Ent­last­ungs­be­trag Ganz einfach: Extra-Geld von der Pflegekasse

Kathrin Gotthold
Finanztip-Expertin für Vorsorge und Ver­si­che­rung

Das Wichtigste in Kürze

  • Allen Menschen mit Pflegegrad, egal ob 1, 2, 3, 4 oder 5, stehen 125 Euro pro Monat extra zu. Das Geld darfst Du vielfältig einsetzen – etwa für Betreuung oder Hilfe im Haushalt.

  • Diesen Ent­last­ungs­be­trag kannst Du über mehrere Monate ansparen und dann die größere Summe verwenden. Aber Vorsicht: Ungenutzte Beträge aus dem Vorjahr verfallen jeweils am 30. Juni eines Jahres.

So gehst Du vor

  • Lass Dich von einer Pflegeberatungsstelle bei der Suche nach Angeboten unterstützen, die in Deinem Bundesland als Ent­last­ungs­leis­tung­en zugelassen sind.
  • Die Leistungen musst Du zunächst selbst bezahlen. Die Rechnung reichst Du anschließend bei Deiner Pflegekasse zur Erstattung ein.
  • Tipp: Alternativ kannst Du auch mit dem Anbieter der Leistung vereinbaren, dass er den Ent­last­ungs­be­trag direkt mit Deiner Pfle­ge­ver­si­che­rung abrechnet. Damit sparst Du Dir Papierkram.

Viele Leistungen aus der gesetzlichen Pfle­ge­ver­si­che­rung wurden zum 1. Januar 2024 erhöht. Egal, wie viel Du sonst aus der Kasse bekommst: den Ent­last­ungs­be­trag gibt es zusätzlich zu den anderen Leistungen der gesetzlichen Pfle­ge­ver­si­che­rung dazu. Du bist relativ frei darin, wie Du ihn nutzt. Wichtig ist, dass Du ihn nutzt. Denn einer Pflegestudie des Sozialverbands VdK zufolge rufen 80 Prozent der Befragten den Ent­last­ungs­be­trag nicht ab. Wir erklären, wie Du an die 125 Euro kommst. Und was Du dabei beachten musst. 

Es muss nicht nur die Hilfe im Haushalt oder beim Einkaufen sein. Auch Aktivitäten in einer Sport- oder Musikgruppe, ja selbst gemeinsames Kartenspielen mit Ehrenamtlichen sind Möglichkeiten, um Pflegebedürftige in ihrem Alltag zu stärken und pflegende Angehörige zu entlasten. Finanzielle Unterstützung für solche Angebote gibt es mit dem Ent­last­ungs­be­trag.

Wer hat Anspruch auf Ent­last­ungs­leis­tung­en?

Der Ent­last­ungs­be­trag von 125 Euro im Monat (1.500 Euro im Jahr) steht allen Menschen zu, die zuhause leben und die einen Pflegegrad haben.

Ob es sich dabei um Pflegegrad 1 oder 5 handelt, spielt keine Rolle. Der Ent­last­ungs­be­trag wird nicht wie das Pflegegeld direkt ausgezahlt, sondern erst erstattet, wenn Du Ent­last­ungs­leis­tung­en in Anspruch genommen hast. Du musst das Geld also in der Regel vorstrecken und bekommst es zurück, nachdem Du die Quittung bei der Pfle­ge­ver­si­che­rung eingereicht hast.

Wenn Du nicht in jedem Monat die vollen 125 Euro Ent­last­ungs­be­trag ausschöpfst, wird der übriggebliebene Betrag in die folgenden Monate übertragen. Ist am Ende eines Kalenderjahres noch ein Restbetrag übrig, kannst Du das Geld noch bis zum 30. Juni des darauffolgenden Jahres verwenden. Anschließend verfällt der Anspruch. Du hast also die Wahl, ob Du regelmäßig einen kleinen Betrag für Ent­last­ungs­leis­tung­en nutzt oder das Geld lieber ansparst und einmalig für ein teureres Angebot einsetzt.

Wofür kannst Du den Ent­last­ungs­be­trag nutzen?

