Pflegegeld: Höhe und Anspruch Wem steht Pflegegeld zu und wie viel ist es?
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Sich auf Hilfe von Verwandten und Freunden verlassen zu können, wird mit zunehmendem Alter immer wertvoller. Wirst Du zuhause von Angehörigen oder Bekannten gepflegt, gibt’s dafür ab Pflegegrad 2 zudem eine wichtige finanzielle Stütze von der Pflegekasse: Pflegegeld. Und es spielt es keine Rolle, ob du gesetzlich oder privat versichert bist. Wie Du Pflegegeld beantragst, was Du damit machen kannst und was Du auf jeden Fall beachten musst, liest Du in diesem Ratgeber.
„Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen“ – so nennt das Sozialgesetzbuch XI, auch SGB 11, die Unterstützung von der Pflegekasse nach Paragraf 37 SGB 11. Und es zeigt damit ziemlich genau, um was es bei Pflegegeld geht: Mit seiner Hilfe soll für Betroffenen eine privat organisierte Betreuung und Pflege zuhause sichergestellt werden. Dafür zahlt die gesetzliche oder private Pflegekasse monatlich.
Die Höhe des Pflegegelds hängt vom Pflegegrad ab. Die folgende Liste zeigt Dir, wie viel Geld Du in welchem Pflegegrad bekommst.
Quelle: Sozialgesetzbuch XI (SGB 11) § 37 (Stand: 01. August 2024)
Das Pflegegeld wurde zum 1. Januar 2024 erhöht. Eine weitere Erhöhung kommt am 1. Januar 2025, dann um weitere 4,5 Prozent. Im Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz (PUEG) ist festgeschrieben, dass die Höhe des Pflegegelds alle drei Jahre an die Preisentwicklung angepasst werden soll. Ebenso wie alle anderen Geld- und Sachleistungen, die es von den Pflegekassen gibt.
Ohne Pflegegrad oder mit dem geringsten Pflegegrad 1 hast Du keinen Anspruch auf Pflegegeld. Das bedeutet aber nicht, dass Du völlig ohne finanzielle Unterstützung dastehst, wenn Du pflegebedürftig bist. Schon mit Pflegegrad 1 kannst Du jeden Monat Unterstützung für Pflegehilfsmittel zum Verbrauch für bis zu 40 Euro von Deiner Pflegeversicherung erhalten. Außerdem steht Dir der Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro pro Monat zu. Dieses Geld kann in Pflegegrad 1 besonders weitreichend eingesetzt werden. Mehr dazu liest Du in unserem Ratgeber zu Pflegegrad 1.
Den gesetzlichen Anspruch auf Pflegegeld hast Du als pflegebedürftige Person selbst. Dir gehört das Geld. Du selbst bekommst es von der Kasse überwiesen. Das bedeutet auch: Du als pflegebedürftige Person kannst frei entscheiden, was Du mit dem Geld machst – ohne Nachweispflicht, auch nicht gegenüber Deiner Pflegekasse. In der Praxis ist es meisten so, dass Pflegebedürftige das Geld zum Teil weitergeben an pflegende Angehörigen. Oder das Geld fließt auf anfallende Alltagskosten, körperbezogene Pflegemaßnahmen, Hilfen im Haushalt oder sonstige pflegerische Betreuungsmaßnahmen.
Nochmal, weil es wichtig ist: Es steht Dir als zu pflegender Person frei, wofür Du das Pflegegeld einsetzt. Selbst wenn Du keine konkrete Pflegeperson benennen kannst oder willst, ist das in Ordnung. Um Pflegegeld zu erhalten, muss nur die häusliche Pflege in geeigneter Weise sichergestellt sein – das überprüft die Pflegekasse. Wie Du das organisiert bekommst, liegt bei Dir.
Pflegegeld gibt es nicht rückwirkend bis zum Feststellen der Pflegebedürftigkeit, sondern erst ab Antragsstellung. Dann wird es Dir jeden Monat von Deiner Pflegekasse überwiesen. Es ist daher wichtig, dass Du einen Erstantrag auf Pflegegeld früh stellst. Geld gibt es zwar rückwirkend, aber erst ab der Antragsstellung auf Pflegegeld, nicht etwa schon ab Bestehen einer festgestellten Pflegebedürftigkeit. Du kannst den Antrag auf Pflegegeld stellen, ohne bislang in einen Pflegegrad eingestuft worden zu sein.
Wie Du den Antrag stellst, erklären wir Dir ganz einfach weiter unten im Text.
