Der schwäbische Batteriehersteller Varta galt einst als Börsenstar aus Deutschland – mit einem soliden Kerngeschäft (Haushaltsbatterien) und vielsprechendem Wachstum im Bereich Elektromobilität. Mit seinen Energiespeicherbatterien wollte Varta beim Elektroauto-Boom ganz vorne mit dabei sein. "Future made in Germany" hieß es damals in der Presse, wie der Spiegel berichtet.
Aussichten auf Großaufträge von Apple gab es auch: Varta stellte die wiederaufladbaren Lithium-Ionen-Knopfzellen her, die unter anderem in den Apple AirPods verbaut sind.
Kein Wunder also, dass zahlreiche Kleinanlegerinnen und Kleinanleger auf die Varta-Aktie gesetzt haben – mit gutem Glauben an eine sichere Investition. Dabei hätten sie eher skeptisch sein sollen. Denn mit Trends wie elektronischem Zahlungsverkehr (Wirecard), Wasserstoff oder künstlicher Intelligenz kann man an der Börse auch schnell daneben liegen.
Kurs geht seit 2021 kontinuierlich zurück
Im Varta-Fall kam es genau so: 2017 ging das Unternehmen für 17,50€ pro Aktie an die Börse und kletterte dann bis Januar 2021 etwa auf das Zehnfache. Nach diesem Höhepunkt verlor die Varta-Aktie aber immer mehr an Wert. Grund: Die erhoffte Nachfrage blieb aus, das Geschäft mit Wallboxen kam nicht in Schwung, heißt es in einem Tagesschau-Beitrag.
Die Talfahrt nahm ihren Lauf, unter anderem mit einem Absturz im September 2022 – von rund 65€ auf unter 30€ pro Aktie. Mitte Juli 2024 brach der Kurs dann endgültig ein – von rund 10€ auf unter 2€ pro Aktie.
Varta legt Sanierungsplan vor, um Insolvenz abzuwenden
Update 19. August: Angesichts des erneuten Kursabfalls ist bei Varta Schadensbegrenzung angesagt. Um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen und mit einer neuen Kapitalspritze die Insolvenz abzuwenden, arbeitete der Batteriehersteller seit Juli an einem Sanierungsverfahren nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG).
Diese Möglichkeit gibt es seit drei Jahren in Deutschland und soll verhindern, dass ein an sich "lebensfähiges" Unternehmen wegen seiner hohen Schuldenlast pleitegeht. Mitte August hat Varta nun einen entsprechenden Sanierungsplan vorgelegt. Und wie bereits absehbar war, bestätigt dieser: Bisherige Varta-Aktionäre dürften ihr gesamtes Geld verlieren.
Durch Kapitalschnitt verlieren die Aktien ihren Wert
Denn während des sog. Restrukturierungsverfahrens soll das Grundkapital des angeschlagenen Unternehmens zunächst auf 0€ herabgesetzt werden. Damit verlieren sämtliche Aktien ihren Wert, Varta wird dann auch nicht mehr an der Börse gehandelt. Wann das passiert ist noch unklar. Die Folge ist aber klar: Alle bisherigen Aktionäre werden ihre Kapitalanteile verlieren. Zum Vergleich: Vor dem großen Kursrutsch im Juli waren ihre Anteile noch 440 Mio. € wert.
Wenig überraschend rutschte die Varta-Aktie nach Bekanntgabe des Sanierungsplans deshalb gleich noch einmal ab. Zeitweise stand der Kurs am Montag (19.08.) sogar bei unter 1€ pro Aktie – so tief wie nie zuvor. Bevor der Sanierungsfahrplan wirklich umgesetzt wird und auch die Aktie nicht mehr handelbar ist, müssen nun allerdings noch verschiedene Gremien grünes Licht geben.
Ähnliche Sanierungsverfahren gab es in der Vergangenheit schon beim Nürnberger Autozulieferer Leoni und bei der Modefirma Gerry Weber. In beiden Fällen wurden die Unternehmen von der Börse genommen, die Altaktionäre verloren ihr gesamtes Geld.
Was lernen wir aus dem Varta-Kurscrash?
Der "Vartaloo"-Fall, wie er in Anlehnung an Napoleons berühmten Misserfolg bereits genannt wird, untermauert eins der wenigen unumstößlichen Börsengesetze: Wo hohe Renditen winken, ist auch das Verlustrisiko entsprechend hoch. Das gilt selbst für bekannte Marken wie Varta, BlackBerry oder Nokia, die Investoren scheinbar besonders anziehen. Ein bekannter Name garantiert keine erfolgreiche Börsenperformance oder schützt das Unternehmen gar vor einem Börsencrash.
Das bedeutet der Fall für Dich und Deine Finanzen
Lass Dich nicht blenden – weder von vielversprechenden Renditen, die Aktien theoretisch erzielen können, noch von gehypten Investment-Trends. Steck lieber nicht zu viel Geld in Einzelaktien. Sonst machst Du Dich zu sehr von einem Unternehmen, einer Branche oder einem Land abhängig. Wie viel Prozent Einzelaktien im Depot noch ok sind und wann es zu viel wird, diskutieren Saidi und Emil von Finanztip in Folge #173 von "Geld Ganz Einfach".
Setz stattdessen lieber auf Masse – und zwar mit einem weltweit gestreuten Aktien-ETF (z. B. MSCI World, MSCI All Countries World oder FTSE All-World). Auf diese Weise hast Du bessere Chancen, Kursschwankungen und mögliche Verluste auszugleichen.
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