Mit dem Ent­last­ungs­be­trag kannst Du eine Vielzahl unterschiedlicher Dienstleistungen bezahlen (§ 45b Abs. SGB XI):

  • Unterstützung im Alltag, etwa Hilfe im Haushalt, Hausmeisterdienste, Gruppenangebote für Betreuung und Bewegung oder individuelle Alltagsbegleitung durch speziell zugelassene Anbieter;
  • Kurzzeitpflege;
  • Tages- und Nachtpflege;
  • Leistungen ambulanter Pflegedienste (körperbezogene Pflegemaßnahmen, wie Hilfe beim Duschen oder Anziehen, dürfen nur in Pflegegrad 1 über den Ent­last­ungs­be­trag abgerechnet werden), auch wenn der Pflegedienst nur im Rahmen der Ver­hin­de­rungs­pfle­ge kommt.

Die Angebote zur Entlastung im Alltag, die Du bereits ab Pflegegrad 1 in Anspruch nehmen kannst, sind vielfältig. Insbesondere Sozialstationen und Wohlfahrtsverbände organisieren häufig Bewegungsgruppen, regelmäßige Treffen für sozialen Austausch oder Betreuungsangebote, etwa für an Demenz erkrankte Menschen. Neben Aktivitäten in einer Gruppe gibt es auch Dienstleister und Ehrenamtliche, die ganz individuell bei der Haus­halts­füh­rung unterstützen: Sie kochen, putzen, übernehmen kleine Reparaturen oder bieten die Begleitung zum Einkaufen oder zu Arztterminen an.

Nachbarschaftshilfe in vielen Bundesländern möglich

In einigen Bundesländern kann der Ent­last­ungs­be­trag auch für Hilfen durch ehrenamtliche Personen, sogenannten Nachbarschaftshelferinnen und Nachbarschaftshelfer eingesetzt werden. Ob und unter welchen Voraussetzungen das möglich ist, legt jedes Bundesland für sich selbst fest.

In aller Regel müssen diese Personen volljährig sein und dürfen mit dem Pflegebedürftigen nicht zusammenleben, nicht verwandt oder verschwägert sein. Sie müssen sich registrieren lassen. Oft wird ein recht frischer Erste-Hilfe-Kurs verlangt, häufig auch ein Nachweis der Qualifikation des Angebots, teilweise Ver­si­che­rungs­schutz. Die Aufwandsentschädigung ist häufig begrenzt, manchmal immerhin auf die Höhe des Mindestlohns.

Nachbarschaftshilfe ist möglich in:

  • Berlin

  • Hamburg

  • Hessen

  • Mecklenburg-Vorpommern

  • Niedersachsen

  • NRW

  • Rheinland-Pfalz

  • Saarland

  • Sachsen

  • Schleswig-Holstein

Beachte die unterschiedlichen Regelungen der Bundesländer

Mit Blick auf die sonstigen Entlastungsangebote gibt es in jedem Bundesland andere Bestimmungen dafür, welche Dienstleistungen Du Dir erstatten lassen kannst und welche Anbieter nach den Landesregelungen zertifiziert sind. Frage deshalb am besten bei Deiner Pflegekasse oder einer Pflegeberatungsstelle nach, welche anerkannten Angebote es an Deinem Wohnort gibt.

Kommen mehrere Anbieter in Deiner Umgebung infrage, kann es sich lohnen, die Preise zu vergleichen. Die Dienstleister berechnen ganz unterschiedliche Stundensätze. Einen ersten Eindruck über das Angebot in Deiner Region kannst Du Dir mit dem Pflegelotsen des Verbands der Ersatzkassen verschaffen. Mithilfe der Suchfunktion findest Du Angebote, etwa zur Unterstützung im Alltag samt Preis und Kontaktdaten.

Alternativ kannst Du den Ent­last­ungs­be­trag auch für die Kurzzeitpflege sowie Tages- und Nachtpflege einsetzen. Pflegebedürftige mit Pflegegrad 2 bis 5 haben zwar Anspruch auf spezielle Leistungen der Pfle­ge­ver­si­che­rung für Kurzzeit-, Tages- und Nachtpflege. Allerdings übernimmt die Pflegekasse nur Kosten für die pflegerische Versorgung. Verpflegung und Unterkunft müssen die Betroffenen selbst bezahlen. Für diesen Eigenanteil kannst Du den Ent­last­ungs­be­trag nutzen.