Zunächst einmal die Voraussetzungen zusammengefasst dafür, dass Du Anspruch auf Pflegegeld als Leistung Deiner Pflegekasse hast:
Bekommst Du Pflegegeld, bekommst Du Besuch: mindestens zweimal im Jahr trifft sich eine Person die sich mit Pflege auskennt mit Dir zuhause in Deinen eigenen vier Wänden. Er oder sie gibt Dir und Deinen Helfenden Tipps und schaut, ob alles zu Deinem Wohle passiert. Der Besuch ist kostenlos und hilfreich und nicht wegzudiskutieren – besagt Paragraf 37 Absatz 3 SGB 11. Wenn Du diese Beratung nicht in Anspruch nimmst, kann Dir das Pflegegeld gekürzt oder gar gestrichen werden.
Die Häufigkeit der Beratungsbesuche hängt vom Pflegegrad ab. Bei Pflegegrad 2 und 3 findet die Pflicht-Beratung einmal pro Halbjahr statt. Ab Pflegegrad 4 kommt jedes Vierteljahr eine pflegekundige Person bei Dir zuhause vorbei. Diese Beratungsbesuche sind zu Deinem Besten – sieh sie daher nicht als Pflichtprogramm an.
Benötigst Du Hilfe bei Antrag oder Beratung, kannst Du Dich beraten lassen – auch schon bevor Deine Pflegebedürftigkeit festgestellt ist. Wo? Bei Pflegestützpunkten, ambulanten Pflegediensten, Deiner Pflegeversicherung selbst, oder auch Sozialdiensten, etwa im Krankenhaus.
Den Antrag stellt immer die versicherte Person mit Pflegebedarf selbst. Sie selbst hat wie gezeigt auch den Anspruch auf Pflegegeld. Ist das nicht möglich, kann eine Person mit entsprechender Vorsorgevollmacht oder eine gesetzliche Betreuerin oder gesetzlicher Betreuer den Antrag, stellvertretend, stellen. Bist Du aktuell im Krankenhaus oder in einer Reha, dann hilft der Sozialdienst vor Ort weiter.
Antrag auf Pflegegeld stellst Du bei Deiner gesetzlichen oder privaten Pflegeversicherung. Du solltest auf jeden Fall pflegeversichert sein, denn in Deutschland ist die Pflegeversicherung eine Pflichtversicherung (§§ 20, 21, 21a SGB 11). Deine Pflegekasse ist immer an Deine Krankenkasse angegliedert – Du kannst den Antrag daher auch einfach an Deine Krankenkasse schicken oder Dich bei Fragen an sie wenden.
Den Antrag auf Pflegegeld kannst Du formlos stellen. Nutze gerne unsere Vorlage dafür. Alternativ kannst Du bei Deiner Pflegekasse auch anrufen – lass Dir Euer Gespräch dann am besten als Erstantrag auf Pflegegeld bestätigen.
Die Pflegekasse wird Dir in der Folge dann ein entsprechendes Formular schicken, das Du ausfüllen musst. Als Datum der Antragstellung gilt aber bereits der Tag, an dem Du die Pflegekasse zuerst, auch formlos, kontaktiert hast. Bis zu diesem Tag bekommst Du also später – rückwirkend – Pflegegeld.
Die Pflegekassen zahlen Pflegegeld am ersten Werktag des Monats aus, im Voraus für den laufenden Monat. Nach der Bewilligung eines Antrags wird das gültige Pflegegeld für den Zeitraum seit der Antragstellung nachgezahlt.
Der Auszahlungszeitpunkt ändert sich, wenn Du Pflegegeld und Pflegesachleistungen kombinierst. Dann wird Dir das Pflegegeld erst im Nachhinein für den jeweils vergangenen Monat ausgezahlt. Der Grund: Deine Pflegekasse muss erst den Betrag für die Sachleistungen im laufenden Monat kennen, um dann anteilig Dein Pflegegeld zu berechnen. Wann sich diese sogenannte Kombinationsleistungen dennoch für Dich lohnt, liest Du im Abschnitt weiter unten, wie Du Pflegegeld und Pflegesachleistungen sinnvoll kombinieren kannst.
Das Pflegegeld wird nicht an Deine Pflegeperson ausgezahlt. Sondern an Dich als Pflegebedürftige oder Pflegebedürftigen selbst. Diese Leistungen der Pflegekasse stehen ausschließlich Dir als versicherter Person selbst zu – Du darfst frei entscheiden, was mit dem Geld geschieht. Das gilt auch dann, wenn ein Verwandter oder ehrenamtlich Pflegender fest Deine Pflege übernommen hat.
