhaltsrückstände: | 38 |
Kaufvertrag: | 11 | Werkvertrag: | 44 |
Miete für Wohnraum: | 19 | Zeitungsbezug: | 45 |
Reparaturleistung: | 26 | Zinsrückstände: | 46 |
Quelle: Infobroschüre gerichtliches Mahnverfahren (Stand: Mai 2024)
Zusätzlich musst Du noch angeben, wann der Anspruch entstanden ist oder wann die Forderung zur Zahlung fällig war. Neben der Hauptforderung kannst Du noch Zinsen oder Nebenforderungen eintragen.
Das ausgefüllte Formular schickst Du dann an das zuständige Mahngericht – ohne Belege. Die würdest Du postwendend zurückbekommen.
Antragsteller mit Wohnsitz in Deutschland müssen sich beim Mahnverfahren immer an das richtige Gericht wenden. In den einzelnen Bundesländern sind die folgenden Gerichte für Mahnbescheide zuständig.
Sitz oder Wohnsitz in | zuständiges Gericht |
---|---|
Baden-Württemberg | Amtsgericht Stuttgart 70154 Stuttgart |
Bayern | Amtsgericht Coburg |
Berlin und Brandenburg | Amtsgericht Wedding |
Bremen | Amtsgericht Bremen |
Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern | Amtsgericht Hamburg-Altona |
Hessen | Amtsgericht Hünfeld |
Niedersachsen | Amtsgericht Uelzen |
NRW: OLG-Bezirke Hamm, Düsseldorf | Amtsgericht Hagen |
NRW: OLG-Bezirk Köln | Amtsgericht Euskirchen |
Rheinland-Pfalz und Saarland | Amtsgericht Mayen |
Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen | Amtsgericht Aschersleben |
Schleswig-Holstein | Amtsgericht Schleswig |
Quelle: Mahngerichte der Bundesländer (Stand: Mai 2024)
Bei Ansprüchen aus einem Arbeitsverhältnis sind die Arbeitsgerichte zuständig (§ 46a ArbGG). Das arbeitsgerichtliche Mahnverfahren ist in vielen Punkten anders als das zivilprozessuale Mahnverfahren.
Du kannst die Formulare auch im Internet direkt ausfüllen. Den Antrag findest Du auf der Website der Mahngerichte: www.online-mahnantrag.de. Das Online-Formular leitet Dich Schritt für Schritt durch alle Eingaben, die notwendig sind. Deine Eingaben werden daraufhin überprüft, ob sie plausibel sind.
Ein vollständiger Online-Antrag besteht immer aus
Damit Du Dir einen Eindruck davon machen kannst, wie ein ausgefüllter Mahnantrag aussieht, stellen wir Dir einen online ausgefüllten Mahnantrag zum Download zur Verfügung.
Den Antrag solltest Du unterschreiben und mit der Post in einfacher Ausfertigung an das Gericht schicken. Verwende dazu das grüne Exemplar, das graue Exemplar ist für Deine Unterlagen gedacht. Eine Übermittlung per Fax oder E-Mail ist nicht zu empfehlen, da es zu Verzögerungen kommen kann, weil der Antrag eventuell nicht automatisch lesbar ist.
Sind alle Voraussetzungen erfüllt, muss das Gericht unverzüglich den Mahnbescheid erlassen.
Wie so ein Mahnbescheid aussieht, kannst Du herausfinden, wenn Du das Beispiel für einen Mahnbescheid herunterlädst.
Download – Mahnbescheid Beispiel
Das Mahngericht informiert Dich als Antragsteller darüber, dass der Mahnbescheid dem Antragsgegner zugestellt wurde.
Mit Eingang des Antrags beim Mahngericht entstehen Gerichtskosten, aber relativ geringe. Die Gebühren richten sich nach der Höhe des Streitwerts, also nach der Höhe der offenen Geldforderung. In der Regel schickt das Mahngericht zeitgleich mit der förmlichen Zustellung des Mahnbescheids an den Antragsgegner die Kostenrechnung an den Antragsteller. An diesem Beispiel kannst Du sehen, wie eine Kostenrechnung aussieht.
Für das Mahnverfahren stellt das Gericht eine halbe Gerichtsgebühr in Rechnung (§ 3, 34, Nr. 1100 KV GKG). Seit 1. Januar 2021 beträgt die Mindestgebühr 36 Euro. Willst Du einen Mahnbescheid über 1.000 Euro beantragen, kostet Dich das 36 Euro Gerichtskosten. Bei einem Streitwert von 2.000 Euro fallen 49 Euro an. Forderst Du 5.000 Euro ein, musst Du 80,50 Euro an Gerichtsgebühren begleichen. Wie viel Du bezahlen musst, kannst Du mit diesem Gerichtskostenrechner selbst berechnen.
Die Gerichtskosten nimmt das Mahngericht von Amts wegen in den Mahn- und Vollstreckungsbescheid auf. Du musst die Kosten als Antragsteller nicht berechnen und musst sie auch nicht zur Hauptforderung hinzurechnen. Der Antragsgegner muss sie Dir erstatten, wenn er Deine Forderung akzeptiert.