Menschen mit Pflegegrad 1, die keinen Anspruch auf eine Kostenübernahme für Tages- oder Kurzzeitpflege haben, können diese Leistungen mit dem Ent­last­ungs­be­trag so wenigstens zum Teil finanzieren.

Wie bekommst Du den Ent­last­ungs­be­trag?

Ent­last­ungs­leis­tung­en musst Du zunächst selbst bezahlen. Lass Dir vom Anbieter unbedingt eine Quittung geben. Die reicht entweder der Pflegebedürftige selbst oder ein berechtigter Vertreter bei der Pflegekasse mit der Bitte um Erstattung der Kosten ein. Ein formaler Antrag ist nicht nötig.

Bedenke, dass Deine Pfle­ge­ver­si­che­rung nur die Kosten für Leistungen anerkannter Anbieter übernimmt. Informiere Dich deshalb unbedingt bei Deiner Pflegekasse oder einem Pflegestützpunkt, welche Angebote in Deiner Region zugelassen sind. Über die Datenbank des Zentrums für Qualität in der Pflege findest Du Pflegeberatungsstellen in Deiner Nähe.

Anbieter können den Ent­last­ungs­be­trag auch direkt mit der Pflegekasse abrechnen. Viele Einrichtungen für Kurzzeit- und Tagespflege, ambulante Pflegedienste und professionelle Alltagsbegleiter bieten diese Option an.

Dafür ist aber eine Abtretungserklärung notwendig. Der Pflegebedürftige erlaubt damit dem Anbieter, direkt mit der Pfle­ge­ver­si­che­rung abzurechnen. Diese Option ist komfortabler, denn Du musst das Geld nicht vorschießen und Dich auch nicht um die Erstattung kümmern. Du solltest aber dringend weiter die Ausgaben im Blick behalten. Lass Dir vom Anbieter regelmäßig eine Übersicht der abgerechneten Kosten geben, damit Du weißt, wie viel des Entlastungsbudgets schon ausgeschöpft ist. Und wie viel Dir noch zusteht.

Lässt sich das Budget für Ent­last­ungs­leis­tung­en erhöhen?

Möchtest Du anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag nutzen, kannst Du ab Pflegegrad 2 auch einen Teil des Budgets für ambulante Pflegesachleistungen dafür verwenden – also Geld, das normalerweise dafür vorgesehen ist, einen professionellen Pflegedienst zu bezahlen.

Das funktioniert aber nur, wenn der Betrag für die Pflegesachleistungen nicht schon vollständig durch einen Pflegedienst aufgebraucht wird. Wie viel Geld für Pflegesachleistungen zur Verfügung steht, hängt vom Pflegegrad ab: 724 Euro bis 2.095 Euro im Monat sind es. Details dazu liest Du in unserem Ratgeber zu den Leistungen der gesetzlichen Pfle­ge­ver­si­che­rung.

40 Prozent des Betrags, der für Sachleistungen vorgesehen ist, kann stattdessen als Budget für Unterstützung im Alltag genutzt werden (§ 45a Abs. 4 SGB XI). Die Abrechnung funktioniert wie bei anderen Ent­last­ungs­leis­tung­en: Entweder Du schickst die Quittung zur Kostenerstattung an die Pflegekasse oder Du vereinbarst mit dem Anbieter, dass er die Abrechnung übernimmt.

Wird ein Pflegebedürftiger nicht von einem ambulanten Pflegedienst, sondern von Angehörigen gepflegt, die dafür Pflegegeld bekommen, besteht dieser sogenannte Umwandlungsanspruch ebenfalls. Die Angehörigen müssten dafür dann aber auf einen Teil des Pflegegeldes verzichten. Lass Dich deshalb am besten in einer Pflegeberatungsstelle ausführlich dazu beraten, wie Du die verschiedenen Leistungen der Pfle­ge­ver­si­che­rung am sinnvollsten kombinierst. Der Umwandlungsanspruch besteht zusätzlich zum Anspruch auf den Ent­last­ungs­be­trag, Du kannst beides deshalb unabhängig voneinander nutzen.

Autoren
Julia Rieder
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