Eine Ausnahme von dieser Regel gibt es: Deine Pflegeperson darf direkt über das Pflegegeld verfügen, wenn sie als gesetzlicher Betreuer oder gesetzliche Betreuerin eingesetzt wurde, beziehungsweise von Dir entsprechend bevollmächtigt ist.
Zwar nicht Pflegegeld – doch es gibt auch Leistungen, die direkt an pflegende Angehörige ausbezahlt werden. Für entgangenen Arbeitslohn kann es Pflegeunterstützungsgeld geben, eine Lohnersatzleistung ähnlich wie Elterngeld. Außerdem können Pflegepersonen Pflegezeit oder auch Familienpflegezeit nehmen – seit 2024 einfacher und mehr als bisher. Mehr dazu liest Du in unserem Ratgeber für pflegende Angehörige.
Läuft alles ordnungsgemäß, wirst Du entweder von Angehörigen oder Bekannten zuhause gepflegt und bekommst entsprechend Deines Pflegegrades Pflegegeld. Oder Du erhältst statt des Pfleggelds Pflege-Sachleistungen, für die Deine Pflegekasse direkt an eine professionelle ambulante Pflege zahlt. Doch wann läuft schon alles wie es soll? Du kannst auch Pflegegeld und Sachleistungen kombinieren. Das kann sich lohnen.
Die Kombination von Pflege durch Angehörige und ambulanter professioneller Pflege kann Dich selbst und auch Deine Pflegepersonen entlasten. Gründe kann es viele geben. Du wirst von Deinen Angehörigen gepflegt, möchtest aber nicht, dass Du auch von ihnen gewaschen wirst? Oder dass sie für Dich kochen müssen? Solche Einzelaufgaben zum Beispiel kannst Du auslagern an ambulante Dienstleister. Diese Leistungen nennen sich dann Sachleistungen – die Kosten dafür rechnet die Pflegekasse anteilig auf Dein Pflegegeld an.
Für die Höhe Deines Pflegegelds bedeutet das: Du nimmst Pflegesachleistungen in Anspruch und bekommst den Rest in Pflegegeld umgerechnet und ausgezahlt. Dein Anspruch auf Pflegegeld wird daher um den Prozentsatz reduziert, den die Sachleistungen ausschöpfen.
Vor allem zwei Folgen dieser sogenannten Kombinationsleistungen (§ 38 SGB 11) solltest Du im Kopf haben:
Quelle: Sozialgesetzbuch XI (SGB 11) § 36 Abs. 3 (Stand: 01. August 2024)
Lass Dich vom Begriff Pflegesachleistung nicht in die Irre führen – es handelt sich dabei nicht um gegenständliche Leistungen, sondern um ambulante Dienstleistungen von einem Pflegedienst. Darunter fällt alles, was als Grundpflege gilt, also zur Unterstützung Deiner Fähigkeiten sowie für den Erhalt Deiner Selbständigkeit als pflegebedürftige Person.
Es gibt zum einen körperbezogene Pflegemaßnahmen. Darunter fallen:
Außerdem werden pflegerische Betreuungsmaßnahmen angeboten. Etwa:
Hilfen bei der Haushaltsführung gelten ebenfalls als Teile der Grundpflege. Dazu zählen:
Zudem können ambulante Pflegedienste pflegefachliche Anleitung erteilen. Zum Beispiel:
Für Laien und Laiinnen teilweise schwierig ist die Abgrenzung zu Maßnahmen der Krankenpflege. Denn nicht alles, was ambulante Pflegedienste können, ist automatisch eine Pflegesachleistung. Auch wenn dieselbe Pflegkraft diese Aufgaben übernimmt, wird Krankenpflege nicht zur Pflegesachleistungen. Die Abrechnung läuft daher über die Krankenkasse. Unter Leistungen aus der Krankenpflege fallen beispielsweise:
Du kannst durcheinen ambulanten Pflegedienst zudem nicht nur Pflegesachleistungen in Anspruch nehmen, sondern auch sonstige Angebote zur Unterstützung im Alltag nutzen (sogenannter Umwandlungsanspruch nach § 45a SGB XI). Einsetzen kannst Du als Umwandlungssumme bis zu 40 Prozent Deines ungenutzten Sachleistungs-Anspruchs. Achtung: Auch ein solches umgewandeltes Budget verringert Dein Pflegegeld. Es gilt dann als genommene Pflegesachleistung.