Hast Du einen Mahnbescheid bekommen, gibt es für Dich zwei Möglichkeiten, darauf zu reagieren: Ist die Forderung gerechtfertigt, dann solltest Du Deine Schulden zahlen, um nicht noch weitere Kosten auszulösen. Ist der Anspruch aus Deiner Sicht nicht gerechtfertigt, dann solltest Du innerhalb von zwei Wochen Widerspruch gegen den Bescheid einlegen.
Der Mahnbescheid enthält dazu eine Aufforderung, dem Gericht mitzuteilen, ob und in welchem Umfang Du dem geltend gemachten Anspruch widersprechen willst (§ 692 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Fällt der 14. Tag nach Zugang des Mahnbescheides auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, endet die Widerspruchsfrist am darauffolgenden Werktag.
Legst Du als Schuldner Widerspruch ein, geht das Mahnverfahren in ein Klageverfahren über. Das Mahngericht gibt das Verfahren an das zuständige Prozessgericht ab. Das fordert den Antragsteller auf, innerhalb von zwei Wochen die Klage zu begründen. Es wird dann in einem normalen Gerichtsverfahren geklärt, ob und in welcher Höhe die Forderung besteht.
Zahlt der Antragsgegner aufgrund des gerichtlichen Mahnbescheides nicht und legt er auch innerhalb von zwei Wochen keinen Widerspruch ein, erlässt das Mahngericht auf Antrag einen Vollstreckungsbescheid. Für den Antrag hat der Gläubiger sechs Monate Zeit, nachdem der Mahnbescheid zugestellt wurde. Stellt er nicht innerhalb der Frist einen Antrag, fällt die Wirkung des Mahnbescheids weg (§ 701 ZPO).
Wie ein Vollstreckungsbescheid aussieht, siehst Du an diesem Beispiel.
Download - Vollstreckungsbescheid Beispiel
Mit diesem Vollstreckungsbescheid kann der Gläubiger dann die sogenannte Zwangsvollstreckung einleiten und einem Gerichtsvollzieher die Angelegenheit übergeben. Der Vollstreckungsbescheid wird vom Gericht automatisch dem Antragsgegner an die im Mahnbescheid angegebene Adresse zugestellt. Der Antragsteller kann auch eine sogenannte Parteizustellung beantragen. In diesem Fall bekommt der Antragsteller den Vollstreckungsbescheid und beauftragt dann einen Gerichtsvollzieher, der den Vollstreckungsbescheid übergibt. Dann kann es schneller gehen, weil der Gerichtsvollzieher zeitgleich schon erste Maßnahmen ergreifen kann. Er kann sich zum Beispiel erkundigen, ob der Schuldner Bargeld im Haus hat. Das könnte er pfänden.
Hat der Schuldner in der Zwischenzeit seinen Aufenthalt gewechselt und ist seine neue Anschrift unbekannt und eine Zustellung an einen Vertreter nicht möglich, so kann das Mahngericht den Vollstreckungsbescheid durch Anheften an die Gerichtstafel oder Einstellung in das Informationssystem des Gerichts öffentlich zustellen (§ 185 ZPO).
Das europäische Mahnverfahren funktioniert ähnlich wie das Mahnverfahren in Deutschland. Das Verfahren ist möglich, wenn Du Geld einforderst von einer Person oder einer Firma mit Sitz im europäischen Ausland außer in Dänemark.
Typische zivilrechtliche Streitigkeiten sind:
Um das Mahnverfahren einleiten zu können, musst Du ein Formular ausfüllen, das Du auf der Website der Europäischen Kommission findest. Es nennt sich Formular A oder Antrag auf Erlass eines europäischen Zahlungsbefehls.
Um zu sehen, wie Du einen europäischen Mahnbescheid beantragen kannst, stellen wir Dir ein Beispiel zur Verfügung, das Du herunterladen kannst.
Dieses Formular kannst Du ausfüllen, ausdrucken, unterschreiben und an das zuständige Gericht verschicken. Für Verbrauchersachen ist das Gericht zuständig, wo der Verbraucher seinen Wohnsitz hat – für das europäische Verbraucher-Mahnverfahren ist bundesweit das Amtsgericht Berlin Wedding zuständig (§ 1087 ZPO).
Das Gericht prüft den Antrag und erlässt innerhalb von 30 Tagen den europäischen Zahlungsbefehl, wenn das Formblatt korrekt ausgefüllt ist.
Ab der Zustellung hat die Gegenseite 30 Tage Zeit, die geforderte Geldsumme zu zahlen oder Einspruch gegen den Zahlungsbefehl zu erheben. Soweit kein Einspruch erhoben wird, erteilt das Mahngericht eine vollstreckbare Ausfertigung des Zahlungsbefehls. Die Zwangsvollstreckung erfolgt immer nach nationalem Recht. Das bedeutet: Besteht ein Problem mit einem spanischen Unternehmen, wird nach spanischem Recht vollstreckt.
Tipp: Wenn Du Fragen zum europäischen Mahnverfahren hast, kannst Du Dich an das Europäische Verbraucherzentrum in Kehl wenden.