Alltagsunterstützungen sind können insbesondere folgender Art sein:
Quelle: Sozialgesetzbuch XI (SGB 11) § 45a (Stand: 01. August 2024)
Ein fiktives Beispiel mit Rechnung: Whaleed hat Pflegegrad 3. Er lebt zuhause und wird hauptsächlich von seiner Tochter gepflegt. Zusätzlich kommt regelmäßig ein ambulanter Pflegedienst vorbei. Er nutzt also sowohl Pflegegeld als auch Pflegesachleistungen – das nennt sich dann Kombinationsleistungen.
In einem Monat verwendet er für den ambulanten Pflegedienst die Hälfte seines Anspruchs auf Pflegesachleistungen. Dementsprechend könnte er 50 Prozent seines Pflegegeldes von der Pflegekasse überwiesen bekommen. Allerdings hat er sich dazu entschieden, in voller Höhe den Umwandlungsanspruch zu nutzen, dieser beträgt 40 Prozent der Sachleistungen. Er nutzt eine Tageseinrichtung, um dort Mittag zu essen und wird dort nachmittags in einer Kleingruppe betreut und aktiviert – es gibt Bewegungstraining, um die Folgen seines Rheumas zu lindern.
Damit verbraucht er insgesamt 90 Prozent der Pflegesachleistungen – 50 Prozent Pflegesachleistungen plus 40 Prozent Pflegesachleistungen als Umwandlung. Whaleed werden daher von der Pflegekasse nur noch 10 Prozent seines eigentlichen Anspruchs ausgezahlt. Whaleed hat Pflegegrad 3, sein 100-Prozent-Anspruch auf Pflegegeld beträgt 573 Euro; bleiben bei 10 Prozent also 57,30 Euro, die ihm als Pflegegeld zustehen. Als Pflegesachleistungen bekommt Whaleed 1.432 Euro wegen seines Pflegegrades 3 – der Betrag ist deutlich höher als Pflegegeld. Daher sind auch die 40 Prozent der Sachleistungen finanziell mehr wert als 40 Prozent des Pflegegeldes. Überwiesen bekommen hat er das Pflegegeld bereits im Voraus, die Kostenerstattung kommt erst nachträglich und wird dann verrechnet.
Angebote zur Unterstützung im Alltag müssen nach Landesrecht anerkannt sein. Es gibt teils Unterschiede zwischen den Angeboten der Bundesländer. In einigen Ländern darf die Unterstützung etwa nur durch Ehrenamtliche erbracht werden, die Mitglieder in bestimmten Organisationen sind. Oder nur dann, wenn sie bestimmte Schulungen absolviert haben. Mehr Informationen dazu liest Du im Abschnitt zu Nachbarschaftshilfe und Entlastungsangebote im Finanztip-Ratgeber Entlastungsbetrag.
Pflegegeld ist nicht steuerpflichtig, egal ob es von der gesetzlichen oder der privaten Pflegekasse kommt. Das gilt übrigens für alle Sozialleistungen aus einer Pflegeversicherung – wie auch der Krankenversicherung oder der Unfallversicherung.
Pflegegeld bleibt auch dann steuerfrei, wenn Du als Pflegebedürftige oder Pflegebedürftiger es an die pflegende Person weitergibst. Egal ob ganz oder nur zum Teil. Voraussetzung ist allerdings, dass Deine Pflegeperson selbst die Pflege durchführt, und zwar aus einer sittlichen Pflicht heraus – das wird bei Angehörigen angenommen. Wenn Deine Pflegeperson keine persönliche Bindung zu Dir hat und dennoch Pflegegeld bekommt, wird angenommen, dass er oder sie die Pflege aus monetären Gründen übernommen hat – und muss das Geld als Einkommen versteuern.
Zusätzliche Pflegekosten kannst Du als zu pflegende Person selbst, aber auch die Pflegeperson, von der Steuer absetzen. Als außergewöhnliche Belastung. Pflegende Angehörige oder auch nahestehende Menschen, die ohne Bezahlung pflegen, können alternativ den Pflegepauschbetrag nutzen – mehr dazu liest Du in unserem Ratgeber Wer kostenlos pflegt, zahlt weniger Steuern. Die Pflegeperson selbst darf keine Bezahlung erhalten.
Leitest Du als Pflegebedürftige hingegen das Pflegegeld an die Pflegeperson weiter, damit diese damit einen ambulanten Pflegedienst bezahlt, sind das keine Einnahmen – und der Weg zum Pflegepauschbetrag steht offen.